TE AsylGH Erkenntnis 2011/04/15 B1 260902-0/2008

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Veröffentlicht am 15.04.2011
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Spruch

B1 260.902-0/2008/14E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat gemäß §§ 61 Abs. 1, 75 Abs. 7 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) iVm § 66 Abs. 4 AVG 1991 durch den Richter Dr. RUSO als Vorsitzenden und die Richterin Mag. MAGELE als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX, Staatsangehörigkeit: Republik Kosovo, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.05.2005, Zl. 05 01.690-BAS, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, (AsylG 1997) abgewiesen.

 

Gemäß § 8 Abs.1 AsylG 1997 wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von XXXX in die Republik Kosovo zulässig ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wird XXXX aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo ausgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

I. Gang des Verfahrens und Sachverhalt:

 

1.1. Der Beschwerdeführer, nunmehr ein Staatsangehöriger der Republik Kosovo und Angehöriger der albanischen Volksgruppe, beantragte nach illegaler Einreise am 07.02.2005 die Gewährung von Asyl, wobei er seine Identität durch einen UNMIK-Personalausweis belegte.

 

Bei seiner Ersteinvernahme durch das Bundesasylamt am 10.02.2005 gab der Beschwerdeführer an, dass er vor seiner Ausreise mit seiner Mutter und seinen Geschwistern im Herkunftsort gelebt habe. Während des bewaffneten Konfliktes 1998 und 1999 habe er sich in der Schweiz aufgehalten und sei dann freiwillig in den Herkunftsort zurückgekehrt. Er habe seinen Lebensunterhalt durch Unterstützung von zwei in der Schweiz lebenden Brüdern und durch Einkünfte aus der eigenen Landwirtschaft seiner Familie bestritten.

 

Der Beschwerdeführer habe den Herkunftsstaat verlassen, weil er vor dem Krieg von der serbischen Polizei geschlagen worden sei. Nach der Rückkehr in seine Heimat aus der Schweiz sei er von unbekannten Personen angehalten und mit Vorwürfen konfrontiert worden, dass er nicht für das Land gekämpft habe. 2003 sei durch unbekannte Täter mit einer Pistole auf seine Haustüre geschossen worden; der Beschwerdeführer habe den Vorfall bei der Polizei gemeldet. Einige Male sei er während eines Aufenthaltes in der Stadt belästigt und angehalten worden, zuletzt im August 2004. Danach sei er nicht mehr aus dem Haus gegangen.

 

Bei der weiteren niederschriftlichen Einvernahme am 28.04.2005 bezeichnete der Beschwerdeführer seine bisher getätigten Angaben als richtig und vollständig. Er sei drei Mal durch unbekannte Personen angehalten und bedroht worden, weil er nicht am bewaffneten Konflikt teilgenommen habe. Danach sei es zu einer Rauferei gekommen, die durch ein paar Leute getrennt worden sei. Später sei auf den Beschwerdeführer geschossen worden, was der Grund für seine Flucht sei.

 

1.2. Das Bundesasylamt hat mit dem angefochtenen Bescheid den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I) und seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach "Serbien und Montenegro in die Provinz Kosovo" gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 für zulässig erklärt (Spruchpunkt II). Zudem wurde der Erstbeschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt III).

 

Das Vorbringen des Beschwerdeführers wurde zugrunde gelegt, aber als nicht asylrelevant beurteilt. Die beschriebenen Belästigungen und Bedrohungen von Seiten Privater seien dem Staat nicht zurechenbar. Es sei möglich und zumutbar, sich an die Sicherheitsinstitutionen des Kosovo zu wenden, die gewillt und auch fähig seien, hinreichenden Schutz vor der beschriebenen Verfolgung zu gewähren. Eine landesweite allgemeine, extreme Gefährdungslage liege im Kosovo nicht vor und es sei auch nicht ersichtlich, dass es dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr an der notwendigen Lebensgrundlage fehlen würde.

 

Mangels eines Familienbezugs zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich oder sonstiger Anknüpfungspunkte stelle die Ausweisung des Beschwerdeführers auch keinen Eingriff in Art. 8 EMRK dar.

 

1.3. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 25.05.2005 rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung (nunmehr Beschwerde) ein. Darin wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr aus der Schweiz im Herkunftsstaat immer wieder angesprochen worden sei, warum er nicht gekämpft habe und deswegen auch bedroht worden sei. Im Jahr 2003 sei sogar auf seine Haustüre geschossen worden, wobei er nunmehr über fünf Fotografien mit sichtbaren Einschusslöchern verfüge. Er habe die Vorfälle an die Polizei gemeldet, es sei aber ein Ermittlungserfolg ausgeblieben. Mit den Fotografien habe er ein ebenfalls beiliegendes Schreiben der Organisation AKSh erhalten, worin er aufgefordert werde, sich zu einem bestimmten Zeitpunkt mit ihnen in Verbindung zu setzen. Dies stelle den massiven Zwang dar, für die Organisation AKSh tätig zu werden, widrigenfalls er um sein Leben fürchten müsse. Im Herkunftsstaat bestehe eine Atmosphäre der Gesetzlosigkeit und der Beschwerdeführer könne von den Behörden keinen effektiven Schutz vor künftigen Übergriffen erwarten. Als Beleg für die Existenz und die Gefahr konkreter Verfolgung durch die AKSh lege er eine Anfragebeantwortung von UNHCR vom 15.04.2005 vor, wonach "Erpressungen, Drohungen und Ausübung von Druck" durch die AKSh vorgekommen seien. Er beantrage geeignete Recherchen über die Gefährdungslage für Personen, die von dieser Organisation bedroht werden.

 

Im August 2005 legte der Beschwerdeführer eine am 27.06.2005 vom Bezirksgericht der Herkunftsregion des Beschwerdeführers beglaubigte Erklärung von zwei Personen vor, wonach an die Adresse des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat ein Schreiben der AKSh gesendet worden sei, worin er bedroht und dazu aufgefordert worden sei, sich bis 20. Mai beim Stab dieser Organisation zu melden. In einem Gespräch mit einem UNMIK-Polizisten, der anonym bleiben wolle, sei den Verfassern der Erklärung geraten worden, dieses Schreiben nicht bei der Polizei zu melden, weil dadurch die gesamte Familie des Beschwerdeführers in Gefahr gebracht würde. Deshalb sei der Beschwerdeführer gezwungen, den Kosovo zu verlassen und in Österreich um Asyl anzusuchen.

 

1.4. Durch den unabhängigen Bundesasylsenat wurde ein Gutachten eines länderkundigen Sachverständigen zur Bedrohung durch Angehörige der albanischen Nationalarmee - AKSh bzw. ähnlicher Organisationen eingeholt und mit Verfahrensanordnung vom 19.07.2007 dem Beschwerdeführer zur allfälligen Stellungnahme übermittelt. Mit Schriftsatz seiner nunmehrigen Rechtsvertreter vom 05.10.2007 trat der Beschwerdeführer dem Gutachten insoweit entgegen, als dieses keine Begründung für die Einschätzung enthalte, dass selbst bei ungünstigem Ausgang der Statusverhandlungen die AKSh oder eine vergleichbare Gruppe deshalb keine Gefahr für den Beschwerdeführer darstelle, weil im Falle eines Aufrufes zum gewaltsamen Aufstand diesem mehr als genügend Freiwillige folgen würden. Im Hinblick darauf wurde durch den im Verfahren herangezogenen länderkundigen Sachverständigen ein weiters Gutachten vom 07.04.2008 erstellt, in dem einerseits seine Darstellungen aktualisiert wurden und andererseits eine Klarstellung zum Vorbringen im Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 05.10.2007 abgegeben wurde. Nach Einräumung von Parteiengehör wurde durch den Beschwerdeführer zu diesem weiteren Gutachten keine Stellungnahme abgegeben.

