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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Gleichheitswidrigkeit der im Umsatzsteuergesetz vorgenommenen Differenzierungen zwischen bundesgesetzlich und landesgesetzlich geregelten Zuschüssen sowie zwischen bundes- und landesgesetzlich geregelten Fonds bei der Einbeziehung in die BemessungsgrundlageSpruch
1. Der Wortteil "bundes" in den Worten "bundesgesetzlich" im ersten und zweiten Halbsatz der Ziffer 2 zweiter Satz des §4 Abs2 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 223, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
Frühere gesetzliche Vorschriften treten nicht wieder in Wirksamkeit.
Die aufgehobenen Wortteile sind nicht mehr anzuwenden.
2. Der Bundeskanzler ist verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Bundesgesetzblatt I kundzumachen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.a) Beim Verfassungsgerichtshof sind zu den Zahlen B4717/96 und B509/97 Verfahren über Beschwerden anhängig, denen folgender Sachverhalt zugrundeliegt:
Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (FLD Wien, NÖ u. Bgld.) schrieb mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden vom 17. Oktober 1996 und vom 6. Februar 1997 der beschwerdeführenden (in Liquidation befindlichen) Gesellschaft Umsatzsteuer für die Jahre 1991 und 1992 in bestimmter Höhe vor, und zwar für "Subventionen", die der Gesellschaft vom Land Niederösterreich gewährt wurden; dies für Lehrtätigkeiten, die von der Gesellschaft an der Wissenschaftlichen Landesakademie für Niederösterreich (Donau-Universität Krems) durchgeführt worden waren. Die Behörde berief sich bei Vorschreibung der Steuer vor allem auf §4 Abs2 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. 223 (UStG 1972).
Gegen diese Berufungsbescheide wenden sich die erwähnten, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden, in denen die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (§4 Abs2 Z2 UStG 1972) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der bekämpften Bescheide beantragt wird.
Die FLD Wien, NÖ und Bgld. legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden begehrt.
b) Der Verfassungsgerichtshof hat am 9. Oktober 1997 beschlossen, aus Anlaß der beiden vorliegenden Beschwerden gemäß Art140 Abs1 B-VG die Verfassungsmäßigkeit der im Spruch bezeichneten und in der folgenden Wiedergabe des Gesetzestextes hervorgehobenen Wortteile im §4 Abs2 UStG 1972 von Amts wegen zu prüfen (hg. Zlen. G466,467/97).
Diese bundesgesetzliche Bestimmung und die mit ihr in Zusammenhang stehenden Vorschriften lauten:
"Steuerbare Umsätze
§1.(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:
1. Die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. ...
Bemessungsgrundlage für die Lieferungen,
sonstigen Leistungen und den Eigenverbrauch
§4.(1) Der Umsatz wird im Falle des §1 Abs1 Z1 nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten (Solleinnahme); dazu gehören insbesondere auch Gebühren für Rechtsgeschäfte und andere mit der Errichtung von Verträgen über Lieferungen oder sonstige Leistungen verbundene Kosten, die der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung dem Unternehmer zu ersetzen hat.
(2) Zum Entgelt gehört auch,
1. was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung freiwillig aufwendet, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten,
2. was ein anderer als der Empfänger dem Unternehmer für die Lieferung oder sonstige Leistung gewährt. Dies gilt nicht für bundesgesetzlich geregelte Zuschüsse, die dem Zuschußberechtigten aus öffentlichen Kassen oder aus Mitteln bundesgesetzlich errichteter Fonds gewährt werden.
(3) ..."
Das UStG 1972 wurde durch das UStG 1994 abgelöst. Darin scheint eine dem §4 Abs2 Z2 zweiter Satz UStG 1972 vergleichbare Regelung nicht auf.
c) Der Verfassungsgerichtshof ging in dem die Gesetzesprüfungsverfahren einleitenden Beschluß vom 9. Oktober 1997 vorläufig davon aus, daß alle Prozeßvoraussetzungen vorlägen.
Er äußerte ob der Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Wortteile das Bedenken, daß sie dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatz verletzten:
"Er geht vorläufig davon aus, daß die in Rede stehenden Subventionen landesgesetzlich geregelt sind oder waren.
