TE AsylGH Erkenntnis 2011/03/31 E11 252386-4/2010

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Veröffentlicht am 31.03.2011
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Spruch

E11 252386-4/2010/25E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. KINZLBAUER, LL.M als Vorsitzenden und die Richterin Dr. ZOPF als Beisitzerin über die Beschwerde des XXXX, StA. von Aserbaidschan, vertreten durch RA Dr. ROSENKRANZ, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.05.2002, Zl. 02 09.493-BAE, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.04.2010 zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl I 76/1997 idgF, hinsichtlich des Spruchteils I. abgewiesen.

 

II. Die Beschwerde wird gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997, hinsichtlich des Spruchteils II. abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Der Asylgerichtshof nimmt den nachfolgenden Sachverhalt als erwiesen an:

 

1. Bisheriger Verfahrenshergang

 

1.1. Der Berufungswerber brachte am 09.04.2002 erstmalig einen Asylantrag ein. Am 22.04.2002 erfolgte eine niederschriftlichen Einvernahme beim Bundesasylamt - Außenstelle Eisenstadt. Das in der Niederschrift vom 22.04.2002 festgehaltene Vorbringen des Berufungswerbers lautete im Wesentlichen wie folgt: Er sei aserbaidschanischer Staatsbürger und sei islamischen Glaubens. Er habe in XXXX im Gebiet Bergkarabach gelebt und sei seit 1992 immer wieder von den dort vorwiegend lebenden Armeniern wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit beschimpft worden. Sein Vater sei 1998 von Armeniern ermordet worden. Es habe in Bergkarabach auch keine Arbeit gegeben. Er sei zwar nie von den Behörden verfolgt worden, aber als die Beschimpfungen seitens der Armenier zunahmen, habe er das Gebiet mit seiner Mutter, seinem Bruder sowie dessen Frau und Kind in Richtung Ukraine verlassen. In der Ukraine sei er nicht geblieben, weil er dort keine Arbeit und keine Hilfe erhalten habe. Am 07.04.2002 sei er nach Österreich eingereist. Im Falle einer Rückkehr befürchte der Berufungswerber, dass die Armenier auf ihn schießen würden.

 

1.2. Am 15.05.2002 wurde der Antrag vom 09.04.2002 mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.05.2002, Zl. 02 09.493-BAE, gemäß § 7 Asylgesetz (AsylG) abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Aserbaidschan gemäß § 8 AsylG zulässig sei.

 

Die Erstbehörde begründete ihre Entscheidung zu Spruchpunkt I. im Wesentlichen damit, dass im gegenständlichen Fall das Vorbringen nicht geeignet war, eine asylrelevante Verfolgung glaubhaft zu machen. Die Erstbehörde sah die mangelnde Glaubwürdigkeit darin begründet, dass der Berufungswerber behauptete, er und seine Familie als Angehörige der aserbaidschanischen Volksgruppe hätten bis zur Ausreise in Nagorny Karabach gelebt, wo doch den herangezogenen Länderfeststellungen zu Folge seit Anfang der 90er Jahre ausschließlich Armenier in der Enklave Nagorny Karabach wohnten. Weiters ging die Behörde erster Instanz davon aus, dass der Berufungswerber und seine Angehörigen wohl spätesten 1998, als der Vater von Armeniern erschossen worden sei, Nagorny Karabach verlassen hätten. Es sei daher nicht glaubhaft, dass sich der Berufungswerber samt Familie als Aserbaidschaner tatsächlich über viele Jahre hinweg und trotz der behaupteten Ermordung des Vaters bis zur Ausreise im Jahr 2002 in dieser Provinz Aserbaidschans aufgehalten haben. Vielmehr ist nach Ansicht der Erstbehörde hervorgekommen, dass der Berufungswerber sein Heimatland ausschließlich auf Grund der allgemein schlechten wirtschaftlichen Lage verlassen habe.

 

Zu Spruchpunkt II. führte die Erstbehörde begründend aus, dass sich zunächst aus den getroffenen Feststellungen ganz allgemein nicht ergäbe, dass praktisch jedem Asylwerber, der nach Aserbaidschan abgeschoben werde, Gefahren für Leib oder Leben in einem Maße drohen, dass die Abschiebung im Lichte der Artikel 2 und 3 EMRK unzulässig erschiene. Bezogen auf die individuelle Situation des Berufungswerbers könne die Erstbehörde mangels substantiierter, glaubhafter und für die Erstbehörde nachvollziehbarer Angaben keinerlei Indizien oder Anhaltspunkte erkennen, welche die Annahme rechtfertigen würden, dieser wäre den obgenannten Gefahren in realistischer Weise ausgesetzt.

 

1.3. Am 15.05.2002 wurde der abweisende Bescheid beim Bundesasylamt - Außenstelle Eisenstadt gemäß § 8 Absatz 2 iVm § 23 Absatz 2 Zustellgesetz hinterlegt. (AS 97, 99)

 

1.4. Am 03.06.2002 erschien der Berufungswerber, nachdem er zwischenzeitlich illegal nach Deutschland ausgereist und im Anschluss wieder rücküberstellt worden war, beim Bundesasylamt - Außenstelle Eisenstadt, wo ihm der hinterlegte Bescheid vom 15.05.2002 ausgehändigt und mittels Dolmetscher mitgeteilt wurde, dass dieser Bescheid bereits am 30.05.2002 in Rechtskraft erwachsen sei. (AS 103)

 

1.5. Am 30.10.2002 stellte der Berufungswerber, bei der Bundespolizeidirektion Salzburg in Schubhaft befindlich, einen zweiten Asylantrag in Österreich, welcher mit Bescheid vom 06.11.2002, Zl. 02 31.732-BAS, gemäß § 68 Absatz 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde.

 

Diesem Bescheid waren niederschriftliche Einvernahmen am 30.10.2002 vor der Fremdenpolizei der Polizeidirektion Salzburg und am 06.11.2002 vor dem Bundesasylamt - Außenstelle Salzburg vorausgegangen. Im fremdenpolizeilichen Verfahren gab der Berufungswerber an, dass er dieselben Fluchtgründe wie beim ersten Mal habe. Dazu komme noch, dass er niemanden in Aserbaidschan mehr habe und es ihm dort auch an einem Wohnsitz fehle. Im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesasylamt - Außenstelle Salzburg gab der Berufungswerber auf die Frage, warum er neuerlich einen Asylantrag stelle, begründend an, dass er in Deutschland festgenommen worden sei und jetzt in Österreich im Gefängnis gelandet wäre. Die Angaben aus dem Erstverfahren seien zu 99 % richtig, lediglich den Fluchtweg habe er nicht richtig geschildert.

