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60 ArbeitsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlassfallSpruch
I. Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.
Die Bescheide werden aufgehoben.
II. Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.640,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Mit letztinstanzlichen Bescheiden wurde dem Beschwerdeführer als Kindesvater gemäß §18 Abs1 Z1 des Kinderbetreuungsgeldgesetzes die Rückzahlung von an die Kindesmutter ausbezahlten Zuschüssen zum Kinderbetreuungsgeld für die Jahre 2002 und 2003 vorgeschrieben.
2. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 4. März 2011, G184-195/10, §18 Abs1 Z1 des Kinderbetreuungsgeldgesetzes, BGBl. I Nr. 103/2001, in seiner Stammfassung als verfassungswidrig aufgehoben.
2.2. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10.616/1985, 11.711/1988). Im - hier allerdings nicht gegebenen - Fall einer Beschwerde gegen einen Bescheid, dem ein auf Antrag eingeleitetes Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist, muss dieser verfahrenseinleitende Antrag überdies vor Bekanntmachung des dem unter Pkt. 2.1. genannten Erkenntnis zugrunde liegenden Prüfungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes eingebracht worden sein (VfSlg. 17.687/2005).
2.3. Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren begann am 24. Februar 2011. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 8. Oktober 2010 eingelangt, war also zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zugrunde liegende Fall ist somit einem Anlassfall gleichzuhalten.
Die belangte Behörde wendete bei Erlassung der angefochtenen Bescheide die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt.
Die Bescheide waren daher aufzuheben.
3. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG abgesehen.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,-- enthalten. Eingabengebühren werden gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,-- zugesprochen, da in der Beschwerde nicht mehr beantragt wurde.
Schlagworte
VfGH / Anlassfall, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2011:B1409.2010Zuletzt aktualisiert am
03.05.2011