TE AsylGH Erkenntnis 2011/04/14 E2 243398-0/2008

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Veröffentlicht am 14.04.2011
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Spruch

E2 243.398-0/2008/22E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. HUBER-HUBER als Vorsitzenden und die Richterin Dr. FAHRNER als Beisitzerin über die Beschwerde des XXXX, StA. Türkei, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Wolfgang Auner gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.09.2003, Zl. 03 02.405-BAG, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 7 Asylgesetz 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 und gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. VERFAHRENSGANG:

 

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden auch: BF) stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 27.01.2003 einen Asylantrag, welchen er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 08.05.2003 im Wesentlichen damit begründete, dass er in seinem Heimatland aufgrund seiner Sympathie für die HADEP ständig von der türkischen Polizei unter Druck gesetzt worden sei. Die Polizisten seien immer wieder zu ihm ins Haus gekommen und hätten ihn ständig befragt, sodass er keine Ruhe mehr gehabt habe. Seine Mutter und sein Onkel hätten Angst bekommen, dass ihm, dem BF, etwas passiert, und hätten darauf bestanden, dass er die Türkei verlässt. Im Falle einer Rückkehr würde er keine Arbeit bekommen und die Polizei würde ihn wieder ständig befragen. Solange sein Vater gelebt habe, habe dieser für ihn gesorgt. Nach dessen Tod habe niemand mehr für ihn gesorgt. Er habe dann beschlossen, nach Österreich zu gehen.

 

2. Mit Bescheid vom 02.09.2003, Zl. 03 02.405-BAG, wies das Bundesasylamt den Asylantrag des BF gemäß § 7 AsylG 1997 ab (Spruchpunkt I.) und erklärte dessen Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Türkei gemäß § 8 leg. cit. für zulässig.

 

Begründend führte das Bundesasylamt zusammengefasst aus, dass dem BF alleine aufgrund seiner Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe keine asylrelevante Verfolgung in der Türkei drohen würde. Wenngleich viele Kurden, ebenso wie Türken, von Arbeitslosigkeit bedroht wären, würden wirtschaftliche Gründe alleine nicht die Gewährung von Asyl rechtfertigen. Ungeachtet der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des BF, wonach er aufgrund seiner Sympathie für die HADEP ständig von den türkischen Sicherheitsbehörden befragt worden wäre, würden diese Befragungen nicht die für eine Asylgewährung erforderliche Intensität aufweisen.

 

Dieser Bescheid wurde dem BF zuhanden seinem ausgewiesenen Vertreter am 17.10.2003 rechtswirksam zugestellt.

 

3. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Schriftsatz vom 30.10.2003 rechtzeitig Berufung (nunmehr: Beschwerde) ein. Mit der Beschwerde wurde unrichtige rechtliche Beurteilung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie mangelhafte Bescheidbegründung geltend gemacht. Insbesondere wurde moniert, dass es das Bundesasylamt entgegen der ihm obliegenden Manuduktionspflicht unterlassen habe, den BF dahingehend anzuleiten, dass dieser alle wesentlichen Umstände bzw. Vorbringen erstattet, und ihn nach allfällig weiteren vorhandenen Beweisen zu befragen.

 

4. Am 04.01.2010 wurde gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung E2 des Asylgerichtshofes zugeteilt.

 

5. Mit Schreiben vom 08.10.2010 übermittelte der Asylgerichtshof dem BF aktuelles Länderberichtsmaterial mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen. Insbesondere wurden dem BF zur Kenntnis gebracht:

 

Der Bericht des dt. Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Türkei vom 11.04.2010;

 

Feststellungen des Bundesasylamtes zur Türkei zu den Themen:

Allgemeine Lage, Bewegungsfreiheit/IFA, Menschenrechte, Militär, Minderheiten, Religion, Rechtsschutz, Rückkehrfragen und soziale Gruppen.

 

6. In der Eingabe vom 20.10.2010 legte der BF seine aktuelle persönliche Situation in Österreich dar. Neben integrationserheblichen Tatsachen wurde ausgeführt, der BF sei krankheitsbedingt in ärztlicher Behandlung und leide an Asthma. Die Krankheit bedürfe der regelmäßigen ärztlichen Kontrolle. Im Falle der Rückkehr in die Türkei befürchte er, dass die Behandlung nicht im notwendigen Ausmaß gewährleistet wäre. Bedenken gegen die zur Stellungnahme übermittelten Länderberichte wurden nicht geäußert. Für den Fall, dass Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des BF bestünden, möge ein entsprechendes Sachverständigen-Gutachten eines Ländersachverständigen eingeholt werden. In welchen Punkten das Sachverständigen-Gutachten zum Beweis der Richtigkeit der Angaben des BF eine Aussage treffen soll, wurde in der Stellungnahme nicht angeführt. Zur nochmaligen Darstellung seiner Asylgründe wurde die Anberaumung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragt.

 

II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:

 

1. Beweis wurde erhoben durch:

 

Einsichtnahme in den vorliegenden Verfahrensakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Antragstellers vor dem Bundesasylamt, des bekämpften Bescheides, des Beschwerdeschriftsatzes und des ergänzenden Ermittlungsverfahrens (siehe oben I., Punkte 5 und 6); Einsichtnahme in die vorgelegten Dokumente und Bescheinigungsmittel (Personalausweis vom 16.08.2000, Geburtsurkunden und Vaterschaftsanerkenntnisse betreffend die Kinder des BF, Bestätigung des AMS vom 25.10.2010 über eine Kursteilnahme).

 

2. Festgestellt wird nachstehender Sachverhalt:

 

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers und seinen Fluchtgründen:

 

Der im Spruch genannte BF, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit, wurde am XXXX, Provinz K., in der Türkei geboren. Nach seiner schulischen Ausbildung war der BF - mit Ausnahme seiner Militärdienstzeit von 1996 bis 1998 - bis 2001 in K. als Fleischergehilfe tätig. Im Herkunftsstaat des BF halten sich nach wie vor seine Mutter, zwei Brüder und drei Schwestern auf. Der Vater des BF, welcher für dessen Lebensunterhalt aufgekommen war, verstarb am 00.00.2002 in der Türkei.

 

Nicht festgestellt werden konnte, dass der BF in seinem Heimatland von der Polizei aufgrund seiner Sympathie für die kurdische Partei ständig unter Druck gesetzt worden wäre, die Polizisten immer wieder zu ihm ins Haus gekommen wären und ihn ständig befragt hätten.