 

Dieser Bescheid erwuchs am 21.12.2002 in Rechtskraft.

 

1.6. Am 23.07.2004 brachte der Berufungswerber beim Bundesasylamt - Außenstelle Eisenstadt seinen dritten Asylantrag in Österreich ein. Am 27.07.2004 sowie am 29.07.2004 wurde der Berufungswerber neuerlich niederschriftlich vor dem Bundesasylamt einvernommen.

 

Im Protokoll zur Einvernahme am 27.07.2004 ist unter anderem folgendes festgehalten:

 

"Frage: Hat sich an Ihren Fluchtgründen im Vergleich zu den beiden vorherigen Asylanträgen irgendetwas geändert oder sind Gründe hinzugekommen?

 

Antwort: Ich habe neue Gründe.

 

Frage: Welche Gründe sind das?

 

Antwort: Mein Leben ist in Gefahr.

 

Frage: Nennen Sie konkret Ihre Gründe.

 

Antwort: Ich kann nicht zurückfahren.

 

Fragewiederholung.

 

Antwort: Ich kann nicht nach Aserbeidschan fahren. Die Leute vom Verteidigungsministerium in Aserbeidschan werden mich sofort umbringen.

 

Frage: Warum sollten diese Leute Sie umbringen?

 

Antwort: Ich war bei einer geheimen Abteilung beim Militär. Dort war ich von 1993 bis 1997. Ich habe einen Krieg erlebt. Ich wurde zweimal verwundet und ich kann keine genauen Datenangaben machen. Nachgefragt gebe ich an, dass ich das erste Mal im Dezember 1993 und das zweite Mal im Sommer 1994 verwundet worden bin.

 

Frage: Wann haben die Probleme mit dem Verteidigungsministerium begonnen?

 

Antwort: 1997, als ich vom Militär nach Hause gekommen bin. Drei oder vier Mal hat man versucht, mich auf der Straße zu erschießen. Damals habe ich nicht verstanden,

 

was passiert.

 

Frage: Wann gab es zuletzt Probleme?

 

Antwort: Das war im Jänner 1998.

 

Frage: Welche Gefahr sollte dann 6 Jahre später für Sie bestehen?

 

Antwort: Während dieser Zeit ging ich nach Russland und war als Asylwerber im Ausland. Nachgefragt gebe ich an, dass ich Zeuge eines Waffenverkaufs gewesen bin. Weiters gebe ich nachgefragt an, dass ich von 1993 bis 1994 mehrmals Zeuge von Waffenverkäufen gewesen bin.

 

Frage: Dem Verteidigungsministerium ist es offenbar nicht gelungen, Ihnen zwischen 1997 und 1998 etwas anzutun. Warum sollten Sie also jetzt in Gefahr sein?

 

Antwort: Mein Bruder hat drei Mal Häuser verkaufen und den Wohnort wechseln müssen. Mein Bruder wurde ständig gefragt, wo ich bin.

 

Frage: Haben Sie alle neuen Fluchtgründe angegeben?

 

Antwort: Nein, es gibt noch den Tod meines Vaters. Von dort beginnt alles.

 

Frage: Wie hängt das mit Ihren Fluchtgründen zusammen?

 

Antwort: Er wurde 1992 getötet.

 

Fragewiederholung.

 

Antwort: Die neuen Gründe sind, dass mein Leben in Gefahr ist.

 

Frage: Haben Sie jetzt alle Gründe genannt?

 

Antwort: Ich vertraue Österreich als Rechtsstaat.

 

Frage: Warum haben Sie das alles nicht bei Ihrem ersten Asylverfahren angeführt?

 

Antwort: Ich stand damals unter Schock.

 

Frage: Habe ich es richtig verstanden, dass Sie wegen Vorfällen, die im Fall des Todes Ihres Vaters im Jahre 1992 oder den von Ihnen behaupteten Anschlägen im Jahre 1998 im Jahr 2002 unter Schock standen?

 

Antwort: Die Familie stand ständig unter Schock.

 

Frage: Warum haben Sie bei der Stellung des gegenständlichen Asylantrages einen anderen Namen und ein anderes Geburtsdatum angegeben?

 

Antwort: Weil das mein echter Name ist.

 

Frage: Warum haben Sie das nicht schon bei den ersten beiden Verfahren gemacht?

 

Antwort: Ich war geschockt. In der Schubhaft habe ich das nicht machen können. Mein Leben ist in Gefahr.

 

Frage: Warum haben Sie bei der Angabe der persönlichen Daten gänzlich andere Angaben in Bezug auf Ihre Familie gemacht?

 

Antwort: Ich war geschockt und hatte Angst."

 

Zur Einvernahme am 27.07.2004 ist unter anderem folgendes protokolliert:

 

"Sie wurden nach der ersten Einvernahme über die beabsichtigte Vorgangsweise des Bundesasylamtes in Kenntnis gesetzt. Sie haben die Gelegenheit, dazu noch einmal Stellung zu beziehen.

 

Antwort: Ich bin damit nicht einverstanden. Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich schon zweimal einen Asylantrag gestellt habe. Mein Leben ist bedroht und ich bitte um Asyl. Ich würde gerne meine Probleme erzählen.

 

Frage: Sie hatten bei der ersten Einvernahme Gelegenheit gehabt, über Ihre Probleme zu erzählen. Welche Probleme haben Sie, abgesehen von denen, über die Sie berichtet haben, noch?

 

Antwort: Ich konnte in den zwei, drei Tagen keine Beweise sammeln. Ich habe niemanden in meiner Heimat. Ich kann in zehn Tagen die Dokumente und Fotos besorgen.

 

Frage: Warum konnten Sie diese Dokumente nicht schon früher bekommen?

 

Antwort: Ich konnte sie nicht von zu Hause mitnehmen, weil mich zu Hause der Tod erwartet.

 

Frage: Um welche Art Dokumente handelt es sich?

 

Antwort: Um einen Armeeausweis, Führerschein und Fotos von der Armee. Vom Krieg.

 

Frage: Welchen Zeitraum sollen diese Dokumente belegen?

 

Antwort: Von 1993 bis 1997.

 

Frage: Möchten Sie noch Angaben machen?

