Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Merli über die Berufung des Herrn E Iw, P, M L, vertreten durch Pe & Pa, Rechtsanwälte in K, J, gegen Punkt 1.) im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 17.03.2010, GZ: 15.1 5741/2009, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, der Bescheid im bekämpften Umfang behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Unter Punkt 1.) im bekämpften Strafbescheid wurde dem Berufungswerber in seiner Funktion als Gewerbeinhaber Folgendes zur Last gelegt:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 1.4.2005, GZ: 4.0-134/05, wurde Ihnen die gewerbebehördliche Bewilligung zur Ausübung des Tischlergewerbes (Handwerk), im Standort W, K, eingeschränkt auf den Bürobetrieb, erteilt.
Sie haben - wie dies aus der Eintragung im Internet auf der Seite www.firmenabc.at vom 28.3.2008 bzw. vom 22.6.2009 ersichtlich ist - die Ausübung einer Tischlerei mit Standort P, M L, angeboten, wobei das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Personenkreis der Ausübung dieses Gewerbes gleichgehalten ist. Sie haben daher als Gewerbeinhaber zu verantworten, dass Sie bereits dadurch zumindest seit 28.3.2008 das reglementierte Gewerbe Tischler (§ 94 Z 71) mit Standort P, M L, ausüben, womit Sie den Umfang Ihrer Gewerbeberechtigungen überschreiten...
Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften der § 368 i.V.m. § 1 Abs 4 letzter Satz i.V.m. § 94 Z 71 GewO 1994 verhängte die belangte Behörde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von ? 365,00 (im Uneinbringlichkeitsfalle 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe).
Der unter Punkt 2.) im bekämpften Strafbescheid angeführte Tatvorwurf - Betrieb einer genehmigungspflichtigen, jedoch nicht genehmigten Betriebsanlage für den Betrieb einer Tischlerei am Standort in P, M L - wurde von der belangten Behörde nicht weiter verfolgt, weil Organe der Wirtschaftskammer Steiermark vor Ort keinen Hinweis für eine Übertretung dieser Art gefunden haben. Das Verwaltungsstrafverfahren wurde in diesem Punkt gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
In seiner fristgerecht erhobenen Berufung brachte E Iw vor, er habe (auch) die ihm unter Punkt 1.) vorgehaltene Übertretung (Überschreitung des Umfanges seiner Gewerbeberechtigung) nicht zu verantworten. Er habe die ihm zur Last gelegte Tätigkeit nicht selbst inseriert und somit auch keine Tischlertätigkeit an einem anderen (als den angezeigten) Standort angeboten. Unabhängig davon sei er Inhaber des Gewerbes Tischler, des Handelsgewerbes und des Gewerbes Ingenieurbüro (beratende Ingenieure), eingeschränkt auf Innenarchitektur. Somit verfüge er unter anderem auch über eine Gewerbeberechtigung, die ihm die Ausübung des Tischlereigewerbes im Sinne des § 94 Z 71 GewO erlaube. Die Angabe einer Adresse (in einem Inserat), für die kein Standort des gewerblichen Unternehmens bestehe, erfülle nicht den von der belangten Behörde herangezogenen Tatbestand. Das Anbieten einer derartigen Tätigkeit wäre nicht unter § 368 GewO zu subsummieren, sodass allein schon aus rechtlichen Gründen eine Bestrafung des Berufungswerbers ausscheide.
E Iw beantragte seiner Berufung Folge zu geben, dass angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn einzustellen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat ist bei seiner Entscheidung, die anhand der Aktenlage und ergänzenden Erhebungen bei der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg im Rahmen einer rechtlichen Beurteilung zu treffen ist, von folgender Sachlage ausgegangen:
Ing. E Iw hat bei der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg das Gewerbe Tischler (Handwerk), Standort K, W, Gemeinde K, mit dem Zusatz im Standort eingeschränkt auf den Bürobetrieb, bei der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg angemeldet. Mit Rechtwirksamkeit 01.04.2005 wurde Ing. E Iw mit dem von ihm angemeldeten Gewerbe am von ihm angegebenen Standort, mit dem Zusatz: im Standort eingeschränkt auf den Bürobetrieb, ins Gewerberegister eingetragen.
