TE AsylGH Erkenntnis 2011/04/15 A3 303750-1/2008

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Veröffentlicht am 15.04.2011
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Spruch

A3 303.750-1/2008/9E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Holzschuster als Vorsitzende und den Richter Mag. Lammer als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.07.2006, FZ. 05 03.694-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.03.2011 zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen.

 

II. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I 101/2003 iVm § 50 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), BGBl. I 100/2005 wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von XXXX nach Nigeria zulässig ist.

 

III. Gemäß § 10 Abs. 5 AsylG 2005 iVm § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 ist die Ausweisung von XXXX aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria auf Dauer unzulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. 1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin behauptet, Staatsangehörige von Nigeria und am 17.03.2005 illegal in das Bundesgebiet eingereist zu sein. Am selben Tag hat sie einen Asylantrag eingebracht und wurde am 21.03.2005 vor dem Bundesasylamt im Beisein eines Dolmetschers für die englische Sprache niederschriftlich einvernommen. Hierbei brachte sie im Wesentlichen vor, dass sie am 11.02.2005 ihre Heimatstadt verlassen habe und mit einem Bus nach Lagos gefahren sei, wo sie ein Schiff bestiegen habe. Nach ihrer Ankunft in einem unbekannten Land sei sie mit einem LKW am 17.03.2005 in Österreich eingereist. Zu ihren Fluchtgründen gab sie an, dass ihre Eltern, die beide Moslems seien, gewollt hätten, dass sie das Oberhaupt ihrer Glaubensgemeinschaft - einen 65-jährigen Mann namens Mussa - heirate. Das habe sich am 20.01.2005 ereignet. Nachdem sie abgelehnt habe, hätten ihr ihre Eltern gedroht, sie umzubringen, wenn sie ihn nicht heirate. Dann habe sie dieser Mann gegen ihren Willen in sein Haus geholt und habe sie zweimal zum Beischlaf gezwungen. Nach zwei Wochen im Haus des Mannes habe sich die Gelegenheit ergeben, zu flüchten.

 

2. Am 04.07.2006 wurde die Beschwerdeführerin erneut vor dem Bundesasylamt im Beisein eines Dolmetschers für die englische Sprache niederschriftlich einvernommen. Hierbei gab sie im Wesentlichen an, dass sie große Probleme mit ihrem Vater habe. Sie glaube, er würde sie töten, wenn sie zurückkehren müsste. Sie hätte einen einflussreichen Mann heiraten sollen. Nachdem sie gesagt habe, dass sie ihn nicht heiraten werde, habe ihr ihr Vater gesagt, dass dann ihr Vater, ihre Mutter und die anderen getötet würden. Der Mann habe sie mitgenommen und eine Woche in sein Haus gesperrt. Ein Mann habe dort auf sie aufgepasst und als die Türe einmal offen gestanden habe, sei sie davon gelaufen. Sie habe mit dem Pastor ihrer Kirche gesprochen und dann hätten sie beschlossen, dass sie nach Lagos gehen solle. Mit dem Bus sei sie nach Lagos gefahren und habe dann ein Schiff bestiegen, welches sie in Österreich wieder verlassen habe.

 

3. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.07.2006, Zl. 05 03.694-BAL, wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idgF, abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria für zulässig erklärt. Gemäß § 8 Absatz 2 AsylG wurde die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin keine aktuelle Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes 1997 glaubhaft machen habe können.

 

4. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde) und wiederholte ihre Fluchtgründe.

 

5. Am 30.03.2011 wurde vor dem Asylgerichtshof eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Der Beschwerdeführerin wurde Gelegenheit gegeben, zu den Beweggründen ihrer Ausreise aus Nigeria Stellung zu nehmen. Die Beschwerdeführerin gab im Wesentlichen an, dass sie Nigeria verlassen habe, da sie Probleme mit ihrer Familie gehabt hätte. Sie hätten gewollt, dass sie einen alten Mann aus ihrer Gegend heirate. Sie habe ihn nicht heiraten wollen und sei davongelaufen, weil sie ihr gesagt hätten, dass er sie umbringe, wenn sie ihn nicht heirate.