 

Festgestellt wird, dass der BF in seinem Heimatland seit 2001 arbeitslos war und sein Vater, welcher den BF finanziell unterstützt hatte, im Oktober 2002 verstorben ist. Festgestellt wird, dass der BF sein Heimatland aus wirtschaftlichen Gründen verlassen hat und zu seinem in Österreich aufhältigen Cousin gereist ist.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat einer asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung unterlag oder für den Fall seiner Rückkehr dorthin, einer solchen ausgesetzt sein wird.

 

Der BF hat in Österreich zwei minderjährige, nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Kinder, ist als Koch beschäftigt und leidet an Asthma.

 

Es konnten im konkreten Fall auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aktuell Gefahr liefe, in der Türkei einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

 

Der BF macht in der Stellungnahme vom 20.10.2010 geltend, er leide an Asthma und sei deswegen in ärztlicher Behandlung bzw. bedürfe er der regelmäßigen ärztlichen Kontrolle. Er befürchte, dass die Behandlung in der Türkei nicht in notwendigem Ausmaß gewährleistet wäre.

 

Der Bf wurde daher mit Schreiben vom 17.11.2010 aufgefordert, entsprechende Behandlungsunterlagen und ärztliche Befunde hinsichtlich der angegebenen Erkrankung vorzulegen.

 

Daraufhin legte der BF eine ärztliche Bestätigung eines Arztes für Allgemeinmedizin und einen ambulanten Arztbrief des Landeskrankenhauses XXXX vor.

 

Der Asylgerichtshof veranlasste über die österreichische Botschaft in Ankara die Erhebung der Fragen, ob die angegebene Erkrankung (Asthma bronchiale) in der Türkei behandelbar ist, die erforderlichen Medikamente zur Verfügung stehen und wer die Behandlungskosten zu tragen hat.

 

Das Erhebungsergebnis (OZ 12) wurde dem BF wiederum mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme schriftlich zur Kenntnis gebracht. Der BF vermeinte in der darauffolgenden Stellungnahme vom 07.01.2011 (OZ 15), dass sich die Krankheit des BF verschlechtert habe und er könne eine adäquate Behandlung in der Türkei nicht erwarten. Außerdem habe er sich am 03.01.2011 in ambulane Behandlung des Landeskrankenhauses XXXX begeben müssen, wo laut Arztbrief eine geänderte Therapie mit anderer Medikation vorgeschlagen wurde. Der Asylgerichtshof hat - um eine mögliche Gefährdung des Bf im Falle der Abschiebung jedenfalls auszuschließen - die nunmehr vorliegenden Therapierfordernisse neuerlich einer Überprüfung unterzogen. Von der Staatendokumentation des Bundesasylamtes wurde erhoben, dass die konkrete Behandlungsmöglichkeit in der Türkei gegeben ist, die angegebenen (und vom behandelnden Primararzt als unbedingt erforderlich bezeichneten) Medikamente im Heimatland des BF verfügbar sind und die Behandlungskosten auch in der Türkei von der öffentlichen Hand getragen werden, falls der Bf dafür nicht selbst aufkommen kann. Auch dieses Erhebungsergebis wurde dem BF wieder zur Abgabe einer Stellungnahme schriftlich zu Kenntnis gebracht.

 

Der BF hat keine weitere Stellungnahme mehr abgegeben.

 

Eine die Relevanz von Art. 3 EMRK erreichende gesundheitliche Gefährdung des BF im Falle der Abschiebung konnte nicht festgestellt werden.

 

2.2. Zur Situation in der Türkei:

 

Zur Lage in der Türkei werden aufgrund der im Zuge der erfolgten Beweisaufnahme (siehe oben I., Punkt 5) in das Verfahren eingeführten Beweismittel folgende relevante Ausführungen getroffen:

 

Politisch Oppositionelle werden in der Türkei nicht systematisch verfolgt. Die Arbeit der oppositionellen pro-kurdischen und in Teilen PKK-nahen DTP (Demokratik Toplum Partisi) wird jedoch teilweise von Seiten der Justiz durch Verfahren behindert, die die Meinungsfreiheit oder die politische Betätigungsfreiheit der DTP-Abgeordneten oder -Mitglieder einschränken.

 

Das Verbotsverfahren gegen die kurdisch orientierte "Demokratische Volkspartei" (DEHAP), die Nachfolge- bzw. Schwesterpartei der HADEP, das 2003 eingeleitet wurde, hat sich erledigt. Die Partei hat sich am 19.11.2005 selbst aufgelöst. Ihre Nachfolge trat die am 25.10.2005 gegründete "Partei für eine demokratische Gesellschaft" (DTP) an, zu der sich viele führende kurdische Politiker zusammengeschlossen haben und die zumindest teilweise noch mit der PKK sympathisiert. Ziel der DTP sei die friedliche Lösung des Kurdenkonflikts, verlautet aus der Partei, an deren Spitze einige der ehemaligen kurdischen Parlamentsabgeordneten stehen, die enge Kontakte zur Menschenrechtspreisträgerin Leyla Zana unterhalten.

 

Nach zwei vornehmlich gegen DTP-und DTP-nahe Gewerkschaftsmitglieder gerichteten Verhaftungswellen am 15. und 28.05.2009 folgten im September, Oktober, Dezember 2009 und Januar 2010 weitere Verhaftungen. Dabei wurden über 800 Personen wegen angeblich terroristischer Aktivität im Rahmen der PKK-nahen Organisation (Kurdistan-Parlament, KCK) in Gewahrsam genommen. Das 2007 gegen die Partei eingeleitete Verbotsverfahren wurde am 11.12.2009 abgeschlossen. Die Partei wurde wegen ihrer Verbindungen zur terroristischen PKK verboten, gegen 37 DTP-Mitglieder (Antrag betraf 221 Personen) wurde wegen "Unterstützung einer terroristischen Vereinigung" ein politisches Betätigungsverbot ausgesprochen. Zwei der betroffenen DTP-Mitglieder sind Abgeordnete im Parlament.

