TE AsylGH Erkenntnis 2011/03/29 D18 418109-2/2011

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Veröffentlicht am 29.03.2011
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Spruch

D18 418109-2/2011/2E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin MMag. Dr. SCHNEIDER als Vorsitzende und den Richter Mag. KANHÄUSER als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX, Staatsangehöriger von Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.02.2011, Zl. 10 08.318-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 AsylG 2005, idF BGBl. I 100/2005, und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 122/2009, als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Sachverhalt und Verfahrensgang:

 

I.1. Der Beschwerdeführer reiste laut eigenen Angaben am 06.09.2010 illegal nach Österreich ein und stellte im Zuge seiner Anhaltung und fremdenrechtlichen Kontrolle durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Hufelandgasse am 08.09.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab er an, XXXX zu heißen und am XXXX geboren zu sein. Als ihm vorgehalten wurde, dass das Lichtbild gemäß einer Überprüfung im EKIS-Online nicht mit ihm übereinstimme, gab er an, richtig XXXX zu heißen und am XXXX geboren worden zu sein. Dokumente könne er keine vorlegen. Im Zuge seiner Asylantragstellung gab er dann an, den Namen XXXX zu führen, georgischer Staatsangehöriger und am XXXX in XXXX geboren zu sein.

 

I.2. Bei der niederschriftlichen Erstbefragung durch ein Organ des Öffentlichen Sicherheitsdienstes des Landespolizeikommandos für Wien, Abteilung für fremdenpolizeiliche Maßnahmen und Anhaltevollzug, gab er am 08.09.2010 im Wesentlichen an, dass er Georgien vor 30 Tagen verlassen hätte und schlepperunterstützt über die Türkei und Bulgarien auf illegalem Weg nach Österreich gelangt wäre. Hierfür hätte er 1250 Euro bezahlt.

 

Zum Vorhalt, dass sein Einreisezeitpunkt falsch genannt sei, weil bei seiner Festnahme zwei Wochenkarten der Wiener Linien (Woche 34, Freitag, folglich der 27.08.2010, und Woche 36, 06.09.-12.09.2010) sowie Paketaufgabescheine der österreichischen Post vom 01.09.2010 in seiner Geldbörse gefunden worden seien, gab er an, dass diese Sachen ebenso wie das bei ihm gefundene Handy nicht ihm gehören würden; ein Georgier hätte ihm Jacke und eine Haube geborgt, weil ihm kalt gewesen sei. Der Georgier heiße mit Vorname XXXX, mit Spitzname XXXX, mehr wisse er nicht von ihm.

 

Zu seinen Fluchtgründen brachte er vor, dass er im Juni 2008 aufgrund des Krieges zum Militärdienst eingezogen worden wäre. Im August 2008 wäre er aber aus der Armee desertiert. Er hätte viele Verwandte, die Osseten seien und hätte sich anfangs in XXXX und dann in XXXX vor dem Militär versteckt. Ca. 5 Monate nachdem sich die Lage beruhigt habe, etwa Anfang 2009, hätte man nach ihm gesucht, jedoch könne er nicht genau sagen, wer nach ihm gesucht hätte. Er wisse nicht, ob diese Leute vom Militär gewesen seien, jedoch hätte er sich bei der nächsten Polizeidienststelle oder beim Militärkommando melden sollen. Diese Leute seien auch einmal bei seiner Familie gewesen; ab diesem Zeitpunkt hätte er keinen Kontakt mehr zu seiner Familie gehabt.

 

Während seiner Militärzeit hätte er außerdem eine Auseinandersetzung mit einem Offizier gehabt, der XXXX heiße. Der Beschwerdeführer hätte zu diesem gesagt, dass er nicht kämpfen wolle, worauf er vom Offizier beschimpft und geschlagen worden sei. Dabei wäre er über dem rechten Auge verletzt worden. Nach diesem Vorfall sei er desertiert. Anzeige hätte er keine gemacht. Das seien seine einzigen Fluchtgründe. Für den Fall der Rückkehr hege er die Befürchtung, verhaftet zu werden, da er aus der Armee desertiert sei, zudem habe er Angst vor dem Offizier XXXX.

 

Zu seiner Ausbildung im Heimatland gab er zu Beginn der Befragung an, von 2006 bis 2010 die Universität in XXXX - jedoch ohne Abschluss - besucht zu haben. Auf Vorhalt, dass dies seinen Fluchtgründen widerspreche, gab er an, nicht auf der Universität gewesen zu sein. Er wisse nicht, warum er vorher gelogen habe, er sei nur bis Ende Juni, Anfang August 2008 auf der Universität gewesen.

 

I.3. Am 09.09.2010 wurde dem Beschwerdeführer mit Mitteilung gem. § 28 Abs. 2 AsylG mitgeteilt, dass Konsultationen gemäß der Dublin II-Verordnung mit Rumänien, Ungarn und Bulgarien geführt werden und beabsichtigt sei, seinen Antrag auf Internationalen Schutz zurückzuweisen. In der Folge wurde der Beschwerdeführer jedoch zum Verfahren zugelassen, da keines der genannten Länder sich für das Verfahren für zuständig erklärte.

 

I.4. Am 29.11.2010 wurde der Beschwerdeführer bei Begehung eines Diebstahles durch Einbruch oder mit Waffen auf frischer Tat betreten, festgenommen und zur Anzeige gebracht; in weiterer Folge wurde Untersuchungshaft über ihn verhängt.

 

I.5. Am 11.01.2011 wurde der Beschwerdeführer aus der Untersuchungshaft vorgeführt und von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes im Beisein eines Dolmetschers der georgischen Sprache niederschriftlich einvernommen, wobei er angab, seine Probleme in Georgien hätten im August 2008 begonnen. Er wolle sein bisheriges Vorbringen nicht ergänzen, er habe schon alles erzählt. Er hätte bisher keinen Kontakt mit seinem Heimatland, es habe sich bisher nicht ergeben, weiters solle dort auch niemand wegen ihm Probleme bekommen. Seine Eltern würden sich nach wie vor in Georgien aufhalten, sie hätten in XXXX ein kleines Geschäft. Ansonsten habe er weder Geschwister noch Frau oder Kinder in Georgien. Er nannte als seinen Namen nochmals XXXX, geboren am XXXX und Angehöriger der georgischen Volksgruppe. Seinen Lebensunterhalt in Georgien hätte er sich durch Schwarzarbeit in seinem Beruf bestritten, er sei Computerprogrammierer und Student. Er habe eine Hochschule absolviert, das letzte Jahr hätte er den Unterricht jedoch nicht mehr besuchen können, aber man habe ihm dabei geholfen, das Studium fertig zu machen, er habe Programmierer studiert. Das Studium hätte er 2004 begonnen, es hätte drei Jahre lang gedauert. Er müsse dabei ein bisschen nachrechnen, er habe Probleme, sich Daten zu merken. Als Programmierer brauche er ein "anderes" Gedächtnis. Er habe dabei alles, was zum Computer gehöre, programmiert, z.B. wenn einer kaputt war, welche Programme man brauche, um ihn wieder zum Arbeiten zu bringen. Als Programmiersprachen kenne er Bascal, das sei ein relativ älteres Programm, weiters Photoshop und Flash. Er habe dabei immer bei seinen Eltern gewohnt.