 

Die Beschwerdeführerin legte vor:

 

eine Kursbesuchsbestätigung betreffend einen Deutschkurs (Beilage A);

 

zwei Lohnzettel ihres Freundes (Beilage B);

 

Verlesen und erörtert wurden folgende Berichte:

 

Bericht des Auswärtigen Amtes Berlin, Nigeria, 07.03.2011 (Beilage C);

 

Bericht des US Department of State, Nigeria, 2010 (Beilage D);

 

Zusammenfassung über die Situation in Nigeria (Beilage E).

 

Die Beschwerdeführerin erklärte, dass sie zur Situation in ihrem Heimatland keine Erklärung abgeben wolle.

 

II. Auf Grundlage der Einvernahmen vor dem Bundesasylamt sowie dem Asylgerichtshof und der eingebrachten Berufung (nunmehr Beschwerde) wird folgender Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

 

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Nigeria. Die von ihr behaupteten Fluchtgründe werden der Entscheidung mangels Glaubwürdigkeit nicht zu Grunde gelegt.

 

Der Reiseweg der Beschwerdeführerin (Zeitpunkt und Art der Reise von Nigeria nach Österreich) kann nicht festgestellt werden.

 

Die Beschwerdeführerin lebt mit einem nigerianischen Staatsangehörigen zusammen, der über einen Aufenthaltstitel für Österreich verfügt.

 

Die Beschwerdeführerin ist derzeit im dritten Monat schwanger, wobei es keinen Hinweis auf Komplikationen gibt.

 

Zur allgemeinen politischen Situation und inländischen Fluchtalternative in Nigeria werden folgende Feststellungen getroffen:

 

Die Situation in Nigeria ist grundsätzlich ruhig, die Staatsgewalt (Polizei und Justiz) funktionsfähig. Anzumerken ist jedoch, dass die nigerianische Bundespolizei in personeller Hinsicht im Vergleich zu westlichen Staaten relativ schlecht ausgestattet und verschiedentlich auch mangelhaft ausgebildet ist, weshalb in einzelnen Bundesstaaten so genannte Bürgerwehren polizeiliche Aufgaben übernommen haben. In einzelnen Landesteilen Nigerias (insbesondere in den nördlichen Bundesstaaten Kano, Kaduna und auch Plateau) kommt es wiederholt zu religiös motivierten Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems. Weiters kommt es im Niger-Delta verschiedentlich zu Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Volksgruppen Ijaw und Itsekiri. In bestimmten Fällen wurde das Militär zur Niederschlagung von Unruhen eingesetzt. Abgesehen von diesen lokal begrenzten Auseinandersetzungen ist die Situation in Nigeria jedoch ruhig. Im Rahmen der im April 2007 stattgefundenen Wahlen kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen in einigen Gliedstaaten, denen Menschen zum Opfer gefallen sind. Die nigerianische Bevölkerung leidet großteils unter Verarmung, doch ist die Basisversorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln zumindest im städtischen Bereich grundsätzlich gewährleistet. In den Großstädten ist eine ausreichende medizinische Versorgungslage gegeben. Es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser.

 

Grundsätzlich kann örtlich begrenzten Konflikten bzw. Verfolgungsmaßnahmen durch Übersiedlung in einen anderen Landesteil ausgewichen werden. Alle nigerianischen Großstädte sind multi-ethnisch. In der Regel wohnen die Angehörigen der jeweiligen Volksgruppe möglichst in derselben Gegend, wenn sie nicht sogar ausschließlich ganze Stadtviertel belegen. Jeder der fremd in eine Stadt kommt, wird sich in die Gegend begeben, wo er "seine Leute" findet. Unter "seinen Leuten" können nicht nur Angehörige derselben Ethnie, sondern auch Personen desselben Religionsbekenntnisses, Absolventen derselben Schule oder Universität, Bewohner desselben Dorfes oder derselben Region verstanden werden. Von diesen Personengruppen kann der Betreffende Unterstützung erwarten. In der Regel wird ihm die Bestreitung des Lebensunterhaltes ermöglicht werden.

