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21 Handels- und WertpapierrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Unverhältnismäßiger Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit durchBestimmungen des Börsegesetzes 1989 über die Voraussetzungen für dieZulassung bzw den Ausschluss von der Börsemitgliedschaft beiBestrafung des Antragstellers bzw eines seiner Geschäftsleiter wegenMarktmanipulation; Zulässigkeit des Individualantrags einesUnternehmens als BörsemitgliedRechtssatz
Zulässigkeit des Antrags eines Börsemitglieds auf Aufhebung der Wortfolge "und 48c" in §14 Abs1 Z4 BörseG 1989 idF BGBl I 22/2009.
Unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaft durch eine Regelung, die das Börseunternehmen verpflichtet, ein Börsemitglied im Fall einer rechtskräftigen Bestrafung eines Geschäftsleiters nach §48c BörseG ohne weiteres Verfahren von der Mitgliedschaft auszuschließen, sofern es nicht den Geschäftsleiter seiner Funktion enthebt.
Eingriff im Hinblick auf die Verurteilung eines Vorstandsmitglieds der antragstellenden Gesellschaft durch Bescheid des UVS vom 15.04.10 auch aktuell; kein zumutbarer Umweg; die mit dem Entzug der Börsemitgliedschaft verbundenen rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen sind so gravierend, dass eine bloß nachträgliche Überprüfung der Richtigkeit dieser Entscheidung dem Rechtsschutzbedürfnis nicht hinreichend Rechnung trägt.
Aufhebung der angefochtenen Bestimmung wegen Verletzung des Rechts auf Freiheit der Erwerbsbetätigung.
Es kann im öffentlichen Interesse gelegen sein, ein Unternehmen, das bzw dessen Geschäftsleiter wegen Marktmanipulation (§48c BörseG) rechtskräftig bestraft worden ist, von der Börsemitgliedschaft auszuschließen, bzw von einem Börsemitglied bei Androhung des Verlustes der Börsemitgliedschaft zu verlangen, dass es einen wegen Marktmanipulation verurteilten Geschäftsleiter von dieser Funktion abberuft. Maßnahme auch typischerweise geeignet, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die geschäftliche Gebarung des Börsemitgliedes wieder herzustellen.
Eingriff in die Erwerbsfreiheit jedoch unverhältnismäßig: Verlust der Börsemitgliedschaft automatisch - und ohne die Möglichkeit der Einräumung vorläufigen Rechtsschutzes (vgl §19 Abs2 BörseG) - mit der rechtskräftigen Bestrafung des Börsemitgliedes selbst oder seines Geschäftsleiters wegen Marktmanipulation verknüpft. Keine Berücksichtigung der Umstände des konkreten Falles; Vielzahl von Verhaltensweisen unter den Tatbestand in §48a Abs1 Z2 subsumiert;
Verstöße hinsichtlich ihrer Gravität nicht gleich zu beurteilen;
keine Mindeststrafe vorgesehen, vielmehr unterschiedliches Strafausmaß möglich. Börserechtlich jedoch unausweichlich dieselbe - überaus gravierende – Rechtsfolge.
Geschäftsleiter zudem für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch das Börsemitglied strafrechtlich verantwortliche Person gem §9 Abs1 VStG (vgl §2 Abs1 lita BankwesenG); Bestrafung daher auch dann, wenn der eigentliche Tatbestand der Marktmanipulation durch Mitarbeiter begangen wurde, der Geschäftsleiter es aber (fahrlässig) unterlassen hat, die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln sicherzustellen.
Unverhältnismäßigkeit auch der alternativen Verpflichtung des Börsemitglieds, sich von dem Geschäftsleiter zu trennen und die damit in der Regel verbundenen dienstvertraglichen, finanziellen und/oder organisatorischen Konsequenzen in Kauf zu nehmen.
Nach bereinigter Rechtslage jegliche Bestrafung eines Geschäftsleiters wegen Marktmanipulation ohne Sanktionen für das Unternehmen; daher Setzung einer Frist für das In-Kraft-Treten der Aufhebung (31.12.11), um dem Gesetzgeber die Möglichkeit zu einer verfassungskonformen Neuregelung zu geben.
Schlagworte
Börsewesen, VfGH / Individualantrag, Erwerbsausübungsfreiheit,Rechtsschutz, Verwaltungsstrafrecht, Strafbemessung,Verantwortlichkeit Organe, VfGH / FristsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2011:G105.2010Zuletzt aktualisiert am
21.05.2012