 

Als Fluchtgrund gab er an, kurz vor dem Krieg 2008 in die Armee einberufen worden zu sein. Die Leute vom Kommissariat seien zu ihm nach Hause gekommen und hätten ihn mitgenommen, weil er vorher schon einige Male per Brief geladen worden sei. Seine Einheit sei in der Nähe von XXXX stationiert worden. Als der Krieg begonnen habe, hätte er sich geweigert, daran teilzunehmen, da seine Mutter Ossetin sei. Dies habe er auch seinem direkten Vorgesetzten, namens XXXX, gesagt. Dieser hätte ihn in der Folge als Feigling beschimpft und als er darauf geantwortet habe, hätte dieser ihn auch geschlagen. Er sei dabei von den anderen festgehalten worden und der Vorgesetzte habe ihn geschlagen. Nach einigen Tagen habe er von dort flüchten können. Aus diesem Übergriff trage er eine Narbe an der rechten Augenbraue und sei ihm auch der kleine Finger an der rechten Hand gebrochen worden. Zuerst sei er dann nach Hause gegangen, dann hätte er sich vorübergehend im XXXX, in der Nähe von XXXX bei entfernten Verwandten aufgehalten, sei aber manchmal auch nach Hause gegangen, um sich nach der Lage zu erkundigen. Als die Situation sich beruhigt hatte und der Krieg wieder vorbei gewesen sei, seien wieder die Vertreter der Armeebehörde gekommen und hätten gesagt, er solle sich freiwillig stellen, da er dann weniger Gefängnisstrafe als Deserteur bekommen würde. Deshalb sei er nach XXXX, in die Berge gegangen, um dort in Sicherheit zu sein und sich um seine Ausreise zu kümmern. Einmal, als er sich zu Hause erkundigt habe, was es Neues gebe, habe er erfahren, dass dieser Vorgesetzte bei ihm zu Hause gewesen sei und seine Eltern geschimpft habe, weil sie ihn decken würden.

 

Bei seiner Rückkehr fürchte er sich vor diesem XXXX und natürlich auch vor der Strafe als Deserteur. Er sei beim XXXX stationiert worden, genauere Angaben könne er dazu nicht machen. Militärische Ausbildung habe er keine absolviert, es habe nur eine allgemeine körperliche Vorbereitung stattgefunden und das Schießen sei ihm mit einer russischen Kalaschnikow, AK 74, beigebracht worden. Wenn man ihm eine Waffe geben würde, könnte er vorzeigen, wie sie gesichert und entsichert werde. Das Magazin fasse 30 Patronen, aber 31 wären auch noch möglich. Es handle sich um eine automatische Waffe.

 

Er sei insgesamt zwei Monate beim Militär gewesen. Wer der Chef des XXXX gewesen sei, das könne er nicht sagen, er hätte mit ihm nichts zu tun gehabt. Sein unmittelbarer Vorgesetzter sei XXXX gewesen, er sei vermutlich Offizier. An Marke und Type der Panzer im Bataillon könne er sich ebenso nicht erinnern, es seien alte russische Panzer gewesen. Der Vorfall sei so abgelaufen, dass er seinem Vorgesetzten mitgeteilt habe, dass er nicht in den Krieg gehen wolle, und dieser ihn in der Folge beschimpft und Feigling genannt habe. Deshalb habe der Beschwerdeführer zurückgeredet, worauf sein Vorgesetzter ihn einige Mal geschlagen habe. Dabei sei seine Augenbraue aufgeplatzt, was den Vorgesetzten noch wütender gemacht habe. Deshalb sei der Beschwerdeführer auf ihn losgegangen. Sein Vorgesetzter habe ihn dann von einfachen Soldaten festhalten lassen und auf ihn eingeschlagen, bis er zu Boden fiel. In der Folge sei er zur medizinischen Station gebracht worden, sein Finger sei gerichtet, die Augenbraue behandelt, jedoch nicht genäht worden. Nach einer Nacht bzw. zwei Tagen auf der medizinischen Station habe er dort für seinen Vorgesetzten einen Brief hinterlassen und sei aus der Einheit weggegangen. Durch seine Uniform sei er zur in der Nähe lebenden Bevölkerung gegangen und habe dort telefoniert, man habe ihm Kleidung gegeben und Geld geliehen. Das Bataillon konnte er verlassen, indem er über den Zaun geklettert sei, die Wachen hätten sich hauptsächlich beim Haupteingang aufgehalten. Er sei Anfang August 2008 desertiert.

 

Die zuvor erfolgten Ladungen hätte er nicht befolgt, weil er inoffiziell gearbeitet habe, er sei der Ernährer seiner Familie gewesen. Zusätzlich sei er ein Einzelkind, weshalb ihn die Eltern nicht in die Armee gehen lassen wollten. Dass seine Ausreise erst im Jahr 2010 war, obwohl die Probleme im Jahr 2008 begonnen hätten, erklärte er dadurch, dass es sehr schwierig sei, ohne Dokumente und finanzielle Mittel das Land zu verlassen. Die Kleidungsstücke nach Georgien, wie auf den bei ihm gefundenen Paketaufgabescheinen der Österreichischen Post vermerkt, hätte nicht er selbst geschickt. An der Hochschule sei er in den Fächern Mathematik, Computerdesign, Computerprogrammierung, Physik und natürliche Informatik unterrichtet worden. Seine Deutschkenntnisse seien sehr schlecht und er habe keine Familienangehörige oder sonstige private Anknüpfungspunkte in Österreich. Er wolle eigentlich schon nach Georgien zurückkehren, er arbeite daran, die Sache mit seinem Vorgesetzten zu regeln. Seine Straffälligkeit in Österreich erklärte er damit, dass dies "eine kurze Schwäche" von ihm gewesen sei.

 

I.6. Mit Aktenvermerk vom 11.02.2011 wurde gem. § 27 Abs. 2 AsylG das Ausweisungsverfahren eingeleitet.

 

I.7. Das Bundesasylamt wies den Antrag auf internationalen Schutz vom 08.09.2010 mit Bescheid vom 11.02.2011, FZ. 10 08.318-BAW, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 idgF, (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) ab und wies den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien aus (Spruchpunkt III.). Einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde gem. § 38 Abs 1 Z 5 AsylG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

 

In seiner Begründung stellte das Bundesasylamt die Nationalität und die illegale Einreise des Beschwerdeführers fest und traf weiters umfangreiche Länderfeststellungen zu Georgien. Seine Identität stehe jedoch nicht fest und er habe auch keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen können. Weiters konnte das Bundesasylamt nicht feststellen, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Georgien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder diese für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. Der Beschwerdeführer habe in Österreich keine Familienangehörigen, verfüge über keine Deutschkenntnisse, habe keinen engen Kontakt zu Österreichern, sei in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen, seine Eltern halten sich in Georgien auf und er sei der georgischen Sprache mächtig und hätte den Großteil seines Lebens in Georgien verbracht. In Österreich bestünden keine Beziehungen, die einer Ausweisung entgegenstehen.

