TE AsylGH Erkenntnis 2011/03/30 E5 418057-1/2011

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Veröffentlicht am 30.03.2011
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Spruch

E5 418.057-1/2011-7E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Kloibmüller als Vorsitzende und den Richter Mag. Habersack als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.02.2011, Zl. 11 01.473-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.1.Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

I.1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei kurdischer Abstammung, reiste im Mai 2009 illegal in Österreich ein. Am 14.02.2011 stellte der Beschwerdeführer gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Er wurde hiezu am 14.02.2011 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Im Wesentlichen führte er dort aus, dass er die Türkei am 06.05.2009 legal unter Zuhilfenahme eines Visums verlassen habe und in den Niederlanden eingereist sei. Etwa eine Woche später sei er nach Österreich gekommen. Erst nachdem er am 13.12.2011 beim Kauf eines Zugtickets betreten worden sei, habe er gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Davor sei er illegal in Österreich aufhältig gewesen. Als Grund für seine Antragstellung führte der Beschwerdeführer aus, dass er ein Kurde sei und mit der PKK sympathisieren würde. In Ankara habe er auch Flugblätter der PKK verteilt. Aufgrund seiner kurdischen Abstammung sei der Beschwerdeführer in der Türkei ständig diskriminiert und benachteiligt worden.

 

Am 18.02.2011 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt niederschriftlich befragt, wo er zusammengefasst ausführte, dass er im Dorf XXXX, Provinz Ankara, geboren worden sei, wo er auch fünf Jahre die Volksschule und drei Jahre die Hauptschule besucht habe. Der Beschwerdeführer habe in seinem Heimatdorf bei seiner Großmutter väterlicherseits gelebt. Etwa im Jahr 1997 oder 1998 sei der Beschwerdeführer nach Istanbul gegangen, um dort zu arbeiten. Nach etwa zwei oder drei Jahren sei er wieder nach Ankara zurückgekehrt und sei in verschiedenen Städten einer Beschäftigung nachgegangen. Von 2004 bis 2005 habe der Beschwerdeführer seinen Militärdienst in der Türkei absolviert.

 

In der Türkei seien nach wie vor die Mutter des Beschwerdeführers, ein Bruder und eine Schwester aufhältig. Der Vater des Beschwerdeführers sowie ein weiterer Bruder würden in Deutschland leben.

 

In Österreich habe der Beschwerdeführer keine Verwandten und abgesehen von ein paar Freunden keine sozialen Bindungen. Der Beschwerdeführer halte sich seit Mai 2009 illegal in Österreich auf und habe sich eine Zeit lang seinen Lebensunterhalt durch illegale Beschäftigungen finanziert. Er habe weiters mit einem türkischen Reisepass, ausgestellt am 11.03.2009, in diesem habe sich auch ein niederländisches Visum befunden, legal die Türkei verlassen.

 

Zu seinem Ausreisegrund wurde vom Beschwerdeführer zusammengefasst ausgeführt, dass er mit der PKK sympathisiert habe. Er habe an Versammlungen teilgenommen und Prospekte verteilt. Aus diesem Grund sei er im Jahr 2008 vier bis fünf Mal von der Polizei unter Druck gesetzt worden, indem er mitgenommen, für fünf bzw zwei Stunden angehalten und befragt worden sei. Im Zuge dieser Anhaltungen habe der Beschwerdeführer auch Ohrfeigen erhalten und sei er aufgefordert worden, mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Da er immer wieder freigelassen worden sei, habe die PKK vermutet, dass er mit der Polizei zusammenarbeiten würde. Aus diesem Grund sei er ein bis zwei Mal von der PKK, letztmalig im Jänner 2009, gewarnt worden. Der ausschlaggebende Moment für den Beschwerdeführer, die Türkei zu verlassen, sei unter anderem eine Rauferei, glaublich im Jahr 2009, im Heimatdorf des Beschwerdeführers gewesen, in deren Verlauf zwei Personen mit einem Messer verletzt worden seien. Aus diesem Grund sei der Beschwerdeführer von den türkischen Bewohnern seines Dorfes nicht mehr gegrüßt und ausgegrenzt worden. Der Beschwerdeführer habe nicht schon früher einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, da er nicht gewusst habe, wie das Verfahren ablaufen würde und weil er Angst vor einer Abschiebung gehabt habe.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.02.2011, Zl. 11 01.473-BAT, wurde der Antrag auf internationalen Schutz in Spruchteil I unter Berufung auf § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen; in Spruchteil II wurde gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei abgewiesen; in Spruchpunkt III wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei ausgewiesen.

 

Die Erstbehörde traf darin aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben zur allgemeinen Lage in der Türkei.

 

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer in Widersprüche verwickelte sowie das Vorbringen vage blieb und aus diesem Grund von der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens auszugehen sei.

