TE Vwgh Erkenntnis 2001/3/1 98/18/0128

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Veröffentlicht am 01.03.2001
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
FrG 1997 §36;
FrG 1997 §38 Abs1 Z3;
FrG 1997 §39;
StbG 1985 §10 Abs1;
StbG 1985 §10 Abs3;
VStG §51 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des am 15. Jänner 1963 geborenen F T, vertreten durch Mag. Franz Kellner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 6. Februar 1998, Zl. SD 1216/97, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 6. Februar 1998 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer, der sich von 1980 bis 1983 vorübergehend im Bundesgebiet aufgehalten, im Jahr 1986 nach Österreich gekommen und hier einen Asylantrag gestellt habe, habe sich nach Abweisung des Asylantrages im Mai 1990 niederlassen können und habe in der Folge Sichtvermerke und eine Aufenthaltsbewilligung bis Ende Juni 1995 erhalten. Auf Grund einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten sei ein Verlängerungsantrag abgewiesen und ein Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eingeleitet worden, doch habe vorerst der Aufenthalt des Beschwerdeführers nicht ermittelt werden können, sodass schließlich ein Festnahmeauftrag ergangen sei. Der in weiterer Folge gegen den nunmehr rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer ergangene erstinstanzliche Bescheid habe sich darauf gegründet, dass der Beschwerdeführer mit dem seit 12. Oktober 1995 rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gemäß §§ 269 Abs. 1, 107 Abs. 1 und Abs. 2, 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z. 4 StGB wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt, gefährlicher Drohung und schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten unter bedingter Strafnachsicht rechtskräftig verurteilt worden sei. Weiters liege eine Bestrafung wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand vor.

Der Verurteilung liege zu Grunde, dass der Beschwerdeführer, als ihm nach einer Untersuchung der Atemluft (0,73 mg/l, das sind ca. 1,46 Promille) der Führerschein abgenommen und ihm die Weiterfahrt untersagt worden sei, die Beamten als Rassisten und Nazi beschimpft habe, aggressiv geworden sei, die Fäuste geballt, nach Abmahnung dem Beamten eine Zigarettenschachtel ins Gesicht geworfen und, als er hätte festgenommen werden sollen, dem Beamten einen Tritt gegen das Schienbein versetzt habe, wodurch dieser eine Verletzung erlitten habe, gegen den Unterleib getreten und geschrien habe, er lasse sich nicht festnehmen, er habe schon gesagt, dass er sich wehren werde, und den Beamten dabei als Arschloch beschimpft habe. Nachdem ihm die Handfesseln angelegt worden seien, habe er geschrieen, er sei verletzt, man habe ihn misshandelt und gefoltert und weiters: "Passt auf eure Familien auf, ich habe genug Freunde in Wien, welche der PKK angehören. Ich werde dafür sorgen, dass man euch und eure Familien auslöscht ..., das wird euch teuer zu stehen kommen".

Der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG sei gegeben. Das Verhalten des Beschwerdeführers an sich und insbesondere gegenüber jenen Organen, die für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu sorgen hätten, zeige ganz deutlich, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG gefährde und ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Sinn des § 37 Abs. 1 leg. cit. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dringend geboten sei.

Im Bundesgebiet lebe die Mutter des Beschwerdeführers und vier Geschwister, die bereits die österreichische Staatsbürgerschaft besäßen. Die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie würden jedoch dadurch relativiert, dass der Beschwerdeführer längst erwachsen (35 Jahre alt) sei und ein gemeinsamer Wohnsitz nicht bestehe. Die Integration des Beschwerdeführers sei wohl schon ziemlich fortgeschritten (gewesen), doch sei deren soziale Komponente durch das bösartige Verhalten des Beschwerdeführers gegenüber Sicherheitsorganen, die für die Ordnung und Sicherheit, vor allem auch die Sicherheit im Straßenverkehr, zu sorgen hätten, und die Art der Drohung, mit der er die Verhältnisse in seine Heimat ins Spiel zu bringen versucht habe, besonders stark beeinträchtigt. Dazu komme überdies, dass der Beschwerdeführer der Aktenlage nach seit Dezember 1996 keine Beschäftigung habe. Bei der gegebenen Sachlage hätten jedenfalls die privaten Interessen des Beschwerdeführers, und zwar die mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Auswirkungen auf seine Lebenssituation und die seiner Familie, gegenüber den öffentlichen Interessen und den nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes zurückzutreten gehabt, sodass auch die Bestimmung des § 37 Abs. 2 FrG der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegenstehe.