 

Das türkische Verfassungsgericht hat am 11.12.2009 die DTP verboten. Einstimmig entschieden die elf Richter des Obersten Verfassungsgerichtes in Ankara, dass die pro-kurdische DTP - die wichtigste politische Interessenvertretung der Kurden in der Türkei - gegen die Verfassung verstößt. Gegen 37 Politiker der Partei soll nun ein fünfjähriges Politikverbot verhängt werden. Dass sich die Partei nie klar von der PKK distanzieren wollte - oder konnte, wie sie es oft selbst sagte - haben ihr die Verfassungsrichter nun zur Last gelegt. Die Gründung der Partei, so heißt es in der Anklageschrift des Generalstaatsanwaltes sei noch direkt auf Anweisung des inhaftierten PKK-Führers Abdullah Öcalan geschehen.

 

Die nach Verbietung der DTP neu gegründete Partei heißt BDP - Partei des Friedens und der Demokratie. Sie ist pro-kurdisch und hat im türkischen Parlament Fraktionsstärke (20 Abgeordnete).

 

Von den Verfahren gegen Parteien vor dem Verfassungsgericht sind grundsätzlich die Verfahren gegen ihre Amtsträger vor Straf- oder Sicherheitsgerichten zu unterscheiden. Letztere werden in der Regel wegen Meinungsdelikten oder des Vorwurfs der Unterstützung einer illegalen Organisation geführt.

 

Dem dt. Auswärtige Amt ist kein Fall bekannt geworden, in dem die einfache Mitgliedschaft in der HADEP oder in der DEHAP - ohne besondere, z.B. strafrechtlich relevante Verdachtsmomente - zu Repressalien gegen die Betreffenden geführt hätte (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei, 11.09.2008).

 

Der Ländersachverständige Dr. Süleyman CEVIZ (Qualifikationsprofil liegt in Form eines Lebenslaufes zur Einsichtnahme auf) vertritt im Rechercheergebnis vom 22.1.2009 im Asylverfahren E10 225.082, sowie vom 22.1.2009 zum Asylverfahren E10 227.684 die Auffassung, dass der bloße Kontakt zur HADEP/DEHAP bzw. die bloße ehemalige Mitgliedschaft beim Fehlen eines weiteren qualifizierten Sachverhaltes zu keinen staatlichen Verfolgungshandlungen führt(e). Auch wurde nur gegen einige wenige besonders prominente (ehemalige) Mitglieder der DEP strafrechtlich vorgegangen.

 

Die HADEP war bis zum Verbot eine legale Partei, ergo waren auch ihre Veranstaltungen bis zum Zeitpunkt ihres Verbots legal.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass - ausgehend von den Länderfeststellungen - der BF, der sich als bloßer Sympathisant der HADEP bezeichnet und nicht einmal einfaches Mitglied war, jedenfalls nicht in einem solchen Interesse der türkischen Behörden stehen konnte, welches ihn als Ziel für staatliche Verfolgung kennzeichnet würde.

 

Kurden

 

Ungefähr ein Fünftel der Gesamtbevölkerung der Türkei ist zumindest teilweise kurdischstämmig.

 

Allein aufgrund ihrer Abstammung sind und waren türkische Staatsbürger kurdischer und anderer Volkszugehörigkeit keinen staatlichen Repressionen unterworfen. Aus den Ausweispapieren, auch aus Vor- oder Nachnamen, geht in der Regel nicht hervor, ob ein türkischer Staatsbürger kurdischer Abstammung ist (Ausnahme: Kleinkindern dürfen seit 2003 kurdische Vornamen gegeben werden).

 

Die meisten Kurden sind in die türkische Gesellschaft integriert, viele auch assimiliert. In Parlament, Regierung und Verwaltung sind Kurden ebenso vertreten wie in Stadtverwaltungen, Gerichten und Sicherheitskräften. Ähnlich sieht es in Industrie, Wissenschaft, Geistesleben und Militär aus.

 

In den wirtschaftlich unterentwickelten und z.T. feudalistisch strukturierten Regionen im Osten und Südosten der Türkei hat sich die Lage der Kurden seit dem Ende des Bürgerkrieges (Festnahme Öcalans 1999, bis dahin ca. 37.000 Todesopfer) und vor allem mit der Verabschiedung der Reformgesetze seit 2002 deutlich verbessert, wie auch unabhängige Menschenrechtsorganisationen feststellen. Dies schließt erste Schritte bei der Gewährung kultureller Rechte ein, wie die Zulassung privater kurdischer Sprachkurse für Erwachsene (die

 

jedoch mangels Nachfrage wieder eingestellt wurden) und die eingeschränkte Genehmigung regionaler kurdischsprachiger Radio- und Fernsehsendungen. Ökonomisch sind zudem erste, wenn auch zaghafte Entwicklungsansätze zu verzeichnen.

 

Der private Gebrauch des Kurdischen, d.h. der beiden in der Türkei vorwiegend gesprochenen kurdischen Sprachen Kurmanci und Zaza, ist in Wort und Schrift keinen Restriktionen ausgesetzt, der amtliche Gebrauch ist allerdings noch eingeschränkt. Kurdischunterricht und Unterricht in kurdischer Sprache an öffentlichen Schulen sind nicht erlaubt. Durch die verfassungsrechtliche Festschreibung von Türkisch als der einzigen Nationalsprache und dem damit einhergehenden Verbot für Behörden und Parteien, eine andere Sprache als Türkisch zu verwenden, wird die politische Betätigung von Kurden, aber auch anderer ethnischer Gruppen, eingeschränkt und ihnen die Inanspruchnahme öffentlicher Dienstleistungen erschwert.

 

Eine positive Entwicklung ist der neu geschaffene staatliche TV-Sender TRT 6, der seit Anfang 2009 ein 24-Stunden-Programm in kurdischer Sprache sendet. Zudem hob im November die staatliche Fernseh- und Rundfunkanstalt die bisher geltenden Beschränkungen für Privatfernsehen in "Sprachen und Dialekten, die traditionell von türkischen Bürgern im Alltag gesprochen werden" auf. Seit 2004 war es möglich wöchentlich vier Stunden im Privatfernsehen und sechs Stunden im Privatradio zu senden.

 

An der privaten Istanbuler Bilgi Universität wurde ab dem Wintersemester 2009 Kurdischunterricht als Wahlfach eingerichtet. An der Universität in Mardin wurde die Einrichtung eines "Instituts für lebende Sprachen" (u.a. für Kurdisch) durch den Hochschulrat beschlossen; für weitere Universitäten (Ankara; Istanbul) wird dies diskutiert.

