TE Vwgh Erkenntnis 2001/3/1 98/18/0201

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Veröffentlicht am 01.03.2001
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §36 Abs2 Z3;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des am 3. Dezember 1965 geborenen S Z in Wien, vertreten durch Dr. Marcella Zauner-Grois und Dr. Christof Dunst, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rathausstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 30. April 1998, Zl. SD 232/98, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 30. April 1998 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 3 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei im Jahre 1992 nach Österreich gekommen und habe hier nach Vorlage einer Verpflichtungserklärung der LM einen Sichtvermerk erhalten. In der Folge sei ihm ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht als bosnischer Kriegsflüchtling zuerkannt worden.

Der Beschwerdeführer sei zweimal "wegen Schmuggels" nach dem Finanzstrafgesetz rechtskräftig verurteilt worden. Die erste Verurteilung sei im April 1994 wegen Schmuggels von über 6.000 Zigaretten zu einer Geldstrafe von S 20.000,-- erfolgt. Auf Grund dieser Verurteilung sei der Beschwerdeführer niederschriftlich verwarnt und ihm angedroht worden, dass bei einer neuerlichen Verurteilung ein Aufenthaltsverbot erlassen werde.

Zwei Monate (offensichtlich gemeint: Jahre) später sei der Beschwerdeführer neuerlich wegen Schmuggels festgenommen und in der Folge vom Landesgericht für Strafsachen Wien mit Urteil vom 11. Dezember 1997 neuerlich "wegen Schmuggels", nunmehr zu einer Geldstrafe von S 5 Mio. und einer Wertersatzstrafe von über S 6 Mio., rechtskräftig verurteilt worden.

Dass damit der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung gefährde und anderen Interessen zuwiderlaufe und die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und vor allem zum Schutz des wirtschaftlichen Wohles des Landes, somit zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Interessen, dringend geboten und damit auch ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG iVm Art. 8 Abs. 1 EMRK zulässig sei, bedürfe wohl keiner weiteren Erörterung. Angesichts der Tatsache, dass der Beschwerdeführer bisher nur zum vorübergehenden Aufenthalt als Kriegsflüchtling im Bundesgebiet berechtigt gewesen sei, komme auch der damit verbundenen (vorübergehenden) Integration des Beschwerdeführers und seiner Familie keine schwer wiegende Bedeutung zu. Angesichts des vorliegenden Sachverhaltes könnten die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes, auch wenn der Beschwerdeführer mit seiner Ehegattin - diese sei übrigens ebenfalls am 11. Dezember 1997 "wegen Schmuggels" rechtskräftig verurteilt worden und sei gegen sie ein Aufenthaltsverbot erlassen worden - und mit seinem Kind im Bundesgebiet lebe, nicht in Kauf genommen werden. Die Probleme, die sich mit einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Heimat verbänden, seien dabei nicht zu berücksichtigen gewesen.

Die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes scheine mit Rücksicht darauf, dass der Beschwerdeführer ein zweites Mal und noch dazu in weit schwerer wiegendem Ausmaß rechtskräftig verurteilt worden sei, gerechtfertigt.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. In der Beschwerde bleibt die Auffassung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 3 FrG verwirklicht habe, unbekämpft. Auf Grund der unbestrittenen rechtskräftigen Verurteilung vom 11. Dezember 1997 "wegen Schmuggels" besteht gegen diese Ansicht kein Einwand.

1.2. Bei der Beurteilung der Frage, ob die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist, ist zu prüfen, ob sich aus dem gesamten Fehlverhalten des Fremden ableiten lässt, dass ein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dabei ist - anders als bei der Frage, ob der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 3 FrG erfüllt ist -

nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild des Fremden abzustellen.

