TE UVS Wien 2011/03/30 FRG/56/1471/2010

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.03.2011
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr. Zeller über die Berufung der Frau Aniko B. gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, vom 29.01.2010, III-1.286.456/FrB/10 betreffend Aufenthaltsverbot entschieden:

Gemäß § 66 Absatz 4 AVG wird der Berufung gegen die Erlassung des Aufenthaltsverbotes keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Dauer des verhängten Aufenthaltsverbotes gemäß § 63 FPG mit 2 Jahre festgelegt wird. Gemäß § 76 Abs 1 und 2 AVG wird der Berufungswerberin der Ersatz der im Zuge dieses Verfahrens erwachsenen und mit Bescheid des UVS Wien vom 15.4.2010 zur Zahl UVS-KO 56/113/2010 in der Höhe von 59,8.- Euro bestimmten Barauslagen (§ 76 AVG) auferlegt. Die Berufungswerberin hat diese erwachsenen Barauslagen (Gebühren des nichtamtlichen Dolmetschers) in Höhe von 59,8.- Euro der Bundeshauptstadt Wien, Magistratsabteilung 6 ? Buchhaltungsabteilung 1, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

I. Mit dem angefochtenen Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, vom 29.01.2010, III-1.286.456/FrB/10 wurde gegen die Berufungswerberin ein Aufenthaltsverbot im Ausmaß von 5 Jahren verhängt und begründend ausgeführt, dass diese am 19.1.2010 aus Ungarn kommen nach Österreich eingereist sei und Zweck ihres Aufenthaltes die Ausübung der illegalen Prostitution gewesen sei. Die aufschiebende Wirkung wurde einer Berufung aberkannt. In der fristgerecht dagegen erhobenen Berufung wird im Wesentlichen vorgebracht, dass die Berufungswerberin aufgrund einer einzigen rechtskräftigen Verwaltungsübertretung mit einem Aufenthaltsverbot belegt worden sei, obwohl sie EWR-Bürgerin sei. Beantragt wurde die Einvernahme der Berufungswerberin und es wurde auch angeführt, dass sie über einen Ausweis nach der ProstitutionsVO verfüge. Der Berufung wurde eine Kopie eines Ausweises für die Berufungswerberin nach § 2 GBGl. 314/1974 (Prostitutionsverordnung) vom 19.1.2010 beigelegt. Untersuchungstermine- bzw. Bestätigungen sind daraus vom 20.1.2010, 29.1.2010 und 9.2.2010 ersichtlich. Es wurde darin unter anderem die Parteieneinvernahme und Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt.

II: Aus dem vorliegenden Fremdenakt in Verbindung mit den eingeholten Verwaltungsstrafakten betreffend die Berufungswerberin der BPD Wien zu den Zahlen

S 0073618/Z/10, S 0081548/Z/10, S 0094853/Z/10 und S 0095017/Z/10geht folgender, als erwiesen festgestellter Sachverhalt hervor:

Die Berufungswerberin ist ungarische Staatsangehörige. Im Akt erliegt eine Anzeige der BPD Wien gegen die Berufungswerberin vom 22.1.2010 wegen Festnahme wegen Verdachts der Geheimprostitution. Weiters geht aus dem vorliegenden Akteninhalt eine rechtskräftige Strafverfügung gegen die Berufungswerberin wegen Übertretung des § 6 Wr. Prostitutionsgesetzes (Geheimprostitution) sowie Übertretung des § 1 der VO des BMfGuU (wonach sich Personen, die gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper dulden oder an anderen vornehmen, regelmäßig wöchentlich einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen haben) vom 11.12.2009 hervor. Weiters erliegt eine Strafverfügung vom 22.1.2010 im Akt, ebenfalls wegen Übertretung des § 6 Wr. Prostitutionsgesetzes (Geheimprostitution) sowie Übertretung des § 1 der VO des BMfGuU am 22.1.2010.