 

Nach dem Tode von Präsident Yar'Adua im Frühjahr 2010 übernahm der bisherige Vizepräsident Goodluck Jonathan als amtierter Präsident die Leitung der Regierung. Er ist ein Christ aus dem Süden. Eine grundsätzliche Fortsetzung des bisherigen Regierungsprogramms ist zu erwarten. Reguläre Neuwahlen stehen für April 2011 an.

 

Es besteht kein Anhaltspunkt, dass zwangsweise rückgeführte Personen von Seiten der Behörden Verfolgung zu befürchten hätten, etwa wegen Asylantragstellung im Ausland.

 

Zu der Negativfeststellung hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Fluchtgründe:

 

Der Asylgerichtshof gelangt auf Grundlage der ergänzenden Ermittlungen zum Ergebnis, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu den Fluchtgründen nicht glaubhaft ist. Die Beschwerdeführerin machte im Zuge ihres Vorbringens vor dem Bundesasylamt und dem Asylgerichtshof in wesentlichen Punkten unbestimmte sowie widersprüchliche Angaben.

 

So machte die Beschwerdeführerin in Bezug auf ihre Geschwister widersprüchliche Angaben. Vor dem Bundesasylamt erklärte sie, zwei Brüder namens XXXX und XXXX und eine Schwester namens XXXX zu haben. Ihre Geschwister seien alle jünger als sie. Ihre Brüder wären 15 bzw. 13 Jahre alt und ihre Schwester 18 Jahre alt (siehe Seite 19 des erstinstanzlichen Aktes). In der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof gab sie dagegen an, dass sie einen Bruder namens XXXX und zwei Schwestern namens XXXX und XXXX habe. Ihre Geschwister seien alle älter als sie (siehe Seiten 2 und 3 des Verhandlungsprotokolls OZ 7Z).

 

Auch hinsichtlich ihres Wohnortes machte die Beschwerdeführerin unterschiedliche Angaben. Vor dem Bundesasylamt erklärte sie, in Auchi gewohnt zu haben (siehe Seiten 21 und 25 des erstinstanzlichen Aktes). Vor dem Asylgerichtshof gab sie zunächst an, von ihrer Geburt bis zum Tag, an dem sie Nigeria verlassen habe, in Benin City gelebt zu haben. Im weiteren Verlauf der Verhandlung erklärte sie dann, von ihrer Geburt bis zu ihrer Ausreise in Auchi gelebt zu haben. Ihre Familie würde jetzt in Benin City leben (siehe Seiten 2 und 4 des Verhandlungsprotokolls).

 

Weitere Widersprüche ergaben sich bezüglich des Schulbesuchs der Beschwerdeführerin. Während sie in der ersten Einvernahme vor dem Bundesasylamt erklärte, von 1990 bis 1993 die Grundschule in Auchi besucht zu haben (siehe Seite 21 des erstinstanzlichen Aktes), gab sie in der folgenden Einvernahme vor dem Bundesasylamt und in der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof an, dass sie keine Schule besucht habe (siehe Seite 71 des erstinstanzlichen Aktes und Seite 3 des Verhandlungsprotokolls OZ 7Z).

 

Darüber hinaus machte sie auch hinsichtlich ihrer Religionszugehörigkeit unterschiedliche Angaben. In der ersten Einvernahme vor dem Bundesasylamt erklärte sie, sie sei Moslem und wolle Christin werden (siehe Seiten 19 und 27 des erstinstanzlichen Aktes). In der folgenden Einvernahme behauptete sie, seit ihrer Kindheit Christin zu sein (siehe Seite 71 des erstinstanzlichen Aktes).

 

Hinsichtlich ihres Fluchtgrundes brachte sie vor dem Bundesasylamt vor, dass ihre Eltern, die beide Moslems seien, von ihr gewollt hätten, dass sie das Oberhaupt dieser Glaubensgemeinschaft - einen Mann namens XXXX - heirate. Dies habe sich am 20.01.2005 ereignet.