 

1.5. Mit Verfahrensanordnung vom 18.01.2011 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs. 3 AVG vom Ergebnis der Beweisaufnahme zur Situation im Kosovo, zur Frage der Staatsbürgerschaft sowie zu seinen familiären und persönlichen Bindungen zu Österreich in Kenntnis gesetzt und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Mit Schriftsatz vom 31.01.2011 brachte der Beschwerdeführer vor, dass die Länderfeststellungen durch den Asylgerichtshof zwar äußerst umfangreich aber nicht geeignet seien, die tatsächlichen Verhältnisse für den Beschwerdeführer im Herkunftsstaat darzustellen. Die Situation sei angespannt und es bereite nicht nur Schwierigkeiten, sich wieder in der ehemaligen Heimat einzugliedern, sondern mache es dem Beschwerdeführer nach sechs Jahren Aufenthalt in Österreich praktisch unmöglich. Er müsse mit finanzieller Not rechnen und würde keine Möglichkeit finden, einer geregelten Arbeit nachzugehen. Es wäre zu befürchten, dass der Beschwerdeführer auch noch obdachlos wäre; zwar leben Mutter und Geschwister des Beschwerdeführers im Heimatdorf, doch seien diese nicht in der Lage, den Beschwerdeführer zu versorgen. Der Beschwerdeführer befinde sich seit fast sechs Jahren in Österreich und er könne einer geregelten Arbeit nachgehen und sei dies auch schon. Es wird behauptet, dass nach der Rechtsprechung des EGMR für das Entstehen von Bindungen zu einem Aufenthaltsstaat auf einen Aufenthalt von mindestens fünf Jahren und von maximal acht Jahren abgestellt werde, wobei zureichende Bindungen auch bei einem kürzeren Aufenthalt als fünf Jahren entstehen könnten (Hinweis auf EGMR vom 06.02.2003, Nr. 36 757/97, Jakupovic). Da der Beschwerdeführer seit über sechs Jahren in Österreich lebe und sich ein soziales Umfeld aufgebaut habe, wäre mit der Ausweisung ein massiver und jedenfalls ungerechtfertigter Eingriff in das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK verbunden. Der Beschwerdeführer sei unbescholten und verfüge über ausreichende Deutschkenntnisse. Er habe sich in Österreich einen Freundeskreis aufgebaut und zu ehemaligen Freunden im Heimatland keinen Kontakt mehr. Die Großfamilie, die eine gewisse Auffanggarantie für Rückkehrer bedeuten könne, existiere in dieser Form nicht mehr. Die Mutter alleine können ihren Sohn nicht unterstützen, die beiden Brüder des Beschwerdeführers leben seit Jahren in der Schweiz und hätten den Beschwerdeführer auch laufend unterstützt.

 

Den Feststellungen über die Lage im Herkunftsstaat sowie dem Inhalt der beiden im Verfahren eingeholten Gutachten eines länderkundigen Sachverständigen über die Gefährdungslage des Beschwerdeführers, deren beabsichtigte Zugrundelegung in der Verfahrensanordnung vom 18.01.2011 angekündigt worden war, wurde nicht konkret entgegengetreten.

 

2. Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens:

 

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers wird folgender Sachverhalt festgestellt:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Kosovo und Angehöriger der albanischen Volksgruppe. Im Februar 2005 reiste der Beschwerdeführer illegal nach Österreich ein. Der Beschwerdeführer verfügt über keine familiären oder sonstige intensivere Bindungen zu Österreich. Er hat bis Februar 2007 Leistungen der Grundversorgung in Anspruch genommen und war seit Jahresende 2006 auf Grund von Bewilligungen der Arbeitsmarktverwaltung mit Unterbrechungen erlaubt erwerbstätig; gegenwärtig liegt für ihn eine Beschäftigungsbewilligung mit Befristung bis 30.11.2011 vor. Der Beschwerdeführer hat Kenntnisse der deutschen Sprache. Im Herkunftsstaat lebt seine Mutter und Geschwister im Heimatdorf. Zwei Brüder des Beschwerdeführers, die diesen in der Vergangenheit unterstützt haben, leben in der Schweiz. Der Beschwerdeführer ist gesund, er leidet weder an einer schweren Erkrankung, noch besteht ein längerfristiger Pflege- oder Rehabilitationsbedarf.

 

Es wird - wie im angefochtenen Bescheid - der Beurteilung zugrunde gelegt, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat nach seiner Rückkehr aus der Schweiz, wo er sich 1998/1999 während des bewaffneten Konfliktes im Kosovo aufgehalten hatte, drei Mal - zuletzt im August 2004 - Ziel von Angriffen bzw. Belästigungen durch unbekannte Täter gewesen ist, die ihm vorgeworfen haben, nicht am bewaffneten Kampf teilgenommen zu haben. Diese Vorfälle arteten in Raufereien aus, welche in der Folge durch dritte Personen getrennt wurden. Im Jahr 2003 wurden durch unbekannte Personen Schüsse auf die Tür des Hauses des Beschwerdeführers abgegeben. Aus den festgestellten Ereignissen ist ersichtlich, dass für den Beschwerdeführer im Herkunftsstaat vor seiner Ausreise eine Gefährdung seines Lebens oder seiner körperlichen Unversehrtheit nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bestanden hat. Vor dem Hintergrund der bestehenden Situation im Herkunftsstaat könnte der Beschwerdeführer vor einer Bedrohung der behaupteten Art wirksamen Schutz der zuständigen Behörden in Anspruch nehmen.

 

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Befürchtung, er sei das Ziel von versuchten Maßnahmen der Zwangsrekrutierung durch die AKSh und müsse Sanktionen von dieser Seite fürchten, ist nicht glaubhaft. Beim vorgelegten angeblichen Schreiben der AKSh an den Beschwerdeführer handelt es sich um eine Fälschung. Bei der vorgelegten, durch das Bezirksgericht der Herkunftsregion des Beschwerdeführers am 27.06.2005 beglaubigten Aussage von zwei als Zeugen bezeichneten Personen handelt es sich um eine Gefälligkeitsbestätigung mit unrichtigem Inhalt.

 

2.2 Zur Situation in der Republik Kosovo wird folgendes festgestellt:

 

Allgemeines:

 

Im Kosovo, einem Gebiet von ca. 11.000 qkm, leben - geschätzt - 2,1 Millionen Menschen, davon 92 Prozent ethnische Albaner, 5,3 Prozent Serben, 0,4 Prozent Türken, 1,1 Prozent Roma sowie 1,2 Prozent anderer Ethnien. Die Amtssprachen sind Albanisch und Serbisch. Auf Gemeindeebene sind auch Bosnisch, Romanes und Türkisch als Amtssprachen in Verwendung. [Kosovo - Bericht 27.09.2009 von Obstlt. XXXX, Verbindungsbeamter des BMI , Seite 3]

 

Lageentwicklung:

 

Kosovo unter UN - Verwaltung

 

Am 24.03.1999 begann die NATO die Luftangriffe gegen die Bundesrepublik Jugoslawien mit dem erklärten Ziel, "eine humanitäre Katastrophe zu verhindern (und) das Morden im Kosovo zu beenden". Im Juni 1999 rückten die unter Führung der NATO gebildeten KFOR-Einheiten in den Kosovo ein. Am 10.06.1999 wurde das Gebiet auf der Basis der Sicherheitsrats-Resolution 1244 der vorläufigen zivilen UN-Verwaltung "United Nations Interim Administration Mission in Kosovo (UNMIK)" unterstellt. Völkerrechtlich gehörte der Kosovo aber nach wie vor zur Bundesrepublik Jugoslawien. [Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 03/2008 , Seite 2]

 

Unabhängigkeit des Kosovo

 

Das kosovarische Parlament erklärte am 17.02.2008 gegen den Willen Serbiens seine Unabhängigkeit. Die Proklamation enthält neben dem Bekenntnis zur Verwirklichung des Ahtisaari-Plans für eine überwachte Unabhängigkeit eine Einladung an die EU, die Staatswerdung des Kosovo mit einer eigenen Mission zu begleiten, und an die NATO, ihre Schutztruppen im Land aufrechtzuerhalten.