 

I.8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerecht erhobene und zulässige handschriftliche Beschwerde, in der der Beschwerdeführer ersucht, sein Asylverfahren nochmals zu überprüfen. Er, XXXX, Sohn von XXXX, geboren am XXXX, wohnhaft in der XXXX, habe als Ausbildung 11 Klassen in der XXXX genossen. Im Jahr 2004 habe er an der XXXX immatrikuliert. Er habe drei Kurse abgeschlossen. Den letzten Kurs habe er auf Grund seiner persönlichen Probleme nicht abschließen können. Im August 2008 habe er im XXXX gedient. Nachdem sich die Situation zwischen Georgien und Ossetien zugespitzt habe, habe er sich geweigert, in den Krieg zu ziehen, weil seine Mutter ossetischer Herkunft sei und er viele Verwandte in Ossetien habe. Nachdem er diese Tatsache seinem Kommandanten verkündet habe, habe ihn dieser vor der Kompanie verbal erniedrigt. Er selbst habe den Vorgesetzten ebenfalls grob behandelt, weil ihn dieser beleidigt habe. Darauf sei es zu einer Schlägerei zwischen den beiden gekommen. Sein Vorgesetzter hätte ihn danach von den Soldaten festhalten und ihn schlagen lassen, weswegen er Verletzungen im Gesicht habe und nachdem ihm der Finger gebrochen worden sei, das Bewusstsein verloren habe. Im Militärkrankenhaus hätte er das Bewusstsein wiedererlangt und sei danach geflüchtet. Er habe sich bei seinen Verwandten in einem Dorf versteckt. Als sich die Situation zwischen Georgien und Ossetien beruhigt habe, hätten Mitarbeiter der Militärstaatsanwaltschaft nach ihm gesucht. Ihm drohe in Georgien Strafe, weil er ein Deserteur sei.

 

I.9. Ein Strafregisterauszug vom 21.02.2011 zeigt folgende Verurteilung auf:

 

Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX gem. §§ 127, 129 Abs 1, 241e Abs 3 StGB; eine Freiheitsstrafe von 12 Monaten, davon 8 Monate bedingt mit Probezeit auf drei Jahre, wurde verhängt.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

II.1. Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in die dem Asylgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakte des Beschwerdeführers sowie die im erstinstanzlichen Verfahren eingeführten Länderdokumente.

 

II.2. Der Asylgerichtshof geht von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus:

 

Zur Person und den Fluchtgründen:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Georgien. Seine Identität steht mangels Vorlage entsprechender Dokumente nicht fest.

 

Der Beschwerdeführer reiste illegal zu einem früheren Zeitpunkt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte im Zuge seiner Anhaltung erst am 08.09.2010 einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz.

 

Der Beschwerdeführer leidet an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen, die einer Rückführung in seinen Herkunftsstaat entgegenstehen und macht solche auch nicht geltend.

 

Nicht festgestellt werden kann unter Zugrundelegung des Vorbringens des Beschwerdeführers, dass dem Beschwerdeführer in Georgien Verfolgung aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten drohen würde. Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Gründe, nicht gegeben.

 

Ebenfalls nicht festgestellt werden kann, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes drohen würde.

 

Es besteht in Österreich kein schützenswertes Privat- oder Familienleben im Sinne des Artikels 8 EMRK. Dem Beschwerdeführer kam zu keinem Zeitpunkt seines Aufenthaltes in Österreich ein nicht auf das Asylverfahren gestütztes Aufenthaltsrecht zu.

 

Zur relevanten Situation in Georgien:

 

Da die von der belangten Behörde herangezogenen aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, das auch dem Kenntnisstand des erkennenden Senates des Asylgerichtshofes entspricht, besteht vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles und auch unter Bedachtnahme auf das Beschwerdevorbringen kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen der belangten Behörde zu zweifeln. Auch die Beschwerdeausführungen stellen deren Unbedenklichkeit nicht in Frage. Zur Situation im Herkunftsstaat wird unter Heranziehung der erstinstanzlichen Feststellungen insbesondere Folgendes für den Fall des Beschwerdeführers als besonders relevant festgehalten:

 

Augustkrieg 2008

 

In der Nacht auf Freitag, den 8. August 2008 brach in dem georgischen autonomen Gebiet Südossetien mit einer georgischen Militäroffensive Krieg aus. Bereits am Samstagnachmittag startete Russland eine umfassende Gegenoffensive, in deren Folge auch Teile des georgischen Kernlandes besetzt wurden. Bis Sonntag, den 10. August hatten sich die Kämpfe auf Abchasien ausgeweitet, auch dort wurde das Kriegsrecht ausgerufen.

 

Mithilfe Frankreichs wurde noch im August ein Waffenstillstandsabkommen ausgehandelt, die Kampfhandlungen wurden eingestellt. Nach der Einstellung der Kampfhandlungen wurden zahlreiche Dörfer in Südossetien und der Sicherheitszone von Plünderern und ossetischen Milizen heimgesucht. Bis Herbst 2008 hatten sich die russischen Streitkräfte weitgehend hinter die Grenzen der beiden separatistischen Enklaven zurückgezogen. Russland erkannte die Unabhängigkeit Südossetiens und Abchasiens am 26. August an, dem folgten bislang lediglich Nicaragua, Venezuela und Nauru. Seit dem Krieg besteht eine starke Präsenz russischer Truppen auf den beiden Territorien.

 

(Freedom House: Freedom in the World 2010 - Georgia, Mai 2010 / Freedom House: Freedom in the World 2009: South Ossetia (Georgia), 16.07.2009 / Freedom House: Freedom in the World 2009: Abkhazia (Georgia), 16.07.2009 / Russland Aktuell: Winzling Nauru erkennt Abchasiens Unabhängigkeit an, 15.12.2009, http://www.aktuell.ru/russland/politik/winzling_nauru_erkennt_abchasiens_unabhaengigkeit_an_3878.html, Zugriff 19.01.2011)

 

Die Beobachtermission der EU (EUMM) hatte vollen Zugang zu Gebieten unter der Kontrolle der georgischen Regierung. Zu der anderen Seite der Administrativen Grenzlinie (ABL) hat die EUMM jedoch keinen Zugang. Im August 2010 wurde das Mandat der EUMM bis 14.9.2011 verlängert.

 

Im August 2010 verlautbarte ein Beamter des georgischen Innenministeriums, dass es eine Straftat wäre, Abchasien und Südossetien ohne das Wissen georgischer Behörden zu besuchen.

 

Die Sicherheitslage in den an die ABL angrenzenden Gebiete war weiterhin stabil, aber fragil. Es kam weiterhin zu Festnahmen von Personen, die die ABL überquerten. Personen werden für gewöhnlich von russischen Grenzwachen festgenommen, die in beiden Regionen die ABL kontrollieren, und dann zur lokalen Polizeihauptwache entweder in Tschinwali (Südossetien) oder Gali (Abchasien) gebracht, mit einer Strafe belegt und wieder freigelassen. Normalerweise werden Personen am selben Tag freigelassen, in einigen Fällen kam es zu längeren Anhaltungen. Auf der anderen Seite der ABL nahm die georgische Polizei einige Personen fest, die das Gebiet Georgiens unter Verletzung des Gesetzes über die besetzten Gebiete betraten. Die Verhafteten wurden einige Stunden bis hin zu einigen Tagen angehalten, und dann wieder freigelassen.