Ferner liegt im Akt eine Anzeige vom 29.1.2010, wonach die Berufungswerberin neuerlich wegen Verdachts der Geheimprostitution zur Anzeige gebracht wurde. Weiters geht aus einer im Akt zur Zahl E1/187870/2010 erliegenden Meldung der BPD Wien vom 26.5.2010 hervor, dass die Berufungswerberin (unter dem Namen Bu. Erika) am 25.5.2010 an näher angeführter Örtlichkeit einer Personenkontrolle unterzogen worden war. Die Berufungswerberin sei jedoch dem Meldungsleger unter dem Namen B. Aniko persönlich bekannt gewesen. Sie habe einvernommen angegeben, dass sie in Ungarn zwei Personalausweise(lautend auf Bu. Erika bzw. auf B. Aniko) habe, ihr amtlicher Name B. Aniko laute und Erika ihr zweiter Vorname sei; ihre Eltern seien nicht verheiratet. Der Schriftzug der im Akt erliegenden Unterschriften der Berufungswerberin mit jeweils unterschiedlichem Namen ist gleichartig.

Aus dem zur Zahl S95017/Z/10 eingeholten Strafakt der BPD Wien auf Grundlage der Anzeige vom 24.5.2010 geht hervor, dass das eingeleitete Strafverfahren gegen die Berufungsweberin (unter dem Namen Bu. Erika) wegen §§ 6/1 und 3/3 Wr. ProstG gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt wurde, da diese bereits am 21.5.2010 zur Anzeige gebracht worden war.

Aus dem zur Zahl S94853/Z/10 eingeholten Strafakt der BPD Wien auf Grundlage der Anzeige vom 12.5.2010 geht hervor, dass das eingeleitete Strafverfahren gegen die Berufungsweberin (unter dem Namen Bu. Erika) wegen §§ 6/1 und 3/3 Wr. ProstG gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt wurde, da diese bereits am 21.5.2010 zur Anzeige gebracht worden war.

Aus dem zur Zahl S0081548/Z/10 eingeholten Strafakt der BPD Wien geht eine rechtskräftige Strafverfügung hervor, wonach die Berufungswerberin (unter dem Namen Bu. Erika) am 23.5.2010 an näher angeführten Tatörtlichkeit die Prostitution gewerbsmäßig angebahnt hat und dabei die zur Ausübung der Prostitution erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen des Geschlechtskrankheitengesetzes in Verbindung mit der VO des BM für Gesundheit und Umweltschutz nicht erfüllt hat. Aus dem zur Zahl S73618/Z/10 eingeholten Strafakt der BPD Wien geht eine rechtskräftige Strafverfügung hervor, wonach die Berufungswerberin (unter dem Namen Bu. Erika) am 21.5.2010 an näher angeführten Tatörtlichkeit die Prostitution gewerbsmäßig angebahnt hat und dabei die zur Ausübung der Prostitution erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen des Geschlechtskrankheitengesetzes in Verbindung mit der VO des BM für Gesundheit und Umweltschutz nicht erfüllt hat. Aus dem im Akt erliegenden Auszug aus dem zentralen Melderegister (unter dem Namen B. Aniko) geht hervor, dass die Berufungswerberin vom 19.1.2010 bis 17.2.2010 eine aufrechte Meldung im Bundesgebiet aufweist.

Aus dem im Akt erliegenden Auszug aus dem zentralen Melderegister (unter dem Namen Bu. Erika) geht hervor, dass die Berufungswerberin vom 19.1.2010 bis 17.2.2010 eine aufrechte Meldung im Bundesgebiet aufweist.

Aus der mit der Berufungswerberin am 29.1.2010 aufgenommenen Niederschrift geht hervor, dass sei letztmalig am 19.1.2010 zum Zweck der Ausübung der Prostitution in das Bundesgebiet eingereist sei. Sie gehe seit 2 Monaten der Geheimprostitution nach und sei 4 mal zur Anzeige gebracht worden. Ihre Familie lebe in Ungarn. Aus dem Schreiben der MA 15 vom 22.9.2010 geht hervor, dass die Berufungswerberin (unter dem Namen B. Aniko) am 9.2.2010 einen Ausweis nach der Prostitutionsverordnung ausgestellt erhielt und sie ihrer Untersuchungspflicht bis zum 8.4.2010 nachkam. Danach ist sie nicht mehr erschienen.