 

Weiterhin sind Spannungen in den kurdisch geprägten Regionen im Südosten des Landes zu verzeichnen. Die türkischen Militäroperationen gegen PKK-Einrichtungen im Nordirak dauern an; sie stützen sich inzwischen auf eine Kooperation zwischen der Türkei, den USA und Irak. Auf wirtschaftlichem und kulturpolitischem Gebiet hat die Regierung zahlreiche Anstrengungen zur Verbesserung der Lage der Kurden unternommen und startete die türkische AKP-Regierung unter Präsident Erdogan eine Initiative namens "kurdischer Öffnung".

 

Neben der Einführung kurdischsprachiger Sendungen im staatlichen Fernsehen ist die von Staatspräsident Gül und Ministerpräsident Erdogan im Mai 2009 angekündigte "Demokratische Öffnung" (zuvor "Kurdische Öffnung") von besonderer Bedeutung. Diese zielt insbesondere auf eine Lösung der Probleme des Südostens und beinhaltet politische, wirtschaftliche und soziokulturelle Maßnahmen. Die volle Umsetzung der von der Regierung angestrebten Öffnungspolitik gegenüber den Kurden hängt stark davon ab, ob die mächtigen Beharrungskräfte im Oppositionslager sowie in den Bereichen Militär, Justiz und Polizei letztlich mitziehen oder gegensteuern.

 

Grundversorgung

 

Die Türkei kennt bisher keine staatliche Sozialhilfe nach EU-Standard. Sozialleistungen für Bedürftige werden auf der Grundlage der Gesetze Nr. 3294 über den Förderungsfonds für Sozialhilfe und Solidarität (Sosyal Yardimlasma ve Dayanismayi Tesvik Kanunu) und Nr. 5263, Gesetz über Organisation und Aufgaben der Generaldirektion für Sozialhilfe und Solidarität (Sosyal Yardimlasma ve Dayanisma Genel Müdürlügü Teskilat ve Görevleri Hakkinda Kanun) gewährt.

 

Die Sozialhilfeprogramme werden von den in 81 Provinzen und 850 Kreisstädten vertretenen Stiftungen für Sozialhilfe und Solidarität (Sosyal Yardimlasma ve Dayanisma Vakfi) ausgeführt und sind den Gouverneuren unterstellt. Anspruchsberechtigt nach Art. 2 des Gesetzes Nr. 3294 sind bedürftige Staatsangehörige, die sich in Armut und Not befinden, nicht gesetzlich sozialversichert sind und von keiner Einrichtung der Sozialsicherheit ein Einkommen oder eine Zuwendung beziehen, sowie Personen, die durch eine kleine Unterstützung oder durch Gewährleistung einer Ausbildungsmöglichkeit gemeinnützig und produktiv werden können. Die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung werden von Amts wegen geprüft. Leistungen werden gewährt in Form von Unterstützung der Familie (Nahrungsmittel, Heizmaterial, Unterkunft), Hilfen für die Ausbildung (Schülerbedarfsartikel, Unterkunft), Krankenhilfe, Behindertenhilfe sowie besondere Hilfeleistungen wie Katastrophenhilfe oder die Volksküchen. In einem im Jahr 2008 begonnenen Projekt sollen erstmals Bedürftigkeitskriterien für die einzelnen Leistungsarten entwickelt werden. Die Leistungen werden in der Regel als zweckgebundene Geldleistungen für neun bis zwölf Monate gewährt; in Einzelfällen entscheidet der Vorstand der Stiftung. In der Türkei existieren darüber hinaus weitere soziale Einrichtungen, die ihre eigenen Sozialhilfeprogramme haben.

 

Medizinische Versorgung

 

In der Türkei gibt es neben dem staatlichen Gesundheitssystem, das eine medizinische Grundversorgung garantiert, mehr und mehr leistungsfähige private Gesundheitsein-richtungen, die in jeglicher Hinsicht EU-Standards entsprechen. Auch das staatliche Gesundheitssystem hat sich in den letzten Jahren strukturell und qualitativ erheblich verbessert. Am 1. Oktober 2008 trat das zweite Gesetz zur Sozialversicherungsreform (Gesetz Nr. 5510) in Kraft. Danach wird die gesetzliche Krankenversicherung auf alle Personengruppen ausgedehnt. Ziel ist die Sicherstellung einer einheitlichen gesund-heitlichen Versorgung aller Bürgerinnen und Bürger, indem die gleichen Voraus-setzungen und Leistungsansprüche für Angestellte, Rentner und Selbständige herstellt und auch bislang unversicherte Mittellose, die allerdings noch in einer Übergangszeit von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Reformgesetzes über die so genannte "Grüne Karte", die zur kostenlosen medizinischen Versorgung im staatlichen Gesundheitssystem berechtigt (s.u. in diesem Abschnitt), einbezogen werden. Rückkehrer aus dem Ausland unterliegen dem gleichen Prüfungsverfahren hinsichtlich ihrer Mittellosigkeit wie im Inland lebende türkische Staatsangehörige.

 

Eine medizinische Versorgung sowie die Behandlungsmöglichkeit psychischer Erkrankungen ist grundsätzlich landesweit gegeben. In ländlichen Regionen müssen Patienten unter Umständen in Behandlungszentren größerer Städte überwiesen werden. Das Gesundheitswesen garantiert psychisch kranken Menschen umfassenden Zugang zu Gesundheitsdiensten und Beratungsstellen.

 

Die Behandlung psychischer Erkrankungen erfolgt überwiegend in öffentlichen Institutionen. Die landesweite Anzahl von Psychiatern liegt bei ca. 1.500. Insgesamt stehen aktuell rund 7.800 Betten für die stationäre Behandlung psychisch und posttraumatisch erkrankter Menschen zur Verfügung (acht Fachkliniken in den Provinzen Istanbul, Samsun, Manisa, Adana, Elazig, Trabzon und Bolu, acht Regionalkrankenhäuser sowie drei weitere Krankenhäuser in Istanbul). In den Krankenhäusern werden zusätzliche psychiatrische Abteilungen eingerichtet. Auch bei der Behandlung psychischer Erkrankungen ist ein steigender Standard festzustellen.

 

Rückkehr

 

Ist der türkischen Grenzpolizei bekannt, dass es sich um eine abgeschobene Person handelt, wird diese nach Ankunft in der Türkei einer Routinekontrolle unterzogen, die einen Abgleich mit dem Fahndungsregister nach strafrechtlich relevanten Umständen und eine eingehende Befragung beinhalten kann. Abgeschobene können dabei in den Diensträumen der jeweiligen Polizeiwache vorübergehend zum Zwecke einer Befragung festgehalten werden. Die Einholung von Auskünften kann je nach Einreisezeitpunkt und dem Ort, an dem das Personenstandsregister geführt wird, einige Stunden dauern.