Nachdem sie abgelehnt habe, hätten ihr ihre Eltern gedroht: "Wenn du ihn nicht heiratest, bringen wir dich um." (siehe Seite 27 des erstinstanzlichen Aktes). In der folgenden Einvernahme brachte sie dagegen vor, dass der Mann, den sie heiraten hätte sollen, ein "einflussreicher" Mann sei. Sie könne sich nicht mehr daran erinnern, wann sie von ihren Eltern aufgefordert worden sei, ihn zu heiraten. Wenn sie ihn nicht heirate, habe ihr Vater gesagt, dann würden er, ihre Mutter und auch die anderen getötet werden (siehe Seite 73 des erstinstanzlichen Aktes). Vor dem Asylgerichtshof konnte sie den vollständigen Namen des Mannes nicht mehr angeben und wusste auch nicht das Datum, wann sie ihn hätte heiraten sollen. Diesbezüglich erklärte sie nur, es sei "zu dieser Zeit" gewesen. Wenn sie ihn nicht heirate, dann würde er sie umbringen, habe ihr der Mann gesagt (siehe Seite 3 des Verhandlungsprotokolls OZ 7Z).

 

Sie sei von dem Mann gegen ihren Willen in sein Haus geholt worden, wo er sie zweimal zum Beischlaf gezwungen habe. Er habe sie zwei Wochen in seinem Haus eingesperrt. Der Mann wohne im Ort XXXX, der weit entfernt von ihrem Heimatort Auchi sei. Als sie einmal auf die Toilette müssen habe, sei sie davongelaufen, schilderte die Beschwerdeführerin in der ersten Einvernahme vor dem Bundesasylamt (siehe Seite 27 des erstinstanzlichen Aktes). In der darauffolgenden Einvernahme erklärte sie jedoch, dass er sie eine Woche in seinem Haus eingesperrt habe. Der Mann habe auch in Auchi gewohnt. Fliehen habe sie können, als einmal die Türe offen gestanden sei (siehe Seiten 73 und 75 des erstinstanzlichen Aktes). In der Beschwerde führte sie aus, sie sei mehrmals von ihm vergewaltigt worden. Nach zwei Wochen habe sie fliehen können, als die Tür zu Baracke, in der sie festgehalten worden sei, plötzlich offen gestanden sei (siehe Seite 167 des erstinstanzlichen Aktes).

 

Schließlich äußerte sich die Beschwerdeführerin auch hinsichtlich ihrer Ausreise aus Nigeria widersprüchlich. Sie gab an, am 11.02.2005 von ihrer Heimatstadt Auchi mit einem Bus nach Lagos gefahren zu sein und dort ein Schiff bestiegen zu haben. In einem unbekannten Land sei sie angekommen und mit einem LKW nach Österreich gefahren (siehe Seite 25 des erstinstanzlichen Aktes). In der weiteren Einvernahme vor dem Bundesasylamt erklärte sie, dass sie mit einem Bus nach Lagos gefahren sei, sich dort "eine Woche oder drei Tage" aufgehalten habe und dann ein Schiff bestiegen habe. In Österreich habe sie das Schiff wieder verlassen. Konkrete Daten konnte sie nicht nennen (siehe Seite 73 des erstinstanzlichen Aktes). Vor dem Asylgerichtshof gab sie an, sie glaube, im März 2005 nach Österreich ausgereist zu sein. Sie habe "ein großes Auto, so was wie ein LKW" benutzt, um nach Österreich zu kommen. Ob sie damit von Nigeria nach Österreich gefahren sei, wisse sie nicht mehr. Eine Schiffsreise hat sie nicht erwähnt. Von welchem Ort aus sie Nigeria verlassen habe, wisse sie nicht mehr (siehe Seiten 2 bis 4 des Verhandlungsprotokolls OZ 7Z).

 

Zusammenfassend ist somit der Schluss zu ziehen, dass sie die von ihr geschilderten Ereignisse tatsächlich nicht erlebt hat und ihrem Vorbringen insgesamt die Glaubwürdigkeit zu versagen war.

 

Hinsichtlich des Reiseweges von Nigeria nach Österreich war eine Negativfeststellung zu treffen, weil die diesbezüglichen Angaben der Beschwerdeführerin unbestimmt und nicht objektivierbar sind.

