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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art10 Abs1Leitsatz
Zurückweisung einer Klage der Stadt Salzburg gegen den Bund aufErsatz von Aufwendungen für die Suche nachFliegerbomben(blindgängern) auf in ihrem Eigentum stehendenGrundstücken mangels Zuständigkeit des VfGH; vermögensrechtlicherAnspruch aus Kompetenzverteilung nicht ableitbar; Zuständigkeit derordentlichen Gerichte infolge Fehlens einer gesetzlichenKostentragungsregelung für ErsatzansprücheSpruch
Die Klage wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. Sachverhalt, Klagevorbringen und Vorverfahren
1. Klage
1.1. Die Stadtgemeinde Salzburg (im Folgenden: klagende Partei) stellt mit der vorliegenden, auf Art137 Bundes-Verfassungsgesetz (im Folgenden: B-VG) gestützten, gegen die Republik Österreich (richtig: den Bund; im Folgenden: beklagte Partei) gerichteten, mit 1. April 2009 datierten Klage den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle erkennen:
"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von € 851.012,11 samt 4 % Zinsen aus € 648.489,45 seit 15.11.2002, aus € 133.878,66 seit 01.04.2003 und aus € 68.652,09 seit 18.10.2003 zu bezahlen und die Prozesskosten zu ersetzen; all dies binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang."
1.2. Die Klage wird wie folgt begründet (Hervorhebungen wie im Original):
"...
II. SUCH- UND SONDIERUNGSMAßNAHMEN DER KLAGENDEN PARTEI
1. Ausgangslage
Gegenstand dieses Verfahrens sind Aufwendungen, die der klagenden Partei im Zusammenhang mit dem Aufsuchen und der Bergung von Fliegerbombenblindgängern entstanden sind. Diese Fliegerbombenblindgänger sind Relikte aus der Zeit des zweiten Weltkrieges. Die englischen und amerikanischen Luftstreitkräfte haben im zweiten Weltkrieg (vorwiegend) zwei Typen von Bomben verwendet:
Bomben, die im Zeitpunkt des Aufschlagens auf den Boden detonieren sollten, und Bomben, die mit einem Zeitzünder ausgestattet waren. Im vorliegenden Zusammenhang interessiert vor allem der zuletzt genannte Typus.
Der Zeitzünder hatte den Sinn, Rettungs- und Bergungsarbeiten zu erschweren. Die Detonation sollte einige Zeit (2 bis 144 Stunden) nach dem Abwurf der Bombe erfolgen.
Der Zeitzündermechanismus bestand in einer Feder, die auf einen Schlagbolzen einwirkt. Die Feder drückt den Schlagbolzen nach vorn in Richtung der Sprengkapsel. Der durch die Feder belastete Schlagbolzen wird durch einen Sicherungsmechanismus aus Zelluloid daran gehindert, nach vor zu schnellen. Eine Säure (Acetonsäure) sollte dieses Zelluloid zersetzen und sohin bewirken, dass der Schlagbolzen in dem vorgesehenen Zeitintervall (wie gesagt, 2 bis 144 Stunden nach dem Abwurf) nach vor schlagen kann. Dieser Vorgang bewirkt die Detonation der Bombe.
Die Blindgängerquote war bei Zeitzünderbomben relativ hoch, sie betrug 20 % bis 25 %. Eine technische Ursache hiefür ist darin zu sehen, dass eine Bombe zwar mit der Spitze nach vorn in das Erdreich eindringt, aber in der Folge - üblicherweise - eine 'Aufwärtsbewegung' ausführt. Bei der Bergung derartiger Bomben konnte man beobachten, dass die Bomben überwiegend 'im Erdreich stehen'. Die geschilderte Stellung der Bombe bewirkt, dass die Säure nach unten, also in den Boden, dringt, und daher nicht mehr, jedenfalls nicht unmittelbar, auf das Zelluloid einwirken kann. Der geplante - säurebedingte - Zersetzungsprozess findet nicht statt. Die Säure verdampft und diffundiert.