 

Besteht der Verdacht einer Straftat, werden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Wehrdienstflüchtige haben damit zu rechnen, gemustert und ggf. einberufen zu werden (u.U. nach Durchführung eines Strafverfahrens). Es sind mehrere Fälle bekannt geworden, in denen Suchvermerke zu früheren Straftaten oder über Wehrdienstentziehung von den zuständigen türkischen Behörden versehentlich nicht gelöscht worden waren, was bei den Betroffenen zur kurzzeitigen Ingewahrsamnahme bei Einreise führte.

 

Personen, die illegal ohne gültige Papiere ausgereist sind, werden einer kurzen Befragung unterzogen. In weiterer Folge kommt es zu einer Anzeige durch die Staatsanwaltschaft wegen illegaler Ausreise, die in den meisten Fällen ohne Inhaftierung erfolgt. Art. 33 des türkischen Passgesetzes besagt, dass türkische Staatsangehörige, die die Türkei ohne gültigen Pass oder andere vergleichbare Papiere verlassen, mit einer leichten Geldstrafe bis 500 TL oder Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit beiden Strafen bestraft werden. Laut türkischer Polizei ist die Verurteilung zu einer Geldstrafe die gängige Praxis.

 

Dem Auswärtigen Amt ist in den letzten Jahren kein Fall bekannt geworden, in dem ein aus der Bundesrepublik Deutschland in die Türkei zurückgekehrter Asylbewerber im Zusammenhang mit früheren Aktivitäten - dies gilt auch für exponierte Mitglieder und führende Persönlichkeiten terroristischer Organisationen - gefoltert oder misshandelt worden ist. Auch seitens türkischer Menschenrechtsorganisationen wurde kein Fall genannt, in dem politisch nicht in Erscheinung getretene Rückkehrer oder exponierte Mitglieder und führende Persönlichkeiten terroristischer Organisationen menschenrechtswidriger Behandlung durch staatliche Stellen ausgesetzt waren. Nach Auskunft von EU-Mitgliedstaaten (Dänemark, Schweden, Niederlande, Frankreich, England, auch der Kommission) sowie Norwegen, der Schweiz und den USA im Frühjahr 2009 ist auch diesen aus jüngerer Zeit kein Fall bekannt, in dem exponierte Mitglieder, führende Persönlichkeiten terroristischer Organisationen sowie als solche eingestufte Rückkehrer menschenrechtswidriger Behandlung ausgesetzt waren.

 

3. Beweiswürdigung:

 

3.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seinen beruflichen Tätigkeiten im Herkunftsstaat und zu seinen familiären Verhältnissen im Herkunftsstaat und in Österreich beruhen auf den im Verfahren vorgelegten Dokumenten (Personalausweis, Geburtsurkunden und Vaterschaftsanerkenntnisse betreffend seine Kinder in Österreich), der Einvernahme vor dem Bundesasylamt sowie auf seinen diesbezüglich als glaubwürdig erachteten Ausführungen im Einklang mit dem Akteninhalt.

 

Die Feststellungen zur gesundheitlichen Situation des BF ergeben sich aus den vom BF beigebrachten und insoweit unbedenklichen ärztlichen Unterlagen. Die Unwahrscheinlichkeit einer mögliche Gefährdung im Falle der Abschiebung in das Herkunftsland aufgrund des Gesundheitszustandes des BF ist durch die zweifelsfreien Erhebungen des Verbindungsbeamten bei der österreichische Botschaft in Ankara und durch solche der Staatendokumentation des Bundesasylamtes, die sich ihrerseits Vertrauensärzte vor Ort bedienten, begründet, zumal sich das Erhebungsergebnis auch mit den allgemeinen Ausführungen im Bericht des Auswärtigen Amtes Deutschland zur Gesundheitsversorgung deckt.

 

3.2. Das Bundesasylamt beurteilte das Vorbringen des BF, er sei in seinem Herkunftsstaat aufgrund seiner Sympathie für die HADEP ständig von den türkischen Sicherheitsbehörden befragt worden, als nicht glaubhaft. Ungeachtet dessen, dass das diesbezügliche Vorbringen selbst bei Wahrunterstellung mangels ausreichender Intensität der Verfolgung zu keiner Asylgewährung und somit zu keinem anderen Ergebnis des Asylverfahrens führen würde (vgl. dazu die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung), ist der Ansicht des Bundesasylamtes nicht entgegenzutreten. In der Tat machte der BF in seiner Einvernahme am 08.05.2003 lediglich allgemeine Angaben. So führte der BF zB. aus, "...die Polizisten [sind] immer wieder zu uns nachhause gekommen,..." oder "...der dauernde Druck durch die ständigen Fragen der Polizei hat [...] so gestört." Detaillierte Angaben, wie die behaupteten Befragungen von statten gegangen wären, konnte der BF jedoch nicht machen. Er führte weder an, wann und wo sich die behaupteten Befragungen zugetragen hätten, noch nannte er Details, wie zB. anwesende Personen oder die Anzahl der beteiligten Sicherheitsbeamten. Wäre der BF tatsächlich wie von ihm behauptet ständig von den türkischen Sicherheitsbehörden angehalten und befragt worden, wäre davon auszugehen, dass der BF im Stande ist, zumindest ein paar dieser Anhaltungen detailliert unter Nennung des Zeitpunktes, des genauen Geschehnisablaufes, der beteiligten Personen und sonstiger Begleitumstände zu schildern. Dies hat der BF jedoch in der Einvernahme am 08.05.20003 nicht getan, sodass er die von ihm behaupteten ständigen Anhaltungen und Befragungen durch die türkischen Sicherheitsbehörden nicht glaubhaft gemacht hat.

 

Der BF brachte auch keine Bescheinigungsmittel in Vorlage, die sein Vorbringen stützen würden. Aus der Darstellung des BF ergibt sich auch kein Grund zur Annahme, der BF habe sich für die Partei (HADEP) in besonderer Weise profiliert, folglich wäre schon von daher nicht nachvollziehbar, weshalb gerade er von der Polizei ständig unter Druck gesetzt werden sollte. Nach seinen eigenen Angaben wurde er weder festgenommen, noch ist ein Gerichtsverfahren gegen ihn anhängig, noch wird nach ihm von den Behörden gefahndet. Dies spricht gegen stattgefundene Verfolgungshandlungen.