 

Antwort: Der Kommandant der Spezialeinheit wurde im letzten Monat umgebracht. Mein Leben wird bedroht. Ich will als ein Mensch leben, deshalb bitte ich um Asyl.

 

Die RB hat folgende Frage: Wer verfolgt Sie jetzt im Heimatland?

 

Antwort: SADIGOW Nasmadin ist jetzt Sicherheitsminister. Er selbst sucht nicht nach mir, aber er bestimmt die Leute, mich zu suchen, weil er an Tschetschenen Waffen verkauft hat. Die ganze Welt weiß das.

 

Für das Bundesasylamt sind keine weiteren Fragen mehr offen. Über Ihren Antrag wird bescheidmäßig abgesprochen, der Bescheid wird Ihnen persönlich zugestellt. Sollten Sie Ihre Abgabestelle ändern, teilen Sie dies umgehend dem Bundesasylamt mit.

 

Nach der Rückübersetzung gibt der AW an:

 

Ich möchte als Mensch leben und ich bitte um Hilfe."

 

1.7. Den insgesamt dritten Asylantrag wies das Bundesasylamt mit Bescheid vom 06.08.2004 Zl. 04 14.988-BAS, gemäß § 68 Absatz 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz wegen entschiedener Sache zurück. Im Wesentlichen konnte das Bundesasylamt dem neuen Vorbringen keinen glaubhaften Kern entnehmen. Sich eingehend mit dem Wahrheitsgehalt der nunmehrigen Angaben auseinandersetzend, führte die Erstbehörde aus, dass kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden konnte. Die Angaben des Berufungswerbers seien offensichtlich eine Aneinanderreihung völlig frei erfundener Inhalte. Abgesehen davon, dass die vom Berufungswerber angeführten Asylgründe bei der Einbringung des ersten Asylantrages im Jahre 2002 schon 4 bis 10 Jahre zurück gelegen und schon deshalb durch das erste Asylverfahren mit entschieden worden waren, könne der Berufungswerber in keinster Weise in nachvollziehbarer Weise darlegen, warum er diese Gründe nicht schon bei den ersten Verfahren vorgebracht hatte.

 

Konkretisierend hielt die Behörde erster Instanz fest, dass in den ersten beiden Asylverfahren lediglich die Rede davon gewesen sei, dass der Berufungswerber auf Grund seiner Nationalität als Aserbaidschaner mit Armeniern insofern Probleme gehabt habe, als er beschimpft und aufgefordert worden sei, das "Gebiet zu verlasse". Schon im Asylbescheid des ersten Verfahrens seien die Angaben des Berufungswerbers als unglaubwürdig erkannt worden. Im gegenständlichen Verfahren spreche der Berufungswerber nun von Waffenverkäufen, einer geheimen Abteilung beim Militär, von Spezialeinheiten, das mehrmals "auf der Straße" auf ihn geschossen worden sei und seine Verfolgung durch das Verteidigungsministerium, ohne einen einzigen sinnvollen und nachvollziehbaren Grund dafür angeben zu können, warum er dies nicht schon bei seinem Erstverfahren dargelegt hatte. Die einzige Begründung des Berufungswerbers dafür wäre die Behauptung gewesen, unter Schock gestanden zu haben. Eine Behauptung die allein schon auf Grund des langen Zeitraumes zwischen den angeblichen Vorfällen und der Stellung des ersten Asylantrages in keinster Weise glaubhaft sei.

 

Weiters würde es nach Ansicht der Erstbehörde wohl kaum den gängigen Methoden eines Verteidigungsministeriums, das darauf aus sei, einen unliebsamen Zeugen von Waffenverkäufen zu eliminieren, entsprechen, die Suche nach diesem darauf zu beschränken, dass man bei dessen Bruder immer wieder nachfragt, wo der Gesuchte sei. Darüber hinaus hätte der Berufungswerber in Bezug auf seine persönlichen Daten und die seiner Familie, im Besonderen im Hinblick auf seinen Namen und sein Geburtsdatum, unterschiedliche Angaben zu seinen ersten beiden Verfahren gemacht und hätte dies mit einer seiner Standartantworten in diesem Verfahren, nämlich unter Schock gestanden zu haben, begründet.

 

Letztlich sah die Erstbehörde die alleinige Aussage des Berufungswerbers, dass er nun in Gefahr wäre, weil der Kommandant einer Spezialeinheit ermordet worden sei, ohne dass aber der Berufungswerber nähere Angaben zu diesem angeblichen Vorfall machen und auch nicht erläutern konnte, wie diese behauptete Ermordung mit ihm in Zusammenhang stünde, als nicht geeignet an, sein Vorbringen glaubwürdig zu gestalten, weshalb alles in allem das neue Vorbringen völlig unglaubwürdig sei.

 

1.8. Am 19.08.2004 erhob der Berufungswerber mit Schriftsatz vom 17.08.2004 gegen diesen Bescheid Berufung. Inhaltlich stützte sich die Berufung auf die vor dem Bundesasylamt getätigten und teils wiederholend wiedergebenden Aussagen, und daneben noch auf die Zitierung vereinzelter älterer Judikate des Verwaltungsgerichtshofes.

 

1.9. Mit Bescheid vom 06.10.2004, Zl. 252.386/0-IX/25/04, wies der Unabhängige Bundesasylsenat gemäß § 68 Absatz 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz diese Berufung wegen entschiedener Sache zurück.

 

Begründend führte der Unabhängige Bundesasylsenat aus, dass der Berufungswerber in den niederschriftlichen Einvernahmen vom 27.07.2004 sowie vom 29.07.2004 zwar neue Fluchtgründe vorbrachte, die zeitlich aber in den Zeitraum von 1992 bis 1998 fielen. Der Berufungswerber habe somit seinen dritten Asylantrag auf Behauptungen gestützt, die seinem Vorbringen zufolge bereits weit vor seinem ersten Asylantrag (09.04.2002) bestanden haben, die er jedoch weder im ersten noch im zweiten Asylverfahren vorgebracht hatte. Aus diesem Grund lag nach ho. Ansicht schon nach dem Vorbringen des Berufungswerbers keine Sachverhaltsänderung vor.

 

Zum glaubhaften Kern des nunmehrigen Vorbringens wurde ho. ausgeführt, dass das "neue" Vorbringen des Berufungswerbers in keiner Weise glaubwürdig erscheint, sondern vielmehr die Annahme begründet, dass es sich dabei um konstruierte Gründe handelt, die lediglich der Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache dienen sollen. So versuchte der Berufungswerber - über Vorhalt - mechanisch

 

die Widersprüche und Ungereimtheiten seines Vorbringens mit der Behauptung aufzulösen, er wäre dabei jedes Mal unter Schock gestanden und habe insgesamt durch Explosionen im Krieg einen Gedächtnisschwund erlitten.