 

(Council of Europe - Secretary General: Consolidated report on the conflict in Georgia (April 2010 - September 2010) [SG/Inf(2010)19], 05.11.2010)

 

Die Sicherheitslage in und um die ehemaligen Konfliktregionen blieb angespannt. Nachdem die Mission der OSZE sowie die UN-Beobachtermission im Juni 2009 ihre Tätigkeit in Georgien beendet hatten, waren die Möglichkeiten einer internationalen Kontrolle und Überwachung der Lage erheblich eingeschränkt. Die Überwachungsmission der EU (EU Monitoring Mission EUMM), die einzige verbliebene Überwachungsgruppe mit internationalem Mandat, erhielt keinen Zugang zu den von De-facto- Machthabern beherrschten Gebieten in Südossetien und Abchasien. Zivilisten sollen wegen illegaler Überquerung der administrativen Grenzlinie zwischen Georgien und Südossetien bedroht und festgenommen worden sein.

 

(Amnesty International: Jahresbericht 2010 - Georgien, 28.05.2010)

 

Seit Oktober 2008 finden in Genf monatlich internationale Verhandlungen unter der Schirmherrschaft der UNO, OSZE und EU statt.

 

(Friedrich Ebert Stiftung: Länderanalyse Südkaukasus: Krise und Kriegsgefahr?, April 2009)

 

Im Dezember 2010 fand die 14. Runde der Genfer Gespräche statt, diese blieb jedoch ergebnislos. Sowohl die georgischen, als auch die russischen und abchasischen Verhandlungsvertreter drückten nach den Verhandlungen ihre Unzufriedenheit aus.

 

(Caucasian Knot: Week in the Caucasus: review of main events of December 13-19, 21.12.2010,

http://www.eng.kavkaz-uzel.ru/articles/15607/, Zugriff 19.01.2011)

 

Anfang Mai 2009 begann Russland mit der Stationierung von Soldaten an den Grenzen von Abchasien und Südossetien. Russische Einheiten nahmen am 02.05.2009 ihre Tätigkeit entlang der Grenzen beider Provinzen auf, einige Tage zuvor war ein entsprechendes Abkommen von Russland mit Abchasien und Südossetien unterzeichnet worden.

 

(Russland Online: Russland beginnt mit Grenzsicherung in Abchasien und Südossetien, 03.05.2009,

http://russlandonline.ru/schlagzeilen/morenews.php?iditem=47066, Zugriff 19.01.2011)

 

Menschenrechte/Allgemein

 

Georgien ist eine demokratische Republik. Seine Verfassung wurde am 24. August 1995 und am 6. Februar 2004 wesentlich geändert. Neben dem Staatspräsidenten steht ein Premierminister in der Regierungsverantwortung, die Verfassung sichert aber dem Parlament eine wichtige Rolle. Sie bekennt sich zu den Grund- und Menschenrechten einschließlich der Meinungs- und Pressefreiheit. Georgien unternimmt Anstrengungen, sich bei der Rechtsreform und der Wahrung der Menschen- und Minderheitenrechte den Standards des Europarats anzupassen. 1996 wurde ein Verfassungsgericht eingerichtet, 1997 die Todesstrafe abgeschafft.

 

(Auswärtiges Amt: Länder, Reise, Sicherheit: Georgien - Innenpolitik, Stand Februar 2010, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos /Georgien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 19.01.2011)

 

Um die Bedingungen für einen Beitritt der EU und NATO zu erfüllen, erweiterte die Regierung unter Saakaschwili die demokratischen und rechtsstaatlichen Rechte. Trotzdem kommt es seit Jahren immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen. Zu den autonomen Gebieten Südossetien und Abchasien gibt es zu wenige verlässliche Informationen, um ein ausgewogenes Bild der Situation zu erhalten.

 

(Schweizerische Flüchtlingshilfe: Georgien Update: Aktuelle Entwicklungen, 16.10.2008)

 

Am 27. April 1999 trat Georgien als erstes südkaukasisches Land dem Europarat bei. Am 7. Juni 2002 hat Georgien das 1. Zusatzprotokoll zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ratifiziert, welches u. a. den Schutz des Eigentums und das Recht auf freie Wahlen garantiert. Der mit dem Beitritt zum Europarat eingegangenen Verpflichtung zur Ratifizierung der Europäischen Charta zu Regional- und Minderheitensprachen kam Georgien im Oktober 2005 nach. Der Grad und die Ernsthaftigkeit der Umsetzung der Charta bleiben zu beobachten.

 

(Auswärtiges Amt: Bericht über asyl- und abschieberelevante Lage in Georgien, 24.04.2006)

 

Georgien hat die wichtigsten internationalen und regionalen Menschenrechtsinstrumente und die meisten Optionalen Protokolle unterzeichnet. Im Juli 2009 unterzeichnete das Land die UN Konvention für die Rechte behinderter Menschen und das diesbezügliche Optionale Protokoll. Seit 2003 hat Georgien das Römer Statut des internationalen Strafgerichtshofs ratifiziert. Derzeit sind vier verpflichtende Berichte an die UN ausständig.

 

(Europäische Kommission: ENP Progress Report - Georgia, 12.05.2010)

 

Sicherheitsbehörden

 

Eine Reform der Polizei wurde 2004 begonnen, bedarf aber noch weiterer Schritte, um die angestrebten europäischen Standards zu erfüllen.

 

(Auswärtiges Amt: Länder, Reise, Sicherheit: Georgien - Innenpolitik, Stand Februar 2010, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien /Innenpolitik_node.html, Zugriff 19.01.2011)

 

Das Innenministerium ist für den Gesetzesvollzug zuständig und kontrolliert die Polizei, die unterteilt ist in funktionelle Abteilungen und separate, unabhängig finanzierte Polizeischutzabteilungen, die Infrastruktur und privaten Unternehmen Sicherheit und Schutz bieten.

 

Die neue Strafprozessordnung, die im Oktober 2010 in Kraft tritt, fördert die Verantwortlichkeit und Professionalität der Polizeikräfte, indem die Verwendung illegal sichergestellter Beweise und legal sichergestellter Beweise die aber bei einem ursprünglich illegalen Polizeieinsatz beschlagnahmt wurde, verboten wird.

 

Dem Innenministerium zufolge verhängte der Allgemeine Prüfungsdienst des Ministeriums 2009 in 566 Fällen disziplinäre Strafen. 29 Polizisten wurden aufgrund verschiedener Vergehen (etwa Annahme von Bestechungsgeldern, Drogendelikten, Amtsmissbrauch) verhaftet. (U.S.

Department of State: Country Reports on Human Rights Practices 2009:

Georgia, 11.03.2010)

 

Die Polizei hat ihre Arbeit seit 2004, als die Hälfte des Personals als Teil einer Antikorruptionskampagne entlassen wurde, merklich verbessert. Eines der Ergebnisse ist die faktische Ausmerzung der vorher üblichen Bestechungsgeldzahlungen an Verkehrspolizisten.

 

(Freedom House: Freedom in the World 2010 - Georgia, Mai 2010)

 

Polizeigewalt

 

Obwohl Folter und andere grausame, unmenschliche Behandlung und Strafen in Georgien laut Verfassung verboten sind, gibt es Berichte, dass Regierungsbeamte solche Praktiken einsetzen.