 

Zu Recht kam das Bundesasylamt daher bei einer Gesamtbetrachtung sämtlicher Umstände im gegenständlichen Verfahren zur Ansicht, dass der BF sein Heimatland lediglich aus wirtschaftlichen Gründen verlassen hat.

 

Aus den Angaben des BF bei seiner Einvernahme am 08.05.2003 zu seinem beruflichen Werdegang im Herkunftsstaat ergibt sich, dass der BF in seinem Heimatland seit 2001 arbeitslos war. Weiters gab der BF an, dass sein Vater, solange er gelebt habe - dieser ist nach den glaubhaften Angaben des BF im Oktober 2002 verstorben - für seinen Lebensunterhalt aufgekommen sei. Seit dem Tod seines Vaters habe niemand mehr für ihn gesorgt, weshalb er in weiterer Folge beschlossen habe, nach Österreich zu gehen. Die an ihn gestellte Frage, was ihm im Fall seiner Rückkehr drohen würde, beantwortete der BF primär damit, dass er auf keinen Fall eine Arbeit bekommen würde und arbeitslos sein werde. Lediglich hilfsweise führte der BF an, dass ihn die Polizei ständig befragen würde. Aus diesen Angaben des BF ist eindeutig ersichtlich, dass der BF tatsächlich aus wirtschaftlichen Gründen die Türkei verlassen hat. Dass der BF nach Österreich gereist ist, dürfte seinen Hintergrund darin haben, dass hier auch sein Cousin aufhältig ist.

 

Nach Ansicht des Asylgerichtshofes hat das Bundesasylamt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst.

 

Soweit in der Beschwerdeschrift ausgeführt wird, das Bundesasylamt habe die ihm obliegende Manuduktionspflicht verletzt, da es den BF nicht angeleitet habe, alle wesentlichen Umstände bzw. Vorbringen zu erstatten, ist dem Folgendes entgegenzuhalten: Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu § 28 AsylG 1997, der die Ermittlungspflicht der Asylbehörden regelt, ausgesprochen, dass die in § 28 AsylG 1997 geregelte Ermittlungspflicht der Behörde nicht soweit geht, den Asylwerber zu erfolgversprechenden Argumenten und Vorbringen anzuleiten (VwGH 04.05.2000, 99/20/0599). § 28 AsylG 1997 stellt - nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in VwGH 14.12.2000, 2000/20/0949 - eine Konkretisierung der aus § 37 AVG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AVG hervorgehende Verpflichtung der Verwaltungsbehörden dar, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, begründet aber keine über den Rahmen der angeführten Vorschriften hinausgehende Ermittlungspflicht. Nur im Fall hinreichend deutlicher Hinweise im Vorbringen eines Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention in Frage kommt, hat die Behörde gemäß § 28 AsylG 1997 in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu dringen. Aus dieser Gesetzesstelle kann aber keine Verpflichtung der Behörde abgeleitet werden, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln (Hinweis E vom 14. Oktober 1998, Zl. 98/01/0222).

 

Entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeschrift wurde der BF in der Einvernahme am 08.05.2003 sehr wohl aufgefordert, etwaige Beweismittel vorzulegen.

 

Die seitens des Bundesasylamtes vorgenommene Beweiswürdigung ist im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig. Sie steht auch im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen kann, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Aus Sicht des Asylgerichtshofes ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem Bundesasylamt nicht entgegenzutreten.

 

3.3. Die Feststellungen zur Situation in der Türkei gründen sich auf den dem BF zur schriftlichen Stellungnahme übermittelten aktuellen Länderdokumenten. Es ist allgemein zu den Feststellungen auszuführen, dass es sich bei den herangezogenen Quellen zum Teil um staatliche bzw. staatsnahe Institutionen handelt, die zur Objektivität und Unparteilichkeit verpflichtet sind. Zur Auswahl der Quellen wird angeführt, dass sich der Asylgerichtshof einer ausgewogenen Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges bediente, um sich so ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat des BF machen zu können. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates über den berichtet wird zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteiennahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann.

 

Speziell zur Berichterstattung des Auswärtigen Amtes Berlin zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Türkei ist aus dem aktuellen Bericht in Bezug auf die Informationsgewinnung und -verwertung durch das AA Berlin darauf hinzuweisen, dass das deutsche Auswärtige Amt in der Türkei im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten stets erhobene und ihr bekannt gewordene Vorwürfe von Misshandlung oder Folter von aus der BRD in die Türkei abgeschobenen Personen [vor allem abgelehnte Asylbewerber] überprüft, dass es sich im Rahmen seine Feststellungen ua. auf verschiedene NGOs bzw. internationale Organisationen, wie UNHCR, das IKRK beruft und ho. keinerlei Hinweise ersichtlich sind, dass diese Organisationen den Feststellungen des dt. Auswärtigen Amtes widersprachen, bzw. diese sich dagegen ausgesprochen hätten, dass sich das dt. Auswärtige Amt auf sie beruft.

 

Konkret führt das dt. Auswärtige Amt im aktuellen Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Türkei zu diesem Themenkreis an:

 

"Die deutschen Auslandsvertretungen sind angewiesen, sämtliche vor Ort zur Verfügung stehenden Erkenntnisse auszuwerten. Dies gilt insbesondere für Erkenntnisse lokaler Menschenrechtsgruppen und vor Ort vertretener Nichtregierungsorganisationen. Weitere Erkenntnisquellen sind Oppositionskreise, Rechtsanwälte, Botschaften westlicher Partnerstaaten, internationale Organisationen wie z. B. UNHCR oder IKRK, Regierungskreise sowie abgeschobene Personen. Darüber hinaus tauscht das Auswärtige Amt regelmäßig mit Vertretern von Nichtregierungsorganisationen (NROen) und dem UNHCR Informationen über die Lage in einzelnen Herkunftsländern aus. Dadurch sowie durch stets mögliche schriftliche Stellungnahmen erhalten die Vertreter der Nichtregierungs-organisationen und des UNHCR die Möglichkeit, ihre Erkenntnisse zu den in den Lagebe-richten dargestellten Sachverhalten einzubringen."

 

Hieraus ist ableitbar, dass diese Organisationen gegen die getroffenen Feststellungen des dt. Auswärtigen Amtes keine wesentlichen Einwände haben, widrigenfalls würden sie diese artikulieren.