 

Die einseitige Sezession ist völkerrechtlich und international umstritten. Gleichwohl haben mittlerweile 69 Staaten (Stand: 19.05.2010), allen voran die USA und die Mehrzahl der EU-Staaten, den Kosovo förmlich anerkannt. Die Unabhängigkeit von Serbien verstößt nach einer Stellungnahme des Internationalen Gerichtshofs vom Juli 2010 nicht gegen das Völkerrecht. Die Stellungnahme ist rechtlich für keine Seite bindend. [International Court of Justice, 22.07.2010: Accordance with International Law on the Unilateral Declaration of Independence in Respect of Kosovo]

 

Das neue Staatswesen ist zwar formal souverän, die internationale Staatengemeinschaft wird jedoch weiterhin sowohl zivil als auch militärisch präsent sein. Die Außenminister der EU und die NATO haben sich verständigt, die KFOR nicht abzuziehen; rund 17.000 NATO-Soldaten bleiben im Kosovo, darunter knapp 2.400 Deutsche. Die EU-Staats- und Regierungschefs haben die Entsendung einer ca. 2.000 Mann starken EU-Mission (EULEX) beschlossen. Sie soll die UN-Verwaltung (UNMIK) nach einer Übergangszeit ablösen. Rund 70 Experten sind für ein International Civilian Office (ICO) unter Leitung eines EU-Sondergesandten mit weitreichenden Befugnissen vorgesehen. Als Leiter von EULEX wurde der französische General und ehemalige KFOR-Kommandeur Yves de Kermabon zum EU-Sondergesandten (EUSR) der Niederländer Pieter Feith bestellt. [Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 03/2008, Seiten 2-3; http://www.kosovothanksyou.com (13.08.2010)]

 

Wegen der unklaren rechtlichen Verhältnisse und Kompetenzen hatte sich der Aufbau von EULEX mehrfach verzögert. Am 26. November 2008 hat der UN-Sicherheitsrat hat dem Plan zum Aufbau der EU-Polizei- und Justizmission EULEX im Kosovo zugestimmt. In einer einstimmig verabschiedeten Erklärung gab der Sicherheitsrat in New York nach Diplomatenangaben grünes Licht für den Aufbau der Mission. Zuvor hatten die Außenminister von Serbien und Kosovo, Vuk Jeremic und Skender Hyseni, vor dem UN-Sicherheitsrat ihre Bereitschaft zur Kooperation mit EULEX versichert. [APA 27.11.2008: UN-Sicherheitsrat stimmte EU-Mission EULEX im Kosovo zu]

 

Am 09.12.2008 hat EULEX die Tätigkeit aufgenommen. Der offizielle Start der EU-Rechtsstaatsmission EULEX im Kosovo ist ohne Zwischenfälle verlaufen. Landesweit nahmen rund 1.400 EULEX -Vertreter ihre Arbeit auf. In den Wintermonaten soll eine geplante Stärke von rund 1.900 internationalen und etwa 1.100 lokalen Mitarbeitern erreicht werden. Dann arbeiten 1.400 internationale Polizeibeamte, 300 Justizbeamte - darunter 40 Richter und etwa 20 Staatsanwälte - sowie 27 Zollbeamte im Rahmen von EULEX für mehr Rechtsstaatlichkeit im Kosovo. [Der Standard 09.12.2008: Start der EU-Mission ohne Zwischenfälle]

 

Die im Rahmen der EULEX tätigen internationalen Richter und Staatsanwälte haben von der kosovarischen Justiz bisher 1.250 Fälle übernommen. Diese Fälle beziehen sich mehrheitlich auf Kriegsverbrechen, Organisierte Kriminalität und schwere Mordfälle. Im Kreisgericht von Prishtina (Pristina) wurden Mitte Jänner auch schon die ersten Gerichtsverfahren unter dem Vorsitz von EULEX-Richtern aufgenommen. [APA 28.01.2009: EU-Justizmission im Kosovo hat bereits 1.250 Fälle übernommen]

 

Unter UNMIK - Verwaltung haben sich im Kosovo demokratische Strukturen entwickelt; es gibt ein Parlament und eine demokratisch legitimierte (provisorische) Regierung. Gewaltenteilung ist gewährleistet. Das Justizsystem bedarf an vielen Stellen noch der Verbesserung.

 

Eine kosovarische Polizei wurde aufgebaut, die sich bislang als gute Stütze der demokratischen Strukturen etabliert hat. Der Transitionsprozess, d. h. die schrittweise Übertragung der Kompetenzen von UNMIK auf kosovarische Institutionen hat bereits begonnen. Nach dem vorliegenden Verfassungsentwurf ist die Republik Kosovo ein demokratisches, multiethnisch zusammengesetztes Staatswesen, das den Minderheiten starke Rechte zusichert. Der Entwurf enthält alle notwendigen Schutzmaßnahmen gegen Bedrohungen oder Diskriminierung von Minderheiten. Nationale Identitäten, Kulturen, Religionen und Sprachen werden darin respektiert. [Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 03/2008, Seiten 2-3]

 

Die Verfassung wurde am 15. Juni 2008 vom Parlament verabschiedet [UN, Security Council: Report of the Secretary-General on the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo, 12.06.2008], welche am selben Tag in Kraft trat. [Constitution of the Republic of Kosovo.

http://www.gazetazyrtare.com/egov/index.php?option=com_content&task=view&id=130&

Itemid=54]

 

Der Kosovo bleibt unter internationalem Protektorat.

 

Laut den Übergangsbestimmungen der Verfassung sind alle kosovarischen Institutionen verpflichtet, mit dem Internationalen Beauftragten, internationalen Organisationen und anderen Akteuren voll zu kooperieren, deren Mandat im Status Vorschlag des UNO-Vermittlers Ahtisaari definiert wurde. Auch die im Kosovo seit Juni 1999 stationierte NATO- geführte internationale Schutztruppe KFOR wird weiterhin das Mandat und die Befugnisse im Einklang mit einschlägigen internationalen Instrumenten genießen, die UNO-Resolution 1244 eingeschlossen.[APA 10.06.2008: Der Kosovo will Heimat aller seiner Bürger sein ]

 

Staatsangehörigkeit:

 

Das Staatsangehörigkeitsgesetz der Republik Kosovo trat am 15.06.2008 in Kraft.

 

Zusammenfassend ergibt sich:

 

Nach Art. 155 haben alle rechtmäßigen Bewohner Kosovos einen Anspruch auf die kosovarische Staatsbürgerschaft. Außerdem haben ihn alle Bürger (und deren Abkömmlinge) der ehemaligen Bundesrepublik Jugoslawien, die am 01.01.1998 ihren ständigen Wohnsitz in Kosovo, unabhängig vom derzeitigen Wohnort, hatten.