Er kann zunächst keine Gründe dafür finden, weshalb es sachlich gerechtfertigt sein sollte, bundesgesetzlich geregelte Zuschüsse, die dem Zuschußberechtigten u.a. aus Mitteln bundesgesetzlich errichteter Fonds gewährt werden, von der Umsatzsteuerpflicht auszunehmen jedoch nicht gleichartige Zuschüsse, die landesgesetzlich geregelt sind. (.....) Wenn der Umsatzsteuergesetzgeber für Subventionen, die aus Mitteln von Gebietskörperschaften gewährt werden, Ausnahmen schafft, dann müßte er - will er nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen - gleiche Sachverhalte gleich behandeln, also zumindest für Bundes- und Landessubventionen gleichartige Regelungen treffen, zumal die Umsatzsteuer keine ausschließliche, sondern eine gemeinschaftliche Bundesabgabe ist."
2.a) Beim Verwaltungsgerichtshof sind zu dessen
Zahlen 95/15/0139,0140 Verfahren über Beschwerden anhängig, denen folgender Sachverhalt zugrundeliegt:
Mit Bescheid des Finanzamtes Krems vom 31. August 1993 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft vom 6. Juli 1993, die Einhebung der gesamten Umsatzsteuer auf Subventionen für den Zeitraum Jänner 1991 bis Oktober 1992 in der Höhe von insgesamt S 2,839.742,-- "bis zum Abschluß des gesamten Verfahrens" (gemeint offenbar: bis zum Abschluß des jeweiligen Umsatzsteuerverfahrens) auszusetzen, hinsichtlich des Zeitraumes bis Mai 1992 gemäß §212a BAO mit der Begründung abgewiesen, daß die Berufung gegen die Behandlung der Subventionen als Entgelt im Sinne des §4 UStG 1972 nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheine. Die dagegen von der beschwerdeführenden Gesellschaft erhobene Berufung wurde mit dem Bescheid der FLD Wien, NÖ und Bgld. vom 30. Dezember 1993 als unbegründet abgewiesen; dies im wesentlichen mit der Begründung, daß gemäß §212a Abs2 lita BAO die Aussetzung nicht zu bewilligen sei, insoweit die Berufung nach der Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheine. Dies treffe auf die Berufung in Umsatzsteuerangelegenheiten der beschwerdeführenden Gesellschaft zu, weil es sich bei den ihr vom Land Niederösterreich gewährten Zuschüssen nicht um echte Subventionen, sondern um Entgelte im Sinne des §4 Abs2 Z2 UStG 1972 handle.
Mit Sicherstellungsauftrag vom 15. Februar 1993 ordnete das Finanzamt Krems zur Sicherung der Umsatzsteuer für die Jahre 1991 und 1992 im Ausmaß von insgesamt S 1,492.000,-- die Sicherstellung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen der beschwerdeführenden Gesellschaft an. Die dagegen rechtzeitig erhobene Berufung, in der unter anderem ausgeführt wurde, daß die Vorgangsweise des Finanzamtes mangels Steueranspruches nicht gedeckt sei, wurde mit Bescheid der FLD Wien, NÖ und Bgld. vom 30. Dezember 1993 abgewiesen. Auch diese Berufungsentscheidung wurde unter anderem damit begründet, daß die vom Land Niederösterreich an die beschwerdeführende Gesellschaft gewährten Zuschüsse keine sogenannten echten Subventionen, sondern Entgelte im Sinne des §4 Abs2 Z2 UStG 1972 darstellten.
b) Mit Beschluß vom 18. Dezember 1997, Zahlen A2/98, A3/98, stellt der Verwaltungsgerichtshof aus Anlaß dieser Beschwerden zur hg. Zl. G25/98 gemäß Art140 Abs1 B-VG den Antrag, den Wortteil "bundes" in den Worten "bundesgesetzlich" im ersten und im zweiten Halbsatz der Ziffer 2 zweiter Satz des §4 Abs2 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 223, als verfassungswidrig aufzuheben bzw. in eventu festzustellen, daß diese Gesetzesstellen verfassungswidrig waren.
Der Verwaltungsgerichtshof ist der Meinung, daß in beiden Beschwerdeverfahren die zur Prüfung beantragten Wortteile präjudiziell seien.