 

In sämtlichen Eingaben des BF wurden keine Bedenken gegen die zur Stellungnahme übermittelten Länderberichte geäußert. Angesichts der Seriosität der im Verfahren herangezogenen Quellen und der Plausibilität dieser Aussagen besteht daher kein Grund, an deren Richtigkeit zu zweifeln.

 

4. Rechtlich folgt:

 

4.1. Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 Asylgesetz 2005 idF BGBl. I 135/2009 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 idgF (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 61 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.

 

Gemäß § 23 Absatz 1 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

4.2. Gemäß § 75 Abs 1 AsylG 2005 sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 mit der Maßgabe zu Ende zu führen, dass in Verfahren, die nach dem 31. März 2009 beim Bundesasylamt anhängig sind oder werden, § 10 in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2009 mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass eine Abweisung des Asylantrages, wenn unter einem festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in seinen Herkunftsstaat zulässig ist, oder eine Zurückweisung des Asylantrages als Entscheidung nach dem Asylgesetz 2005 gilt. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes (AsylG 2005) sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2009 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31.12.2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31.12.2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.

 

Gemäß § 44 Abs 1 AsylG 1997 werden Asylanträge, die bis zum 30.04.2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des AsylG 1997 idF BGBl I Nr. 126/2002 geführt. Die §§ 8, 15, 22, 23 Abs 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a sind gemäß § 44 Abs 3 leg cit idF BGBl I Nr. 101/2003 auch auf Verfahren gemäß Abs 1 anzuwenden.

 

Im gegenständlichen Fall wurde der Asylantrag am 27.01.2003 gestellt, weshalb das AsylG 1997 grundsätzlich idF BGBl. I Nr. 126/2002 zur Anwendung gelangt, einzelne Bestimmungen (insbesondere § 8 AsylG 1997) jedoch idF BGBl. I Nr. 101/2003.

 

4.3. Zur Nichtgewährung von Asyl gemäß § 7 Asylgesetz

 

4.3.1 Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention [GFK]) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011, VwGH 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131, VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334).

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011, VwGH 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Erlassung der Entscheidung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

 

Nach stRsp des Verwaltungsgerichtshofes sind Umstände, die schon längere Zeit vor der Ausreise zurückliegen nicht mehr beachtlich, die wohlbegründete Furcht muss vielmehr bis zur Ausreise andauern (anstatt vieler VwGH 27.06.1995, Zahl 94/20/0689). Bei einem mehrmonatigen Zuwarten mit der Ausreise kann angesichts des Umstandes, dass sich der Asylwerber während dieses Zeitraumes weder verstecken musste, noch ihm in weiterer Folge zusätzliche Nachteile erwachsen sind, nicht davon ausgegangen werden, dass der für die Annahme wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne von Artikel 1 Abschnitt A Z 2 GFK relevante zeitliche Zusammenhang zu seiner Ausreise bestanden hat (vgl. dazu VwGH 21.04.1993, Zahl 92/01/0956; VwGH 23.07.1998, Zahl 96/20/0144).

 

4.3.2. Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen für die Zuerkennung von Asyl, nämlich eine glaubhafte Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat aus einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK angeführten Grund nicht gegeben.

 

4.3.2.1. Dem BF droht keine asylrelevante Verfolgung allein aufgrund seiner Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe. Diesbezüglich ist auszuführen, dass laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe allein keinen Grund für die Asylanerkennung darstellt (VwGH 31.01.2002, 2000/20/0358), sofern nicht konkrete gegen den Asylwerber selbst gerichtete Verfolgungshandlungen glaubhaft gemacht werden. Solche konnte der BF im gegenständlichen Fall jedoch nicht glaubhaft machen. Darüber hinaus kann auch den dem BF zur schriftlichen Stellungnahme übermittelten Länderberichten nicht entnommen werden, dass Kurden allein aufgrund ihrer Abstammung verfolgt oder staatlichen Repressionen unterworfen werden. Vielmehr ergibt sich aus diesen, dass im Herkunftsstaat des BF alleine aufgrund der ethnischen Abstammung keine asylrelevante Verfolgung stattfindet.

 

4.3.2.2. Wirtschaftliche Gründe rechtfertigen grundsätzlich nicht die Ansehung als Flüchtling. Sie könnte nur dann relevant sein, wenn den Beschwerdeführern der völlige Verlust ihrer Existenzgrundlage drohte (VwGH 13.05.1998, 96/01/0045; 96/01/0046). Wirtschaftliche Benachteiligungen - sei es auch aus politischen Gründen - erlangen daher nur dann asylrechtliche Relevanz, wenn sie geeignet sind, die Lebensmöglichkeit unmittelbar zu bedrohen (VwGH 26.03.1996, 95/19/0037).

 

Wenngleich - wie bereits das Bundesasylamt in seinem Bescheid vom 02.09.2003 festhielt - in der Türkei auch viele Kurden unter der mit der Wirtschaftskrise verbundenen Arbeitslosigkeit zu leiden haben, kann nicht davon gesprochen werden, dass es sich dabei um eine steuerbare, wirtschaftliche Benachteiligung von Angehörigen der kurdischen Volksgruppe handeln würde. Darüber hinaus kann im gegenständlichen Fall nicht davon gesprochen werden, dass dem BF der völlige Verlust der Existenzgrundlage drohen würde. Zumal der BF auch in Österreich einer beruflichen Beschäftigung nachging, ist zu erwarten, dass dieser auch in seinem Herkunftsstaat eine Anstellung finden wird. Des Weiteren kann der BF notfalls mit Unterstützung durch seine nach wie vor in der Türkei aufhältigen Familienangehörigen (Mutter, Geschwister) rechnen, sodass keine Bedrohung der Lebensmöglichkeit gegeben ist.