 

Im Einzelnen wurde dazu dargelegt, dass der Beschwerdeführer anlässlich der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes angegeben habe, dass er ein Sympathisant der PKK sei und Flugblätter verteilt habe. Des Weiteren habe er während des Militärdienstes keine Waffe tragen dürfen und sei er ständig diskriminiert und benachteiligt worden. Widersprüchlich und in extremer Weise steigernd habe er hingegen vor dem Bundesasylamt angegeben, dass er einerseits von der Polizei mitgenommen und andererseits von der PKK unter Druck gesetzt worden sei. Dies habe er anlässlich seiner Erstbefragung nicht dargelegt und noch behauptet, dass er von staatlicher Seite nichts zu befürchten habe. Weiters habe der Beschwerdeführer zu Beginn der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt noch von Schwierigkeiten während der Ableistung des Militärdienstes berichtet, bei fortgesetzter Befragung diese Probleme jedoch in keinster Weise mehr erwähnt. Die Abänderung der Fluchtgründe sei nicht geeignet, dem Vorbringen des Beschwerdeführers eine Glaubwürdigkeit zuzuerkennen, zumal kein Grund ersichtlich sei, weshalb er verschiedene Gründe für das Verlassen der Heimat angeben sollte, wenn er reale Erlebnisse zu schildern habe. Zur Vagheit des Vorbringens des Beschwerdeführers wurde ausgeführt, dass er, obwohl dazu aufgefordert, seine Fluchtgründe detailliert und konkret zu schildern, der Beschwerdeführer ganz allgemein gehalten und lediglich auf Gemeinplätze beschränkt geblieben sei, ohne auch nur irgendein Detail zu den behaupteten Anhaltungen anzuführen. Bei einer wahren Begebenheit sei zu erwarten, gerade in Anbetracht der behaupteten geringen Anzahl von vier bis fünf Anhaltungen, dass man genaue Angaben zur Anzahl der Anhaltungen machen könne. Weiters sei die Behauptung des Beschwerdeführers völlig unplausibel, dass er jedes Mal wieder freigekommen sei, obschon die Polizei den Verdacht hegte, dass er Verbindungen zur PKK habe. Weiters wurde angeführt, dass es nicht plausibel erscheint, dass ein Unwilliger "gezwungen" werden sollte, für die Behörden zu arbeiten, zumal davon auszugehen ist, dass die Behörden solchen Personen kein Vertrauen schenken würden. Was die behauptete Raufrei, anfangs der eigentliche Grund für die Ausreise, anbelangt, so führte das Bundesasylamt in diesem Zusammenhang aus, dass der Beschwerdeführer im Laufe der Einvernahme seine Meinung dahingehend änderte, dass dies nicht sein eigentliches Probleme gewesen sei, dass er von der türkischen Bevölkerung seines Dorfes ausgegrenzt worden sei, sondern die Probleme mit der Polizei und der PKK ihn zur Ausreise veranlasst hätten. Letztlich wurde festgehalten, dass die behauptete Verbindung zu PKK nicht glaubwürdig sei, zumal der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang keine gleichbleibenden Angaben zu machen in der Lage gewesen sei. Habe er anlässlich der Erstbefragung noch zum Ausdruck gebracht, dass er kein Mitglied der PKK gewesen sei, habe er vor dem Bundesasylamt seine Meinung dahingehend geändert, dass er eine sehr enge Verbindung zur PKK gehabt habe, obschon er dies zu Beginn der Einvernahme noch anders dargestellt habe. Abgesehen davon seien die Angaben zur behaupteten Verbindung zur PKK vage und oberflächlich geblieben. Ein weiteres wesentliches Indiz für die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers sei der Umstand, dass der Beschwerdeführer nicht unmittelbar nach seiner Einreise nach Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, was wiederum indizieren würde, dass er nicht aus den behaupteten Gründen die Türkei verlassen habe. Dass er keine Kenntnis hinsichtlich der Möglichkeit der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gehabt habe, könne nur als Ausrede gewertet werden.

 

Der Beschwerdeführer verfüge über ausreichende soziale bzw familiäre Anknüpfungspunkte in der Türkei und es sei ihm zuzumuten, durch eigene Arbeitsleistung für seinen Unterhalt zu sorgen. Des Weiteren würden in der Türkei keine solchen Verhältnisse herrschen, die dazu führen würden, einem realen Risiko im Sinne des Art 2 oder 3 EMRK unterworfen zu werden.

 

Hinsichtlich Art 8 EMRK wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer entsprechend seiner Angaben keine nahen familiären bzw verwandtschaftlichen Beziehungen in Österreich habe, weshalb kein schützenswertes Familienleben vorliegen würde. Hinsichtlich eines etwaigen Privatlebens wurde ausgeführt, dass er weder Deutsch spreche noch über private Kontakte verfüge, die ihn an Österreich binden würden. Weiters habe er sich seit dem Jahr 2009 bis zu seinem Aufgriff am 13.02.2011 illegal in Österreich aufgehalten. In einer Gesamtabwägung kam das Bundesasylamt zum Ergebnis, dass der Eingriff in das Privat- und Familienleben gerechtfertigt sei.

 

I.1.2. Gegen diesen am 21.02.2011 vom Beschwerdeführer persönlich übernommenen Bescheid wurde mit Schreiben vom 21.02.2011 fristgerecht Beschwerde mittels eines Standardformulars erhoben.