 

Ein Bürger kann auch Bürger eines oder mehrerer anderer Staaten sein, der Erwerb oder Besitz einer anderen Staatsbürgerschaft bedeutet nicht den Verlust der kosovarischen Staatsangehörigkeit.

 

Eine erleichterte Einbürgerung ermöglicht Art. 13 den Mitgliedern der Kosovo-Diaspora (Ausreise vor dem 01.01.1998). Als ihr Mitglied gilt, wer seinen Wohnsitz außerhalb Kosovos hat, in Kosovo geboren ist und enge familiäre und wirtschaftliche Beziehungen in Kosovo hat (Abs. 2). Auch Nachkommen der ersten Generation, die familiäre Verbindungen in Kosovo haben, zählen zur Kosovo- Diaspora (Abs. 3). Art. 28 und 29 StAG regeln den Status derjenigen, die als rechtmäßige Bewohner registriert sind (legal residents) und der Bürger des ehemaligen Jugoslawiens, die am 01.01.1998 ihren ständigen Wohnsitz in Kosovo hatten (habitually residing).

 

Jeder, der die Voraussetzungen erfüllt, gilt automatisch als Staatsbürger der Republik Kosovo. Laut Art. 28 I ist jede Person, die als "habitual resident" gem. UNMIK Regulation No. 2000/13 im Zivilregister registriert wurde, als Staatsbürger Kosovos zu betrachten (shall be considered) und als solcher in einem Staatsbürgerschaftsregister zu erfassen.

 

Um als rechtmäßiger Bewohner (habitual resident) registriert zu werden, musste nachgewiesen werden:

 

-

in Kosovo geboren zu sein,

 

-

oder mindestens einen in Kosovo geborenen

 

Elternteil zu haben,

 

-

oder mindestens fünf Jahre ununterbrochen in

 

Kosovo gewohnt zu haben

 

(ausgenommen von dieser Regel sind Personen, die aufgrund ihrer Flucht die minimale Residenzpflicht nicht erfüllen können). Nur wer im Zivilregister eingetragen ist, konnte eine UNMIK - Identity Card (ID) und damit ein UNMIK- Travel-Dokument (TD) beantragen. Der Besitz eines UNMIK - Dokuments spricht demnach dafür, dass der Inhaber Staatsbürger Kosovos ist (Art. 28).

 

Eine Sonderegelung für Vertriebene und Flüchtlinge des Kosovo-Krieges ist Art. 29 StAG. Danach sind auch alle Personen (und ihre direkten Nachkommen), die am 01.01.1998 Bürger der Bundesrepublik Jugoslawien waren und an diesem Tag ihren

 

gewöhnlichen Aufenthaltsort in Kosovo hatten, Bürger von Kosovo und als solche im Bürgerregister unabhängig von ihrem derzeitigen Wohnort oder ihrer derzeitigen Staatsangehörigkeit zu erfassen. Für die Erfassung im Bürgerregister bedarf es jedoch eines Antrags (Abs. 3) Kriterien zur Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthaltsortes in Kosovo am 01.01.1998 sind analog der in der UNMIK- Richtlinie 2000/13 zum zentralen Zivilregister festgelegt (Abs. 5). Auch dieser Personenkreis hat also die Staatsbürgerschaft kraft Gesetzes erworben, so er die Erfassung im Register beantragt. [Bundesamt für

Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 08/2008]

 

Sicherheitslage im Kosovo:

 

Lageentwicklung:

 

Insgesamt hat sich die Sicherheitslage seit Juni 1999 verbessert, mit den Unruhen Mitte März 2004 wieder punktuell eingetrübt (ohne auf das Niveau von 1999 zurückzufallen). Nach den Ausschreitungen im März 2004 gab es keine weiten Unruhen mehr.

 

Laut Kriminalitätsstatistik ist die Anzahl der gemeldeten Straftaten ist im Jahresvergleich rückläufig. 2009 wurden 7 Prozent weniger Straftaten gemeldet als 2008. [Kriminalstatistik 2009, übermittelt vom Verbindungsbeamten des BMI am 19.03.2010]

 

Nach einer belastbaren Studie des "United Nations Office on Drugs and Crime"(UNODC) ist die Kriminalität, mit Ausnahme der Organisierten Kriminalität und der Korruption, rückläufig und niedriger als im gesamteuropäischen Vergleich. Dies gilt besonders für Eigentums-, Körperverletzungs- und Tötungsdelikte. [Auswärtiges Amt der BRD, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kosovo Stand Mai 2010, 20.06.2010, S. 9]

 

Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der Behörden:

 

Kosovo Police (KP), ehemals Kosovo Police Service KPS /ShPK:

 

Die OSCE leitete in Vushtrri eine zentrale Aus -und Fortbildungsstätte für KPS.

 

Seit 1999 werden die verschiedenen Lehrgänge - bisher immerhin über 8.000 Polizisten - durch internationale Trainer aus verschiedenen Staaten ausgebildet.

 

Inzwischen wird das Institut durch einen lokalen Direktor geleitet und auch seit 2006 aus dem Kosovo Budget finanziert. Die OSCE ist mit einem kleinen Stab an Mitarbeitern (12 und 2 sonstige) direkt vor Ort bzw. als Unterstützung auch im Hauptquartier vertreten.

 

Neben der Ausbildung besteht ein Hauptaugenmerk auf Fortbildung. Immer wieder werden bei Kursen auch externe Experten eingeflogen, welche dann in ihrem Spezialgebiet die Kenntnisse weitergeben.

 

Durch entsprechende gesetzliche Regelungen wurde die Aus- und Fortbildung von Polizei, Zoll, Feuerwehr und Justiz (Justizwache) an dieser Fortbildungsstätte zusammengefasst. Das Kosovo Centre for Public Safety Education and Development - KCPSED - ist im Ministerium für Inneres angesiedelt und hat 2008 ein Budget von 2,7 Millionen Euro bei einem Personalstand von 177 ständigen Mitarbeitern.

 

Nach der Ausbildung erfolgt die Aufteilung in die verschiedenen Regionen des Kosovo.

 

Von diesen waren bis auf die Region Mitrovica alle bereits von UNMIK Police an KPS übergeben worden. UNMIK Police übte eine beobachtende Rolle aus, unterstützt und evaluierte die Arbeit von KPS.

 

Gesamtstand: 7.160 Beamte (30.11.2007)

 

davon serbische Ethnie: 716 Beamte = 10,0 Prozent

 

sonstige Minderheiten: 403 Beamte = 5,6 Prozent

 

[Kosovo - Bericht 29.09.2008 von Obstlt. XXXX, Verbindungsbeamter des BMI , Seiten 41-42]

 

KPS geht Anzeigen professionell nach. Beschwerden und Anzeigen gegen Angehörige von KPS werden sehr genau auch im Zuge von Disziplinarverfahren untersucht, Konsequenzen wie Suspendierungen, etc werden nach den bisherigen Erfahrungswerten fast rascher ausgesprochen als in Österreich. [Auskunft des Verbindungsbeamten Obstlt. XXXX, 05.05.2007, Zahl 154/07 an das BAE ]

 

KPS erfüllt seine Aufgaben generell professionell und kompetent. [Commission of the European Communities: Kosovo Under UNSCR 1244 2007 Progress Report, COM(2007) 663 final, 06.11.2007, Seite 46]

 

Es besteht eine beratende und überwachende Tätigkeit von EULEX Polizei bezüglich Kosovo Police auch im Falle, wenn Anzeigen nicht entgegengenommen werden.

 

[Auskunft des Verbindungsbeamten Obstlt. XXXX, 15.01.2009, Zahl 10/09 an den Asylgerichtshof]

 

Wenden sich Personen an KFOR, versuchen diese, die Anzeige an eine dafür zuständige Stelle weiterzuleiten. KFOR hat keine Exekutivgewalt im Kosovo.

