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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FrPolG 2005 §54 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl sowie die Hofräte Mag. Haunold und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des WOY in W, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. August 2009, Zl. SD 520/06, betreffend Erlassung einer Ausweisung gemäß § 54 FPG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Ecuador, gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) aus dem Bundesgebiet aus.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt in Österreich eingereist und seit 8. Juli 2003 hier gemeldet. Am 11. August 2003 habe er die österreichische Staatsbürgerin W geheiratet und daraufhin am 26. März 2004 einen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach dem Fremdengesetz 1997 (FrG) eingebracht. Auf Grund dieses Antrages sei dem Beschwerdeführer ein bis 4. November 2005 gültiger Aufenthaltstitel für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittsta. - Ö., § 49 Abs. 1 FrG" erteilt worden. Am 23. März 2005 sei die Ehe des Beschwerdeführers rechtskräftig geschieden worden.
Am 2. November 2005 habe der Beschwerdeführer den nunmehr gegenständlichen Antrag auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels (verbunden mit einem Zweckänderungsantrag) eingebracht. Die Niederlassungsbehörde gehe davon aus, dass der Beschwerdeführer über keine alle Risken abdeckende Krankenversicherung verfüge und die Sicherung des Lebensunterhalts nicht nachweisen könne.
Gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 FPG könnten Fremde, die sich während eines Verlängerungsverfahrens im Bundesgebiet aufhielten, mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegenstehe. Der Beschwerdeführer sei in den letzten Jahren nur sporadisch einer Arbeitstätigkeit nachgegangen. Seit 4. November 2008 sei er geringfügig beschäftigt und lebe "primär von seinem Arbeitslosengeldbezug". Lediglich in der Zeit vom 9. März 2009 bis 31. März 2009 sei er als geringfügig beschäftigter Arbeiter gemeldet gewesen.
Es sei sohin die Annahme gerechtfertigt, der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers könnte zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen, weshalb der Erteilung des Aufenthaltstitels das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung entgegenstehe, was wiederum die Ausweisung nach § 54 Abs. 1 Z 2 FPG zulasse.
Im Weiteren legte die belangte Behörde noch dar, weshalb ihrer Ansicht nach die Erlassung der Ausweisung auch nach § 66 FPG zulässig sei.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die Beschwerde wendet sich u.a. gegen die Ansicht der belangten Behörde, die notwendigen Unterhaltsmittel lägen nicht vor, und wirft in diesem Zusammenhang der belangten Behörde auch vor, sie habe aktenwidrig festgestellt, dass der Beschwerdeführer über keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung verfüge.
Diesem Vorbringen kommt im Ergebnis Berechtigung zu.
Der Beschwerdeführer legte im Ausweisungsverfahren eine Bestätigung vor, wonach er im Unternehmen des F mit einem Monatslohn von EUR 1.000,-- beschäftigt sei. In seiner gegen den erstinstanzlichen Bescheid gerichteten Berufung brachte er vor, ab Juni 2006 werde er als Vollzeitbeschäftigter bei diesem Unternehmen angestellt sein. Im Rahmen einer am 27. März 2007 eingebrachten Berufungsergänzung führte der Beschwerdeführer aus, über einen Befreiungsschein zu verfügen und EUR 1.500,-- monatlich ins Verdienen zu bringen.
Die belangte Behörde stellte nun in ihrem - mehr als drei Jahre nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides - ergangenen Berufungsbescheid nicht näher fest, über welches Einkommen der Beschwerdeführer im Entscheidungszeitpunkt verfügte und ob dieses im Sinn des § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 NAG - auch hinkünftig für die allfällig in Betracht kommende Gültigkeitsdauer des begehrten Aufenthaltstitels (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 5. Oktober 2010, Zl. 2008/22/0114, mwN) - als ausreichend anzusehen wäre, um seinen Unterhaltsbedarf sicherstellen zu können. Sie bezog sich offenkundig lediglich auf die Eintragung im von ihr am 12. August 2009 angefertigten Versicherungsdatenauszug aus der Evidenz der "österreichischen Sozialversicherung", wonach der Beschwerdeführer zu dieser Zeit als mit "Arbeitslosengeldbezug" gemeldet aufschien. Daraus allein durfte aber - entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsansicht - nicht abgeleitet werden, dass er nicht über im Sinn des § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 NAG ausreichende Unterhaltsmittel verfüge, weil der Bezug von Arbeitslosengeld für sich genommen nicht von vornherein das Bestehen von Mittel im Ausmaß des § 11 Abs. 5 NAG ausschließt. Des Weiteren ist im vorliegenden Zusammenhang festzuhalten, dass es sich beim Bezug von Arbeitslosengeld nicht um eine Sozialhilfeleistung im Sinn des § 11 Abs. 5 NAG, sondern um eine Versicherungsleistung handelt (vgl. Pkt. 2.4.2. des hg. Erkenntnisses vom 28. Oktober 2009, Zl. 2007/01/0295, mwN), die bei der Berechnung des zur Verfügung stehenden Einkommens zu berücksichtigen ist. Infolge Verkennung dieser Rechtslage hat die belangte Behörde das Ausmaß des Einkommens des Beschwerdeführers nicht festgestellt.
Sohin war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das den in der genannten Verordnung enthaltenen Pauschalsatz für Schriftsatzaufwand übersteigende, auf Erstattung von Umsatzsteuer abzielende Mehrbegehren war abzuweisen, weil Umsatzsteuer im Pauschalsatz bereits enthalten ist.
Wien, am 22. März 2011
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2011:2009180402.X00Im RIS seit
14.04.2011Zuletzt aktualisiert am
20.05.2011