 

Laut dem Büro des Ombudsmannes und Menschenrechtsbeobachtern ist die Auftretenshäufigkeit von Misshandlungsfällen auf Polizeiwachen aufgrund der kontinuierlichen, nicht vorab angekündigten Beobachtungsbesuche weiterhin niedrig. Das Büro berichtete, dass Misshandlungsfälle in vorübergehenden Haftanstalten [temporary detention facilities] mit Ende 2007 praktisch ausgemerzt waren, in einigen Polizeiwachen aber weiterhin von einigen Fällen physischer Misshandlung berichtet wird. Im Juni 2008 berichtete das Büro des Ombudsmannes, dass Fälle von Folter selten geworden sind, und es Anstrengungen gab, die Gesetzeslage zu verbessern, Beschwerden öffentlich zu diskutieren und das Bewusstsein für das Problem zu erhöhen. 2008 wurde die Strafe für Folter von fünf auf 15 Jahre Gefängnis angehoben. Einschüchterung von Verdächtigen ist jedoch weiterhin ein Problem.

 

Dem Justizministerium zufolge wurden 2009 17 Fälle wegen Folter und sechs Fälle wegen unmenschlicher Behandlung untersucht. Insgesamt drei Fälle wurden vor Gericht gebracht, und die Beschuldigten verurteilt.

 

Nichtregierungsorganisationen berichteten, dass Opfer aus Angst vor der Polizei oft nicht über Misshandlungen berichten würden. Zudem würde die Verbindung zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei die Fähigkeit ersterer behindern, polizeiliches Fehlverhalten nachzuweisen. Des Weiteren würde die fehlende Unabhängigkeit der Justiz dazu führen, dass diese den Foltervorwürfen nicht nachgehen würde.

 

Während der Oppositionsproteste zwischen April und Juli 2009 wendete die Polizei Berichten zufolge exzessive Gewalt gegen Demonstranten an, in den meisten Fällen waren diesbezügliche Untersuchungen Ende 2009 noch nicht abgeschlossen.

 

(U.S. Department of State: Country Reports on Human Rights Practices 2009: Georgia, 11.03.2010)

 

In seinem Bericht für die zweite Jahreshälfte 2009 kritisierte der georgische Ombudsmann, dass es Berichte über Misshandlungen von Verhafteten durch die Polizei gegeben hätte. In seinem Bericht für die erste Jahreshälfte hatte er einen Anstieg an solchen Fällen festgestellt, dieser Trend hätte sich in der zweiten Jahreshälfte fortgesetzt.

 

(Civil.ge: Public Defender Unveils 2H'09 Human Rights Report, 01.04.2010,

http://www.civil.ge/eng/article.php?id=22140&search=ombudsman, Zugriff 19.01.2011)

 

Laut dem Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) des Europarates hat sich die Behandlung von Personen, die von der Polizei verhaftet werden, in den letzten Jahren deutlich verbessert. Aktivitäten der Behörden, Misshandlungen zu verhindern werden begrüßt. Jedoch kommt es weiterhin zu einigen Anschuldigungen die zeigen, dass man weiterhin aufmerksam bleiben muss.

 

(Council of Europe - CPT: Council of Europe anti-torture Committee publishes report on Georgia - Press Release, 21.09.2010, http://www.cpt.coe.int/documents/geo/2010-09-21-eng.htm, Zugriff 19.01.2011)

 

Korruption

 

Korruption ist weiterhin eine Herausforderung. Trotz der deutlichen Fortschritte in der Korruptionsbekämpfung auf niedrigerem und mittlerem Niveau, sind Bemühungen zur Antikorruptionsbekämpfung auf höherer Ebene ins Stocken geraten.

 

(Freedom House: Freedom in the World 2010 - Georgia, Mai 2010)

 

Die Wahrnehmung von und Erfahrungen mit Korruption scheinen seit der Rosenrevolution 2004 zurückgegangen zu sein. Der Kampf gegen die Korruption ist eine der am meisten beachteten Erfolgsgeschichten der derzeitigen georgischen Regierung. Seit 2004 konnte Korruption auf niedriger Ebene im öffentlichen Dienst ausgemerzt werden. Die Regierung richtete einen neuen Rat zur Erneuerung der Antikorruptionsstrategie und -aktionsplan unter der Leitung des einflussreichen Justizministers Surab Adeischwili ein.

 

(Freedom House: Nations in Transit 2010 - Georgia, 29.06.2010)

 

Auf dem Corruption Perceptions Index 2010 von Transparency International fiel Georgien von Platz 66 auf Platz 68 von 178 untersuchten Ländern. Problematisch sind Transparency International Georgia zufolge die dringende Notwendigkeit einer Justizreform, der Schutz von Eigentumsrechten, mangelnde Transparenz der öffentlichen Ausgaben, große Korruption unter hochrangigen Behörden, undurchsichtige Verhältnisse bei der Finanzierung und dem Besitz von Medien, sowie das allgemein niedrige Niveau einer Einbindung der Zivilgesellschaft in die Planung und Ausführung der öffentlichen Ordnung.

 

(Civil.ge: Georgia Slightly Declines in TI Corruption Index, 26.10.2010, http://civil.ge/eng/article.php?id=22783, Zugriff 19.01.2011)

 

Georgien unternahm bedeutende Bemühungen, um durch rechtliche Änderungen und Reformen den Empfehlungen des Europarates (GRECO) nachzukommen. Die effektive Umsetzung dieser Gesetze ist entscheidend für eine Konsolidierung des Reformprozesses.

 

(Europäische Kommission: ENP Progress Report - Georgia, 12.05.2010)

 

Behördliche Korruption ist gesetzlich verboten. Auf niedrigerer Ebene werden diese Gesetze auch effektiv umgesetzt, die Korruption ging hier nicht zuletzt als Ergebnis groß angelegter Reformen des Präsidenten zurück. Regierungsbeamte und Organisationen der Zivilgesellschaft stimmten überein, dass Kleinkorruption seit der Rosenrevolution zurückgegangen ist. Auf höheren Ebenen können Behörden laut einigen NRO hingegen noch immer mit Straffreiheit rechnen. Der Weltbank zufolge ist Korruption ein ernsthaftes Problem in Georgien. An der offiziellen Antikorruptionskampagne wird kritisiert, dass sich diese zu sehr auf Strafverfolgung und zu wenig auf Prävention konzentriere, und zu kurzfristig anstatt systematisch sei.

 

(U.S. Department of State: Country Reports on Human Rights Practices 2009: Georgia, 11.03.2010)

 

Nichtregierungsorganisationen

 

Es gibt keine rechtlichen Einschränkungen für die Gründung oder Aktivitäten von Nichtregierungsorganisationen, NRO können sich ohne willkürliche Einschränkungen registrieren lassen und arbeiten. Die NRO spielen im öffentlichen Diskurs eine aktive Rolle, obwohl ihr Einfluss in der derzeitigen Verwaltung etwas zurückging. Die Vorschläge von NRO werden von Behörden oft ignoriert, da diese als unprofessionell und politisch voreingenommen angesehen werden. Lokale Finanzierungsmöglichkeiten für NRO sind begrenzt. Der neu eingerichtete Civic Institutionalization Development Fund of Georgia soll zivile Aktivitäten durch Kleinkredite unterstützen. Einige Organisationen propagieren anti-liberale nationalistische und religiöse Werte. Es gibt zahlreiche NRO, die im Menschenrechts- und Minderheitenbereich arbeiten.