Er bezieht sich in der Sache zur Begründung seines Antrages auf die im Einleitungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Oktober 1997 dargelegten Erwägungen (s.o. I.1.c) und übernimmt die dort geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken.
3.a) Die Bundesregierung erstattete aufgrund ihres Beschlusses vom 10. Februar 1998 eine Äußerung in der sie beantragt, die in Prüfung genommenen Wortteile nicht als verfassungswidrig aufzuheben.
Sie begründet dies folgendermaßen:
"1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes liegt das Verständnis des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes in einem den Gesetzgeber bindenden Sachlichkeitsgebot. Demnach setzt der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl. z.B. VfSlg. 10084/1984).
Die in §4 Abs2 Z2 vorgenommene Differenzierung zwischen bundes- und landesgesetzlich geregelten Zuschüssen dürfte dadurch sachlich begründet erscheinen, daß die Ausnahmeregelung des §4 Abs2 Z2 (zweiter Satz) des Umsatzsteuergesetzes 1972 vor allem sicherstellt, daß Transferzahlungen des Bundes nicht mit einer Bundesabgabe belastet werden. Zur Vermeidung eines zusätzlichen Verwaltungsaufwandes wird von einer Bruttobemessung der Bundessubvention (Bundesnettosubvention plus Bundesumsatzsteuer) bei gleichzeitiger Umsatzsteuerpflicht (d.h. Rückabfuhr der Bundesumsatzsteuer an den Bund) Abstand genommen und in wirtschaftlicher Betrachtungsweise lediglich eine um den Umsatzsteueranteil bereits gekürzte Subvention des Bundes ausbezahlt. Hierdurch ergibt sich der verwaltungsökonomische Vorteil, daß der Bund aus der Steuerfreistellung der von ihm gewährten Subventionen nicht die zuvor ausbezahlte Umsatzsteuer erheben muß, ein Vorteil, der auf Landesebene nicht erzielt werden kann, da die Umsatzsteuer eine (wenn auch gemeinschaftliche) Bundesabgabe darstellt und daher durch Organe der Bundesfinanzverwaltung eingehoben wird (§11 Abs1 F-VG). Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, einfache und leicht handhabbare Regelungen zu schaffen (vgl. VfSlg. 12670/1991 ua) und verwaltungsökonomische Überlegungen in eine gesetzliche Regelung einfließen zu lassen (vgl. VfSlg. 13027/1992). Die sachliche Rechtfertigung besteht bei dieser Betrachtungsweise - wie bereits ausgeführt - darin, daß die Einsparung des mit der Einhebung verbundenen Verwaltungsaufwandes nur für den Bund zum Tragen kommen kann.
Zwar führt die in Prüfung gezogene Regelung im Ergebnis dazu, daß für Bundes- und Landessubventionen unterschiedliche Regelungen gelten. Doch dürfte dies nicht gleichheitswidrig sein, weil das 'bundesstaatliche Prinzip die Anwendung des Gleichheitssatzes auf das Verhältnis verschiedener Gesetzgeber, so hier des Bundesgesetzgebers und eines Landesgesetzgebers, zueinander ausschließt' (VfSlg. 9116/1981).
Schließlich vermag auch der Umstand, daß die Umsatzsteuer eine gemeinschaftliche Bundesabgabe ist und daher auch den Ländern zufließt, keine Gleichheitswidrigkeit zu begründen. §4 UStG definiert den Begriff der Entgelte, sohin der Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Umsatzsteuer. Dabei handelt es sich um eine Regelung, die sich auf die Mittelaufbringung bezieht, während der Finanzausgleich die Mittelverwendung betrifft. Einhebung und Verwendung der Umsatzsteuer stellen somit jeweils unterschiedliche Regelungsbereiche dar, bei denen auch unterschiedliche Regelungsaspekte eine Rolle spielen können. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes steht es aber dem Gesetzgeber offen, sich in verschiedenen Bereichen für eigenständige Ordnungssysteme zu entscheiden, die den jeweiligen Erfordernissen und Besonderheiten hinreichend Rechnung tragen und jeweils für sich betrachtet gleichheitskonform gestaltet werden (z.B. VfSlg. 10084/1984). Daß die in Prüfung gezogene Regelung für sich genommen - aus verwaltungsökonomischen Gründen - sachlich gerechtfertigt erscheint, wurde bereits eingangs dargelegt.