 

Als weitere Möglichkeit bietet sich eine direkte Anzeige bei der Justiz (Staatsanwalt) an, wo dann über die weitere Vorgangsweise entschieden wird.

 

Die Beamten von KPS tragen deutlich sichtbar ihre jeweilige Dienstnummer, wodurch eine Zuordnung ohne Probleme möglich ist. Die Tätigkeit ist in den Dienstberichten dokumentiert und transparent nachvollziehbar.

 

Das Einbringen von Beschwerden ist jederzeit möglich, aufgrund der Sensibilisierung werden Beschwerden auch rasch behandelt und führen - wenn berechtigt - zu den entsprechenden Konsequenzen für den betroffenen Funktionsträger.

 

Missstände in der Verwaltung können auch beim Ombudsmann angezeigt werden.

 

Es besteht die Möglichkeit einer Beschwerde an den Ombudsmann und damit eine Garantie für eine Weiterbehandlung.

 

Dieser strich bei einem persönlichen Gespräch hervor, dass Beschwerden gegen KPS von dieser Institution unverzüglich und effizient bearbeitet werden. [Kosovo - Bericht 31.03.2007 von Obstlt. XXXX, Verbindungsbeamter des BMI, Seiten 9-10; Auskunft des Verbindungsbeamten Obstlt. XXXX, 26.05.2009, Zahl 132/09 an den Asylgerichtshof]

 

Zudem wird die Tätigkeit jeder Polizeidienststelle von der OSZE (Security Issues Officer) überwacht. Täglich werden Polizeiberichte verfasst, welche auch der OSZE übermittelt werden. Gegebenenfalls kann sich eine Person auch an die OSZE wenden, sollte ein KPS Mitarbeiter seine Kompetenzen überschritten bzw. nicht erfüllt haben. [XXXX: Gutachten zu Aktivitäten der AKSh. 07.05.2007 , Seite 11].

 

Es besteht also auch hier die Möglichkeit einer Beschwerde bzw. Anfrage um Unterstützung im Anlassfall. [Auskunft des Verbindungsbeamten Obstlt. XXXX, 26.05.2009, Zahl 132/09 an den Asylgerichtshof]

 

UNMIK Police/EULEX Police

 

Seit August 1999 war UNMIK Police im Kosovo präsent. Konkrete operative Aufgaben bestanden in der Region Mitrovica, in der Abteilung für Organisierte Kriminalität, im Interpol - Büro, bei Kriegsverbrechen und im Ordnungsdienst (Demonstrationen, etc).

 

Sonderfälle waren die Einheiten für Zeugenschutz, Transport von Häftlingen und Personenschutz.

 

Sonst hatte UNMIK POLICE eine beobachtende Funktion von KPS eingenommen.

 

UNMIK Police übt derzeit keine exekutive Tätigkeit oder sichtbare Präsenz im Kosovo aus und ist nur noch mit einem Verbindungsbüro und dem Büro von Interpol vertreten. Diese Besetzung ist aufgrund der politischen Situation (Kontakt mit Staaten, welche den Kosovo nicht anerkannt haben bzw. Einhaltung der Resolution 1244) erforderlich. [Kosovo - Bericht 31.03.2010 von Obstlt. XXXX, Verbindungsbeamter des BMI , Seite 40; Kosovo - Bericht 29.09.2008 von Obstlt. XXXX, Verbindungsbeamter des BMI , Seite 32].

 

Nunmehr hat EULEX Police die Rolle von UNMIK Police übernommen.

 

Der Aufgabenbereich liegt in Überwachung und Beratung der lokalen Polizei, Justiz, Justizwache und des Zolls. Operative Aufgaben im Polizeibereich sind: Finanzverbrechen, Kriegsverbrechen, rganisierte Kriminalität, Wirtschaftsverbrechen, Terrorismus, Zeugenschutz, Personenschutz. [Auskunft des Verbindungsbeamten Obstlt. XXXX, 15.01.2009, Zahl 10/09 an den Asylgerichtshof; Kosovo - Bericht 31.03.2010 von Obstlt. XXXX, Verbindungsbeamter des BMI , Seite 39]

 

Generell ist für alle ethnischen Albaner, auch solchen in Gebieten, wo sie eine Minderheit bilden, hinlänglicher Schutz durch UNMIK/KPS verfügbar.

 

UNMIK/KPS sind willens und auch in der Lage, denjenigen, die Verfolgung befürchten, Schutz zu gewähren und stellen einen rechtlichen Mechanismus zur Ermittlung, Strafverfolgung und Bestrafung von Verfolgungsmaßnahmen sicher. [Home Office, Operational Guidance Note Kosovo, 22.07.2008, Seiten 4 und 5]

 

Die Aufklärungsquote liegt bei Eigentumsdelikten bei 45 Prozent, bei Straftaten gegen Personen bei 71 Prozent. Schwerere Verbrechen haben eine höhere Aufklärungsrate als weniger schwere Verbrechen aufgrund der Ressourcen, die zu deren Ermittlung bereitgestellt werden. [UN Security Council: Report of the Secretary-General on the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo. S/2008/211, 28.03.2008, Seite 11]

 

Kosovo Protection Corps KPC / TMK - Kosovo Security Force KSF / FSK

 

KPC / TMK wurde nach der Demilitarisierung der Kosovo Liberation Army KLA / UCK 1999 gegründet und wurde in Ausrüstung, Training und Dienstversehung durch Kosovo Force KFOR unterstützt. Nach Ablauf der Übergangsphase von 120 Tagen nach Ausrufung der einseitigen Unabhängigkeitserklärung sollte KPC / TMK in eine Kosovo Security Force KSF / FSK übergeleitet werden. Die Schaffung der neuen Einheit ist im Ahtisaari - Paket vorgesehen. Die Auflösung von KPC / TMK wurde im Parlament mittels Gesetz 2008/03-L083 am 13.06.2008 beschlossen. [Kosovo - Bericht 29.09.2008 von Obstlt. XXXX, Verbindungsbeamter des BMI , Seite 42].

 

KPC wurde per Gesetz mit 20. Jänner 2009 aufgelöst.

 

KSF wurde mit 21. Jänner 2009 etabliert. Sämtliche Bewerber für das neue Korps mussten sich einem Auswahlverfahren unterziehen, welches von KFOR geleitet wurde. Mehr als 1000 neue Mitglieder werden im gesamten Kosovo rekrutiert, 1400 wurden aus KPC übernommen. Der Gesamtstand von KSF beträgt lt. Planung:

 

Aktive: 2.500

 

Reservisten: 800

 

Minderheitenanteil: analog der ethnischen Zusammensetzung der Bevölkerung

 

Die Ausbildung der ersten 300 Mitglieder erfolgte im früheren Ausbildungszentrum der Kosovo Police in Vushtrri ab 02.02.2009. Das Zentrum wurde für den öffentlichen Dienst (Zoll, Feuerwehr, etc) zugänglich gemacht und führt die Bezeichnung KCPSED (Kosovo Center for Public Safety, Education and Development). Die weitere Ausbildung findet im Trainingszentrum in Ferizaj statt. [Kosovo - Bericht 31.03.2010 von Obstlt. XXXX, Verbindungsbeamter des BMI , Seite 40]

 

Zum ersten Befehlshaber wurde General Sylejman Selimi ernannt, einer der Gründer und auch Generalstabschef der albanischen Kosovo-Befreiungsarmee UCK. [APA 20.12.2008: Kosovo ernannte Befehlshaber für neue Sicherheitskräfte]

 

KFOR:

 

KFOR hat eine Präsenz von ca. 10.000 Soldaten und gliedert sich in fünf Regionen, das Hauptquartier ist in PRISTINA. Das Vertrauen der Bevölkerung in KFOR ist im Vergleich mit anderen internationalen Institutionen am höchsten. KFOR führt auch im CIMIC Sektor immer wieder zahlreiche Projekte durch, mit welchen die Infrastruktur im Kosovo verbessert werden soll.