 

(Freedom House: Nations in Transit 2010 - Georgia, 29.06.2010 / Freedom House: Freedom in the World 2010 - Georgia, Mai 2010)

 

Das in Georgien vertretene "Menschenrechtszentrum" (Human Rights Centre) bezeichnet sich als politisch und religiös unabhängige Menschenrechtsorganisation und setzt sich unter anderem für die Stärkung des Rechtsstaates; die Stärkung der Meinungs- und Pressefreiheit; Gleichheit und soziale Eingliederung von Minderheiten, schutzbedürftigen Gruppen und Frauen; oder die Stärkung demokratischer Prozesse ein.

 

(Human Rights Centre: About HRDIC, ohne Datum, http://www.humanrights.ge/index.php?a=main&pid=6&lang=eng, Zugriff 19.01.2011)

 

Ombudsmann

 

Die Institution des Ombudsmannes wurde in Georgien mit dem Gesetz 1996 eingerichtet und zuletzt im Juli 2010 erneuert. Der Ombudsmann muss dem georgischen Parlament zweimal jährlich Bericht erstatten. Seine Aufgabe ist es, die Einhaltung der Menschenrechte und Grundfreiheiten durch den Staat in Georgien zu beobachten, Menschenrechtsverletzungen aufzuzeigen und ihre Beseitigung zu unterstützen. Hierfür beobachtet der Ombudsmann nationale und lokale Behörden, Beamte und juristische Personen; überprüft von diesen getroffene Entscheidungen und kann hierzu Empfehlungen und Vorschläge abgeben. Auch Bildungsmaßnahmen gehören zum Aufgabenbereich des Ombudsmannes.

 

(Public Defender of Georgia: Public Defender - Law on the Public Defender of Georgia, 16.05.1996, http://ombudsman.ge/index.php?page=777&lang=1&n=7, Zugriff 19.01.2011)

 

Am 31.Juli 2009 wurde George Tugushi vom georgischen Parlament für fünf Jahre zum neuen Ombudsmann gewählt, das er mit 17. September 2009 antrat.

 

Er definiert seine Aufgaben folgendermaßen:

 

Aussagen und Behauptungen nachgehen, die sich mit der Verletzung von Rechten und Freiheiten befassen, die in der georgischen Verfassung und Gesetzen, oder in internationalen Verträgen und Abkommen festgelegt sind;

 

Überprüfen, ob in Gefängnissen, Untersuchungshaftanstalten und anderen Anhaltezentren Menschenrechte und Grundfreiheiten verletzt werden;

 

Durchführen von politischen [Anm.: auch "bürgerlichen", engl.:

"civic"] Bildungskampagnen im Menschenrechtsbereich.

 

Zudem will sich der Ombudsmann laut seinen eigenen Angaben um Kinderrechte, sowie die Rechte von Alten und Angestellten kümmern. Auch Probleme mit Eigentumsrechten, Folter und unmenschlicher Behandlung von Gefangenen und Minderheitenfragen sieht er als sein Aufgabengebiet.

 

(Public Defender of Georgia: Public Defender - Address, ohne Datum, http://ombudsman.ge/index.php?page=777&lang=1&n=3, Zugriff 19.01.2011)

 

In seinem ersten Bericht, des unter seinem Vorgänger Sozar Subari begonnen wurde und im Oktober 2009 dem Parlament vorgestellt wurde, kritisiert Tugushi insbesondere die Haftbedingungen. Der zuständige Minister hinterfragte die Objektivität des Berichts, da dieser unter Subari begonnen wurde, der nunmehr Oppositionspolitiker ist.

 

(Civil.ge: New Public Defender Submits Human Rights Report to MPs, 31.10.2009)

 

Der Bericht für das zweite Halbjahr 2009 wurde im März 2010 vorgestellt. Ein bedeutender Teil des 328 Seiten umfassenden Berichtes beschäftigt sich mit dem Strafvollzugssystem und Haftanstalten, diese sind weiterhin problematische Themen.

 

(Civil.ge: Public Defender Unveils 2H'09 Human Rights Report, 01.04.2010,

http://www.civil.ge/eng/article.php?id=22140&search=ombudsman, Zugriff 19.01.2011)

 

Das Büro des Ombudsmannes wurde gestärkt, damit es die neue Funktion als Nationaler Präventionsmechanismus wahrnehmen kann. Trotz der massiven budgetären Einschränkungen, wurden dem Büro von der Regierung die finanziellen Mittel für 2010 erhöht. Das Parlament nahm den Bericht des Ombudsmannes 2009 zur Kenntnis, sein tatsächlicher Einfluss wird sich aber erst anhand der Umsetzung seiner Empfehlungen durch die zuständigen Regierungskörperschaften weisen. Die Einrichtung regionaler Büros geht weiter.

 

(Europäische Kommission: ENP Progress Report - Georgia, 12.05.2010)

 

Obwohl viele bezweifelt hatten, dass Tuguschi es wagen würde die Regierung zu kritisieren, beschrieb er in seinem ersten Halbjahresbericht die Menschenrechtslage im Land als "besorgniserregend".

 

(Freedom House: Nations in Transit 2010 - Georgia, 29.06.2010)

 

Militär

 

Die Militärdienstzeit beträgt in Georgien ein Jahr (vom 18. bis 27. Lebensjahr), dafür bekommt man einen Militärausweis. Nach der Absolvierung oder auch vor dem Wehrdienst kann man auf Grund eines Vertrages (Kontrakt) zum Militär einrücken. Die Zusammenarbeit auf Grund des Vertrages dauert vier Jahre, diese Zeit kann freiwillig verlängert werden. Jede Person kann im Militär tätig sein, wenn man die entsprechenden gesundheitlichen Voraussetzungen hat. Vor der Einziehung zum Militär wird jede Person von der entsprechenden militärischen Gesundheitskommission untersucht.

 

Es finden zwei Mal im Jahr Einberufungen statt, einmal im Frühjahr und einmal im Herbst.

 

Man kann nur bis zum 27. Lebensjahr zum Militär einberufen werden. Personen mit z.B. 31 Jahren werden zum obligatorischen Militärdienst nicht eingezogen. In Georgien gibt es aber die Pflicht der Reservisten, Personen ab dem 27. Lebensjahr können dazu eingezogen werden, die Reservistendienstzeit beträgt 18 Tage. Im Moment wird die Frage des Reservistendienstes im Parlament erörtert. Der Dienst ist im Moment angehalten, aber nicht annulliert.

 

(Anfragebeantwortung des VB in Georgien, per Email am 3.7.2009 / The Law of Georgia On Military Duty and Military Service; 17.9.1997; http://www.dcaf.ch/publications/e-publications/SeSec_Georgia/08%20Law%20on%20Military%20Duty.pdf, Zugriff 8.7.2010)

 

Behinderte (darunter auch Hörbehinderte) werden nicht zum Militär einberufen. Über die Frage der Einberufung zum Militär wird von einer Kommission entschieden.