Zum Hinweis des Beschwerdeführers auf § 38 FrG müsse festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer jedenfalls nicht von klein auf im Inland aufgewachsen sei, dass ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 StbG 1985 nicht hätte verliehen werden können, weil dazu ein zehnjähriger ununterbrochener Wohnsitz vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes im Jahr 1995 gefehlt habe - dass ihm die Erteilung der Staatsbürgerschaft im Hinblick auf eine andere Bestimmung des Staatsbürgerschaftsgesetzes zugesichert worden sei, vermöge daran nichts zu ändern -, dass auch Aufenthaltsverfestigung im Sinn des § 38 Abs. 1 Z. 2 iVm § 35 FrG nicht eingetreten sei, weil die Dauer der rechtmäßigen Niederlassung des Beschwerdeführers, der im Sinn des § 35 Abs. 2 leg. cit. wegen Begehung einer strafbaren Handlung verurteilt worden sei und dessen weiterer Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden würde, keinesfalls den im § 35 Abs. 3 leg. cit. genannten Zeitraum von zehn Jahren vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes erreicht habe.

Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes anlange, so erscheine die nunmehr festgesetzte im Ausmaß von zehn Jahren - bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG wäre sogar die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes zulässig - gerechtfertigt, weil der Beschwerdeführer gezeigt habe, dass er trotz längeren Aufenthaltes im Bundesgebiet nicht in der Lage sei, seine Geisteshaltung zu ändern und sich einer demokratischen Gesellschaftsordnung anzupassen, sodass nicht erwartet werden könne, dass er eher seine Einstellung dazu ändern werde.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. In der Beschwerde bleibt die Ansicht der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 (dritter Fall) FrG verwirklicht sei, unbekämpft. Der Gerichtshof hegt auf dem Boden der maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen gegen diese Beurteilung keine Bedenken.

1.2. Die Beschwerde bringt vor, die belangte Behörde habe durch die ausführliche Schilderung des Sachverhaltes, der zur gerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers geführt habe, im angefochtenen Bescheid diesen "sowohl der Begründung überhaupt als auch der Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes" zu Grunde gelegt. Damit messe sie allerdings dem Aufenthaltsverbot umso deutlicher eine Art Strafcharakter bei, obwohl der Beschwerdeführer für sein Verhalten bereits auf die vom Gesetz hiefür vorgesehene Weise bestraft worden sei. Wenn die belangte Behörde schon die Straftat des Beschwerdeführers "auf drastische Weise" näher darstelle, hätte sie ihm auch zubilligen müssen, dass diese unter erheblichem Alkoholeinfluss verübt worden sei. Daraus wäre der Schluss zu ziehen gewesen, dass die strafbare Handlung des Beschwerdeführers während seines langjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet eine absolute Ausnahme darstelle und nicht den Schluss rechtfertige, ein einmaliges, von der Norm abweichendes Verhalten bedürfe gravierender fremdenrechtlicher Maßnahmen.

1.3. Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass unter Zugrundelegung der vom Beschwerdeführer begangenen Straftat der Auffassung der belangten Behörde beizupflichten ist, dass das dargestellte Fehlverhalten des Beschwerdeführers (siehe I. 1.) eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit begründet erscheinen lasse, weshalb die Annahme nach § 36 Abs. 1 FrG gerechtfertigt sei. Dass der Beschwerdeführer die Straftat "unter erheblichem Alkoleinfluss" verübt habe, fällt dabei nicht entscheidend ins Gewicht. Der Ansicht des Beschwerdeführers, er sei für sein Verhalten durch die gerichtliche Verurteilung bereits auf die vom Gesetz hiefür vorgesehene Weise bestraft worden, ist zu entgegnen, dass sich insbesondere aus § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG ergibt, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes - hiebei handelt es sich um eine administrativ-rechtliche Maßnahme - (gerade dann) zulässig ist, wenn der Fremde für sein Fehlverhalten bereits vom Gericht bestraft worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. März 2000, Zl. 99/18/0451, mwN).

2.1. Die Beschwerde bringt vor, die belangte Behörde habe zum einen dem einmaligen Fehlverhalten des Beschwerdeführers übergroßes Gewicht beigemessen, zum anderen die Beeinträchtigung seiner Lebenssituation durch das Aufenthaltsverbot nicht ausreichend berücksichtigt. Auch wenn der 35-jährige Beschwerdeführer nicht (mehr) im gemeinsamen Haushalt mit Mutter und Geschwistern lebe, so mache es doch einen erheblichen Unterschied aus, ob diese nächsten Verwandten in der gleichen Stadt oder in einem mehrere Flugstunden entfernten Land wohnen. Auch könne die soziale Integration des Beschwerdeführers, die selbst die belangte Behörde als "ziemlich fortgeschritten" konzediere, nicht ohne weiteres durch ein einmaliges Fehlverhalten "in einer selbstverständlich auch für den Beschwerdeführer eine Ausnahme darstellenden Situation" verloren gehen. Bei rechtsrichtiger Abwägung nach § 37 FrG wäre von der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes wegen weitaus überwiegender relevanter Interessen des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers Abstand zu nehmen gewesen.

