TE AsylGH Erkenntnis 2011/04/04 C1 404863-2/2010

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Veröffentlicht am 04.04.2011
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Spruch

C1 404863-2/2010/2E

 

Analoge Entscheidung betreffend Familienmitglieder:

 

C1 404862-2/2010/2E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin MMag. Dr. Fischer-Szilagyi als Vorsitzende und den Richter Mag. Marth als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX, StA. Afghanistan, gesetzlich vertreten durch XXXX, diese vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Heinrich Schellhorn, vom 01.04.2010 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.03.2010, Zl. 08 11.052-BAS, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 Asylgesetz 2005 (AsylG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, der Status einer Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

Entscheidungsgründe:

 

Die minderjährige Beschwerdeführerin reiste gemeinsam mit ihrer Familie am 07.11.2008 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle West, vom 15.02.2009 wurde der Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG nach Griechenland ausgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin am 02.03.2009 Beschwerde. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 25.03.2009 zur Zahl S11 404863-1/2009/3E wurde der Beschwerde gemäß § 41 Abs. 3 AsylG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

 

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des Bundesasylamtes wurde der Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und wurde die Beschwerdeführerin unter einem gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Rechtsmittel erhoben.

 

Einsicht wurde genommen in die Verfahrensakten der Eltern der Beschwerdeführerin, XXXX und XXXX, sowie des Bruders, XXXX, zu den Zahlen C1 404865 und C1 40464 bzw. C1 404862.

 

Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

 

Die minderjährige Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Afghanistan. Sie verließ gemeinsam mit ihrer Familie Afghanistan, reiste illegal, aus Griechenland kommend, in Österreich ein und stellte am 07.11.2008 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Die Anträge auf internationalen Schutz der Eltern und des Bruders der Beschwerdeführerin wurden jeweils gemäß §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen und wurde gemäß § 10 AsylG die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgesprochen.

 

Die Beschwerdeführerin ist die minderjährige Tochter von XXXX, der mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 04.04.2011, Zl. C1 404865-2/2010/15E, gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde und der damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

 

Die minderjährige Beschwerdeführerin lebt in Österreich im gemeinsamen Haushalt mit ihren Eltern und ihrem ebenfalls minderjährigem Bruder.

 

Eigene Fluchtgründe wurden für die Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht.

 

Diese Feststellungen ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben der gesetzlichen Vertreter der Beschwerdeführerin sowie aus dem Akteninhalt.

 

In das Verfahren wurden folgende Länderberichte eingebracht:

 

UK Home Office, Country of Origin Information Report, Afghanistan, 05.11.2010;

 

US Department of State, Human Rights Report Afghanistan, 2009;

 

Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Afghanistan, 27.07.2010;

 

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge; Afghanistan - Aktuelle Lage, Juli 2009;

 

UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, Stand: März 2009.

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Im gegenständlichen Fall liegt ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG 2005 vor.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obige Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Abs. 1 Z 22) von 1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder 3. einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes (§ 34 Abs. 1 AsylG).

 

Gemäß § 34 Abs. 2 AsylG hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn 1. dieser nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3); 2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und 3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

 

Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

 

Die Bestimmungen dieses Abschnitts (Sonderbestimmungen für das Familienverfahren) sind nicht anzuwenden: 1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind; 2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind (§ 34 Abs. 6 AsylG).

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

Wie den oben getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, wurde der Mutter der unverheirateten minderjährigen Beschwerdeführerin der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine Familienangehörige im Sinne des § 2 Absatz 1 Ziffer 22 AsylG. Überdies bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der unbescholtenen Beschwerdeführerin die Fortsetzung ihres Familienlebens mit der asylberechtigten Angehörigen, gegen die auch kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist, in einem anderen Staat möglich wäre.

 

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Das Verfahren war gemäß der Bestimmung des § 23 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz, BGBl. I Nr. 4/2008 idgF, zu führen.

Schlagworte
Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
20.04.2011
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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