 

Im Zuge der Beschwerdeerhebung wurde die Beigebung eines Rechtsberaters beantragt.

 

Mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 07.03.2011 wurde dem Antrag auf Beigebung eines Rechtsberaters gefolgt und Mag. Peter Müller als Rechtsberater im gegenständlichen Verfahren beigegeben. Dieser Beschluss wurde dem namhaft gemachten Rechtsberater am 10.03.2011 und dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung am selben Tag ordnungsgemäß zugestellt.

 

Bis zum Entscheidungszeitpunkt sind beim Asylgerichtshof keine weiteren Schriftsätze oder Stellungnahmen eingelangt.

 

I.2. Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens

 

I.2.1. Beweisaufnahme

 

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

 

Einsicht in den dem Asylgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakt des Bundesasylamtes, beinhaltend unter anderem die Niederschriften der Erstbefragung und der Einvernahmen vor dem Bundesasylamt sowie die Beschwerde des Beschwerdeführers;

 

Einsicht in die vom Bundesasylamt in das Verfahren eingebrachten Erkenntnisquellen betreffend die allgemeine Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, die dem Asylgerichtshof von Amts wegen vorliegen.

 

I.2.2. Sachverhalt

 

Der Asylgerichtshof geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgebenden Sachverhalt aus:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Türkei, Angehöriger der kurdischen Volksgruppe und moslemischen Glaubens. Der Beschwerdeführer wurde im Dorf XXXX, Provinz Ankara, geboren, wo er auch fünf Jahre die Volksschule und drei Jahre die Hauptschule besucht hat. Der Beschwerdeführer hat in seinem Heimatdorf bei seiner Großmutter väterlicherseits gelebt. Etwa im Jahr 1997 oder 1998 ist der Beschwerdeführer nach Istanbul gegangen, um dort zu arbeiten. Nach etwa zwei oder drei Jahren ist er wieder nach Ankara zurückgekehrt und ist in verschiedenen Städten einer Beschäftigung nachgegangen. Von 2004 bis 2005 absolvierte der Beschwerdeführer seinen Militärdienst in der Türkei.

 

In der Türkei sind nach wie vor die Mutter des Beschwerdeführers, ein Bruder und eine Schwester aufhältig. Der Vater des Beschwerdeführers sowie ein weiterer Bruder leben in Deutschland.

 

In Österreich hat der Beschwerdeführer keine Verwandten und abgesehen von ein paar Freunden keine sozialen Bindungen. Der Beschwerdeführer hält sich seit Mai 2009 illegal in Österreich auf und hat sich eine Zeit lang seinen Lebensunterhalt durch illegale Beschäftigungen finanziert. Er hat weiters mit einem türkischen Reisepass, ausgestellt am 11.03.2009, in diesem befindet sich auch ein niederländisches Visum, legal die Türkei verlassen.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in der Türkei eine asylrelevante - oder sonstige - Verfolgung oder Strafe maßgeblicher Intensität oder die Todesstrafe droht oder dem Beschwerdeführer in der Türkei die Existenzgrundlage völlig entzogen wäre. Es ergaben sich auch nach Prüfung gemäß Art. 8 EMRK im vorliegenden Fall keine gegen die vorgesehene Ausweisung bestehenden Hinderungsgründe.

 

I.3. Beweiswürdigend wird ausgeführt:

 

I.3.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt in Zusammenschau mit der Beschwerde.

 

Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst.

 

Die belangte Behörde ist zu Recht davon ausgegangen, dass asylrelevante Gründe und Gründe, die eine Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat unzulässig machen würden, nicht vorliegen. Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid aus folgenden Erwägungen an:

 

I.3.2.1. Die Beschwerde hält der substantiierten und schlüssigen Beweiswürdigung der Erstbehörde in Bezug auf die fehlenden bzw nicht glaubwürdigen Fluchtgründe des Beschwerdeführers nichts Substantiiertes entgegen.

 