 

Die Beschwerdeführerin hat im gegenständlichen Verfahren keinen Angaben darüber gemacht, krank zu sein. Somit besteht auch kein Zweifel an ihrer grundsätzlichen Arbeitsfähigkeit.

 

Dass die Beschwerdeführerin im dritten Monat schwanger ist, ergibt sich aus ihrem vorgelegten Mutter-Kind-Pass.

 

Die Feststellungen zur allgemeinen politischen Situation in Nigeria ergeben sich aus den im Rahmen der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof verlesenen Länderberichten, die zusammengefasst dieser Entscheidung zugrunde gelegt werden. Daraus ergibt sich, dass derzeit in keinem Teil von Nigeria eine Bürgerkriegssituation herrscht. Vielmehr kommt es lediglich zu vereinzelten lokal begrenzten gewalttätigen Auseinandersetzungen (in der Regel zwischen der Mehrheitsbevölkerung und ethnischen oder religiösen Minderheiten). Es ist grundsätzlich möglich, in anderen Landesteilen vor Verfolgungsmaßnahmen Zuflucht zu suchen, wobei Betreffende Unterstützung und Solidarität von Personen z.B. desselben Glaubensbekenntnisses oder derselben Ethnie erlangen kann.

 

Die Beschwerdeführerin ist diesen Feststellungen nicht entgegengetreten.

 

Rechtlich folgt aus dem festgestellten Sachverhalt:

 

1. Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (in der Folge: AsylGHG) nimmt der Asylgerichtshof mit 01.07.2008 seine Tätigkeit auf. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat (UBASG), BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 23 Abs. 1 AsylGHG sind, soweit sich aus dem AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. Laut Abs. 2 leg. cit. sind Erkenntnisse im Namen der Republik zu verkünden und auszufertigen.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen. Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen. Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des Unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Im vorliegenden Fall wurde erst vor dem Asylgerichtshof eine Beschwerdeverhandlung durchgeführt, was zur Folge hat, dass im gegenständlichen Fall eine Senatsentscheidung zu fällen ist.

 

Gemäß § 75 Abs. 8 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009 ist § 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2009 auf alle am oder nach dem 1. Jänner 2010 anhängigen Verfahren nach dem Asylgesetz 1997 mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Ausweisungsentscheidung nach dem Asylgesetz 1997, die vor dem 1. Jänner 2010 erlassen wurde, als eine Ausweisungsentscheidung nach § 10, die Zurückweisung eines Asylantrages nach dem Asylgesetz 1997 als Zurückweisung nach § 10 Abs. 1 Z 1 und die Abweisung eines Asylantrages nach dem Asylgesetz 1997, mit der festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, als Abweisung nach § 10 Abs. 1 Z 2 gilt.

 

Gegenständlicher Antrag auf Gewährung von Asyl wurde am 17.03.2005 gestellt, weshalb auf dieses Beschwerdeverfahren die Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003, anzuwenden sind. Aufgrund der Tatsache, dass das vorliegende Verfahren am 1. Jänner 2010 beim Asylgerichtshof anhängig war, ist im Hinblick auf die Ausweisungsentscheidung § 10 AsylG 2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, anzuwenden.

 

Der Asylgerichtshof hat demnach über die nunmehr als Beschwerde geltende Berufung unter Zugrundelegung des gem. § 75 Abs. 1 AsylG 2005 anwendbaren Asylgesetzes 1997 (AsylG) erwogen wie folgt:

 

2. Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1, Abschnitt A, Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1, Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welche geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthalts zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit im Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende pro futuro zu erwartende Verfolgungsgefahr dar.

 

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine "begründete Furcht vor Verfolgung" im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK nicht gegeben. Dies im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin den von ihr behaupteten Fluchtgrund nicht glaubhaft machen konnte.

 

Insgesamt sind somit die eingangs beschriebenen Voraussetzungen für eine Asylgewährung im gegenständlichen Fall jedenfalls nicht erfüllt.