Die belangte Behörde hat zwar § 36 Abs. 1 FrG im Spruch des angefochtenen Bescheides zitiert, es aber - wie die insoweit eindeutige Bescheidbegründung zeigt - gänzlich unterlassen zu prüfen, ob im Beschwerdefall die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, es vielmehr dabei bewenden lassen, die Erfüllung der Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. zu bejahen. Ungeachtet dessen, dass sie damit die Rechtslage verkannt hat (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 2000, Zl. 98/18/0272), führt dies im vorliegenden Fall nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides:

Der Beschwerdeführer hat nach dem insoweit bindenden Strafurteil (vgl. zum Umfang der Bindung eines rechtskräftigen Schuldspruches das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2000, Zl. 2000/18/0133, mwN) in der Zeit von März 1995 bis Februar 1996 gewerbsmäßig Zigaretten, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen worden ist, an sich gebracht, Gewinn bringend weiterverkauft bzw. dies versucht, und zwar jeweils 2 Millionen Stück zweier näher bezeichneter Zigarettenmarken (Spruchpunkt A.) und zugleich durch diese Taten Monopolgegenstände, nämlich die angeführten Zigaretten, hinsichtlich welcher in Monopolrechte eingegriffen worden ist, an sich gebracht, Gewinn bringend weiterverkauft bzw. dies versucht (Spruchpunkt B.), und dadurch das Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach den §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG (zu A.) und das Finanzvergehen der Monopolhehlerei nach dem § 46 Abs. 1 lit. a FinStrG (zu B.) begangen.

Die Annahme, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich die öffentliche Ordnung und das wirtschaftliche Wohl des Landes gefährde (§ 36 Abs. 1 FrG), liegt - und insofern ist der vorliegende Beschwerdefall anders gelagert als der dem vorgenannten Erkenntnis vom 31. Mai 2000 zu Grunde liegende - im Hinblick auf das dargestellte gravierende Fehlverhalten des Beschwerdeführers auf der Hand. An dieser Beurteilung vermag auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, der Tatzeitraum liege mittlerweile zweieinhalb Jahre und länger zurück und er habe auf Grund des abgeführten Verfahrens sowie der Verurteilung die Unrechtmäßigkeit seines Verhaltens eingesehen, nichts zu ändern, ist doch der seit der Begehung der Straftaten verstrichene Zeitraum noch zu kurz, als dass der Beschwerdeführer einen Wegfall oder doch eine wesentliche Minderung der von ihm ausgehenden Gefahr für die bezeichneten maßgeblichen öffentlichen Interessen hätte unter Beweis stellen können.

2.1. Mit dem gegen die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grund des § 37 FrG gerichteten Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer aus folgenden Gründen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

2.2. Den Aufenthalt seiner - ebenfalls mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 11. Dezember 1997 rechtskräftig "wegen Schmuggels" verurteilten - Gattin und des gemeinsamen Kindes im Bundesgebiet hat die belangte Behörde berücksichtigt und daher - zutreffend - einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers angenommen.

Die Beschwerde bestreitet nicht, dass der Beschwerdeführer gewerbsmäßig, somit in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB), Zigaretten, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen worden ist, an sich gebracht und Gewinn bringend weiterverkauft bzw. dies versucht hat. Da er durch dieses Verhalten das aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Abgabenwesens), der Verhinderung strafbarer Handlungen und der Wahrung des wirtschaftlichen Wohls des Landes (Art. 8 Abs. 2 EMRK) große öffentliche Interesse an der Einhaltung von abgabenrechtlichen Vorschriften (vgl. das Erkenntnis vom 30. Jänner 2001, Zl. 2000/18/0001) in gravierender Weise beeinträchtigt hat, bestehen weder gegen die Ansicht der belangten Behörde, das Aufenthaltsverbot sei zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig, noch gegen das für den Beschwerdeführer negative Ergebnis der Abwägung gemäß § 37 Abs. 2 leg. cit. Bedenken.

3. Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht finden, dass die belangte Behörde von dem ihr gemäß § 36 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessen, von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes Abstand zu nehmen, Gebrauch zu machen gehabt hätte, zumal weder aus der Beschwerde noch dem angefochtenen Bescheid besondere, nicht bereits im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG berücksichtigte Umstände ersichtlich sind, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.

4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 1. März 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998180201.X00

Im RIS seit

26.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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