2. Zu der im Beschluß des Verfassungsgerichtshofes angesprochenen Übergangsvorschrift des §28 des Umsatzsteuergesetzes 1994, vor allem zu dem Verhältnis von §28 Abs2 zu §28 Abs3 des Umsatzsteuergesetzes 1994, ist festzuhalten, daß Abs2 insoweit der Klarstellung dient, als die Bestimmungen des UStG 1994, in den Fällen, in denen Ereignisse aus der Zeit vor Inkrafttreten des UStG 1994 nach dem 1. Jänner 1995 geprüft werden, wie beispielsweise im Rahmen einer Betriebsprüfung oder einer Wiederaufnahme des Verfahrens, nicht anzuwenden sind. Die eigentliche Außerkraftsetzungsbestimmung für das UStG 1972 enthält §28 Abs3 UStG 1994. Dies bedeutet, daß Subventionen, die ab dem 1. Jänner 1995 gewährt werden oder wurden, jedenfalls nach der Rechtslage aufgrund des Umsatzsteuergesetzes 1994 zu beurteilen sind."
b) Die Niederösterreichische Landesregierung gab aufgrund ihres Beschlusses vom 10. Februar 1998 nachstehende Stellungnahme ab:
"Die verfahrensgegenständlichen, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden wenden sich gegen Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, mit denen dem Institut für Postgraduate Hochleistungsstudien MBAA Gesellschaft m.b.H. i. L. Umsatzsteuer für die Jahre 1991 und 1992 vorgeschrieben wurde.
Zum fraglichen Zeitpunkt stand das vom Landtag von Niederösterreich am 17. Dezember 1987 beschlossene Gesetz über eine Wissenschaftliche Landesakademie für Niederösterreich, LGBl. 5100-0, in Geltung.
Gemäß §3 Abs1 leg. cit. werden die für die Wissenschaftliche Landesakademie für Niederösterreich erforderlichen Finanzmittel durch
a)
eigene Einnahmen,
b)
Beiträge des Landes Niederösterreich und anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften,
c)
Beiträge privater Rechtsträger
aufgebracht.
Aus dem Motivenbericht zum Gesetzesentwurf, Zl. III/2-WF-1041/28 (Beilage A) wird erkennbar, daß der historische Gesetzgeber unter 'Beiträge' i.S.d. §3 Abs1 litb 'Förderungen' verstand.
Im besonderen Teil des Motivenberichtes wird §3 wie folgt erläutert:
'Dieser Teil des Entwurfes beschreibt die künftige Finanzierung der neuen Einrichtung. Als Ziel ist vorgegeben, daß eine angemessene Beteiligung des Bundes, der Stadt Krems und anderer Rechtsträger durch die Wissenschaftliche Landesakademie für Niederösterreich anzustreben ist.'
In den Erläuterungen zu §5 des Gesetzesentwurfes findet sich die folgende Anmerkung:
'Entsprechend den finanziellen Beiträgen anderer Rechtsträger und Institutionen, die in einem erheblichen Ausmaß die Wissenschaftliche Landesakademie für Niederösterreich fördern
... .'
Gemäß §1 litb und c leg. cit. hat die Wissenschaftliche Landesakademie für Niederösterreich u.a. das Ziel und die Aufgabe, Förderungen zu geben, die der Weiterentwicklung der Wissenschaften dienen, sowie Forschung und Lehre zu organisieren, soweit dadurch nicht in Bundeskompetenzen eingegriffen wird.
Neben Lehrveranstaltungen, die die Wissenschaftliche Landesakademie selbst veranstaltete, förderte sie auch die Lehr- und Forschungstätigkeit anderer Einrichtungen, wie das Institut für Postgraduate Hochleistungsstudien MBAA Gesellschaft m.b.H. i. L.
In den genannten Gesetzesbestimmungen ist daher die rechtliche Grundlage für die verfahrensgegenständliche Förderung gegeben."
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
A. Zur Zulässigkeit
1. Die beiden beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Beschwerden (s.o. I.1.a) sind zulässig. Der Verfassungsgerichtshof wird daher über sie in der Sache zu entscheiden haben.