Weiterhin hindert das nicht zersetzte Zelluloid daher den Schlagbolzen daran, nach vor zu schnellen. Die Haltekraft des Zelluloids ist jedoch begrenzt. Zelluloid verliert ständig an Stabilisatoren und damit an Elastizität. Wenn die Haltekraft des Zelluloids endet, dann schnellt die Feder nach vorn. In dieser Situation kommt es mit großer technischer Wahrscheinlichkeit zur Explosion. Aus technischer Sicht ist demnach die Detonation einer Zeitzünderbombe, die viele Jahre oder Jahrzehnte nach dem Abwurf einer Bombe erfolgt, nicht ungewöhnlich, sondern geradezu naheliegend.
Über diese Gegebenheiten besteht zwischen den Streitteilen weithin Einvernehmen. ...
...
In der Stadt Salzburg detonierten Fliegerbombenblindgänger in den Jahren 1965 und 1996. Im Jahr 1965 explodierte eine Shell-Tankstelle im Gebiet Rainerstraße/St. Julien-Straße. Eine Person wurde getötet, sieben Personen wurden verletzt. Im Jahr 1996 explodierte ein Fliegerbombenblindgänger im sogenannten Schwarzpark. Die Fliegerbombe riss einen Krater von knapp 10 m Durchmesser. Ein Hausmeister entkam knapp dem Tod. Der betreffende Bereich befindet sich unweit eines Kindergartens.
...
Vor dem Hintergrund dieser Gefahrensituation erscheint es dringend geboten, Fliegerbombenblindgänger nach Möglichkeit zu sondieren und zu bergen. Das Gefahrenpotential der Fliegerbombenblindgänger unterscheidet sich allerdings danach, ob die betreffende Bombe mit einem Zeitzünder ausgestattet war oder nicht. Zu einer Detonation eines Fliegerbombenblindgängers, der mit einem Zeitzünder ausgestattet ist, kommt es 'von selbst'. Der Zeitpunkt bestimmt sich nach dem eingangs beschriebenen Zersetzungsprozess des Zelluloids. Eine nähere zeitliche Eingrenzung ist nicht möglich. Die Selbstdetonation kann 10 Jahre, 30 Jahre oder 70 Jahre nach dem Abwurf der Fliegerbombe erfolgen. - Ein geringeres Gefahrenpotential weisen Fliegerbombenblindgänger auf, die nicht mit einem Zeitzünder ausgestattet sind. Nach technischer Erfahrung wird eine Detonation nur durch Krafteinwirkung ausgelöst. Auch dieses Gefahrenpotential darf freilich nicht bagatellisiert werden. So kann etwa eine Detonation durch Bautätigkeit ausgelöst werden.
Auch diese Zusammenhänge waren bislang zwischen den Parteien nicht strittig. ...
Eine sinnvolle Such- und Sondierungstätigkeit setzt voraus, dass entsprechende Indizien für Bombenverdachtspunkte vorliegen. Die Anhaltspunkte für die Tätigkeit der klagenden Partei lieferten die so genannte Salzburger Bombenkarte und die historischen Luftbildauswertungen der englischen und amerikanischen Luftstreitkräfte.
Die Salzburger Bombenkarte wurde nach dem zweiten Weltkrieg, beruhend auf protokollarisch festgehaltenen Angaben von Zeugen, angefertigt. In der Folge wurde diese Karte in einem Archiv der Salzburger Bundespolizeidirektion aufbewahrt. Im Jahr 1996 - gleichsam durch Zufall - wurde diese Karte in einem Altpapiercontainer der Bundespolizeidirektion aufgefunden. Sie steht also seither zur Verfügung.
Luftbildauswertungen sind Recherchen nach Textdokumenten und Bilddokumenten aus den Archiven in Großbritannien. Die (ehemaligen) alliierten Streitkräfte haben diese Luftbilder erst in den 90er Jahren freigegeben. Eine Luftbildauswertung grenzt die Bombenverdachtspunkte ab; eine Sicherheit, dass wirklich Bombenblindgänger aufgefunden werden können, besteht jedoch nicht. Die Luftbildauswertung ist aus technischer Sicht eine anerkannte Methode.