 

Dieser Bescheid erwuchs am 27.10.2004 in Rechtskraft.

 

1.10. Mit Schriftsatz vom 21.04.2005, per Telefax übermittelt, brachte der Berufungswerber beim Bundesasylamt - Außenstelle Eisenstadt einen Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gegen den Bescheid vom 15.05.2002, Zl. 02 09.493-BAE, betreffend, einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bezüglich des Wiedereinsetzungsantrages sowie eine Berufung gegen den ob zitierten Bescheid ein.

 

Diese Berufung begründet der Berufungswerber inhaltlich damit, dass er in der niederschriftlichen Einvernahme am 27.07.2004 sehr genau seine Fluchtgründe dargelegt hat, weshalb er auf diese verweise, um Wiederholungen zu vermeiden. Der Deutlichkeit halber werde darauf hingewiesen, dass der Sicherheitsminister SADIGOW bezichtigt wurde, an illegalen Waffenverkäufen beteiligt gewesen zu sein, und dieser dafür Sorge getragen habe, dass sämtliche Personen, die von diesem Umstand gewusst hätte, umgebracht worden wären. Der Berufungswerber habe den dringenden Verdacht, dass am Mord seines Vaters auch Personen aus dem Umfeld des nunmehrigen Sicherheitsministers beteiligt waren. Weiters könne der Berufungswerber einen Militärpolizeiausweis, Fotos und einen Führerschein vorlegen, mit welchem seine Identität nachgewiesen werden könne.

 

1.11. Mit Bescheid vom 12.05.2005, Zl. 02 09.493/1-BAE wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Absatz 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz sowie der Antrag auf Beilegung einer aufschiebenden Wirkung gemäß § 71 Absatz 6 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz vom Bundesasylamt - Außenstelle Eisenstadt zurückgewiesen.

 

1.12. In Erledigung der dagegen am 24.05.2005 fristgerecht eingebrachten Berufung gab der Unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom 10.02.2006, Zahl 252.386/6-IX/25/06, dieser statt und bewilligte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Absatz 1 Ziffer 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz.

 

Folglich war hier über die Berufung vom 21.04.2005 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.05.2002, Zl. 02 09.493-BAE, abzusprechen.

 

1.13. Mit Bescheid vom 18.08.2006, Zl. 252.386/4-IX/25/04, wies der Unabhängige Bundesasylsenat gemäß §§ 7,8 AsylG diese Berufung ab.

 

Begründend führte der Unabhängige Bundesasylsenat aus, dass sich das gegenständliche Berufungsverfahren dadurch auszeichnet, dass im Anschluss an den angefochtenen Bescheid zwei weitere Asylverfahren den Berufungswerber betreffend bis dato geführt und in der Annahme der rechtskräftigen Beendigung des nunmehr berufungsgegenständlichen Erstverfahrens - wegen entschiedener Sache den jeweiligen Asylantrag zurückweisend - erledigt worden sind.

 

Darüber hinaus stützt sich die gegenständliche Berufung inhaltlich primär auf die im Drittverfahren aufgestellten Behauptungen des Berufungswerbers, weshalb die dort gemachten Angaben auch aus diesem Grunde in das ho. Berufungsverfahren einzufließen haben. Die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Beweiswürdigung bleibt hingegen gänzlich bekämpft.

 

Zumal auch diese aufgestellten Behauptungen bereits von der Erstbehörde in dem Bescheid vom 06.08.2004 Zl. 04 14.988-BAS, in einer nicht zu beanstandenden Art und Weise einer Beweiswürdigung unterzogen wurden, werden daher an dieser Stelle die dortigen Ausführung ebenfalls zum Inhalt des vorliegenden Bescheides erhoben, wie auch auf die beweiswürdigenden Ausführungen des Unabhängigen Bundesasylsenates zur Glaubwürdigkeit des berufungsgegenständlichen Vorbringens in der die Berufung gegen den vor zitierten erstinstanzlichen Bescheid erledigenden Entscheidung vom 06.10.2004, Zl. 252.386/0-IX/25/04, verwiesen wird.

 

Einen Grund zur neuerlichen beweiswürdigenden Auseinandersetzung mit dem gegenständlichen Berufungsvorbringen sieht der Unabhängige Bundesasylsenat auch deshalb nicht, dass dieses Vorbringen bereits unter dem Gesichtspunkt einer "qualifizierten Unglaubwürdigkeit" vor dem Hintergrund eines Verfahrens wegen entschiedener Sache nach § 68 Absatz 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz geprüft und für völlig unglaubwürdig befunden worden ist. Indem der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich das Fehlen eines "glaubhaften Kerns" eines neuen, in einem Folgeverfahren erstatteten Vorbringens voraussetzt, ist in Zusammenhang mit res iudicata - Verfahren von einer qualifizierten Unglaubwürdigkeit auszugehen sein. Damit ist aber der Spielraum für die Prüfung der Asylbehörden, ob eine entschiedene Sache gemäß § 68 Absatz 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz vorliegt, insofern ein engerer, als die Feststellung einer "schlichten" Unglaubwürdigkeit - wie dies etwa für einen meritorischen Abspruch ausreicht - des neuen Vorbringens eine Zurückweisung nach § 68 leg. cit. wegen entschiedener Sache nicht zu rechtfertigen vermag (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 29. 09. 2005, Zahl 2005/20/0365; VwGH 22. 11. 2005, Zahl 2005/01/0626; VwGH 16.02.2006, Zahl 2006/19/0380). Aus dem argumentum a maiore ad minus folgt aber, dass das gegenständliche Berufungsvorbringen unter dem Gesichtspunkt einer "schlichten" Unglaubwürdigkeit nicht mehr zu prüfen ist.