Aus dem im Akt erliegenden Strafregisterauszug betreffend die Berufungswerberin gehen keine strafrechtlichen Vormerkungen im Bundesgebiet hervor. Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 3.3.2010 zur Zahl UVS-FRG/V/56/1718/2010 wurde der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung aufgehoben.

In der Sache fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat am 7.4.2010 eine öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung statt, zu der die Vertreterin der Berufungswerberin erschien. Die Berufungswerberin nahm unentschuldigt an der Verhandlung nicht teil. Ein Dolmetsch für die ungarische Sprache nahm ? nach Mitteilung der Vertreterin der Berufungswerberin, dass die Berufungswerberin erscheinen würde und einen Dolmetsch für die ungarische Sprache benötige ? an der Verhandlung teil.

Die Vertreterin der Berufungswerberin gab Folgendes zu Protokoll:

?Die BW befindet sich seit Februar 2010 in Ungarn. Sie hatte definitiv zugesagt zur heutigen Verhandlung mit ihrer Mutter gemeinsam anzureisen. Deutsch spricht sie nicht. Bezüglich der Strafverfahren wegen Übertretung des Prostitutionsgesetzes haben wir keine Vollmacht. Ob die Anzeige vom 29.01.2010 rechtskräftig geworden ist, weiß ich nicht. Die BWV legt vor die bereits im Akt befindliche Kopie des Ausweises nach Prost.VO. Die BW ist offensichtlich nach der letzten bekannten Kontrolluntersuchung vom 09.02.2010 nach Ungarn ausgereist und seither dort aufhältig. Ich verweise auf das bisherige schriftliche Vorbringen und beantrage das Aufenthaltsverbot, unabhängig von den Umständen, ob die BW weiter der Prostitution nachgehen wird, aufzuheben, da sie insbesondere EWR-Bürgerin ist und keine Gefährdung im Sinne des § 86 FPG.

Die BW ist ausgereist, ab dem Zeitpunkt, als das Aufenthaltsverbot verhängt wurde, hat sich insofern rechtskonform verhalten, und soweit mir vom Verein S. bekannt, ist sie sehr verlässlich. Die Strafverfügungen wurden von ihr auch bezahlt. Es handelt es sich auch um keine massiven Übertretungen.?

Mit weiterem Schreiben vom 9.7.2010 teilte die Vertreterin mit, dass die Berufungswerberin dauerhaft in Ungarn aufhältig sei und dort einem geregeltem Leben nachgehe. Nach Rückfrage wurde telefonisch weiters mitgeteilt, dass nähere Informationen nicht vorhanden seien, die Mutter der Berufungswerberin habe diese Information über den Verein S. mitgeteilt.

In einer weiteren, am 28.3.2011 durchgeführten Verhandlung vor dem UVS Wien wurde der Meldungsleger, RvI Gerald R., betreffend der Anzeige gegen die Berufungswerberin (unter dem Nahmen Bu.) zur Zahl E1/187870/2010 vom 26.5.2010 geladen und zeugenschaftlich einvernommen:

?Auf Vorhalt der Meldung vom 26.05.2010: Diese Meldung stammt von mir. Ich war in der Zeit im Rahmen des Streifendienstes öfter auf Prostitutionskontrolle unterwegs in meinem Bezirk. Daneben habe ich sämtlich RSa-Strafbescheide ausgefolgt, daher war mir die BW als Frau B. bekannt. Ich war erstaunt, als ich bei der Kontrolle am 25.05.2010 die mir bereits persönlich bekannte BW aufhielt, da sie offensichtlich der Prostitution nachging und sie sich mit einem Ausweis auf Bu. lautend auswies. Sie hat mir die Angaben, wie in der Meldung von mir niedergelegt, gemacht. Sie hat in der Folge, das in ungarischer Sprache verfasste EV-Verzeichnis mit B. unterschrieben. Dies sei ihr eigentlich amtlicher Name. Sie hatte dennoch 2 Identitätskarten. Bei dieser Kontrolle hatte sie jedoch nur die Identitätskarte auf Bu. lautend dabei. In der Folge habe ich sie später nicht mehr gesehen. Aus den von mir vorgelegten Computerausdrucken (Beilage A) geht hervor, dass die BW unter B. am 21.04.2010 festgenommen wurde. Unter Bu. hat sie am 26.05.2010 einen Antrag auf Genehmigung nach der ProstVO (?Deckel?) gestellt. Am 24.11.2010 erschien sie nicht mehr zu den Kontrolluntersuchungen.?

Mit Schreiben vom 4.3.2011 teilte die anwaltliche Vertreterin mit, dass eine Vertretungsvollmacht nicht mehr vorläge.

III. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 9 Abs1 Z 1 FPG 2005 (Verfassungsbestimmung) entscheiden über Berufungen gegen Entscheidungen nach diesem Bundesgesetz, sofern nicht anderes bestimmt ist, im Fall von EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern.

Gemäß § 60 Abs 1 FPG 2005 kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1.

die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2.

anderen im Art. 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs 1 hat gemäß § 60 Abs 2 FPG 2005 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder

              1.              von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

              2.              mehr als einmal wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, i.V.m. § 26 Abs 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs 1, 1a, 1b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, oder gemäß den §§ 9 oder 14 in Verbindung mit § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder mehr als einmal wegen einer schwerwiegenden Übertretung dieses Bundesgesetzes, des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

              3.              im Inland wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen, mit Ausnahme einer Finanzordnungswidrigkeit, oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

              4.              im Inland wegen eines schwerwiegenden Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft oder im In- oder Ausland wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

5.

Schlepperei begangen oder an ihr mitgewirkt hat;

6.

gegenüber einer österreichischen Behörde oder ihren Organen unrichtige Angaben über seine Person, seine persönlichen Verhältnisse, den Zweck oder die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gemacht hat, um sich die Einreise- oder die Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen;

              7.              den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;

              8.              von einem Organ der Zollbehörde, der regionalen Geschäftsstelle oder der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht ausüben hätte dürfen;

              9.              eine Ehe geschlossen, sich für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung oder eines Befreiungsscheines auf die Ehe berufen, aber mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nie geführt hat;

              10.              an Kindes statt angenommen wurde und die Erlangung oder Beibehaltung der Aufenthaltsberechtigung ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat;

              11.              binnen 12 Monaten nach Durchsetzbarkeit einer Ausweisung ohne die besondere Bewilligung nach § 73 wieder eingereist ist;

              12.              auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme rechtfertigt, dass er einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat;

              13.              auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme rechtfertigt, dass er durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

              14.              öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

Gemäß § 86 Abs 1 FPG 2005 ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes ihren Hauptwohnsitz ununterbrochen seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Berufungswerberin bereits mehrfach rechtskräftig wegen Übertretung des § 1 der auf der gesetzlichen Grundlage des Geschlechtskrankheitengesetzes ergangenen Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, BGBl Nr. 314/1974 idF BGBl Nr. 591/1993, bestraft wurde. Gemäß § 6 Abs 1 Wiener Prostitutionsgesetz haben Personen, die die Prostitution ausüben wollen, dies persönlich bei der Behörde zu melden. Gemäß § 3 Z 3 leg.cit. darf die Prostitution nicht angebahnt oder ausgeübt werden von Personen, die die gesundheitspolizeilichen Voraussetzungen des Geschlechtskrankheitengesetzes, StGBl. Nr. 152/1945, in der Fassung BGBl. I Nr. 98/2001, in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, BGBl. Nr. 314/1974, in der Fassung BGBl. Nr. 591/1993, für die Zulässigkeit der Ausübung der Prostitution nicht erfüllen.