Über die grundsätzliche Eignung der Salzburger Bombenkarte und der Luftbildauswertung als technisch sinnvolle Suchstrategien bestand bislang zwischen den Parteien Konsens. ...
Es stehen verschiedene technische Möglichkeiten zur Auffindung von Fliegerbomben zur Verfügung. Zu nennen ist die Oberflächensondierung mit dem 'System Magneto'. Diese Methode gelangt allerdings nur dann zum Einsatz, wenn 'Kulturschutt' nicht vorhanden ist. In diesem Fall muss man auf die so genannte Bohrlochsondierung ausweichen. Das 'System Magneto' beruht auf dem Erdmagnetismus. Es handelt sich dabei um ein typisches Minensuchgerät mit einer Eindringtiefe in den Boden bis maximal 50 cm. Der Einsatz des 'Systems Magneto' im freien Bereich ohne Kulturschutt ist bis in eine Tiefe von rund 5 m möglich, dies bezogen auf größere Gegenstände, also etwa eine 250 kg schwere Bombe.
Das 'System Georadar' ist ebenfalls eine Methode für das Auffinden von Fliegerbombenblindgängern. Man fährt mit dem Gerät über die Verdachtsfläche, das Georadar schickt Radarwellen in den Boden, die Reflexionswellen werden dann elektronisch angezeigt und ausgewertet. Die Bohrlochsondierung dient dazu, einerseits durch den Kulturschutt durchzubohren; dann wird ein so genannter Bohrraster angelegt und in die Bohrung, die mit Kunststoff auszukleiden ist, eine Sonde eingeführt. Sodann wird das Signal der Sonde aufgezeichnet und über Datenverarbeitung ein Bild erarbeitet. Ein Experte kann aufgrund dieses Bildes Rückschlüsse ziehen, ob sich ein metallischer Störgegenstand einer bestimmten Größe im Boden befindet. Üblicherweise handelt es sich bei einem metallischen Störkörper, der in der abgezeichneten Form einer Fliegerbombe vorliegt, auch um eine Fliegerbombe. Es kann sich aber auch ergeben, dass anstelle der Fliegerbombe ein anderer Metallgegenstand ähnlicher Dimension im Erdreich verborgen ist.
...
Auf der Grundlage der 'Salzburger Bombenkarte' und den Luftbildauswertungen 4/97 (m) und 7/97 (97) sind in der Stadt Salzburg insgesamt 122 Bombenverdachtspunkte anzunehmen. 29 dieser Verdachtspunkte befinden sich auch auf Grundstücken, die der klagenden Partei gehören. 28 dieser 29 Bombenverdachtspunkte hat die klagende Partei sondieren lassen. 25 Sondierungen ergaben ein negatives Ergebnis, drei Sondierungen ergaben ein positives Ergebnis. Die Bomben bei diesen letztgenannten drei Sondierungen sind bereits entschärft und geborgen worden.
Die Aufwendungen, die der klagenden Partei durch diese Sondierungstätigkeit entstanden sind, bilden den Gegenstand der vorliegenden Klage.
Auch diese Tatsachen waren bislang zwischen den Parteien nicht strittig. ...
…
Die klagende Partei hat die beklagte Partei bezüglich sämtlicher Bombenverdachtspunkte dringend aufgefordert, die zur Gefahrenabwehr notwendigen Maßnahmen ehestmöglich zu veranlassen. Die beklagte Partei reagierte jedoch nicht. Diese hat vielmehr ihre Zuständigkeit für das Auffinden von Fliegerbombenblindgängern generell und ausdrücklich abgelehnt.
...
III. ZUSTÄNDIGKEIT DES BUNDES ZUR GESETZGEBUNG UND
VOLLZIEHUNG
Über die Frage der Zuständigkeit (Art10 ff B-VG) vertreten die Streitteile unterschiedliche Meinungen. Die beklagte Partei behauptet, dass eine Zuständigkeit des Bundes nach Art10 Abs1 Z7 B-VG ausscheide; deshalb greife die Kompetenz des Landes Salzburg nach Art15 Abs1 B-VG ein.