Nachvollziehbar führte das Bundesasylamt im Einzelnen aus, dass der Beschwerdeführer anlässlich der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes angegeben habe, dass er ein Sympathisant der PKK sei und Flugblätter verteilt habe. Des Weiteren habe er während des Militärdienstes keine Waffe tragen dürfen und sei er ständig diskriminiert und benachteiligt worden. Widersprüchlich und in extremer Weise steigernd habe er hingegen vor dem Bundesasylamt angegeben, dass er einerseits von der Polizei mitgenommen und andererseits von der PKK unter Druck gesetzt worden sei. Dies habe er anlässlich seiner Erstbefragung nicht dargelegt und noch behauptet, dass er von staatlicher Seite nichts zu befürchten habe. Weiters habe der Beschwerdeführer zu Beginn der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt noch von Schwierigkeiten während der Ableistung des Militärdienstes berichtet, bei fortgesetzter Befragung diese Probleme jedoch in keinster Weise mehr erwähnt. Die Abänderung der Fluchtgründe sei nicht geeignet, dem Vorbringen des Beschwerdeführers eine Glaubwürdigkeit zuzuerkennen, zumal kein Grund ersichtlich sei, weshalb er verschiedene Gründe für das Verlassen der Heimat angeben sollte, wenn er reale Erlebnisse zu schildern habe. Zur Vagheit des Vorbringens des Beschwerdeführers wurde ausgeführt, dass er, obwohl dazu aufgefordert, seine Fluchtgründe detailliert und konkret zu schildern, der Beschwerdeführer ganz allgemein gehalten und lediglich auf Gemeinplätze beschränkt geblieben sei, ohne auch nur irgendein Detail zu den behaupteten Anhaltungen anzuführen. Bei einer wahren Begebenheit sei zu erwarten, gerade in Anbetracht der behaupteten geringen Anzahl von vier bis fünf Anhaltungen, dass man genaue Angaben zur Anzahl der Anhaltungen machen könne. Weiters sei die Behauptung des Beschwerdeführers völlig unplausibel, dass er jedes Mal wieder freigekommen sei, obschon die Polizei den Verdacht hegte, dass er Verbindungen zur PKK habe. Weiters wurde angeführt, dass es nicht plausibel erscheint, dass ein Unwilliger "gezwungen" werden sollte, für die Behörden zu arbeiten, zumal davon auszugehen ist, dass die Behörden solchen Personen kein Vertrauen schenken würden. Was die behauptete Raufrei, anfangs der eigentliche Grund für die Ausreise, anbelangt, so führte das Bundesasylamt in diesem Zusammenhang aus, dass der Beschwerdeführer im Laufe der Einvernahme seine Meinung dahingehend änderte, dass dies nicht sein eigentliches Probleme gewesen sei, dass er von der türkischen Bevölkerung seines Dorfes ausgegrenzt worden sei, sondern die Probleme mit der Polizei und der PKK ihn zur Ausreise veranlasst hätten. Letztlich wurde festgehalten, dass die behauptete Verbindung zu PKK nicht glaubwürdig sei, zumal der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang keine gleichbleibenden Angaben zu machen in der Lage gewesen sei. Habe er anlässlich der Erstbefragung noch zum Ausdruck gebracht, dass er kein Mitglied der PKK gewesen sei, habe er vor dem Bundesasylamt seine Meinung dahingehend geändert, dass er eine sehr enge Verbindung zur PKK gehabt habe, obschon er dies zu Beginn der Einvernahme noch anders dargestellt habe. Abgesehen davon seien die Angaben zur behaupteten Verbindung zur PKK vage und oberflächlich geblieben. Ein weiteres wesentliches Indiz für die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers sei der Umstand, dass der Beschwerdeführer nicht unmittelbar nach seiner Einreise nach Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, was wiederum indizieren würde, dass er nicht aus den behaupteten Gründen die Türkei verlassen habe. Dass er keine Kenntnis hinsichtlich der Möglichkeit der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gehabt habe, könne nur als Ausrede gewertet werden.

 

Die Beschwerde vermochte die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes nicht in Zweifel zu ziehen. Beschwerde wurde im Wesentlichen mittels eines Standardformulars erhoben, ohne den beweiswürdigenden Ausführungen des Bundesasylamtes qualifiziert entgegenzutreten. Im Zuge der Beschwerdeerhebung wurde die Beigebung eines Rechtsberaters beantragt, welchem mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 07.03.2011 entsprochen wurde. Bis zum Entscheidungszeitpunkt ist kein weiterer Schriftsatz oder eine Stellungnahme hg eingelangt.

 

I.3.2.2. Die beweiswürdigenden Ausführungen des Bundesasylamtes waren schlüssig und nachvollziehbar und die Beschwerde in ihrer Oberflächlichkeit nicht geeignet, diese in Zweifel zu ziehen. Des Weiteren ist wie folgt im Einzelnen auszuführen:

 

Soweit sich der Beschwerdeführer auf die allgemeine Situation der Kurden in der Türkei bezieht, so vermochte er keine individuelle und aktuelle asylrelevante Verfolgung darzulegen. Die oberflächliche Behauptung, dass er aufgrund seiner kurdischen Abstammung in der Türkei diskriminiert worden sei, vermag keinen asylrelevanten Anknüpfungspunkt darzustellen. Dem wurde auch in der Beschwerde nicht qualifiziert entgegengetreten

 

Ergänzend ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass, soweit der Beschwerdeführer seinen Ausreisegrund generell auf seine kurdische Abstammung und die daraus resultierenden Schwierigkeiten in der Gesellschaft stützt, die schwierige allgemeine Lage einer ethnischen Minderheit für sich allein nicht geeignet ist, die für die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorauszusetzende Bescheinigung einer konkret gegen den Asylwerber gerichteten drohenden Verfolgungshandlung darzutun. Die bloße Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Kurden bildet daher noch keinen ausreichenden Grund für die Asylgewährung (vgl. VwGH vom 31.01.2002, 2000/20/0358).