 

3. Zum Ausspruch über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin ist wie folgt auszuführen:

 

Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge: FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Demnach ist die Verweisung des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechende Bestimmung" des FPG zu beziehen, das ist § 50 FPG. Anzumerken ist, dass sich die Regelungsgehalte beider Vorschriften (§ 57 FrG und § 50 FPG) nicht in einer Weise unterscheiden, die für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - unmittelbar oder mittelbar - auf § 57 FrG bezieht, lässt sich insoweit auch auf § 50 FPG übertragen.

 

Die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre (§ 8 Abs. 1 AsylG iVm § 50 Abs. 1 FPG) bzw. dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der GFK iVm § 50 Abs. 2 FPG und § 8 Abs. 1 AsylG), es sei denn es bestehe eine inländische Fluchtalternative.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 50 FPG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden demnach unzulässig, wenn dieser dadurch der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde (§ 50 Abs. 1 FPG iVm Art. 3 EMRK), wenn sein Recht auf Leben verletzt würde (§ 50 Abs. 1 FPG iVm Art. 2 EMRK) oder ihm die Vollstreckung der Todesstrafe drohen würde (§ 50 Abs. 1 FPG idF BGBl. I 126/2002 iVm Art. 1 des 13. Zusatzprotokolls zur EMRK). Da sich § 50 Abs. 1 FPG inhaltlich weitestgehend mit § 57 Abs. 1 FrG deckt und die Neufassung im Wesentlichen nur der Verdeutlichung dienen soll, kann die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 57 Abs. 1 FrG weiterhin als Auslegungsbehelf herangezogen werden. Nach dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, 97/18/0336). Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist sohin auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht mehr vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in § 50 Abs. 1 FPG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 95/21/0294 vom 26.6.1997). Unter "außergewöhnlichen Umständen" (z.B. fehlende medizinische Behandlung bei lebensbedrohender Erkrankung) können auch von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertretende lebensbedrohende Ereignisse ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 50 Abs. 1 FPG darstellen (Urteil des EGMR in D vs. Vereinigtes Königreich vom 2.5.1997).

 

Auf Basis der Sachverhaltsfeststellungen liegt nach Ansicht des Asylgerichtshofes keine aktuelle Bedrohung im Sinne von § 8 Abs. 1 AsylG vor. Dies im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin die ihre Person betreffenden Fluchtgründe nicht glaubhaft machen konnte.

 

Es besteht auch kein Hinweis auf "außergewöhnliche Umstände" (lebensbedrohende Erkrankung oder dergleichen), die eine Abschiebung im Sinne von Art. 3 EMRK und § 50 Abs. 1 FPG unzulässig machen könnten. Zu verweisen ist diesbezüglich auch auf die Feststellung, wonach in Nigeria keine Bürgerkriegssituation herrscht, es vielmehr nur zu örtlich und zeitlich begrenzten Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Volksgruppen kommt und die Staatsgewalt funktionsfähig ist. Insbesondere ist darauf zu verweisen, dass die religiös oder ethnisch bedingten Unruhen zeitlich und lokal auf einzelne Städte Nigerias begrenzt sind. Die Beschwerdeführerin hat im Übrigen weder eine lebensbedrohende Erkrankung noch einen sonstigen auf ihre Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet oder bescheinigt, der ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 50 Abs. 1 FPG darstellen könnte. Da die Grundversorgung mit Lebensmitteln im städtischen Bereich im Allgemeinen gewährleistet ist, besteht auch kein sonstiger Anhaltspunkt, dass die junge, arbeitsfähige und gesunde Beschwerdeführerin im Fall der Rückführung in eine aussichtlose Situation geraten könnte. Die Beschwerdeführerin hat auch keine Angaben gemacht, warum Sie in Nigeria keine berufliche Tätigkeit ausüben könnte.

 

Die Berufung (nunmehr Beschwerde) erweist sich sohin auch hinsichtlich des Ausspruches über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria als nicht berechtigt.

 

4. Gemäß § 10 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn

 

der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird; (Z 1)

 

der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des/der Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des/der subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird; (Z 2)

 

einem/einer Fremden der Status des/der Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des/der subsidiär Schutzberechtigten kommt (Z 3) oder

 

einem/einer Fremden der Status des/der subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird (Z 4) und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Gemäß Abs. 2 sind Ausweisungen unzulässig,

 

1. wenn dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

a) die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war ;

 

b) das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens

 

c) die Schutzwürdigkeit des Privatlebens

 

d) der Grad der Integration

 

e) die Bindungen zum Herkunftsstaat des Fremden

 

f) die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

 

g) Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei und Einwanderungsrechts;

 

h) die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren.