 

4.3.2.3. Dass der BF in seinem Heimatland aufgrund seiner Sympathie für die HADEP ständig von der türkischen Polizei unter Druck gesetzt worden sei, die Polizisten immer wieder zu ihm nachhause gekommen seien und ihn ständig befragt hätten, sodass er keine Ruhe mehr gehabt habe, war - wie in der Beweiswürdigung näher erläutert - nicht glaubhaft. Diese Angaben des Beschwerdeführers waren daher nicht als Feststellungen der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen und deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung war nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

 

4.3.2.4. Geht man von der Annahme aus, der BF sei tatsächlich Sympathisant der HADEP gewesen, ist festzuhalten, dass dieser Umstand nicht zur Asylgewährung führen kann, zumal aus den dem BF vorgehaltenen Länderfeststellungen zur Lage in der Türkei eindeutig hervorgeht, dass weder der bloße Kontakt noch die einfache Mitgliedschaft in kurdische Belange vertretenden, später verbotenen Parteien zu asylrelevanten Verfolgungshandlungen führt. Hinsichtlich der Lage von Sympathisanten kurdische Belange vertretender Parteien in der Türkei kann nicht davon gesprochen werden, dass jemand alleine aufgrund des Umstandes, dass er eine kurdische Partei unterstützt hat, welche in weiterer Folge verboten wurde, asylrelevante Verfolgung zu gewärtigen hat. Im Übrigen agieren Vertreter der als Nachfolgepartei der HADEP verbotenen DTP nunmehr wieder völlig legal unter dem Parteinamen BDP und sind deren Abgeordnete in Fraktionsstärke im türkischen Parlament vertreten. Im gegenständlichen Fall kann es daher als ausgeschlossen angesehen werden, dass der BF, ein Sympathisant und nicht einmal Mitglied der - zum damaligen Zeitpunkt immerhin noch legalen - HADEP, aufgrund seiner Sympathie für eine kurdische Partei asylrelevante Verfolgung zu befürchten hatte bzw. für den Fall der Rückkehr eine solche zu befürchten haben wird.

 

Selbst wenn man das geschilderte Vorgehen der Sicherheitsorgane gegen den BF als wahr erachten würde, würde es zu keiner Asylgewährung führen. Zum einen wären die vom BF geschilderten, wenn auch wiederholten Befragungen durch die türkischen Sicherheitsbehörden keine Verfolgungshandlungen von ausreichender Intensität.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt auch wiederholten Vorladungen zur Polizei und Befragungen nach den Aufenthalt von Verwandten nicht der Charakter von Eingriffen zu, die ihrer Intensität nach als Verfolgung im Sinne der GFK qualifiziert werden können (VwGH 21.4.1993, 92/01/1059 mwN; 21.2.1995, 94/20/0720; 19.12.1995, 95/20/0104; 10.10.1996, 95/20/0487). Behördliche Maßnahmen zum Zwecke der Ausforschung des Aufenthaltsortes anderer, insbesondere nicht mit dem Befragten verwandter Personen, stellen in der Regel keine asylrelevante Verfolgung dar (VwGH 14.12.2000, 2000/20/0494). Selbst eine Überwachung des Asylwerbers bzw. seiner Familie durch die Polizei erreicht, sofern sie zu keinen weiteren Verfolgungsmaßnahmen der staatlichen Behörden führt, nicht jene Intensität, die zur Annahme einer (objektiv) begründeten Furcht notwendig ist (VwGH 16.6.1994, 94/19/0095; in diesem Sinne auch 25.11.1994, 94/19/0635). Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Aufforderung, sich täglich bei der Polizei zu melden, eine solche Intensität erreicht, dass ein weiterer Verbleib des Beschwerdeführers in seinem Heimatland aus objektiver Sicht unerträglich geworden ist (VwGH 17.2.1994, 94/19/0040 mwN; in diesem Sinne auch 16.3.1994, 93/01/0724, 0725; 26.6.1996, 96/20/0414; 11.11.1997, 96/01/0131). Auch Hausdurchsuchungen, kurzfristige Festnahmen und Befragungen, sofern sie ohne weitere Folgen geblieben sind, stellen noch keine Verfolgungshandlungen im Sinne des Art. I Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention dar, da sie nicht die für eine Asylgewährung erforderliche Intensität besitzen (so z.B. VwGH 11.11.1998, 98/01/0312; 16.01.1006, 95/20/0196; 10.03.1994, 94/19/0277).

 

Unter Berücksichtigung der soeben ausgeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellen die vom BF behaupteten Anhaltungen und Befragungen, welche keine weiteren Folgen für den BF nach sich zogen, keine ausreichend intensiven Verfolgungshandlungen im Sinne der GFK dar.

 

Zum anderen wären die Maßnahmen zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr hinreichend aktuell, um noch immer als Grundlage für die Annahme einer gegenwärtigen Gefährdung des BF durch neuerliche Belästigung oder Festnahmen seitens von Sicherheitsorganen herangezogen zu werden, zumal sie schon zum damaligen Zeitpunkt als nicht ausreichend intensiv anzusehen waren.

 

Vor diesem Hintergrund war daher dem Bundesasylamt zuzustimmen, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist ein Vorbringen zu erstatten, dem Asylrelevanz zukommt und war daher die Beschwerde gegen Spruchteil I des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

 

4.4. Zur Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers gem. § 8 Abs 1 AsylG

 

4.4.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG hat die Behörde im Fall der Abweisung eines Asylantrages von Amtswegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 FrG); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

Gemäß Artikel 5 § 1 des Fremdenrechtspaketes, BGBl I Nr. 100/2005, ist das Bundesgesetz über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997), BGBl I Nr. 75/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr. 151/2004, mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten. Gemäß § 126 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005, ist dieses mit 01.01.2006 in Kraft getreten.

 

Gemäß 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG 1997 verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Demnach ist die Verweisung des § 8 Abs. 1 AsylG 1997 auf § 57 FrG nunmehr auf § 50 FPG zu beziehen.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 FPG ist die Zurückweisung, Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§11 AsylG 2005).

 

Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist die Abschiebung Fremder in einen Staat, in dem sie zwar im Sinne des Abs. 2, jedoch nicht im Sinne des Abs. 1 bedroht sind, nur zulässig, wenn sie aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstellen oder wenn sie von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sind und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeuten (Art. 33 Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge).

 

Gemäß Abs. 6 leg. cit. ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

Die Regelungsgehalte von § 57 FrG und § 50 FPG unterscheiden sich nicht in einer solchen Weise, dass es für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre. Die Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - mittelbar oder unmittelbar - auf § 57 FrG bezieht, lässt sich daher auf § 50 FPG übertragen.

 

4.4.2. Wie bereits oben ausgeführt, ist eine an asylrechtlich relevante Merkmale im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK anknüpfende Verfolgung nicht anzunehmen, so dass die Anwendbarkeit des § 57 Abs. 2 FrG ausscheidet.

 

Zu prüfen bleibt, ob es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass durch die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Artikel 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würden oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unve

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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