 

Was die über die Angaben im Drittverfahren hinausgehenden Vermutungen des Berufungswerbers, dass am Mord seines Vaters auch Personen aus dem Umfeld des nunmehrigen Sicherheitsministers beteiligt gewesen sein könnten, anbelangt, lösen diese keine weiteren Ermittlungspflichten für den Unabhängigen Bundesasylsenat aus, zumal einerseits der Berufungswerber in keiner Weise darlegt, wie diese vagen Vermutungen überhaupt mit seiner Person zu tun haben könnten, und andererseits die behauptete Ermordung des Vaters an sich im Rahmen der vor angeführten und zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erhobenen Beweiswürdigung als qualifiziert unglaubwürdig erachtet worden ist, zumal diese zunächst im Jahr 1998 von Armeniern begangen worden sein sollte, und in gänzlichen Widerspruch dazu später behaupteter Maßen bereits im Jahr 1992 stattgefunden haben sollte.

 

1.14. Gegen den oa. Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats wurde eine Beschwerde an den VwGH eingebracht, in der die Ansicht vertreten wurde, die belangte Behörde hätte es unterlassen, die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung durchzuführen. Es treffe zwar zu, dass der BF anfangs nicht die Wahrheit gesagt hätte, er wäre jedoch nunmehr bereit, präzise und konkret seine Fluchtgründe darzulegen. So wäre sein Vater in Aserbaidschan eine einflussreiche Persönlichkeit gewesen und hätte finanziell den ersten nichtkommunistischen Präsidenten unterstützt. Der Vater wäre 1992 gestorben. Die Todesursache stehe nicht fest. Der BF vermutet, dass er aus politischen Gründen ermordet worden wäre. Der BF wäre von 1993 bis 1997 beim Militär und dort bei einer Spezialeinheit tätig gewesen. Er wäre Zeuge von illegalen Waffenverkäufen an tschetschenische Kämpfer gewesen und daher in großer Lebensgefahr. Er wäre nur knapp Attentatsversuchen entkommen. Nach Beendigung des Militärdienstes hätte der BF versucht, Verantwortliche für den Tod seines Vaters zu finden und daher Kontakt mit dem Geheimdienst gehabt. Die Fragen an den BF wären so nachdrücklich und eindringlich gewesen, dass er in höchste Gefahr geraten wäre und daher 1998 die Flucht nach Russland angetreten hätte. Da er sich auch dort nicht sicher fühlte, hätte er sich zur Flucht nach Österreich entschieden. Die Identität des BF würde feststehen und der BF hätte auch angegeben, dass er einen Militärpolizeiausweis, Fotos und einen Führerschein vorlegen werde. Der BF werde auch Einzelheiten seiner vielen Treffen mit KGB-Personen schildern und Details dazu benennen. Es gäbe auch einen in Salzburg wohnhaften D.M. der seinen Vater gekannt hätte und die Tätigkeit des Geheimdienstes in Aserbaidschan beschreiben könne. Es gäbe auch eine Liste von Namen, die aus politischen Gründen inhaftiert worden wären und in der Haft gestorben seien. Diese Personen hätten bei der selben Spezialeinheit wie der BF gedient. Außerdem wäre der Kommandant der Einheit getötet worden und der für die Waffenverkäufe zuständige N.S. Sicherheitsminister geworden. Wäre der BF in einer mündlichen Berufungsverhandlung einvernommen worden, wäre hervorgekommen, dass er vom Geheimdienst in Aserbaidschan verfolgt werden würde, da er die Todesursache seines Vaters aufklären wollte.

 

Der VwGH schloss sich der Ansicht des Beschwerdeführers an, dass die mit dem angefochtenen Bescheid entschiedene Berufung im Vergleich zum erstinstanzlichen Vorbringen ein neues Fluchtvorbringen enthielt und behob mit Erkenntnis vom 10.12.2009, Zl. 2006/19/1153-7, den angefochtenen Bescheid, worauf die Rechtssache der Abteilung E11 des erkennenden Gerichts zugewiesen wurde.

 

1.15. Am 28.04.2010 wurde beim Asylgerichtshof eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein des BF vorgenommen. Der rechtsfreundliche Vertreter des BF blieb der Verhandlung unentschuldigt fern.

 

1.16. Mit Eingabe vom 06.05.2010 wurde eine Stellungnahme durch den rechtsfreundlichen Vertreter abgegeben. Darin wird ausgeführt, dass der BF zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Staatsangehörigkeitsgesetzes 1998 in Aserbaidschan nicht gemeldet gewesen wäre und es daher für den BF unmöglich wäre, seine Staatsbürgerschaft anerkennen zu lassen. Es wäre dem BF nicht möglich, sich eine Geburtsurkunde aus seinem Geburtsort Krasnoselo, im heutigen Armenien, zu verschaffen, da beide Staaten verfeindet wären. Die Fluchtgründe des BF, nämlich dass er und sein Vater politische Gegner des Präsidenten von Aserbaidschan wären, der BF beim Geheimdienst von Aserbaidschan gewesen wäre und in dieser Funktion Waffenschmuggel aufgedeckt hätte, würden die Behörden von Aserbaidschan mit Sicherheit dazu bewegen, dem BF die Zuerkennung der Staatsbürgerschaft zu verweigern. Ohne diese wäre dem BF in Aserbaidschan die Existenzgrundlage entzogen.

 

Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

1.17. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsakt des Beschwerdeführers.

 

1.18. Festgestellt wird nachstehender Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, ist am XXXX geboren, aserbaidschanischer Staatsangehöriger.

 

1.19. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Verwaltungsakt sowie des vorgelegten Führerscheines und des Arbeitsbuches.

 

Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat

 

Es kann nicht festgestellt werden dass der BF in seinem Herkunftsland einer asylrelevanten Bedrohung ausgesetzt war oder bei einer Rückkehr ausgesetzt sein werde.

 

Weitere Ausreisegründe und/oder Rückkehrhindernisse kamen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht hervor.

 

Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei aus der Sicht des Asylgerichtshofes um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat machen zu können. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates über den berichtet wird zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteiennahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann. Hingegen findet sich hinsichtlich der Überlegungen zur diplomatischen Zurückhaltung bei Menschenrechtsorganisationen im Allgemeinen das gegenteilige Verhalten wie bei den oa. Quellen nationalen Ursprunges.

 

Auch kommt den Quellen Aktualität zu (vgl. Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 4 AsylG 1997 das E. vom 11. November 1998, 98/01/0284, bzw. auch das E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210).

 

Der BF trat den Quellen und deren Kernaussagen in der mündlichen Verhandlung vor dem AGH nicht konkret und substantiiert entgegen.

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 19.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Aus Sicht des Asylgerichtshofes ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten, Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem Bundesasylamt nicht entgegenzutreten, wenn es das ausreisekausale Vorbringen als nicht glaubhaft qualifiziert.