Die Materialien (StProT 457 BlgNR 20. GP 68 f) zum Waffengesetz enthalten Ausführungen über die Kompetenz betreffend 'gewahrsamsfreies Kriegsmaterial'. Den Anlass lieferten die Entminungsdienste, die der Bundesminister für Inneres wahrnimmt. Für den (Bundes-)Gesetzgeber war nicht etwa zweifelhaft, ob der Bund für dieses 'gewahrsamsfreie Kriegsmaterial' zuständig sei. Die Kompetenz des Bundes erschien gleichsam selbstverständlich. Daher beschäftigte sich der Gesetzgeber in den zitierten Materialien nicht mit der Frage, ob der Bund zuständig sei. Den Gegenstand der Erörterungen bildete vielmehr die kompetenzmäßige Abgrenzung zwischen zwei Ministerien, nämlich dem Bundesministerium für Inneres und dem Bundesministerium für Landesverteidigung.
Wörtlich liest man in den Materialien, dass 'sprengkräftige Kriegsrelikte, insbesondere solche aus den beiden Weltkriegen, nicht mehr dem militärischen Waffen-, Schieß- und Munitionswesen zuzurechnen sind (...). Mit dem Jahr des Staatsvertrages und dem Abzug der Besatzungsmächte ist anzunehmen, dass Munitionsrelikte, die aus der Zeit danach stammen, bereits dem militärischen Waffen-, Schieß- und Munitionswesen zuzurechnen sind.'
Der Sinn dieser Erwägungen wird vor dem Hintergrund des Kompetenzkataloges der Bundesverfassung und der Kompetenzaufteilung, die das Bundesministeriengesetz vornimmt, deutlich. Nach Art10 Abs1 Z7 B-VG ist der Bund zur Gesetzgebung und Vollziehung zuständig für 'Waffen-, Munitions- und Sprengmittelwesen, Schießwesen'.
Die Anlage zu §2 BundesministerienG regelt in einem 'Teil 2' die Wirkungsbereiche der einzelnen Ministerien. Lit 'E' betrifft das Bundesministerium für Inneres. Punkt 1. erfasst die Angelegenheiten des Sicherheitswesens. Der zweite Absatz enthält folgende Materien:
'Waffen-, Munitions- und Sprengmittelwesen, mit Ausnahme des militärischen Waffen-, Schieß- und Munitionswesens'. Lit 'G' ist dem Bundesministerium für Landesverteidigung gewidmet. Die Überschrift lautet: 'Militärische Angelegenheiten'. Die nachfolgende vierte dieser Angelegenheiten hat nachstehenden Wortlaut: 'Angelegenheiten des militärischen Waffen-, Schieß- und Munitionswesens'.
Der Gesetzgeber sah sich daher mit einem Abgrenzungsproblem konfrontiert. Auch der Bund bezweifelt nicht, dass Fliegerbombenblindgänger (oder andere gefährliche Kriegsrelikte) dem Waffen-, Schieß- und Munitionswesen zuzuordnen sind. Im Rahmen einer Wortlautinterpretation würde man auch nicht zögern, diesen Kriegsrelikten militärische Qualität beizulegen. Die Konsequenz wäre die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Landesverteidigung. Das wollte der Gesetzgeber (Bund) offenbar nicht. Deshalb nahm man eine Differenzierung nach einem zeitlichen Kriterium vor. Diese in den Materialien enthaltenen Erwägungen sind sodann auch in den Gesetzestext (§42 Abs5 WaffG) eingeflossen: Das 'Jahr des Staatsvertrages' (1955) sollte für die Abgrenzung maßgeblich sein. Munitionsrelikte aus der Zeit danach gehören zum 'militärischen Waffen-, Schieß- und Munitionswesen'; zuständig ist daher das Bundesministerium für Landesverteidigung. Munitionsrelikte aus früherer Zeit, 'insbesondere solche aus den beiden Weltkriegen', zählen freilich in einem historischen Sinn ebenfalls zum militärischen Waffen-, Schieß- und Munitionswesen, nicht aber in einem juristischen Sinn. Im Rechtssinn wollte der Bundesgesetzgeber, also die beklagte Partei, diese Kriegsrelikte nicht als eine Angelegenheit des Bundesministeriums für Landesverteidigung, sondern als eine Angelegenheit des Bundesministeriums für Inneres verstehen.
