Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. iur Peter Krüger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Peter Schleinbach (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei C*****, vertreten durch Dr. Martin Holzer, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei Land Steiermark, 8010 Graz, Hofgasse 12, vertreten durch Mag. Bernd Wurnig, Rechtsanwalt in Graz, wegen Pflegegeld, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Februar 2011, GZ 6 Rs 12/11y-39, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist ausschließlich die Einschätzung des Pflegebedarfs der am 15. 6. 1992 geborenen und daher mittlerweile volljährigen Klägerin bei der Zubereitung von Mahlzeiten für den allein noch strittigen Zeitraum 1. 7. 2007 bis 30. 6. 2009 im Vergleich zu einer gesunden gleichaltrigen Jugendlichen. Es ist weiters nicht strittig, dass bei dieser Bemessung des Pflegebedarfs der Klägerin für den genannten Zeitraum § 4 Abs 5a StPGG in der hier noch maßgebenden Fassung LGBl 1999/26 zur Anwendung gelangt (vgl § 33a Abs 4 und 5 StPGG idF LGBl 2010/7). Danach ist bei der Beurteilung des Pflegebedarfs von Kindern und Jugendlichen nur jenes Ausmaß an Pflege zu berücksichtigen, das über das erforderliche Ausmaß von gleichaltrigen nicht behinderten Kindern und Jugendlichen hinausgeht. Dieser Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass auch nicht behinderte Kinder und Jugendliche allein aufgrund ihres altersbedingten Entwicklungsstands bestimmte Verrichtungen des täglichen Lebens noch nicht selbständig durchführen können. Dieser natürliche, bei jedem Kind oder Jugendlichen gegebene alters- bzw entwicklungsbedingte Pflegeaufwand kann keinen Anspruch auf Pflegegeld begründen (vgl 10 ObS 2305/96k = SSV-NF 10/96 ua).
Es wurde in der Rechtsprechung bereits darauf hingewiesen, dass Kinder und Jugendliche jeweils abhängig von ihrem Lebensalter Mahlzeiten zwar grundsätzlich nicht selbständig zubereiten, jedoch von ihnen eine dabei ins Gewicht fallende Mithilfe durchaus erwartet werden kann und auch den üblichen Gepflogenheiten im Familienverband entspricht (10 ObS 55/03s, 10 ObS 272/02a). So wurde beispielsweise bei einem nicht behinderten Kind im Alter von 12 bzw 13 Jahren eine gewisse Mithilfe bei der Nahrungszubereitung als erwartbar angesehen und im Falle, dass diese Mithilfe behinderungsbedingt nicht möglich ist, ein Betreuungsbedarf von 10 Stunden pro Monat berücksichtigt (10 ObS 272/02a). Wenn das Berufungsgericht im Fall der im maßgebenden Zeitraum 15 bis 17 Jahre alten Klägerin davon ausgegangen ist, dass von Jugendlichen in diesem Alter die selbständige Zubereitung aller üblichen Mahlzeiten (Frühstück, ordentlich gekochte warme Hauptmahlzeit und Abendessen bzw Jause) in der Regel noch nicht erwartet werden kann, kann darin eine im Rahmen einer außerordentlichen Revision aufzugreifende Fehlbeurteilung im Einzelfall ebenso wenig erblickt werden wie in der weiteren Annahme des Berufungsgerichts, dass im Falle der Klägerin ein - über das erforderliche Ausmaß bei gleichaltrigen gesunden Jugendlichen hinausgehender - pflegegeldrelevanter Mehraufwand von 15 Stunden monatlich für die Zubereitung von Mahlzeiten anzusetzen sei. Ausgehend von dieser Beurteilung erfüllt die Klägerin aber im verfahrensgegenständlichen Zeitraum unstrittig nicht die zeitlichen Voraussetzungen für die Gewährung des von ihr begehrten Pflegegelds der Stufe 5, nämlich die Notwendigkeit eines Pflegebedarfs von durchschnittlich mehr als 180 Stunden monatlich.
Die außerordentliche Revision war daher mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
Der von der Klägerin ausdrücklich auch für den Fall ihres Unterliegens im Revisionsverfahren begehrte Zuspruch der Verfahrenskosten nach § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG kommt nicht in Betracht, weil ein solcher ausnahmsweiser Kostenzuspruch nach Billigkeit zur Voraussetzung hat, dass sowohl tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten des Verfahrens vorliegen als auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Versicherten einen Kostenersatz nahelegen (vgl Neumayr in ZellKomm § 77 ASGG Rz 13 mwN). Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten des Verfahrens liegen aber im nunmehrigen Verfahrensstadium nicht mehr vor.
Schlagworte
SozialrechtTextnummer
E96795European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:010OBS00030.11A.0329.000Im RIS seit
13.04.2011Zuletzt aktualisiert am
14.02.2013