 

Reduzierungen finden laufend statt, so haben einige Nationen ihre Truppen völlig abgezogen (u.a. Spanien mit ca. 600 Soldaten). Bis Herbst 2010 soll der Gesamtstand 4.000 - 6.000 Soldaten betragen. [Kosovo - Bericht 31.03.2010 von Obstlt. XXXX, Verbindungsbeamter des BMI , Seiten 40-41]

 

Municipal Community Safety Council:

 

In allen Gemeinden des Kosovo besteht darüber hinaus ein "Municipal Community Safety Council" (MCSC, Rat zum Schutz der Volksgruppen). Dem Rat gehören neben KFOR, UNMIK Polizei, KPS auch Vertreter der verschiedenen Glaubensgemeinschaften (orthodoxe, katholische, islamische Gemeinschaft) wie auch alle Dorfvorsitzenden der Gemeinde an. Zweck des Rates, welcher vom Gemeindepräsidenten einberufen wird, ist es, einmal pro Monat über die Sicherheitslage im Allgemeinen und eventuelle Bedenken bzw. Bedürfnisse der einzelnen ethnischen bzw. religiösen Minderheiten zu beraten und wenn erforderlich korrigierende Maßnahmen zu ergreifen. Personen, die sich unsicher fühlen, können sich an diesen Rat wenden bzw. über ihre Dorfräte ihre Sicherheitsbedenken den zuständigen Behörden bekannt machen. So klagte beispielsweise der Dorfrat eines Dorfes im albanischen Grenzgebiet in der Gemeinde Gjakove/Djakovica (der MCSC wurde in dieser Gemeinde im August 2006 eingerichtet) über Raubüberfälle (vorwiegend Viehraub) durch maskierte Banden. Zur Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung dieser Gegend verstärkte die KFOR ihre Truppen in der Region und auch die Polizei führt seither mehr Patrouillen in der Region durch. [XXXX: Gutachten zu Aktivitäten der AKSh. 07.05.2007 , Seiten 11-12]

 

Die Sicherheitssituation ist derzeit stabil mit Ausnahme Nordkosovo. Bisher verlief die Phase seit der Ausrufung der einseitigen Unabhängigkeit durch den Kosovo überraschend ruhig.

 

Für den Großteil der Bevölkerung im Südkosovo und auch in den anderen serbischen Gemeinden außerhalb des Brennpunktes Mitrovica gestaltet sich das Leben völlig normal und ist in keiner Weise von mangelnder Sicherheit betroffen. [Kosovo - Bericht 29.09.2008 von Obstlt. XXXX, Verbindungsbeamter des BMI , Seite 46-47; UN Security Council: Report of the Secretary-General on the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo, S/2009/149, 17.03.2009, Seite 3)

 

Kosovo - Albaner

 

Der UNHCR wies bereits im Januar 2003 darauf hin, dass die überwiegende Mehrheit der Kosovo - Albaner, die während der Kosovo - Krise geflohen waren, nach Hause zurückgekehrt ist.

 

Die Sicherheitslage hat sich im Allgemeinen für Angehörige der albanischen Mehrheitsbevölkerung in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert. Nicht zuletzt die größere Effizienz der lokalen Polizei "KPS" und eine Verbesserung des lokalen Gerichtswesens haben dazu beigetragen, die Situation (für ethnische Albaner) zu verbessern. Zudem haben aber auch das - für Nachkriegssituationen typische - allgemeine Chaos und die relative Normenungebundenheit, die in der Gesellschaft vorherrschte nachgelassen und ein mehr geregeltes gesellschaftliches Leben ist an deren Stelle getreten. Gegenwärtig gibt die allgemeine Sicherheitslage für ethnische Albaner, d.h. Angehörige des nunmehrigen Mehrheitsvolkes in Kosovo, bis auf genau definierte Ausnahmen zu Besorgnissen keinen Anlass mehr. [XXXX: Allgemeines Gutachten zur Situation im Kosovo, 15.02.2007 , Seiten 4-5]

 

Im Positionspapier des UNHCR vom 09. November 2009 wird aber darauf hingewiesen, dass es immer noch einige Kategorien von Kosovo - Albanern (so z.B. aus Gebieten in denen sie eine ethnische Minderheit bilden oder Kosovo - Albaner in Mischehen und Personen gemischt-ethnischer Herkunft, Kosovo - Albaner, die der Mitarbeit mit dem serbischen Regime nach 1990 verdächtigt werden, Opfer von Menschenhandel, Opfer von häuslicher Gewalt sowie Personen, deren Anträge auf sexueller Orientierung basieren) gibt, die mit ernsten Problemen konfrontiert werden könnten, wenn sie derzeit nach Hause zurückkehren würden. [UNHCR¿s Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Individuals from Kosovo]

 

Sicherheitsaspekte in Bezug AKSh:

 

Die nach eigener Darstellung nach Auflösung der UCK in Mazedonien 1999 gegründete sogenannte "Albanische Nationalarmee" AKSh (Armata Kombetare Shqiptare, englisches Akronym: ANA) wurde in der Öffentlichkeit erst nach dem offiziellen Ende der Kampfhandlungen nicht nur im Kosovo, sondern auch in Südserbien und Mazedonien bekannt. Nach dem es Mai 2001 (Südserbien) bzw. August 2001 (Mazedonien) zu Friedensschlüssen gekommen war, kam es in den folgenden Monaten und Jahren im Kosovo, in Mazedonien und in einem geringeren Ausmaße auch in Südserbien immer wieder zu gewalttätigen Aktionen militanter albanischer Gruppierungen. Die Verantwortung für einen Teil der gewalttätigen Aktionen übernahm eine Gruppe mit dem Namen "Albanische Nationalarmee". Sie versteht sich als militärischer Flügel der im Sommer 2002 in Tirana (Albanien) gegründeten "Front für die Albanische Nationale Vereinigung" (FBKSH), deren erklärtes politisches Ziel ebenfalls die Vereinigung aller albanischen Siedlungsgebiete ist. [XXXX, Zusatzgutachten zur Bedrohung durch Angehörige der AKSh für den UBAS vom 11.09.2007. Abschnitt 4.2; XXXX, Gutachten zu Aktivitäten der AKSh für den UBAS vom 07.05.2007, S. 1]

 

Seit 2002 macht die AKSh durch wiederholte großalbanische Propaganda in den Medien und durch die Übernahme der Verantwortung für den Sprengstoffanschlag auf die Eisenbahnlinie bei Zveçan/Zvecan im April 2003 auf sich aufmerksam. Eine akute Gefährdung der Sicherheitslage in der Region stellt diese bewaffnete Gruppierung, die Verbindungen zu ehemaligen und aktiven Mitgliedern des KPC und mutmaßlich auch zu Strukturen der organisierten Kriminalität hat, derzeit jedoch nicht dar. UNMIK hat diese bewaffnete Gruppierung als terroristische Organisation verboten, wodurch schon die reine Mitgliedschaft zu einer strafbaren Handlung wird. Auch 2006 verübte die AKSh vermutlich weitere kriminelle Handlungen. [Auswärtiges Amt der BRD, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien u. Montenegro [Kosovo], 29.11.2007 , Seite 8]

 

Bei der AKSh/ANA handelt/e es sich um eine Organisation mit (para-)militärischer Struktur, welche sich (im Internet; die Homepage ist seit letztem Jahr jedoch nicht mehr aktiv) seit den 1990er Jahren zu militärischen Guerilla-Operationen in Kosovo, Südserbien und Mazedonien bekannte. Die Organisation hat den Ruf, sich nach außen abzuschirmen (z.B. durch Geheimhaltung und Verwendung von Pseudonymen sowie Verschleiern der wahren Identität der Mitglieder). In der Vergangenheit hat die Organisation die Verantwortung für mehrere Anschläge (darunter einen Anschlag auf eine Eisenbahnbrücke nördlich von Mitrovica im April 2003) übernommen.