 

Im Rahmen der oa. Ausführungen ist durch das erkennende Gericht anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation des Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten - z. B. gehäufte und eklatante Widersprüche ( z. B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z. B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

 

Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden. (VwGH v. 29.6.2000, 2000/01/0093).

 

Es ist eine abweisende Entscheidung im Verfahren nach § 7 AsylG bereits dann möglich, wenn es als wahrscheinlich angesehen wird, dass eine Verfolgungsgefahr nicht vorliegt, das heißt, mehr Gründe für als gegen diese Annahme sprechen (vgl zum Bericht der Glaubhaftmachung: Ackermann, Hausmann, Handbuch des Asylrechts (1991) 137 f; s.a. VwGH 11.11.1987, 87/01/0191), Rohrböck AsylG 1997, Rz 314, 524).

 

Die Glaubhaftmachung hat das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (VwGH 29.05.2006, Zahl 2005/17/0252). Nach der Judikatur ist die Wahrscheinlichkeit dann gegeben, wenn die für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Erscheinungen, wenn auch noch so geringfügig, gegenüber den im entgegen gesetzten Sinn verwertbaren Erscheinungen überwiegen (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, Rz 355 mit Hinweisen auf die Judikatur).

 

Im Asylverfahren muss das Vorbringen des Antragstellers als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen werden. Ungeachtet der gesetzlichen Verpflichtung der Asylbehörde bzw. des Asylgerichtshofes, im Einklang mit den im Verwaltungsverfahren geltenden Prinzipien der materiellen Wahrheit und des Grundsatzes der Offizialmaxime, den maßgeblichen Sachverhalt amtswegig (§ 39 Abs 2 AVG, § 28 AsylG 1997) festzustellen, obliegt es in erster Linie dem Asylwerber auf Nachfrage alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung darzulegen (vgl VwGH 16. 12 1987, 87/01/0299; 13. 4. 1988, 87/01/0332; 19. 9. 1990, 90/01/0133; 7. 11. 1990, 90/01/0171; 24. 1. 1990, 89/01/0446; 30. 1. 1991, 90/01/0196; 30. 1. 1991, 90/01/0197; vgl zB auch VwGH 16. 12. 1987, 87/01/0299; 2. 3. 1988, 86/01/0187; 13. 4. 1988, 87/01/0332; 17. 2. 1994, 94/19/0774) und glaubhaft zu machen (VwGH 23.2.1994, 92/01/0888; 19.3.1997, 95/01/0525). Bloßes Leugnen oder eine allgemeine Behauptung reicht für eine Glaubhaftmachung nicht aus (VwGH 24.2.1993, 92/03/0011; 1.10.1997, 96/09/0007). Aus dem Wesen der Glaubhaftmachung ergibt sich auch, dass die Ermittlungspflicht der Behörde durch die vorgebrachten Tatsachen und angebotenen Beweise eingeschränkt ist (VwGH 29.3.1990, 89/17/0136; 25.4.1990, 90/08/0067). Es ist Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen (VwGH 30. 11. 2000, 2000/01/0356).

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

 

Auch bei Asylverfahren nach dem AsylG 1997 ist eine mangelnde Mitwirkung des Beschwerdeführers im Rahmen der Beweiswürdigung - und damit auch bei der Beurteilung der Glaubhaftmachung - zu berücksichtigen (Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 Kommentar, S 385 mwN auf die Judikatur des VwGH). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre [VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua], gesundheitliche [VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601; 14.6.2005, 2005/02/0043], oder finanzielle [vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099] Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279). Wenn Sachverhaltselemente im Ausland ihre Wurzeln haben, ist die Mitwirkungspflicht und Offenlegungspflicht der Partei in dem Maße höher, als die Pflicht der Behörde zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes wegen des Fehlens der ihr sonst zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten geringer wird. Tritt in solchen Fällen die Mitwirkungspflicht der Partei in den Vordergrund, so liegt es vornehmlich an ihr, Beweise für die Aufhellung auslandsbezogener Sachverhalte beizuschaffen (VwGH 12.07.1990, Zahl 89/16/0069).

 

Dabei darf in diesem Zusammenhang aber nicht übersehen werden, dass auf Grund der Spezifika eines Asylverfahrens, unbeschadet dessen, dass es als antragsgebundenes Verwaltungsverfahren nach dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz abgeführt wird, die Anforderungen an einen Asylwerber auf Grund von fluchttypischen Sachzwängen nicht überzogen werden dürfen. Dennoch sieht der das asylrechtliche Ermittlungsverfahren zum Inhalt habende § 28 Asylgesetz 1997 keine Beweis- bzw. Bescheinigungslastumkehr zugunsten des Beschwerdeführers vor, sondern leuchtet aus den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zu dieser Bestimmung hervor, dass in dieser Bestimmung lediglich explizit darauf hingewiesen wird, dass das Asylverfahren den fundamentalen Prinzipen des Verwaltungsverfahrensrechts, insbesondere dem Prinzip der materiellen Wahrheit und dem Grundsatz der Offizialmaxime nach § 39 Absatz 2 AVG, folgt. Eine über §§ 37 und 39 Absatz 2 AVG hinausgehende Ermittlungspflicht normiert § 28 Asylgesetz nicht (VwGH 14.12.2000, Zahl 2000/20/0494).

 

Die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlungspflicht geht nicht so weit, dass sie in jeder denkbaren Richtung Ermittlungen durchzuführen hätte, sondern sie besteht nur insoweit, als konkrete Anhaltspunkte aus den Akten (etwa das Vorbringen der Partei (VwSlg 13.227 A/1990) dazu Veranlassung geben (VwGH 4.4.2002, 2002/08/0221).

 

Der Beschwerdeführer vermochte im Ergebnis den vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Prämissen für die Glaubhaftmachung einer "Fluchtgeschichte" aus nachfolgenden Gründen in wesentlichen Teilen nicht gerecht zu werden.

 

Wenn ein Vorbringen nachvollziehbar sein soll, müssen die Handlungsabläufe der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen und muss auch der Asylwerber persönlich glaubwürdig auftreten.

 

Der BF wurde eingangs der Einvernahme zu seinen Fluchtgründen aufgefordert, alle Gründe anzuführen, weshalb er sein Heimatland verlassen habe und weshalb er in Österreich einen Asylantrag gestellt habe. Allein diese Aufforderung an einen Antragsteller erfordert wohl ein wie bereits oben angeführtes erwartetes Verhalten und Vorbringen eines Asylwerbers.