 

Hinsichtlich der kurdischen Abstammung des Beschwerdeführers ist weiters auszuführen, dass sich entsprechend der Länderberichte die Situation für Kurden derart gestaltet, dass momentan keine aktuellen Berichte über die Lage der Kurden in der Türkei und damit keine von Amts wegen aufzugreifenden Anhaltspunkte dafür existieren, dass gegenwärtig Personen kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit in der Türkei generell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit allein aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit einer asylrelevanten - sohin auch einer maßgeblichen Intensität erreichenden - Verfolgung ausgesetzt bzw. staatlichen Repressionen unterworfen sein würden. Gründe, warum die türkischen Behörden ein nachhaltiges Interesse an der Person des Beschwerdeführers haben sollten, wurden von diesem nicht plausibel vorgebracht.

 

Vor diesem Hintergrund war auf die mehr als oberflächlichen Ausführungen des Beschwerdeführers betreffend die behauptete Diskriminierung durch die Dorfbevölkerung oder während des Militärdienstes nicht weiter einzugehen, zumal dies zum einen zu unsubstantiiert dargebracht wurde und zum anderen daraus keine asylrelevante Verfolgung iSd GFK ableitbar ist.

 

Die Beschwerdeschrift war nicht geeignet, den schlüssigen und detaillierten beweiswürdigenden Ausführungen des Bundesasylamtes in qualifizierter Form entgegenzutreten. Es wurde nichts Konkretes den Ausführungen des Bundesasylamtes entgegengesetzt. Es wurde auch nicht der Versuch unternommen, die vagen und oberflächlichen Ausführungen zu konkretisieren. Mangels eines Schriftsatzes oder einer Stellungnahme durch den beigestellten Rechtsberater hat dessen Beistellung nichts geändert.

 

Zusammengefasst wurde in der Beschwerde nicht einmal der Versuch unternommen, die vom Bundesasylamt aufgezeigten Widersprüchlichkeiten aufzulösen und somit qualifiziert der Beweiswürdigung des Bundesasylamts entgegenzutreten.

 

Schließlich ist noch grundsätzlich festzuhalten, dass Anhaltungen und Befragungen von ihrer Intensität her nicht als asylrelevant anzusehen sind, abgesehen von der Glaubwürdigkeit, da schon allgemein kurzfristige Anhaltungen, Verhöre und Hausdurchsuchungen für sich allein nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - ohne Hinzutreten weiterer Umstände, die asylrechtliche Relevanz aufweisen - nicht geeignet sind, die Flüchtlingseigenschaft zu indizieren (VwGH vom 05.06.1996, 96/20/0323, VwGH vom 18.12.1996, 95/20/0651, VwGH vom 11.12.1997, 95/20/0610).

 

Besondere Umstände, die in diesem Zusammenhang eine Asylrelevanz entfalten könnten, wurden jedoch nicht (glaubhaft) vorgebracht. Ebenso verhält es sich mit den Angaben hinsichtlich der Sympathie für die PKK.

 

Es kann der belangten Behörde im Hinblick auf die Beachtung des Grundsatzes der materiellen Wahrheit zur Erforschung des für ihre Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht vorgeworfen werden, wenn sie ihrerseits bestrebt ist, im Rahmen des Ermittlungsverfahrens auftretende Widersprüche oder Unklarheiten aufzuklären. Im Übrigen kommt dem betroffenen Asylwerber eine besondere Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des für seine Sache maßgebenden Sachverhaltes zu, der sich auf Grund der für das Asylverfahren typischen Sach- und Beweislage in vielen Fällen oft nur aus den persönlichen Angaben des Asylwerbers erschließt. Um die Angaben des Asylwerbers für glaubhaft halten zu können, müssen diese für die belangte Behörde und den Asylgerichtshof auf Grund der vorhandenen Beweise nach freier Überzeugung jedenfalls wahrscheinlich erscheinen. Dies war jedoch in der gegenständlichen Rechtssache nicht der Fall.

 

I.3.3. Des Weiteren kann auch vom Asylgerichtshof nicht erkannt werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in die Türkei einer im Sinne des Art. 2 oder 3 EMRK relevanten Gefährdung ausgesetzt wäre.

 

Es kann auch nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in die Türkei die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059, zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK), hat doch der Beschwerdeführer selbst nicht ausreichend konkret vorgebracht, dass ihm im Falle einer Rückführung in die Türkei jegliche Existenzgrundlage - im Sinne des bereits zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059 - fehlen würde und er in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmittel oder Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre, zumal die Mutter und Geschwister des Beschwerdeführers laut seiner Angaben nach wie vor in die Türkei leben. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer in die Türkei mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit jegliche Arbeitsmöglichkeit versagt bleiben würde, zumal es sich bei seiner Person um einen arbeitsfähigen und gesunden Mann handelt und er durchaus in der Lage war, vor seiner Ausreise einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

 

I.3.4. Hinsichtlich Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides (Entscheidung über die Ausweisung gemäß § 10 AsylG) ist auszuführen, dass sich das Bundesasylamt ausführlich und nachvollziehbar mit dem Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auseinandergesetzt hat. In einer Gesamtabwägung kam das Bundesasylamt zum Ergebnis, dass keine Umstände im Fall des Beschwerdeführers vorliegen würden, die eine Ausweisung unzulässig erscheinen lassen würden.