Die Richtigkeit dieses Gesetzesverständnisses soll hier nicht erörtert oder vertieft werden. Für die Beurteilung dieses Falles ist es nicht erheblich, ob die Angelegenheit in den Zuständigkeits- und Aufgabenbereich des Bundesministeriums für Inneres oder in jenen des Bundesministeriums für Landesverteidigung gehört. Entscheidend ist allein die Kompetenz des Bundes, also der beklagten Partei. Die zitierten Materialien belegen, dass das Thema für die beklagte Partei nie strittig oder unklar war. Nur die innere Abgrenzung zwischen zwei Ministerien hat man diskutiert, die Zuständigkeit des Bundes für gefährliche Kriegsrelikte war und ist evident.
Der Ausschnitt aus der Entstehungsgeschichte des Waffengesetzes beleuchtet die erstaunliche Argumentationsfreiheit, die der Bund für sich in Anspruch nimmt. Entspräche jener Standpunkt, den die Gegenseite in diesem Verfahren eingenommen hat, tatsächlich der Rechtsauffassung des Bundes, dann dürfte es §42 Abs5 S 1 1.Var WaffG gar nicht geben. Die Bestimmung bezieht sich auf gefährliche Kriegsrelikte, die aus der Zeit vor dem Jahr 1955 stammen. Die Zuständigkeit hiefür regelt aber - folgt man den Rechtsausführungen der Gegenseite - die Verfassung nicht. Daher hätte der Bund von einer Regelung Abstand nehmen und - allenfalls - die Länder auf ihre Zuständigkeit nach Art15 B-VG hinweisen müssen.
Eine Zuständigkeit des Bundes ließe sich - wenn man der von der Gegenseite vertretenen Rechtsauffassung folgt - auch nicht dadurch konstruieren, dass man zwischen Sicherung und Vernichtung einerseits und Suche andererseits differenziert. Diese Unterscheidung ist in Art10 Abs1 Z. 7 B-VG nicht andeutungsweise angelegt.
Die Position, die die beklagte Partei bei Schaffung des §42 WaffG eingenommen hat und die Behauptung, der Bund sei für Fliegerbomben nicht zuständig, sind schlechthin unvereinbar. Der Bund hat aber nicht die Freiheit, Kompetenzen nach Anlass und Bedarf hin und her zu transferieren. Die Republik Österreich kann nicht auf der Grundlage einer Kompetenzregelung der Bundesverfassung eine Regelung über Kriegsrelikte (§42 Abs4 und 5 WaffG) schaffen (wobei auch noch die Feinabstimmung zwischen den einzelnen Ministerien vorgenommen wird) und ebenso (in dieser Angelegenheit) den Standpunkt einnehmen, dass es eine derartige Kompetenz gar nicht gäbe. In Wahrheit beruhen die kompetenzrechtlichen Darlegungen der beklagten Partei auf einer bedarfsorientierten ad-hoc-Erfindung. Nach Völkerrecht würde das Verhalten der beklagten Partei als ein Verstoß gegen den Estoppel-Grundsatz gewertet werden: Man kann nicht zunächst einen Kompetenztatbestand als gegeben annehmen und als Grundlage für eine Gesetzgebungstätigkeit heranziehen und bei nächster Gelegenheit behaupten, dass es diesen Kompetenztatbestand gar nicht gäbe (allgemein zum Estoppel-Grundsatz z.B. Verdroß/Simma, Universelles Völkerrecht, 3. Auflage 1984, §615).