 

Gemäß Abs. 5 ist über die Zulässigkeit der Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß § 10 Abs. 2 Z 2 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger und Personen, die über ein gemeinschaftsrechtliches oder unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Das Asylverfahren ist, wie oben dargelegt, für die Beschwerdeführerin negativ entschieden worden, sodass - falls damit kein unzulässiger Eingriff in die durch Art. 8 Abs. 1 EMRK verbürgten Rechte vorliegt - die Entscheidung mit einer Ausweisung zu verbinden ist. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Die Beschwerdeführerin, die sich seit 6 Jahren in Österreich aufhält, lebt mit einem nigerianischen Staatsangehörigen zusammen, der über einen Aufenthaltstitel für Österreich verfügt und in Österreich erwerbstätig ist. Die Beschwerdeführerin kennt ihren Lebensgefährten seit dem Jahre 2008. Im Rahmen der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof konnte das erkennende Gericht den Eindruck gewinnen, dass die Beschwerdeführerin um Arbeit bemüht ist und befindet sie sich auf der Warteliste MEGAPHON. Die Beschwerdeführerin ist im dritten Monat schwanger. Sie besucht derzeit einen Deutschkurs. Ihre Bindungen zu ihrem Heimatland sind nur mehr sehr schwach ausgeprägt und hat sie somit keinen besonderen Bezug mehr zu ihrem Herkunftsstaat. Weiters darf zwar nicht übersehen werden, dass die Beschwerdeführerin strafgerichtlich verurteilt wurde. Jedoch stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob daraus eine drohende Störung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit abzuleiten ist, welche den Ausspruch einer Ausweisung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK - nach Abwägung mit dem Interesse der Beschwerdeführerin am Verbleib in Österreich - als dringend geboten erscheinen lässt. Bei der Beurteilung der in Ansehung des Fehlverhaltens des Fremden gegebenen Gefährdung von öffentlichen Interessen ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilungen, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild des Fremden abzustellen (VwGH 13.3.2001, 2000/18/0097). Die Beschwerdeführerin wurde am 25.08.2006 wegen Urkundenfälschung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten, Probezeit drei Jahre und am 25.02.2009 zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten wegen desselben Deliktes verurteilt (Vollzugsdatum 22.07.2010, aus der Freiheitsstrafe bedingt entlassen am 11.08.2010, Probezeit 3 Jahre). Da die begangenen Straftaten als nicht sehr schwerwiegend einzustufen sind und die Beschwerdeführerin nicht mehr straffällig geworden ist, kann schließlich auch in Berücksichtigung aller anderen hier angeführten, für die Beschwerdeführerin sprechenden Umstände davon ausgegangen werden, dass für die Beschwerdeführerin einhergehend mit der bevorstehenden Geburt ihres Kindes eine günstige Prognose für ihren zukünftigen Lebenswandel und der damit verbundenen Integration in Österreich erstellt werden kann. Die von der Beschwerdeführerin also in vielfältiger Weise vorgenommenen Integrationsschritte lassen daher die Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK zu ihren Gunsten ausschlagen.

 

Angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles wäre die von der belangten Behörde verfügte Ausweisung im Hinblick auf die Schutzwürdigkeit des Privatlebens der Beschwerdeführerin aus gegenwärtiger Sicht unverhältnismäßig iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK, weshalb die Ausweisung der Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet auf Dauer für unzulässig zu erklären war.

 

Überdies ist zu bedenken, dass die Beschwerdeführerin im Verlauf des vorliegenden Verfahrens keine prozessverschleppenden Handlungen gesetzt hat und bemüht war am Verfahren aktiv mitzuwirken.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung dauernd unzulässig, Glaubwürdigkeit, Integration, Interessensabwägung, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, strafrechtliche Verurteilung
Zuletzt aktualisiert am
04.05.2011
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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