 

Dieser Einschätzung des Bundesasylamtes, dass im konkreten Fall keine Gründe vorliegen würden, die eine Verletzung des Art. 8 EMRK darstellen würden, wurde in der Beschwerde nicht entgegenzutreten versucht. Individuelle Gründe, die gegen eine Ausweisung des Beschwerdeführers sprechen würden, wurden nicht dargelegt.

 

Wie schon im gegenständlichen Bescheid des Bundesasylamtes ausgeführt, ergab sich, dass kein Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers vorliegt, zumal sich keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers in Österreich aufhalten.

 

Des Weiteren ergaben sich keinerlei Sachverhaltselemente, welche besonders im Rahmen der Ausweisung betreffend den Beschwerdeführer im Hinblick auf sein Privatleben zu berücksichtigen gewesen wären. Der Beschwerdeführer hält sich zwar seit Mai 2009 in Österreich auf, stellte gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz jedoch erst am 14.02.2011, nachdem er von der Polizei betreten wurde. Bis dahin war der Beschwerdeführer illegal im Bundesgebiet aufhältig. Eine Entwurzelung der Person des Beschwerdeführers von seiner Heimat Türkei ist nicht erkennbar, zumal er in Österreich keinen Deutschkurs besucht und auch keiner Arbeit nachgeht. Vielmehr verbringt er seine Zeit mit türkischen Freunden. Im Zusammenhang mit der illegalen Einreise und dem jahrelangen illegalen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich kann von keinem Umstand gesprochen werden, der über einem geordneten Fremdenwesen stehen würde.

 

Aus Sicht des Asylgerichtshofes, es ist aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer von keiner Aufenthaltsverfestigung in Österreich auszugehen und die rechtsmissbräuchliche Antragstellung zu berücksichtigen, überwiegt daher das öffentliche Interesse an einer Effektuierung der vorliegenden negativen Entscheidung über den Asylantrag, sofern man durch eine Ausweisung überhaupt einen Eingriff in Art. 8 EMRK bejahte (im Sinne von VfGH 29.09.2007, B 1150/07; 01.10.2007, G 179, 180/07 unter Bezugnahme auf Judikatur des EGMR). Die Ausweisung stellt daher keinen unzulässigen Eingriff in eine gemäß der EMRK geschützte Rechtsposition dar.

 

I.3.5. Dem angefochtenen Bescheid ist ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch das Bundesasylamt vorangegangen und schließt sich der Asylgerichtshof aus den oben dargelegten Erwägungen den dort getroffenen Ergebnissen vollinhaltlich an. Für die in der Beschwerde geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Asylgerichtshofes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den in § 39 Abs. 2 und § 45 Abs. 2 AVG normierten Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung und der Erforschung der materiellen Wahrheit entsprochen.

 

So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht durch detaillierte Befragung sowie mehrmalige Belehrung der beschwerdeführenden Partei über ihre Mitwirkungspflichten nachgekommen. Es muss berücksichtigt werden, dass dieser Ermittlungspflicht stets auch die Verpflichtung des Antragstellers gegenüber steht, an der Feststellung des verfahrensrelevanten Sachverhaltes mitzuwirken und ist es nicht der Asylbehörde anzulasten, wenn der Antragsteller durch offenkundig nicht den Tatsachen entsprechende Vorbringen dazu nicht bereit ist.

 

I.3.6. Den vom Bundesasylamt ins Verfahren eingeführten Länderberichten wurde durch die Beschwerde nicht fundiert entgegengetreten bzw wurde die Richtigkeit dieser nicht fundiert in Frage gestellt.

 

II. Der Asylgerichtshof hat in nichtöffentlicher Sitzung erwogen:

 

II.1. Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.

 

Gemäß § 23 Abs. 1 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm. § 23 Abs. 1 AsylGHG hat der Asylgerichtshof, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Der Asylgerichtshof ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener des Bundesasylamtes zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

II.2.1. Flüchtling i.S.d. Asylgesetzes ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).

 

Aus dem Begriff der Verfolgung wird geschlossen, dass die drohenden Nachteile eine bestimmte Intensität aufweisen müssen. Jedenfalls fallen eine Bedrohung des Lebens oder der Freiheit eines Menschen unter den Begriff der Verfolgung (Art 33 GFK). Minderschwere Eingriffe können in ihrer Gesamtheit einen schweren Eingriff darstellen. Die Verfolgungshandlungen müssen eine massive Bedrohung der Lebensgrundlage darstellen.

 

Der Flüchtlingsstatus des Beschwerdeführers ist daher nur dann zu bejahen, wenn der Beschwerdeführer in objektiv nachvollziehbarer Weise in ihrer speziellen Situation Grund hat, einen ungerechtfertigten Eingriff von erheblicher Intensität in ihre zu schützende persönliche Sphäre zu fürchten (VwGH 14.10.1998, 98/01/0259).