Gemäß § 1 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, BGBl Nr. 314/1974 idF BGBl Nr. 591/1993, (Prostitutionsverordnung) haben sich Personen, die mit ihrem Körper gewerbsmäßig Unzucht treiben, vor Beginn dieser Tätigkeit sowie regelmäßig im Abstand von einer Woche einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen. Gemäß § 2 leg. cit. hat die Bezirksverwaltungsbehörde, wenn die im § 1 genannte Person bei der erstmaligen Untersuchung frei von Geschlechtskrankheiten befunden worden ist, der betreffenden Person einen mit einem Lichtbild versehenen Ausweis auszustellen. Die Berufungswerberin ist ungarische Staatsbürgerin. Als solche ist sie gemäß Artikel 17 Abs 1 EGV Bürgerin der Europäischen Union und daher auch zum Aufenthalt in Österreich berechtigt (Artikel 18 Abs 1 und Artikel 43 erster Satz EGV). Als EWR-Bürgerin ist auf die Berufungswerberin das 10. Hauptstück des FPG anzuwenden. Konkret darf ein Aufenthaltsverbot gegen die Berufungswerberin nur unter den Voraussetzungen des § 86 Absatz 1 FPG erlassen werden. Eine notwendige Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen einen EWR-Bürger ist daher ein persönliches Verhalten des Fremden, welches eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können ein Aufenthaltsverbot nicht ohne weiteres begründen. Vom persönlichen Verhalten des Betroffenen losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Da die Berufungswerberin vor der Begehung ihrer Verwaltungsübertretungen nicht ununterbrochen zehn Jahre im Bundesgebiet aufhältig war, kommen die erschwerten Voraussetzungen des fünften Satzes des § 86 Absatz 1 FPG nicht zur Anwendung. Da der Unabhängigen Verwaltungssenat gemäß § 66 Absatz 4 AVG grundsätzlich in der Sache selber zu entscheiden hat, tritt er gänzlich an die Stelle der Erstbehörde und hat den Sachverhalt unabhängig von der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides zu prüfen und zu beurteilen.

Nun stellen die in den Bestimmungen der §§ 3 und 8 Wr ProstG 1984 sowie des § 1 der Verordnung über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die mit ihrem Körper gewerbsmäßig Unzucht betreiben, pönalisierten Verhaltensweisen eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet der die Prostitution regelnden Vorschriften sowie auf dem Gebiet des Gesundheitswesens darstellen (vg. VwGH 14.6.2005, Zl. 2005/18/0178).

Es bedarf jedoch nunmehr in Sinne des § 86 Abs 1 FPG eines solchen persönlichen Verhaltens des Fremden, welches eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen alleine können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Nun trifft es auch zu, dass Verstöße gegen Bestimmungen, die den Zweck haben, die Verbreitung von Aids zu verhindern, das Grundinteresse der Gesellschaft an der Bekämpfung ansteckender und zum Tod führender Krankheiten berühren (vgl. dazu VwGH vom 9.10.2001, Zl. 99/21/0125).

Zu beurteilen ist daher die Frage des Vorliegens einer Gefährdung im Sinne des § 86 Abs 1 FPG durch das der Berufungswerberin zuzurechnende Verhalten:

Konkret liegen gegen die Berufungswerberin 4 rechtskräftige Bestrafungen wegen Durchführung der Prostitution ohne entsprechende gesundheitliche Untersuchungen vor. Konkret lagen zwei rechtskräftige Vormerkungen vor Erlassung des erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotes der BPD Wien vor, zwei weitere in der Folge während anhängigen Berufungsverfahrens vor dem UVS Wien.