 

In der Vergangenheit gab es Anschuldigungen und Bericht wonach es zu Erpressungen, Drohungen und Ausübung von Druck durch die AKSh/ANA gekommen wäre. Für UNHCR war es stets nahezu unmöglich, die Richtigkeit solcher Behauptungen zu verifizieren. Unserem Büro in Pristina wurden in jüngster Vergangenheit wenige Information über allfällige Aktivitäten dieser Organisation bekannt: Aktuelle Medienberichte über "maskierte Personen" stellten keine Verbindung zu Aktivitäten der AKSh/ANA her. [UNHCR-Vertretung Österreich, Anfragebeantwortung vom 15.04.2005]

 

Laut den zur Verfügung stehenden Quellen wird durch die Gruppe keine zwangsweise Rekrutierung von Personen durchgeführt, auch sind keine Fälle von "Bestrafungen" bekannt. Verwarnungen, Ladungen und Drohungen tauchen immer wieder bei Asylwerbern in schriftlicher Form sowohl in Österreich als auch in Deutschland und der Schweiz auf, konnten aber bisher immer als Fälschungen eingestuft werden. Personengruppen versuchen unter dem Deckmantel "AKSh" ihre kriminellen Tätigkeiten auszuüben (Straßenraub, etc), bzw. Druck auf politische Verantwortungsträger unter dieser Bezeichnung durchzuführen. Das Auftreten von diversen Gruppen passiert meist in der Nacht bei Stützpunkten auf der Straße, welche - wie oben angeführt - meist kriminellen Zwecken dienen. Die beiden Verurteilungen (Fall Zvecan und im März 2007 Sopi) zeigen, dass wirksamer Schutz durch die ho. Behörden besteht. Zusätzlich sind bei Bedarf noch Unterstützungen durch KFOR und EULEX- Police im Anlassfall möglich. [Kosovo - Bericht 29.09.2008 des Verbindungsbeamten des BMI, Seite 51; Kosovo - Bericht 26.03.2009 des Verbindungsbeamten des BMI, Seite 37]

 

Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass die UCK wie später auch die AKSh sich vor allem aus Freiwilligen zusammengesetzt haben - und auch über genügend Freiwillige verfügt haben. [Dieser] Einschätzung [folgt] auch das UNHCR Büro in einer Stellungnahme vom April 2005. Die AKSh hatte am Anfang ihrer Existenz nicht nur über ein ausreichendes Reservoir an Freiwilligen verfügt, sondern war im Jahr 2005 bereits mehr eine lose Organisation von Individuen und eine "virtuelle Armee" als eine tatsächliche existierende. Zwangsweise neue Mitglieder zu rekrutieren hätte zu diesem Zeitpunkt und in einer Situation, in dem die Gruppe - wenn überhaupt noch - konspirativ im Untergrund agieren konnte, kontraproduktiv gewesen. [XXXX, Zusatzgutachten zur Bedrohung durch Angehörige der AKSh für den UBAS vom 11.09.2007. Abschnitt 6.1]

 

UNMIK-Polizei und KFOR liegen keine Erkenntnisse vor, wonach Mitglieder der AKSh Personen jemals in deren Wohnhäusern bzw. Arbeitsstätten aufgesucht hätten, um zur Mitarbeit aufzufordern. [XXXX, Gutachten zu Aktivitäten der AKSh für den UBAS vom 07.05.2007, S. 8]

 

Bis jetzt gibt es keine Berichte oder Belege darüber, dass die AKSh Kämpfer zwangsweise rekrutiert haben sollte. Weder der UNHCR in seiner Einschätzung aus dem Jahre 2005 noch die Medienrechte geben irgendeinen Hinweis auf eine Zwangsmobilisierung durch die AKSh.

 

Dies wird auch dadurch belegt, dass das "Wiederauftauchen" der AKSh im Winter 2007/2008 keine Berichte über Zwangsmobilisierungen begleiten. Im Vorfeld der Entscheidung über den Status des Kosovo war die AKSh wieder häufig in den Medien präsent und wurde hierbei v. a. dabei gezeigt, wie sie im Norden des Kosovo patrollierte bzw. aktiv war. Die AKSh wollte sich dabei für eine mögliche Abspaltung des Nordens des Kosovo bzw. für Auseinandersetzungen mit serbischen Gruppen wie "Zar Lazar Garde" "vorbereiten". In den Interviews haben AKSh Vertreter deutlich gemacht, dass ihre Angehörigen alles ehemalige Mitglieder der UCK seien, was "Zwangsrekrutierungen" von Personen, die nicht kampferprobt sind, ausschließen lässt.

 

Es kann mit übergroßer Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr in den Kosovo weder der Gefahr ausgesetzt sein wird, dass die AKSh oder eine ähnliche Organisation versuchen würde ihn (zwangsweise) zu rekrutieren noch dass sie ihn bei seiner Rückkehr bedrohen würden. [XXXX, Zweites Zusatzgutachten zur Bedrohung durch Angehörige der AKSh für den UBAS vom 11.09.2007, Abschnitte 2, 3.1]

 

Rückkehrfragen: Wirtschaft, Grundversorgung und Gesundheitssystem im Kosovo

 

Wirtschaft:

 

Trotz der Unabhängigkeit ist die wirtschaftliche Lage in der rohstoffreichen Region weiterhin äußerst prekär. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von ca. 1.100 Euro/Kopf ist der Kosovo Schlusslicht in Europa. Das Land hat mit einem Durchschnittsalter von 25 Jahren die jüngste Bevölkerung Europas und die höchste Geburtenrate. Ein Drittel der Einwohner ist jünger als 14 Jahre. Jährlich drängen 36.000 junge Leute neu auf den Arbeitsmarkt.

 

Das durchschnittliche monatliche Brutto-Arbeitseinkommen liegt derzeit bei ca. 270 Euro.

 

Die Anzahl der Arbeitssuchenden hat sich leicht erhöht. Nach der offiziellen Arbeitslosenstatistik für Februar 2010 waren 338.895 Personen (davon 161.131 Frauen) als arbeitslos registriert (308.200 albanische Volkszugehörige, 13.190 Serben sowie 17.505 Angehörige anderer Volksgruppen). Die Arbeitslosenquote beträgt derzeit ca. 44 %. Diese offiziellen Zahlen berücksichtigen nicht die weit verbreitete Schwarzarbeit.

 

[Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 03/2008 , Seiten 2-3; Auswärtiges Amt der BRD, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kosovo Stand Mai 2010, 20.06.2010, Seite 25]

 

Grundversorgung/Sozialwesen

 

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Die Bevölkerung Kosovos ist bis auf wenige Ausnahmen (z.B. sozial schwache Bewohner von Enklaven) nicht mehr auf die Lebensmittelversorgung durch internationale Hilfsorganisationen angewiesen. Bedürftige Personen erhalten Unterstützung in Form von Sozialhilfe, die bei der jeweiligen Gemeindeverwaltung beantragt und für die Dauer von bis zu 6 Monaten bewilligt wird. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes ist ein neuer Antrag zu stellen. Jede Gemeinde verfügt über ein Zentrum für Sozialarbeit und in einigen Gemeinden gibt es zusätzliche Büros, die sich den Angelegenheiten der Minderheiten widmen.