Die Behörde hat die in den Anlaß-Beschwerdeverfahren bekämpften Bescheide vor allem auf §4 Abs2 Z2 UStG 1972 gegründet; dies war zumindest nicht denkunmöglich. Selbst wenn sich die Behörde zu Unrecht auf diese Gesetzesstelle gestützt haben sollte, hätte sie der Verfassungsgerichtshof bei Entscheidung über die erwähnten Beschwerden anzuwenden (vgl. hiezu z.B. VfSlg. 8318/1978, 10617/1985 und 13563/1993, S 235).
Um für die Anlaßfälle eine Rechtslage herzustellen, auf die die im Einleitungsbeschluß dargelegten Bedenken nicht (mehr) zutreffen, reicht es jedoch hin, die darin zweimal vorkommenden Wortteile "bundes" in Prüfung zu ziehen und gegebenenfalls aufzuheben.
Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, sind die von Amts wegen eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.
2. Im Hinblick auf das soeben Gesagte ist nichts hervorgekommen, was daran zweifeln ließe, daß der zu G25/98 antragstellende Verwaltungsgerichtshof in den bei ihm anhängigen Beschwerdesachen die angegriffenen Bestimmungen anzuwenden hätte.
Der Antrag des Verwaltungsgerichtshofes ist zulässig.
B. In der Sache
1. Das Gesetzesprüfungsverfahren hat nichts ergeben, was geeignet wäre, die geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken ob der im §4 Abs2 Z2 zweiter Satz UStG 1972 vorgenommenen Differenzierungen zwischen bundesgesetzlich und landesgesetzlichen geregelten Zuschüssen sowie zwischen bundes- und landesgesetzlich errichteten Fonds zu zerstreuen.
Die Bundesregierung argumentiert in ihrer Äußerung (s.o. I.3.) vornehmlich damit, die in Prüfung gezogene Regelung liege im Interesse der Verwaltungsökonomie. Die sachliche Rechtfertigung bestehe - wie in der Äußerung näher ausgeführt wird - darin, daß die Einsparung des mit der Einhebung der Umsatzsteuer verbundenen Verwaltungsaufwandes nur für den Bund zum Tragen kommen könne.
Diese Argumentation weist die Sachlichkeit der vorgesehenen Differenzierung nicht nach:
Die Umsatzsteuer ist keine ausschließliche Bundesabgabe, sondern eine zwischen Bund und Ländern geteilte Abgabe (§7 FAG). Aus diesem Grund ist die von der Bundesregierung zur Rechtfertigung der getroffenen Regelung vorgebrachte Argumentation, daß §4 Abs2 Z2 UStG 1972 nur dem Bund erspare, zunächst eine um die Umsatzsteuer erhöhte Subvention zu gewähren und sodann die Umsatzsteuer durch sein Organ (die (Bundes-)Finanzbehörden) wieder einzuheben, nicht zutreffend.
Mit der von der Bundesregierung erwähnten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes über die Zulässigkeit, verschiedene Ordnungssysteme verschieden zu gestalten, und über die Nichtanwendbarkeit des Gleichheitsgrundsatzes auf das Verhältnis verschiedener Gesetzgeber hat das hier vorliegende Problem nichts zu tun.
2. Die vorgebrachten Bedenken treffen sohin zu. Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen widersprechen dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatz. Obgleich das UStG 1972 durch das UStG 1994 abgelöst wurde, war nicht (bloß) festzustellen, daß sie verfassungswidrig waren; vielmehr waren sie als verfassungswidrig aufzuheben, ist doch dem §28 Abs2 UStG 1994 zufolge auf die hier in Rede stehenden Umsätze aus den Jahren 1991 und 1992 weiterhin das UStG 1972 anzuwenden (vgl. auch z.B. VfSlg. 8709/1979, 13153/1992).
3. Der Ausspruch, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz B-VG.
Der Ausspruch, daß die aufgehobenen Wortteile nicht mehr anzuwenden sind, stützt sich auf Art140 Abs7 zweiter Satz B-VG.
Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B-VG und §64 Abs2 VerfGG.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / Präjudizialität, Umsatzsteuer, Bemessungsgrundlage, Entgelt, VfGH / Sachentscheidung Allg, Geltungsbereich (zeitlicher) eines GesetzesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:G466.1997Dokumentnummer
JFT_10019381_97G00466_00