 

Man kann sich in Georgien vom Wehrdienst freikaufen, zwei Mal befristet (je 1,5 Jahre) für 2000 GEL (für jeden Freikauf). Danach muss man im Alter von 25 Jahren trotzdem den Militärdienst leisten.

 

Laut des 5. Artikels des Gesetzes Georgiens "über Steuer für Verschieben der Grundwehrdienst":

 

a) für die Person, die den Grundwehrdienst leisten soll, beträgt die Summe für Verschieben auf 18 Monaten 2.000 GEL;

 

b) Das Recht, das im Punkt "a" genannt wurde, kann die Person nur zweimal nutzen, jedoch nicht wenn das Alter von 25. Lebensjahren überschritten wurde.

 

Laut den Erhebungen des VB für Georgien gibt es die Möglichkeit eines dauernden Freikaufens vom Wehrdienst nicht.

 

Laut des Gesetzes Georgiens "über Militärpflicht und Militärdienst" (Art. 29) kann man vom Militärdienst ausgenommen werden:

 

a) wegen Gesundheitszustand der Person, die zum Militärdienst untauglich erklärt wird;

 

b) Person, die den Militärdienst in anderen staatlichen Militärkräften geleistet hat;

 

c) Person, die wegen schweren oder besonders schweren Verbrechen des Strafrechtes verurteilt ist;

 

d) Person, die nicht-militärische, alternative Arbeit leistet;

 

e) Doktoratsstudenten;

 

f) Person, der der wissenschaftliche Grad verliehen wurde und die pädagogische oder wissenschaftliche Arbeit leistet;

 

g) der einzige Sohn in der Familie, dessen mindestens ein Angehöriger in den Kämpfen für territoriale Einheit Georgiens oder während des Militärdienstes gestorben ist.

 

Der Präsident Georgiens hat außerdem das Recht, besonders begabte Männer vom Grundwehrdienst zu befreien.

 

(Anfragebeantwortung des VB in Georgien, per Email am 03.07.2009 / The Law of Georgia On Military Duty and Military Service; 17.09.1997,

http://www.dcaf.ch/publications/e-publications/SeSec_Georgia/08%20Law%20on%20Military%20Duty.pdf, Zugriff 08.07.2010)

 

Desertion

 

Die Desertion vom Militärdienst ist in Georgien strafbar mit der strafrechtlichen Verantwortung, und wird mit Freiheitsentzug von drei bis sieben Jahren, unter erschwerenden Umständen fünf bis zehn Jahren, geahndet. Gesetz: Paragraph 389, Strafrechtgesetzbuch Georgiens.

 

(Anfragebeantwortung des VB in Georgien, per Email am 03.07.2009)

 

Man kann von seiner strafrechtlichen Verantwortung befreit werden (oder sich freikaufen), wenn die Desertion zum ersten Mal begangen wurde und sie als Resultat schwieriger Umständen geschehen ist wie beispielsweise aufgrund schlechter Unterkunftszustände in der Kaserne, Versorgung usw.

 

Meistens kommt es nicht zu Verurteilungen, weil das Gericht die Person den Wehrdienst ableisten lässt bzw. abermals dazu auffordert. In ganz seltenen Ausnahmefällen wird die Person zu einer Geldstrafe in Höhe von 1000 GEL verurteilt. Wird die Strafe nicht bezahlt, muss man ersatzweise eine Haftstrafe von 30 Tagen absitzen. Aber solche Fälle gibt es sehr wenige, fast keine, so ein führender Spezialist in der Militärabteilung des Vorstands eines Bezirks in Tbilissi.

 

(Anfragebeantwortung des VB in Georgien, per Email am 03.07.2009 / The Criminal Code of Georgia, 15.02.2000, http://www.unhcr.org/refworld/docid/404c5dc11.html, http://www.unhcr.org/refworld/type,LEGISLATION?GEO,404c5dc11,0.htmlZugriff 19.01.2011)

 

Wehrersatzdienst

 

Bürger Georgiens haben das Recht auf Wehrersatzdienst:

nicht-militärische, alternative Arbeit.

 

Gesetz Georgiens "über nicht-militärische, alternative Arbeit", 3.

Artikel:

 

Nicht-militärische, alternative Arbeit ist gesellschaftlich nützlicher Zivildienst, es ist Ersatzdienst für Militärdienst und beruhend auf einer Begründung des Verzichts auf den Grundwehrdienst auf Grund des Gewissens, Religion und des Glaubens.

 

Der nicht-militärische, alternative Arbeitsdienst soll den Schwierigkeiten im Grundwehrdienst entsprechen. Seine Dauer soll länger sein, als der Grundwehrdienst laut Gesetzgebung bestimmt ist.

 

Zum nicht-militärischen, alternativen Arbeitsdienst werden die Bürger von der entsprechenden staatlichen Kommission eingezogen/einberufen.

 

Bürger, die den nicht-militärischen, alternativen Arbeitsdienst leisten, und ihre Familien, können die gleichen Privilegien in Anspruch nehmen, die im Gesetz für Soldaten festgelegt sind.

 

Die Frist des nicht-militärischen, alternativen Arbeitsdienstes gilt für Bürger als gemeinsame und spezielle Dienstzeit. Seinen sozialen Schutz sichert während Dienstes in der nicht militärischen, alternativen Arbeit die Gesetzgebung.

 

Der Wehrersatzdienst dauert für Personen mit höherer Bildung 18 Monate, für jene ohne höhere Bildung 24 Monate.

 

(Anfragebeantwortung des VB in Georgien, per Email am 03.07.2009 / DCAF-Security Sector Laws of Georgia: The Law of Georgia on Non-Military, alternative Labour service; 28.10.1997)

 

Innerstaatliche Fluchtalternative

 

Bewegungsfreiheit im Land, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung sind gesetzlich gewährleistet, diese Freiheiten wurden von der Regierung im Allgemeinen respektiert.

 

Die De-facto-Behörden von Abchasien und Südossetien und russische Truppen in den während des Augustkriegs besetzten Teilen Georgiens schränkten die Bewegungsfreiheit ein. Milizen und russische Truppen richteten Kontrollpunkte ein, die die Bewegungsfreiheit zwischen den von ihnen kontrollierten Regionen und jenen von der georgischen Regierung kontrollierten, einschränkten. Dies trifft vor allem auf das Dorf Perevi und das Achalgorital zu.

 

Das abchasische "Staatsbürgerschaftsgesetz" erlaubt eine russisch-abchasische, jedoch keine georgisch-abchasische Doppelstaatsbürgerschaft. Viele der Binnenflüchtlinge die zurückkehrten behielten die georgische Staatsbürgerschaft. Ethnische Georgier, die in Abchasien leben, müssen jedoch die abchasische Staatsbürgerschaft annehmen, um Unternehmen zu gründen, Bankkonten zu eröffnen, sich an Wahlen zu beteiligen und um Eigentum zu erwerben.