 

Umstände, die sich schon länger vor der Flucht ereignet haben, sind asylrechtlich nicht beachtlich, die Verfolgungsgefahr muss bis zur Ausreise andauern (zB VwGH vom 07.11.1995, 95/20/0025, VwGH vom 10.10.1996, 95/20/0150). Die vom Asylwerber vorgebrachten Eingriffe in seine vom Staat zu schützende Sphäre müssen in einem erkennbaren zeitlichen Zusammenhang zur Ausreise aus seinem Heimatland liegen. Die fluchtauslösende Verfolgungsgefahr bzw. Verfolgung muss daher aktuell sein (VwGH 26.06.1996, Zl. 96/20/0414). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).

 

Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (vgl. zur der Asylentscheidung immanenten Prognose VwGH 09.03.1999, 98/01/0318).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung ausgeführt, dass als Fluchtgründe unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffes nur solche Maßnahmen in Betracht kommen, die einen weiteren Verbleib im Heimatland aus objektiver Sicht unerträglich erscheinen lassen (VwGH vom 16.09.1992, 92/01/0544, VwGH vom 07.10.2003, 92/01/1015, 93/01/0929, u.a.).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

 

Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet.

 

II.2.2. Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht gegeben. Der Beschwerdeführer vermochte nämlich eine asylrelevante Verfolgung zu keinem Zeitpunkt des Asylverfahrens glaubhaft anzugeben.

 

Sonstige Gründe zum Verlassen des Herkunftsstaates, insbesondere irgendeine staatliche Repression, hat der Beschwerdeführer nicht glaubhaft behauptet. Eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretende Gefährdung im Sinn des Art. 3 EMRK kann demnach nicht erkannt werden.

 

Somit war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen.

 

II.3.1. Ist ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG dem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 der Konvention bedeuten würde oder für den ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

 

Zur Auslegung des § 8 AsylG iVm § 50 FPG 2005 (Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1.

Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge:

FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verweisen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Demnach ist die Verweisung des Art. 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechenden Bestimmungen" des FPG zu beziehen, das ist § 50 FPG.) ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 37 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992 und § 57 Fremdengesetz, BGBl I Nr. 126/2002 BGBL, heranzuziehen. Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, den Beschwerdeführer betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122). Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427, VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028). Im Übrigen ist auch im Rahmen des § 8 AsylG zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

Bei der Entscheidungsfindung ist insgesamt die Rechtsprechung des EGMR zur Auslegung der EMRK, auch unter dem Aspekt eines durch die EMRK zu garantierenden einheitlichen europäischen Rechtsschutzsystems als relevanter Vergleichsmaßstab zu beachten. Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom und Henao v. The Netherlands, Unzulässigkeitsentscheidung vom 24.06.2003, Beschwerde Nr. 13669/03).

 

Gemäß der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 10 zweiter Satz AsylG 2005 idF FrÄG 2009, BGBl. I Nr. 122/2009, sind die §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 idF FrÄG 2009 auf alle am oder nach dem 01.01.2010 nach dem AsylG 1997 anhängigen Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass keine Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs. 3 AsylG 1997 zu erteilen und festzustellen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. Eine Ausweisung hat in diesen Fällen zu unterbleiben.

 

§ 8 Abs. 3a AsylG 2005 idF FrÄG 2009 lautet:

 

"(3a) Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist."

 

§ 9 Abs. 2 AsylG 2005 idF FrÄG 2009 lautet:

 

"(2) Ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen, so hat eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn

 

einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;

 

der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder

 

der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

 

In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde."

 

II.3.2. Wie bereits oben ausgeführt, gelang es dem Beschwerdeführer nicht, eine Verfolgung im Sinne der GFK darzutun, daher bleibt zu prüfen, ob es im vorliegenden Fall begründete Anhaltspunkte dafür gibt, der Beschwerdeführer liefe Gefahr, in der Türkei, einer Bedrohung im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG unterworfen zu werden.

 

Es kann auch nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in die Türkei die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059, zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK), hat doch der Beschwerdeführer selbst nicht ausreichend konkret vorgebracht, dass ihm im Falle einer Rückführung in die Türkei jegliche Existenzgrundlage - im Sinne des bereits zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059 - fehlen würde und er in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmittel oder Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre, zumal die Mutter und Geschwister des Beschwerdeführers laut seiner Angaben nach wie vor in der Türkei leben. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer in der Türkei mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit jegliche Arbeitsmöglichkeit versagt bleiben würde, zumal es sich bei seiner Person um einen arbeitsfähigen und gesunden Mann handelt und er durchaus in der Lage war, vor seiner Ausreise einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

 

Weder aus den Angaben des Beschwerdeführers zu den Gründen, die für die Ausreise maßgeblich gewesen sind, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443).