2.2. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grund des § 37 FrG hat die belangte Behörde die Dauer des Aufenthalts des Beschwerdeführers sowie den inländischen Aufenthalt seiner Mutter und seiner vier Geschwister, die bereits die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, mit denen der Beschwerdeführer allerdings nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, berücksichtigt. Ihre Ansicht, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes, welche Maßnahme auch unter Bedachtnahme auf diese persönlichen Interessen des Beschwerdeführers zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) dringend geboten sei, auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden. So kommt dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs im Hinblick auf die von alkoholisierten Lenkern - beim Beschwerdeführer wurde nach Abnahme des Führerscheines (unbestritten) ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,75 mg/l (1,46 Promille) gemessen - ausgehende Gefahr für die Allgemeinheit großes Gewicht zu. Der Beschwerdeführer hat darüber hinaus durch die oben I.1. dargestellten Tätlichkeiten und massiven Drohungen gegenüber den einschreitenden Beamten ein Verhalten gezeigt, aus dem sich deutlich Aggressivität und Gewaltbereitschaft ergibt. Vor diesem Hintergrund kann der von der Beschwerde hervorgehobene Umstand des "einmaligen Fehlverhaltens" nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers ausschlagen.

3. Auch mit dem Hinweis auf § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG ist für die Beschwerde nichts gewonnen. Nach dieser Gesetzesbestimmung darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn dem Fremden vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311, hätte verliehen werden können, es sei denn, der Fremde wäre wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig zu mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden.

3.1. Nach § 10 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. kann einem Fremden die Staatsbürgerschaft unter anderem nur dann verliehen werden, wenn er seit mindestens zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat. Vor dem Hintergrund dieser Bestimmungen ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes zu prüfen, ob der Fremde vor Verwirklichung des (ersten) von der Behörde zulässigerweise zur Begründung eines Aufenthaltsverbotes herangezogenen Umstandes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1998, Zl. 98/18/0170) bereits mehr als zehn Jahre seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen in Österreich hatte. Da die Behörde das der rechtskräftigen Verurteilung vom 12. Oktober 1995 zu Grunde liegende Fehlverhalten zulässigerweise zur Begründung des Aufenthaltsverbotes herangezogen hat, und der Beschwerdeführer im Zeitpunkt dieses Fehlverhaltens noch nicht zehn Jahre ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hatte, steht § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegen. Dem Vorbringen, dem Beschwerdeführer sei die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft bereits zugesichert worden (und die zuständige Behörde habe gemäß § 10 Abs. 3 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 das Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes und damit eine Ausnahme von der in § 10 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. normierten Mindestdauer von zehn Jahren angenommen) ist entgegenzuhalten, dass § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG ausdrücklich und ausschließlich auf § 10 Abs. 1 - und nicht auch auf Abs. 3 - Staatsbürgerschaftsgesetz abstellt (vgl. dazu das zum FrG aus 1992 ergangene, wegen der insofern übereinstimmenden Rechtslage auch für das FrG 1997 anwendbare hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1997, Zl. 97/18/0013).

4. Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde habe gegen das Verbot der "reformatio in peius" verstoßen, indem sie das von der Erstbehörde verhängte Aufenthaltsverbot von fünf auf zehn Jahre verlängert habe.

Diesen Ausführungen ist zu erwidern, dass auf ein Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (als einer administrativrechtlichen Maßnahme) das AVG anzuwenden ist, das eine dem § 51 Abs. 6 VStG vergleichbare Bestimmung nicht enthält. Im Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes besteht sohin kein Verbot der reformatio in peius, d.h., dass der Bescheid von der Berufungsbehörde auch zum Nachteil des Berufungswerbers abgeändert werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. April 1994, Zl. 94/18/0123).

Dennoch ist der Beschwerde Erfolg beschieden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 10. Mai 2000, Zl. 99/18/0291, mwN) ist ein Aufenthaltsverbot - unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 1 FrG - für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird. Die der Hinaufsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes zu Grunde liegende Annahme der belangten Behörde, dass dies erst nach zehn Jahren der Fall sein werde, vermag der Verwaltungsgerichtshof bei Würdigung der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände, insbesondere der beträchtlichen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers in Österreich, nicht zu teilen. Die belangte Behörde hat somit bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes die Rechtslage verkannt und damit den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

5. Der angefochtene Bescheid - bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer handelt es sich nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 31. Mai 2000, Zl. 99/18/0398) um einen vom übrigen Bescheidinhalt nicht trennbaren Abspruch - war daher zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 1. März 2001

Schlagworte

Trennbarkeit gesonderter Abspruch Umfang der Abänderungsbefugnis Reformatio in peius

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998180128.X00

Im RIS seit

26.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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