Aufgrund von Anzeigen, wonach Ing. E Iw am Standort M L, P , eine Tischlerei betreibt, der Eintragungen im Internet auf der Seite www.firmenabc.at vom 28.03.2008, 30.04.2009 und 22.06.2009, und aufgrund des Bescheides des Bürgermeisters der Marktgemeinde M L vom 12.5.2006, GZ: PE/1522/2006 (Untersagung der vorschriftswidrigen Nutzung von Teilen des bewilligten Einfamilienwohnhauses auf der Parzelle Nr. 659/5 EZ: 372, KG 63336 L gemäß § 41 Abs 4 des Stmk. Baugesetzes 1995) hielt die belangte Behörde dem Berufungswerber unter Punkt 1.) im bekämpften Straferkenntnis die Überschreitung des Umfanges seiner Gewerbeberechtigung auf die oben referierte Art und Weise vor.
Die rechtliche Beurteilung ergibt Folgendes:
Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994, i.d.g.F. (im Folgenden GewO) lauten wie folgt:
§ 5 (1) Soweit dieses Bundesgesetz hinsichtlich einzelner Gewerbe nicht anderes bestimmt, dürfen Gewerbe bei Erfüllung der allgemeinen und der bei einzelnen Gewerben vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen aufgrund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes (§ 339) ausgeübt werden.
Für das reglementierte Gewerbe Tischler nach § 94 Z 71 bestehen keine gesetzlichen Sonderbestimmungen.
§ 339 (1) Wer ein Gewerbe ausüben will, hat die Gewerbeanmeldung bei der Bezirksverwaltungsbehörde des Standortes zu erstatten.
(2) Satz 1 Die Anmeldung hat die genaue Bezeichnung des Gewerbes und des für die Ausübung in Aussicht genommenen Standortes zu enthalten.
§ 340 (1) Aufgrund der Anmeldung des Gewerbes (339 Abs 1) hat die Behörde zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in den betreffenden Standort vorliegen. Liegen die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes vor (...), so hat die Behörde den Anmelder längstens binnen drei Monaten in das Gewerberegister einzutragen und durch Übermittlung eines Auszugs aus dem Gewerberegister von der Eintragung zu verständigen (...).
(3) Liegen die im Abs 1 genannten Voraussetzungen nicht vor, so hat die Behörde - unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs 1 Z 1 - dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen.
§ 46 (1) Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, berechtigt die Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Gewerbes in weiteren Betriebsstätten entsprechend den Anzeigen gemäß Abs 2.
(2) Der Gewerbeinhaber hat folgende Vorgänge der Behörde anzuzeigen:
1.)
den Beginn und die Einstellung der Ausübung des Gewerbes in einer weiteren Betriebsstätte,
2.)
die Verlegung des Betriebes eines Gewerbes in einen anderen Standort und
3.)
die Verlegung des Betriebes einer weiteren Betriebsstätte in einen anderen Standort. Die Anzeige ist so rechtzeitig zu erstatten, dass sie spätestens am Tag der Aufnahme oder Einstellung der Gewerbeausübung in der weiteren Betriebsstätte oder in den Fällen der Z 2 und 3 mit dem Tag der Aufnahme der Gewerbeausübung im neuen Standort bei der Behörde einlangt.
Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu ? 2.180,00 zu bestrafen ist, begeht nach § 367 Z 16, wer ein Gewerbe in einer weiteren Betriebsstätte oder in einem neuen Standort ausübt, ohne die Anzeige gemäß § 46 Abs 2 rechtzeitig erstattet zu haben.
Eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu ? 1 090,00 zu bestrafen ist, begeht gemäß § 368, wer andere als in den §§ 366, 367 und 367a genannte Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder der Bescheide, die auf Grund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassener Verordnungen ergangen sind, nicht einhält.
Im hier zu beurteilenden Fall hat der Berufungswerber bei der Anmeldung des Tischlergewerbes (Handwerk) die Standortangabe mit dem Vermerk eingeschränkt auf den Bürobetrieb versehen.
Obwohl damit die Gewerbeanmeldung durch den Berufungswerber - entgegen der Vorschrift des § 339 Abs 2 Satz 1 GewO - keinen für die Ausübung des Tischlergewerbes in Aussicht genommenen Standort enthalten hat, hat die Gewerbebehörde den Berufungswerber (mit der von ihm angegebenen Standorteinschränkung) ins Gewerberegister eingetragen. Im Hinblick auf das anhängige Verwaltungsstrafverfahren stellt sich somit die Frage, wie weit der Rechtserwerb des Berufungswerbers durch die Anmeldung reicht.
Die belangte Behörde, die dem Berufungswerber die Überschreitung des Umfanges seiner Gewerbeberechtigung vorwirft, geht offenbar davon aus, dass der auf den Bürobetrieb eingeschränkte Standort als räumlicher Teil der Gewerbeberechtigung (dem subjektiven Recht, ein bestimmtes Gewerbe unter den im Gesetz aufgestellten Bedingungen ausüben zu dürfen) auf den Ausübungsumfang des angemeldeten Tischlergewerbes durchschlägt, mit dem Ergebnis, dass der Berufungswerber überhaupt nur Bürotätigkeiten (wie etwa Pläne erstellen u. dgl. ) durchführen darf, bis er entweder einen (weiteren) Betriebsstandort für das eigentliche Tischlergewerbe anzeigt, bzw. eine weitere Gewerbeanmeldung ohne Standorteinschränkung einbringt.
Dieser Sichtweise kann sich die Berufungsbehörde nicht anschließen. Hat die Gewerbebehörde die in der Gewerbeanmeldung fehlende Standortangabe für die Ausübung des Tischlergewerbes - der bekannt gegebene Standort K, W, ist per Eigendefinition des Berufungswerbers nur für einen Bürobetrieb bestimmt - nicht zum Anlass genommen, nach § 340 Abs 3 GewO vorzugehen, so ist der Standort K, W, als Standort im Sinne des § 339 Abs 2 Satz 1 GewO, somit als Standort der Gewerbeberechtigung anzusehen. Ob sich dieser Standort tatsächlich für die Ausübung des Tischlergewerbes eignet, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Diese Frage wäre gewerberechtlich in einem Betriebsanlagengenehmigungsverfahren zu klären.
Seit der Gewerberechtsnovelle 2002 erstreckt sich die am Standort erworbene Gewerbeberechtigung auf weitere Betriebsstätten. Das bedeutet im vorliegenden Fall, dass der Berufungswerber als Gewerbeinhaber des Gewerbes Tischler (Handwerk) im Sinne des § 94 Z 71 GewO nicht den Umfang seiner Gewerbeberechtigung überschreitet, wenn er dieses Gewerbe nicht nur am Standort der Gewerbeberechtigung, sondern auch in einer weiteren Betriebsstätte ausübt.
Dem Berufungswerber hätte daher allenfalls die Verletzung der Ordnungsvorschrift des § 46 Abs 2 GewO (und damit eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z 16 GewO) vorgehalten werden können, weil er der Behörde den Beginn der Ausübung des Gewerbes in einer (weiteren) Betriebsstätte nicht angezeigt hat.
Ein derartiger Tatvorwurf wurde von der belangten Behörde allerdings nicht erhoben, weshalb er auch nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens sein kann.
Es war daher - ohne auf das weitere Berufungsvorbringen mehr eingehen zu müssen - der Bescheid im bekämpften Umfang zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 einzustellen.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.