 

(U.S. Department of State: Country Reports on Human Rights Practices 2009: Georgia, 11.03.2010)

 

Grundversorgung/Wirtschaft

 

Die Wirtschaft Georgiens lag seit dem Zerfall der Sowjetunion lange Zeit brach. Seit 2004 wurden jedoch zahlreiche Wirtschaftsreformen angestrengt, die zu einer deutlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Lage geführt haben. Vor allem der Dienstleistungs-, Banken- und Bausektor wuchs bis zum Krieg zwischen Georgien und Russland im August 2008 kontinuierlich, und auch in anderen Industriezweigen war eine spürbare Belebung zu verzeichnen. Der Krieg führte allerdings vorübergehend zu einem Einbruch im Wirtschaftsbereich. Viele Investoren zeigten sich seitdem verunsichert. Georgien erhielt jedoch im Oktober 2008 umfangreiche Hilfszusagen der internationalen Gemeinschaft in Höhe von insgesamt 4,5 Mrd. USD, die zur inneren Stabilisierung beitragen werden.

 

Die landwirtschaftliche Produktion hatte bereits zuvor durch den Wegfall des früheren Hauptabsatzmarktes Sowjetunion und durch 2006 von Russland verhängte Wirtschaftssanktionen stark gelitten. Gleichzeitig hat der Verlust des russischen Absatzmarktes aber auch einen langfristig gesehen gesunden Diversifizierungsdruck auf die exportorientierten landwirtschaftlichen Unternehmen erzeugt, die nun gezwungen sind, sich anderen Märkten zu öffnen und anzupassen. Der primäre Sektor bindet weiterhin einen volkswirtschaftlich gesehen übermäßigen Teil der Beschäftigten.

 

Die georgische Regierung verfolgt seit der Rosenrevolution Ende 2003 eine an neoliberalen Vorstellungen orientierte Wirtschaftspolitik und beabsichtigt in diesem Rahmen die umfassende Privatisierung des staatlichen Eigentums.

 

(Auswärtiges Amt: Länder, Reisen, Sicherheit: Georgien - Wirtschaft, Stand Februar 2010,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Wirtschaft_node.html, Zugriff am 24.01.2011)

 

Die 4,5 Milliarden $, die Georgien von 38 Ländern und 15 internationalen Organisationen in den letzten drei Jahren erhalten hat, um den Wiederaufbau nach dem Krieg zu fördern - eine Mischung aus direkter Budgethilfe, humanitärer Hilfe, Krediten und Unterstützung für die Entwicklung der Infrastruktur - konnten die wirtschaftliche Stabilität kurzfristig sicherstellen. Diese Mittel laufen jedoch aus, und weder die ausländischen Investitionen noch die Exporte haben sich erholt.

 

(International Crisis Group: Europe Briefing N°58 - Georgia:

Securing a Stable Future, 13.12.2010, http://www.crisisgroup.org/en/regions/europe/caucasus/georgia/B058-georgia-securing-a-stable-future.aspx, Zugriff 19.01.2011)

 

Es gibt eine Unterstützung für Sozialfälle. Jemand der angibt ein Sozialfall zu sein, wird vom Sozialministerium untersucht. Wenn die Person unter der Armutsgrenze liegt, gibt es verschiedene Unterstützungen wie z.B. Geld (geringes Taschengeld), Ermäßigungen bei Busfahrten, bei ärztlichen Untersuchungen usw. Darunter fallen auch Personen die körperlich und geistig behindert sind sowie Kriegsinvaliden und -veteranen.

 

(Anfragebeantwortung des VB für Georgien, per Email am 24.06.2009 (übermittelt an Staatendokumentation durch BAL am 06.07.2009)

 

Armut ist weiterhin hoch, und betrifft fast 28% der georgischen Bevölkerung. Zu Maßnahmen der Armutsbekämpfung zählen die Verdoppelung der Alterspension, Einmalzahlungen und Unterstützung in Sachleistungen (wie etwa Benzin oder Grundnahrungsmittel). Die Umsetzung des 2008 verabschiedeten Programms "Georgien ohne Armut" wurde durch die globale Krise behindert, der Schwerpunkt des Programms verlagerte sich von Armutsbekämpfung auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und Verbesserung der Sozialhilfe. Es gibt keine Arbeitsmarktstrategie.

 

Im Bereich Sozialhilfe wurde im Februar 2009 ein Krankenversicherungsprogramm für Personen unter der Armutsgrenze ausgearbeitet. Dieses zielt auf Familien ab, die in der Datenbank für sozial ungeschützte Familien und Heimatvertriebene erfasst sind.

 

Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise traf Georgien stark, und verschlimmerte den durch den Augustkrieg 2008 begonnen wirtschaftlichen Abschwung. Vor allem der Bau- und Handwerkssektor waren hiervon betroffen. Erste Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung wurden im dritten Quartal 2009 bemerkbar.

 

(Europäische Kommission: ENP Progress Report - Georgia, 12.05.2010)

 

Weder der Mindestlohn für öffentlich Bedienstete, 115 Lari im Monat (etwa 68$), noch der gesetzliche Mindestlohn für privat Bedienstete, etwa 20 Lari (12$) im Monat, gewähren einen annehmbaren Lebensstandard für einen Arbeiter und seine Familie. Der Mindestlohn lag unter dem durchschnittlichen Monatslohn im privaten und öffentlichen Sektor. Während des Jahres [2009] lag das offizielle Existenzminimum für eine Person bei 124,70 lari (74$) und bei 209 Lari ($124) für eine vierköpfige Familie. Einkommen aus nicht gemeldetem Handel, Unterstützung durch Familie und Freunde, sowie der Verkauf von selbstangebauten Agrarprodukten ergänzten oft die Gehälter. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales ist für die Durchsetzung des Mindestlohns verantwortlich.

 

(U.S. Department of State: Country Reports on Human Rights Practices 2009: Georgia, 11.03.2010)

 

Der wichtigste soziale Rückhalt in Georgien ist wie in anderen Kaukasusstaaten der Familienzusammenhalt. Sollte es zu einer Notlage aus sozialen oder medizinischen Gründen kommen, ist der Zusammenhalt innerhalb der Familien sehr groß und es wird alles unternommen, um die erforderlichen Mittel bereitstellen zu können.

 

(Bundesasylamt, Bericht zur Fact Finding Mission - Armenien, Georgien, Aserbaidschan, 01.11.2007)

 

Medizinische Versorgung

 

Reformen auf dem Gesundheitssektor wurden weitergeführt. Diese sollen unter anderem die Effizienz erhöhen, und ein angemessenes Gesundheitswesen für schutzbedürftige Gruppen garantieren. Die Reformen beinhalteten eine weitere Privatisierung von medizinischen Einrichtungen für primäre und sekundäre medizinische Versorgung. 2009 wurde ein Programm für kostenlose medizinische Nothilfe und Krankenversicherung gestartet. Dieses sollte dazu beitragen, die nicht unbeträchtlichen Zuzahlungen zu minimieren. Im November 2009 wurde ein Reformkonzept vorgestellt, und eine Umfrage zur Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens durchgeführt. Im Mai wurde eine Expertengruppe eingerichtet, die HIV/Aids beobachten und evaluieren soll. Im September 2009 wurde ein Gesetz zu HIV/Aids verabschiedet. Im Oktober 2009 nahm Georgien an dem neu eingerichteten erweiterten EU Gesundheitsinformationskomitee teil.

 

(Europäische Kommission: ENP Progress Report - Georgia, 12.05.2010)

 

Die 16 verschiedenen staatlichen Gesundheitsprogramme, die jeweils bestimmte Bereiche

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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