 

Es ist für den Asylgerichtshof nicht nachvollziehbar, wenn der BF in seiner Einvernahme anlässlich der öffentlich mündlichen Verhandlung am 28.04.2010 vorbringt, dass sein Fluchtgrund darin gelegen wäre, dass sein Vater ermordet und sein Leichnam verbrannt worden wäre sowie dass er vier Jahre in seiner Heimat gekämpft hätte. Man hätte auch drei bis vier Mal versucht, ihn umzubringen, da er und sein Vater Nationalisten gewesen wären. Er hätte gemeinsam mit weiteren acht Mitgliedern des aserbaidschanischen Geheimdienstes Waffenlieferungen von Aserbaidschan nach Tschetschenien aufgedeckt. Über Nachfrage wann diese Lieferungen erfolgten, erklärte der BF, dass dies zwischen 1993 und 1997 gewesen wäre. Über weitere Nachfrage, ob er an einer oder mehreren Lieferungen beteiligt gewesen wäre, erklärte er, dass er nur einmal dabei gewesen wäre. Dabei wären drei seiner Kameraden getötet worden. Er wäre mit den anderen Kameraden geflüchtet. Im Gegensatz dazu erklärte der BF bei seiner Einvernahme am 27.07.2004 sowie der Beschwerdeschrift an den VwGH, dass er in der Zeit von 1993 bis 1994 mehrmals Zeuge von Waffenverkäufen gewesen wäre. Es ist für den Gerichtshof absolut unverständlich, wie eine Person, die angeblich bei derartigen Vorfällen involviert gewesen wäre, hinsichtlich des Zeitfensters als auch der Anzahl der Beteiligungen in derart gravierender Art unterschiedliche Angaben machen kann. So ist es nicht plausibel, wenn der BF vorbringt, dass er zwischen 1993 bis 1997 "einmal" bei einer Waffenlieferung dabei gewesen wäre. Jemandem, der bei einer solchen Lieferung dabei gewesen ist und es derartige Vorfälle gegeben hat (Tote) bleibt dies Datum auch nach Jahren in Erinnerung. Der BF war jedoch nicht einmal in der Lage, ein konkretes Jahr zu benennen. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass der BF hinsichtlich der Vorfälle mit seinen Kameraden, wobei drei getötet worden wären, nichts Derartiges in seinen Einvernahmen am 27.07. und 29.07.2004 vorbringt, ist doch gerade dieses Ereignis ein derart einschneidendes, dass es unmöglich ist, dieses auszublenden. Aber auch die Tatsache, dass der BF in der mündlichen Verhandlung erklärt, er wäre mit weiteren fünf Kameraden in die Berge geflüchtet, ist nicht nachvollziehbar, wird auch diese Vorgangsweise vom BF in seinen ersten Einvernahmen nicht einmal erwähnt. Aber auch die Aussage des BF, dass dieser Transport vom Geheimdienst, also von ihm und seinen Kameraden von Aserbaidschan nach Tschetschenien begleitet worden wäre, ist nicht überzeugend, erklärt der BF doch, dass es sich bei den Transporten offiziell immer um Lebensmittel und Textilien gehandelt hätte und sie dies erst am Bestimmungsort in Tschetschenien gesehen hätten, dass es sich um Waffen handelte. Warum sollte gerade ein Geheimdienst einen Hilfstransport begleiten, wo doch den aserbaidschanischen Vorgesetzten daran gelegen war, dass nichts von Waffenlieferungen bekannt werden würde. Gerade der Geheimdienst ist prädistiniert, derartige Machenschaften aufzudecken. Warum sollten also die Verantwortlichen gerade den Geheimdienst zur Begleitung beauftragen. Aber auch die Aussage des BF, dass er und seine Kameraden den Transport in Uniform begleitet hätten, kann nicht überzeugen, sollte doch kein Aufsehen erregt werden. Aber gerade Uniformierte stehen immer im Mittelpunkt öffentlicher Interessen. Der BF bringt außerdem vor, dass seine Geheimdienstabteilung eine Unterabteilung des KGB gewesen wäre. In weiterer Folge erklärt er, dass der KGB seine Kameraden erschossen hätten, als sie den Transport in Tschetschenien aufgedeckt hätten. Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum sollte der KGB an den BF, dem er ja angehörte, befehlen, den Transport zu begleiten, um dann die eigenen Mitarbeiter zu töten. Wenn diese Unterabteilung des KGB nicht vertrauenswürdig gewesen wäre, wäre wahrscheinlich kein Auftrag ergangen. Wenn der BF an späterer Stelle der Einvernahme vor dem Asylgerichtshof vorbringt, dass der genannte Vorfall 1994 gewesen wäre, ist es umso unverständlicher, dass der BF dann noch bis 1997 beim Geheimdienst gewesen wäre. Obwohl er vorbringt, dass drei oder vier Mal versucht worden wäre, ihn umzubringen, wird dies von ihm dahingehend erklärt, dass er die Todesursache seines im Jahre 1992 verstorbenen Vaters aufklären wollte. In seinen vorhergehenden Einvernahmen erklärte der BF, dass nach seiner Rückkehr vom Militär drei oder vier Mal versucht worden wäre, ihn durch das Verteidigungsministerium wegen der Waffenlieferung zu töten. Das letzte Mal wäre es im Jänner 1998 gewesen. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass es dann umso weniger plausibel ist, dass dem BF am 23.1.1998 ein aserbaidschanischer Führerschein durch die Behörde ausgestellt worden wäre, wäre der BF doch von staatlichen Stellen verfolgt worden.

 

Es ist aber auch nicht plausibel, dass derartige Tötungsversuche nur in den Raum gestellt werden, ohne konkrete Vorfälle bzw. Zeitangaben benennen zu können. Von einer Person, die derartiges erlebte, kann erwartet werden, dass sie sich an diese Zwischenfälle erinnert und Einzelheiten vorbringen kann. Vielmehr werden vom BF nicht nachvollziehbare Vorfälle vorgetragen.