Während sich die Berufungswerberin nach zweimaliger rechtskräftiger Bestrafung ihrer regelmäßigen Untersuchungspflicht bis zum 8.4.2010 nachkam, war sie danach, nämlich insbesondere in den letzten beiden Tatzeitpunkten (21.5.2010 und 23.5.2010) nicht nur mit anderem Namen im Bundesgebiet aufhältig, sondern auch ohne die nötigen gesundheitlichen Kontrollen durchgeführt zu haben. Erst nach diesen beiden weiteren Bestrafungen kam sie schließlich neuerlich der Untersuchungspflicht vom 26.5.2010 bis zum 24.11.2010 nach. Die von der Berufungswerbervertreterin in der durchgeführten Verhandlung (7.4.2010) sowie weiterer telefonischer Stellungnahme (9.7.2010), wonach sich die Berufungswerberin dauerhaft in Ungarn niedergelassen habe, entsprechen sohin nicht den tatsächlichen Umständen, wurde sie doch nach April 2010 im Bundesgebiet angehalten und kam sie ihren regelmäßigen Untersuchungen bis November 2010 noch nach. Es kann sohin nicht festgestellt werden, dass die Berufungswerberin sich stetig den bestehenden Bestimmungen zur Einhaltung des Gesundheitsschutzes widersetzt hätte. Es fällt gegenständlich jedoch auf, dass sie erst nach zweimaliger rechtskräftiger Bestrafung sowie insbesondere der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in weiterer Folge der Untersuchungspflicht nachkam. Diese Einsicht und Einhaltung entsprechender Vorschriften bestand jedoch auch nicht längerfristig, hielt sie sich doch an diese Verpflichtungen nur bis zum 8.4.2010. Es erscheint in diesem Zusammenhang nicht nachvollziehbar und spricht gegen die Berufungswerberin, dass sie danach (zumindest ab 21.5.2010) neuerlich im Bundesgebiet zur Ausübung der Prostitution aufhältig war unter anderem Namen. Neuerlich wurde sie (unter anderem Namen) zweimal rechtskräftig bestraft und erst danach kam sie neuerlich der Untersuchungspflicht nach. Es wiegt hier insbesondere gegen die Berufungswerberin, dass sie während des laufenden Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, in einem Zeitraum, als sie sich daher des ungesicherten Aufenthalts und insbesondere der Rechtswidrigkeit eines derartigen Verhaltens sowie Folgen auch in fremdenrechtlicher Hinsicht, nicht an die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen gehalten hatte, sondern gleichsam insistierend dagegen verstieß (wie auch der VwGH in ständiger Judikatur als zu beachtendes Kriterium bei der Gefährdungsprognose ausführt). In Gesamtbetrachtung dieser sämtlichen Umstände, kann eine tatsächliche und erhebliche Gefahr im Sinne des § 86 Abs 1 FPG verbunden ist.

Ebenso ist die Gegenwärtigkeit der Gefährdung gegenständlich zu bejahen, da zum einen die Berufungswerberin nunmehr keinen Wohnsitz im Bundesgebiet aufweist, jedoch keinerlei Hinweise festgestellt werden konnten, dass die Berufungswerberin etwa nunmehr einen anderen Beruf ausübt oder definitiv die Prostitution nicht mehr ausübt, sodass eine Gefährdung nicht mehr bestünde. Insbesondere ist dazu auszuführen, dass sie zwar angegeben hatte im gegenständlichen Verfahren, dass sie dauerhaft in Ungarn sei, dieses Vorbringen jedoch erwiesenermaßen nicht der Wahrheit entsprach und sie darüber hinaus sich während ihrer Aufenthalte jedenfalls zeitweise mit zwei verschiedenen Identitäten legitimierte. Aufgrund der vorliegenden Umstände ist auch von einer Gegenwärtigkeit der Gefährdung auszugehen. Vor diesem Hintergrund ist zu befürchten, dass die Berufungswerberin für den Fall des Unterbleibens aufenthaltsbeendender Maßnahmen auch in Zukunft im Bundesgebiet als Prostituierte tätig sein wird, ohne die zum Schutz der Gesundheit dringend erforderlichen regelmäßigen amtsärztlichen Untersuchungen durchführen zu lassen. Es muss somit festgestellt werden, dass von der Berufungswerberin eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr im Sinne des § 86 Abs 1 FPG ausgeht, die ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich jenes am Schutz der Menschen vor der Verbreitung ansteckender Geschlechtskrankheiten berührt. Die im Lichte des § 66 Abs 2 FPG 2005 gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen der Berufungswerberin mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen vermag eine Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht zu rechtfertigen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Berufungswerberin keinen Wohnsitz im Bundesgebiet aufweist und auch keine familiären oder privaten Bindungen im Bundesgebiet hat. Über den derzeitigen genauen Aufenthalt der Berufungswerberin ist nichts bekannt. Das private Interesse der Berufungswerberin an der Prostitutionsausübung in Österreich und ihre damit verbundenen Einkommenschancen vermögen die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, das dem Schutz der Bevölkerung vor der Verbreitung von Geschlechtskrankheiten dient, nicht zu überwiegen.

