TE UVS Steiermark 2011/02/10 30.12-46/2010

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Veröffentlicht am 10.02.2011
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Hütter über die Berufung des Herrn Ch W, vertreten durch Frau We Wi Wu, R/K, H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Voitsberg vom 19.08.2010, GZ.: BHVO-15.1-4750/2010, betreffend Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes wie folgt entschieden:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs VStG eingestellt.

Text

Laut Straferkenntnis hat der Beschuldigte fünf Übertretungen des § 7 VStG iVm § 111 Abs 1 Z 1 iVm § 33 Abs 2 ASVG zu verantworten, wobei die Einleitung des Spruchs aus folgenden Ausführungen besteht:

Ihre Funktion: Beschuldigte(r)

Nachstehende ausländische Staatsbürger, bei welchen es sich um in der Krankenversicherung vollversicherte pflichtversicherte Personen handelt, wurden von Wu WeWi als Inhaberin des Gastgewerbes in der Betriebsart Restaurant mit Sitz in R/K, H, zumindest am 25.02.2010 um 10:30 Uhr beschäftigt, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei einer Krankenkasse als in der Unfallversicherung Pflichtversicherte/r angemeldet wurden, obwohl § 33 Abs. 1 auch für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z. 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe gilt, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind. Wu WeWi wäre als Dienstgeberin verpflichtet gewesen die Beschäftigten vor Arbeitsantritt anzumelden und wurde die Meldung nicht erstattet. Sie haben gegenständlichen ausländischen Staatsbürgerm Arbeit angeboten, Arbeitsanweisungen an diese weitergegeben, das gesamte Werkzeug sowie das Material zur Verfügung gestellt und mittels Verpflegung entlohnt. Dadurch haben Sie vorsätzliche Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung geleistet.

 

In der Begründung nahm die erstinstanzliche Behörde auf die Anzeige des Finanzamtes Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg vom 17.05.2010 und die an den Beschuldigten ergangene Aufforderung zur Rechtfertigung vom 18.06.2010 Bezug, hielt fest, dass er dieser Aufforderung keine Folge geleistet habe, gab den Inhalt des § 33 ASVG (Abs 1, 1a und 2) sowie des § 7 VStG wieder und sah den Tatbestand als durch die Anzeige des Finanzamtes Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg vom 17.05.2010 als erwiesen (an).

 

Der Beschuldigte berief, indem er mündlich vor der belangten Behörde zu Protokoll gab, dass die gegenständlichen Arbeitnehmer für ihre Tätigkeit nur Essen und Trinken erhalten hätten und er deswegen und auf Grund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse um Einstellung des Verfahrens bzw. Herabsetzung der Strafe ersuche.

 

Die mitbeteiligte Partei - das Finanzamt Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg - nahm wie folgt schriftlich Stellung: In der Niederschrift vom 25.02.2010 habe der Berufungswerber nicht erwähnt, dass seine Schwester, Fr. WeWi Wu, Betreiberin des Lokals sei, und habe angegeben, dass er die Ausländer im Lokal beschäftigt, ihnen Naturalentlohnung gewährt und Arbeitsanweisungen erteilt und Werkzeug und Material zur Verfügung gestellt habe. Bei einer weiteren Kontrolle habe er angegeben, dass seine Schwester das Lokal betreibe, und er am 04.03.2010 die Ausländer beauftragt habe, ihm und seiner Schwester bei den Umbauarbeiten zu helfen.

Weiter brachte das Finanzamt Folgendes vor: Auf Grund dieser vorliegenden Ermittlungen ha. wurde beim Berufungswerber § 7 VStG zur Anzeige gebracht, da er als unmittelbarer Täter im ggstl. Verwaltungsstrafverfahren verdächtigt wird.