 

Wenn vom BFV vorgebracht wurde, der BF werde auch Einzelheiten seiner vielen Treffen mit KGB-Personen schildern und Details dazu benennen, ist festzustellen, dass der BF nichts Derartiges vorbrachte. Wenn weiters vorgebracht wird, es gäbe auch einen in Salzburg wohnhaften D.M. der den Vater des BF gekannt hätte und die Tätigkeit des Geheimdienstes in Aserbaidschan beschreiben könne, ist festzustellen, dass der BF in seiner mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof auf die Einvernahme dieses Zeugen verzichtete, da dieser nur seine in Österreich gelebten Aktivitäten bezeugen hätte können. Weiters wird erklärt, es gäbe auch eine Liste von Namen, die aus politischen Gründen inhaftiert worden wären und in der Haft gestorben seien. Diese Personen hätten bei der selben Spezialeinheit wie der BF gedient. Außerdem wäre der Kommandant der Einheit getötet worden und der für die Waffenverkäufe zuständige N.S. Sicherheitsminister geworden. Wäre der BF in einer mündlichen Berufungsverhandlung einvernommen worden, wäre hervorgekommen, dass er vom Geheimdienst in Aserbaidschan verfolgt werden würde, da er die Todesursache seines Vaters aufklären wollte. Alle diese Vorbringen konnten vom BF weder durch Vorlage von Beweismittel noch in seiner Einvernahme belegt werden.

 

Wenn der BFV in der Stellungnahme vom 6.5.2010 vorbringt, dass es für den BF nicht möglich wäre, die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft zu erlangen und er daher staatenlos wäre was zu Folge hätte, dass er bei Abschiebung keine Existenzgrundlage hätte, ist vorerst festzustellen, dass das Vorbringen des BF, er wäre Geheimnisträger und daher Verfolgter, als nicht glaubwürdig zu werten ist. Wenn der BFV vorbringt, dass der BF bereits 1994 Aserbaidschan verlassen hätte und daher 1998, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Staatsangehörigkeitsgesetzes 1998, nicht mehr gemeldet gewesen wäre, ist dem dahingehend entgegen zu treten, dass der BF nach seinen eigenen Angaben bis 1997 beim Geheimdienst gewesen wäre und sich am 23.01.1998 einen aserbaidschanischen Führerschein hat ausstellen lassen, das zur Voraussetzung hat, dass er auch in Aserbaidschan gemeldet war. Es ist daher für den Gerichtshof nicht ersichtlich, warum die Behörde den BF in der Folge amtlich abmelden hätte sollen, war doch kein Grund dafür gegeben. Der BF würde somit den Bestimmungen des § 5 Staatsangehörigkeitsgesetz 1998 unterfallen und somit als Staatsangehöriger der Republik Aserbaidschan gelten.

 

II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:

 

1. Anzuwendendes Verfahrensrecht:

 

Gem. § 23 (1) des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gem. § 73 (1) Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) tritt dieses Gesetz mit der Maßgabe des § 75 (1) leg. cit in Kraft, wonach alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen sind.

 

Gegenständliches Verfahren war am 31.12.2005 anhängig, weshalb es nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, zu Ende zu führen war.

 

Gemäß § 75 Abs. 8 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009 ist § 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2009 auf alle am oder nach dem 1. Jänner 2010 anhängigen Verfahren nach dem Asylgesetz 1997 mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Ausweisungsentscheidung nach dem Asylgesetz 1997, die vor dem 1. Jänner 2010 erlassen wurde, als eine Ausweisungsentscheidung nach § 10, die Zurückweisung eines Asylantrages nach dem Asylgesetz 1997 als Zurückweisung nach § 10 Abs. 1 Z 1 und die Abweisung eines Asylantrages nach dem Asylgesetz 1997, mit der festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, als Abweisung nach § 10 Abs. 1 Z 2 gilt.

 

Gegenständlicher Antrag auf Gewährung von Asyl wurde am 09.04.2002 gestellt, weshalb auf dieses Beschwerdeverfahren die Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. Nr. 76/1997 idgF, anzuwenden sind.

 

2. Zuständigkeit des erkennenden Senates:

 

Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes.

 

Aufgrund der Geschäftsverteilung wurde gegenständlicher Verwaltungsakt dem erkennenden Senat zugewiesen, woraus sich dessen Zuständigkeit ergibt.

 

3. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die erkennende Behörde, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid in jeder Richtung abzuändern.

 

4. Abweisung des Antrages auf Gewährung von Asyl.

 

Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor.

 

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müssen konkrete, den Asylwerber selbst betreffende Umstände behauptet und bescheinigt werden, aus denen die von der zitierten Konventionsbestimmung geforderte Furcht rechtlich ableitbar ist (vgl zB vom 8. 11. 1989, 89/01/0287 bis 0291 und vom 19. 9 1990, 90/01/0113). Der Hinweis eines Asylwerbers auf einen allgemeinen Bericht genügt dafür ebenso wenig wie der Hinweis auf die allgemeine Lage, zB. einer Volksgruppe, in seinem Herkunftsstaat (vgl VwGH 29. 11. 1989, 89/01/0362; 5. 12. 1990, 90/01/0202; 5. 6. 1991, 90/01/0198; 19. 9 1990, 90/01/0113).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

 

Eine asylrelevante Verfolgung kann im Lichte der Genfer Flüchtlingskonvention und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur dann angenommen werden, wenn die Verfolgungshandlungen vom Verfolgerstaat ausgehen, sondern auch wenn die staatlichen Maßnahmen nicht im Ergebnis dazu führen, dass der Eintritt eines asylrechtlich, relevante Intensität erreichenden Nachteils aus der von dritter Seite ausgehenden Verfolgung nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit abgewendet werden kann (vgl. hiezu etwa VwGH 30.06.2005, Zahl 2002/20/0205; VwGH 01.09.2005, Zahl 2005/20/0357), was im letzteren Fall dann Relevanz zeitigen könnte, wenn die staatlichen Behörden nicht "schutzwillig" oder "schutzfähig" gegenüber solchen - aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen erfolgenden - Angriffen Dritter sind.

 

Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war dem Vorbringen des Beschwerdeführers zum behaupteten Ausreisegrund insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung einnimmt (vgl. VwGH v. 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).

 

Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht im dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die von dem Beschwerdeführer behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

 

Insgesamt kommt daher der erkennende Senat zum Schluss, dass den Angaben des BF aufgrund der aufgezeigten Ungereimtheiten kein Glauben geschenkt werden kann, dass er einer asylrelevanten Bedrohung ausgesetzt und der erforderliche staatliche Schutz nicht gewährt hätte werden können.

 

Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Gewährung von Asyl somit aus.

 

Es war unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände daher zu Recht kein Asyl zu gewähren, die Entscheidung des BAA im Ergebnis zu bestätigen und die Beschwerde somit hinsichtlich Spruchpunkt I. abzuweisen.

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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