Zur verhängten Dauer des Aufenthaltsverbotes ist Folgendes anzuführen:

Nach § 63 Abs 1 FPG darf ein Aufenthaltsverbot in den Fällen des § 60 Abs 2 Z 1, 5 und 12 bis 14 FrPolG 2005 unbefristet, sonst nur für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Als maßgebliche Umstände gemäß § 63 Abs 2 legcit kommen - abgesehen vom gesetzten Fehlverhalten und der daraus resultierenden Gefährdung öffentlicher Interessen - auch die privaten und familiären Interessen iSd § 66 FPG in Betracht (vgl. u.a. VwGH, Erkenntnis vom 13.3.2007, 2007/18/0026). Es liegt angesichts der Gleichgültigkeit, die die Berufungswerberin trotz mehrfacher polizeilicher Beanstandung und Bestrafung den die Prostitution regelnden Rechtsvorschriften ein doch beträchtliches Fehlverhalten vor.

Diese Fehlverhalten ist jedoch wiederum vor den konkreten Umständen zu beurteilen: die Berufungswerberin hat sich nicht ausreichend an die entsprechenden Normen und Regelungen zur Ausübung der Prostitution gehalten, aber in gewissem Umfang und immer wiederkehrend doch Untersuchungen durchführen lassen. Es besteht im Entscheidungszeitpunkt, wie dargelegte, eine Gefährdung. Vor dem konkreten Hintergrund ist jedoch angesichts der besonderen gegenständlichen Umstände davon auszugehen, dass mit Ablaufe der nunmehrigen kürzeren Zeitspanne keine Gefahr im Sinne des FPG mehr von der Berufungswerberin ausgeht.

Die Verhängung des gegenständlich bekämpften Aufenthaltsverbotes begegnet im Lichte des Artikel 32 der Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG keinen Bedenken, zumal eine Änderung der Umstände, die zum früheren Wegfall der aus heutiger Sicht bestehenden Gefährdungsprognose durch die Berufungswerberin führen, im Sinne des § 65 Abs 1 FPG 2005 jederzeit sowohl von Amts wegen als auch auf Antrag der Berufungswerberin zu einer Aufhebung des Aufenthaltsverbotes führen kann. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Die Vorschreibung der Barauslagen gründet sich auf die Bestimmungen der § 75 Abs 1 und 2 sowie § 76 Abs 1 und 2 AVG:

Die Kosten des zur mündlichen Verhandlung vom 7.4.2010 geladenen Dolmetsch für die ungarische Sprache entstanden durch das Verschulden der Berufungswerberin als Partei des Verfahrens. Die Verhandlung wurde aufgrund ausdrücklicher Beantragung derer sowie Beantragung der Parteieneinvernahme durch die Berufungswerberin selbst durchgeführt. Auch die Beiziehung eines Dolmetsch für die ungarische Sprache erfolgte auf ausdrückliche Bekanntgabe und Wunsch der Berufungswerberin. Sie erschien unentschuldigt ohne Angabe vor Gründen nicht zur durchgeführten Verhandlung, weswegen spruchgemäß vorzugehen war. Mit rechtskräftigem Bescheid UVS-KO 56/113/2010 wurden die Kosten bereits mit der Höhe von 59,8.- Euro bestimmt und angewiesen.

Zuletzt aktualisiert am
05.05.2011
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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