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark gelangt zu folgender Beurteilung:

§ 33 ASVG:

(1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

(1a) Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1.)

vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.)

die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

(2) Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

§ 7 VStG:

Wer vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, unterliegt der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 7 VStG ist unter Beihilfe die vorsätzliche Unterstützung des tatbestandsmäßigen rechtswidrigen Verhaltens eines anderen zu verstehen, ohne dass dabei Ausführungshandlungen gesetzt werden; die Tätigkeit des Gehilfen besteht somit in einem ursächlichen Beitrag zur Ausführung einer strafbaren Handlung eines anderen, der auf jede andere Weise als durch unmittelbare Täterschaft erbracht werden kann. Wird jemand der Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung schuldig erkannt, so ist im Spruch auch konkret - unter Angabe von Zeit, Ort und Inhalt der Beihilfehandlung - das als Beihilfe gewertete Verhalten zu umschreiben. Der Vorwurf, der Beschuldigte habe die Begehung näher umschriebener Verwaltungsübertretungen erleichtert, reicht für die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat im Sinn des § 44a Z 1 VStG nicht aus (Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 [2000], E 15 und 21 zu § 7 VStG).

Im Berufungsfall ergibt sich, dass die Schwester des Berufungswerbers, Frau We Wi Wu Inhaberin des Gastgewerbes und der Berufungswerber bei ihr angestellt war. Nach der in der einführenden Passage der Sachverhaltsumschreibung des Spruchs des Straferkenntnisses vorgenommenen Umschreibung der Beihilfehandlungen hat der Beschuldigte den Ausländern Arbeit angeboten, Arbeitsanweisungen an diese weitergegeben, das gesamte Werkzeug sowie das Material zur Verfügung gestellt und mittels Verpflegung entlohnt. Es ist nicht zu erkennen, dass bzw. in welcher Weise der Beschuldigte damit der unmittelbaren Täterin, Frau We Wi Wu, die wegen vierfachen Verstoßes gegen § 33 Abs 2 ASVG bestraft wurde, erleichtert habe, Meldeverstöße nach dem ASVG zu begehen. Selbst wenn (was aus dem Spruch nicht hervorgeht) der Beschuldigte den Ausländern jene Arbeit angeboten hätte, die zur Beschäftigung führte, deren Meldung an den Sozialversicherungsträger seine Schwester unterlassen hat, wobei bei dieser Handlung eine Tatzeitangabe fehlt, bestünde kein ursächlicher, zwingender Zusammenhang dieser Beitragshandlung damit, dass die Arbeitgeberin die Anmeldung der beschäftigten Personen bei der Sozialversicherung unterließ, weil das Anbieten von Arbeit an jemanden allenfalls zu dessen Beschäftigung führen kann, aber nicht gesagt werden kann, es würde einem Arbeitgeber dadurch die Begehung eines Meldeverstoßes erleichtert. Noch viel weniger ist ein Zusammenhang zwischen den anderen angeführten Beitragshandlungen und der unmittelbaren, von Frau We Wi Wu zu verantwortenden Tat zu erkennen, wobei auch ein entsprechender Vorsatz eines auf Weisung seines Arbeitgebers handelnden Beitragstäters bei Ausführung der Beitragshandlungen nicht zu erblicken ist.

Die vom Finanzamt geäußerte, oben wiedergegebene Rechtsmeinung ändert daran nichts, weil diese Äußerung insofern widersprüchlich ist, als die vom Finanzamt wiedergegebene Aussage des Berufungswerbers laut Niederschrift vom 25.02.2010 zum Ausdruck bringt, dass jener die Ausländer selbst (als Arbeitgeber) beschäftigt habe und das Finanzamt selbst meint, er werde als unmittelbarer Täter verdächtigt, dann aber - unzutreffend - folgert, dass § 7 VStG zur Anzeige gebracht (worden sei)

 

Daraus ergibt sich, dass der Beschuldigte die ihm zur Last gelegten Übertretungen nicht begangen hat, was die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens nach sich zieht.

Schlagworte
Beihilfe; Meldepflicht; Arbeitsanweisungen; Erleichterung; Zusammenhang
Zuletzt aktualisiert am
15.04.2011
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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