 

Die Sozialhilfe beträgt für Einzelpersonen 35 Euro monatlich und für Familien (abhängig von der Zahl der Personen) bis zu 75 Euro monatlich. Zusätzlich hierzu sind Empfänger von Sozialhilfeleistungen von den Zuzahlungsbeträgen im öffentlichen Gesundheitssystem befreit.

 

[Auswärtiges Amt der BRD, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kosovo Stand Mai 2010, 20.06.2010, Seite 24]

 

Im September 2009 bezogen insgesamt 36 265 Familien (mit gesamt 158 500 Angehörigen) Sozialunterstützung.

 

Die Kriterien für die Sozialhilfe sind entsprechend geregelt und auch im Verwaltungsweg durchsetzbar.

 

Kategorie I:

 

Alle Familienmitglieder sind Abhängige (eingestuft als nicht arbeitsfähig oder für Arbeit nicht verfügbar und tatsächlich nicht arbeitstätig):

 

1. Personen über 18 Jahre mit dauernder oder schwerer Behinderung und damit

 

verbundener Arbeitsunfähigkeit;

 

2. Personen mit 65 Jahren oder älter;

 

3. Personen mit Behinderung, mit 65 Jahren oder älter oder Kinder unter 5 Jahren, welche eine Vollaufsicht benötigen;

 

4. Kinder bis zu 14 Jahren;

 

5. Personen zwischen dem 15. und 18. Lebensjahr (inklusive), welche eine höhere

 

Schule besuchen;

 

6. Elternteile mit Kindern unter 15 Jahren;

 

Kategorie II:

 

Zumindest ein Familienmitglied ist arbeitsfähig und beim Arbeitsamt ("Entin e Punsimit") als "arbeitslos" gemeldet und die restlichen Familienmitglieder sind "Abhängige" (siehe Kategorie I) oder auch als arbeitslos gemeldet.

 

a) zumindest ein Kind unter 5 Jahren od.

 

b) ein Vollwaisenkind unter 15 Jahren mit Vollaufsicht

 

c) Grundbesitz nicht über 50 Ar (1/2 Hektar)

 

Generell wird Sozialhilfe auf die Dauer von bis zu sechs Monaten bewilligt und bedarf dann eines neuen Antrags.

 

Überprüfungen der Fakten werden durch Bedienstete des Ministeriums für Soziales und Arbeit vor Ort durchgeführt. Bei bestimmten Kriterien wie Eigentum (Qualität des Hauses, Fahrzeuge, Arbeitstätigkeit im Ausland, etc) kann aufgrund der gesetzlichen Kriterien der Anspruch gestrichen werden.

 

Es gibt die Möglichkeit einer Berufung, wenn Sozialhilfe nicht gewährt wird.

 

Zusätzlich wurde die Möglichkeit geschaffen, für Familien welche Sozialunterstützung erhalten oder unter das Kriegsopfergesetz fallen Strom bis zu 500 kw/h pro Monat kostenlos zu beziehen (Voraussetzung ist ein registrierter Stromzähler und ein Vertrag mit dem Energieversorgungsunternehmen KEK).

 

Die Sozialleistungen reichen alleine oft nicht zur Abdeckung der Grundbedürfnisse

 

Der Zusammenhalt der Familien besonders im ländlichen aber auch im städtischen Bereich sichert das wirtschaftliche Überleben, verbunden mit Unterstützungszahlungen von Verwandten aus dem Ausland. Zusätzliche Einnahmequellen bestehen in der Landwirtschaft bzw. durch die Erledigung von Gelegenheitsarbeiten vor allem in der Baubranche.

 

Unterstandslosigkeit ist im Kosovo im Gegensatz zu westlichen EU-Staaten äußerst selten auftauchendes Problem. So ist die Zahl der tatsächlich unterstandslosen Personen in Pristina - immerhin geschätzte 600.000 Einwohner verschwindend gering (geschätzte 20 Personen!), im ländlichen Bereich gar nicht vorhanden. [Kosovo - Bericht 27.09.2009 von Obstlt. XXXX, Verbindungsbeamter des BMI , Seite 12; Auswärtiges Amt der BRD, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kosovo Stand Mai 2010, 20.06.2010, Seite 24; XXXX: Gutachten vom 10.04.2009 zu GZ B12 233056- 0/2008/5Z, B12 244057- 0/2008/5Z, B12 402256-1/2008/5Z, B12 402477- 1/2008/5Z vom 10.04.2009; Kosovo - Bericht 27.09.2009 von Obstlt. XXXX, Verbindungsbeamter des BMI , Seiten 13-15]

 

Selbst wenn keine eigene Unterkunft zur Verfügung steht, so funktioniert im Kosovo das "Auffangbecken" Familie trotz aller widrigen, vor allem schweren wirtschaftlichen, Umstände nach wie vor. Soll heißen, dass durch diese Familienbande kein derartiger Kosovare einem Leben auf der Straße ausgesetzt wäre. Es finden sich allein schon aufgrund der im Kosovo vorherrschenden "zahlreichen" Verwandtschaftsverhältnisse immer noch irgendwelche Möglichkeiten der Unterbringung und Unterstützung solcher Personen.

 

Sollte die für einen AW extreme Situation der "Nichtunterstützung" seitens seiner Familie auftreten, welche allerdings sehr unwahrscheinlich ist, so finden sich im Kosovo nach wie vor einzelne internationale und nationale humanitäre Organisationen ("Mutter Teresa", das "Rote Kreuz", die "Caritas"...), die humanitäre Hilfe ermöglichen.

 

Weiters sind zahlreiche NGOs im Kosovo tätig, die eine zusätzliche Möglichkeit darstellen, bei auftretenden Problemen welcher Art auch immer entsprechende Unterstützung zu erhalten. Der Zugang zu deren Büros oder eine direkte Kontaktaufnahme ist für alle Personen im Kosovo möglich. [Auskunft des Spezialattachés XXXX, 12.11.2007, Zahl 536/07 an das BAE]

 

Im Allgemeinen ist festzuhalten, dass ethnische Albaner im Kosovo nicht Gefahr laufen zu verhungern oder in ihrer Existenz gefährdet zu sein. Die Solidarität in der Großfamilie in Zusammenspiel mit Schwarz- oder Gelegenheitsarbeiten, möglicher Sozialhilfe und humanitärer Hilfe verhindern im Allgemeinen ein vollkommenes Abgleiten kosovo-albanischer Familien. [ XXXX: Gutachten vom 10.04.2009 zu GZ B12 233056- 0/2008/5Z, B12 244057- 0/2008/5Z, B12 402256-1/2008/5Z, B12 402477- 1/2008/5Z, Seiten 8-9]

 

Es sind in den erörterten Berichten keine Fälle dokumentiert, dass aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage Personen tatsächlich lebensgefährdend in ihrer Existenz bedroht waren oder aktuell sind.

 

Gesundheitswesen:

 

Die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung wird durch ein öffentliches dreistufiges Gesundheitssystem gewährleistet. Es besteht aus Erstversorgungszentren, Krankenhäusern auf regionaler Ebene sowie einer spezialisierten medizinischen Versorgung durch die Universitätsklinik Pristina.

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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