 

II.4.1. Ist ein Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen und wurde festgestellt, dass dem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigen nicht zukommt, hat die Behörde diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden (§ 10 Abs. 1 AsylG). Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern (VfGH 17.03.2005, G 78/04 u.a.). Bei einer Ausweisungsentscheidung nach § 10 Abs. 1 AsylG ist auf Art. 8 EMRK Bedacht zu nehmen (VfGH 15.10.2004, G 237/03; 17.03.2005, G 78/04 u. a.). Nach § 10 Abs 2 Z 2 AsylG ist eine Ausweisung unzulässig, wenn sie eine Verletzung von Art 8 EMRK darstellen würde.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie sie eine Ausweisung eines Fremden darstellt, kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die Ausweisung einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt:

 

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern bzw. von verheirateten Ehegatten, sondern auch andere nahe verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine hinreichende Intensität für die Annahme einer familiären Beziehung iSd. Art. 8 EMRK erreichen. Der EGMR unterscheidet in seiner Rechtsprechung nicht zwischen einer ehelichen Familie (sog. "legitimate family" bzw. "famille légitime") oder einer unehelichen Familie ("illegitimate family" bzw. "famille naturelle"), sondern stellt auf das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens ab (siehe EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 454; 18.12.1986, Johnston u.a., EuGRZ 1987, 313; 26.05.1994, Keegan, EuGRZ 1995, 113; 12.07.2001 [GK], K. u. T., Zl. 25702/94; 20.01.2009, Serife Yigit, Zl. 03976/05). Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK entspricht, kommen tatsächliche Anhaltspunkte in Frage, wie etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Art und die Dauer der Beziehung sowie das Interesse und die Bindung der Partner aneinander, etwa durch gemeinsame Kinder, oder andere Umstände, wie etwa die Gewährung von Unterhaltsleistungen (EGMR 22.04.1997, X., Y. und Z., Zl. 21830/93; 22.12.2004, Merger u. Cros, Zl. 68864/01). So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 197 ff.). In der bisherigen Spruchpraxis des EGMR wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Europäischen Kommission für Menschenrechte auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

Das Zusammenleben und die Bindung von Partnern, die auf einer gleichgeschlechtlichen Beziehung beruhen, fallen jedoch nicht unter den Begriff des Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK (EGMR 10.05.2001, Mata Estevez, Zl. 56501/00).

 

Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegen steht:

 

die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),

 

das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),

 

die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),

 

die Bindungen zum Heimatstaat,

 

die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie

 

auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).

 

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00).

 

In Ergänzung dazu verleiht weder die EMRK noch ihre Protokolle das Recht auf politisches Asyl (EGMR 30.10.1991, Vilvarajah ua., Zl. 13163/87 ua.; 17.12.1996, Ahmed, Zl. 25964/94; 28.02.2008 [GK] Saadi, Zl. 37201/06).

 

Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN).

 

Die Ausweisung eines Fremden, dessen Aufenthalt lediglich auf Grund der Stellung von einem oder mehreren Asylanträgen oder Anträgen aus humanitären Gründen besteht, und der weder ein niedergelassener Migrant noch sonst zum Aufenthalt im Aufenthaltsstaat berechtigt ist, stellt in Abwägung zum berechtigten öffentlichen Interesse einer wirksamen Einwanderungskontrolle keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben dieses Fremden dar, wenn dessen diesbezüglichen Anträge abgelehnt werden, zumal der Aufenthaltsstatus eines solchen Fremden während der ganzen Zeit des Verfahrens als unsicher gilt (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi, 21878/06).

 

Gemäß der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 8 AsylG 2005 idF FrÄG 2009, BGBl. I Nr. 122/2009, ist § 10 AsylG 2005 idF FrÄG 2009 auf alle am oder nach dem 01.01.2010 anhängigen Verfahren nach dem AsylG 1997 mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Ausweisungsentscheidung nach dem AsylG 1997, die vor dem 01.01.2010 erlassen wurde, als eine Ausweisungsentscheidung nach § 10 AsylG 2005, die Zurückweisung eines Asylantrages nach dem AsylG 1997 als Zurückweisung nach § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 und die Abweisung eines Asylantrages nach dem AsylG 1997, mit der festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, als Abweisung nach § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 gilt. Gemäß dieser Übergangsbestimmung sind alle Ausweisungen, die mit einer asylrechtlichen Entscheidung, gleichgültig ob diese gemäß dem AsylG 1997 oder dem AsylG 2005 erfolgt, zu verbinden sind, künftig gemäß § 10 AsylG 2005 auszusprechen, da nur diese Norm die für notwendig erachtete Bestimmtheit hinsichtlich der Zulässigkeit der Ausweisung gewährleistet. Eine Zurückweisung oder Abweisung des Asylantrags gemäß dem AsylG 1997 soll im Regelungsregime des § 10 AsylG 2005 als eine entsprechende Entscheidung nach dem AsylG 2005 gelten und daher mit einer Ausweisung verbunden werden. Für Verfahren vor dem Asylgerichtshof gilt dies naturgemäß nur insoweit, als eine vom Bundesasylamt erlassene Ausweisung bekämpft wurde und somit einen relevanten Verfahrensgegenstand vor dem Asylgerichtshof darstellt (ErläutRV 330 BlgNR 24. GP, S. 27).

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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