Die Materialien zum WaffG belegen, dass auch Kriegsrelikte unter das 'Waffen-, Munitions- und Sprengmittelwesen, Schießwesen' nach Art10 Abs1 Z7 B-VG fallen.
Zusammenfassend kann man daher festhalten, dass die Zuständigkeit der beklagten Partei nicht zweifelhaft erscheint.
IV. HANDLUNGSPFLICHTEN DER BEKLAGTEN PARTEI
Nach den Ausführungen unter III. ist die beklagte Partei für Kriegsrelikte (Fliegerbomben) zuständig. Die Verwaltungspolizei für Fliegerbomben fällt daher in den Verantwortungs- und Zuständigkeitsbereich der beklagten Partei. Der Grundsatz, dass die Verwaltungspolizei der Sachkompetenz folgt, ist offenbar unbestritten (Antoniolli, Allgemeines Verwaltungsrecht, 1954, 234:
'Verwaltungspolizei ist die Tätigkeit des Staates zur Abwehr von Gefahren auf den einzelnen Gebieten der übrigen Verwaltung. (...). Die Zuständigkeit zu polizeilichen Maßnahmen folgt der Kompetenz des Sachgebietes, in dessen Rahmen die Maßnahme erfolgt.';
Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Auflage 1996, 642:
'In der Regel gilt das Prinzip der 'Adhäsion' an die Sachmaterie, d. h. die Verwaltungspolizei ist Bestandteil der diversen Kompetenzbegriffe'; Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Auflage 1998, Rz 258: 'Die Verwaltungspolizei hat die Vermeidung und Bekämpfung von Gefahren zum Gegenstand, die mit einer bestimmten Kompetenzmaterie zusammenhängen').
Der Rechtsträger, dem das B-VG eine Materie zuweist, ist grundsätzlich frei bei der näheren Ausgestaltung. Man bezeichnet die Kompetenzbestimmungen als Ermächtigungsnormen. Bei der Wahrnehmung der Rechtssetzungsbefugnis steht der Legislative ein weiter Spielraum zur Verfügung. Die Annahme, dass dieser Spielraum grenzenlos sei, wäre indes ein Irrtum. Zu jenen Vorgaben, die der Rechtsträger, dem die Verfassung eine Materie zuweist, beachten muss, gehört die Verwaltungspolizei.
Bei jeder Materie hat der Rechtsträger dafür zu sorgen, dass die verwaltungspolizeilichen Mindesterfordernisse gewahrt und beachtet werden. Das Gefahrenpotential für Leben, Gesundheit, Eigentum muss nach Möglichkeit begrenzt, jedenfalls eingeschränkt werden.
Diese Mindesterfordernisse sind nicht disponibel. Ein Rechtsträger hat nicht die Freiheit, auf die Verwaltungspolizei in Bezug auf eine bestimmte Materie zu verzichten.
Diese Verwaltungspolizei ist so wenig disponibel wie die betroffenen Rechtsgüter (Leben, Freiheit, Eigentum). Der oberste Rang, den diese Rechtsgüter in der Wertehierarchie der Rechtsordnung einnehmen, schließt es aus, dass sich ein Rechtsträger über die Erfordernisse der Verwaltungspolizei hinwegsetzt.
Die Verfassung enthält keine Vorgaben darüber, wie der Rechtsträger die Verwaltungspolizei wahrzunehmen hat. Es kann sich als zweckmäßig erweisen, dass die zuständige Behörde die gebotenen Maßnahmen im Rahmen der nichthoheitlichen Verwaltung setzt (etwa:
Innenminister beauftragt ein Unternehmen, eine koordinierte und systematische Suchtätigkeit im gesamten Bundesgebiet auszuführen). Möglicherweise sprechen gute Gründe dafür, die Verwaltungspolizei, also hier die Waffenpolizei in Bezug auf Fliegerbomben im Detail gesetzlich zu konkretisieren.
Der Umstand, dass die Sicherheitspolizei wahrgenommen werden muss, also nicht disponibel ist, tritt deutlich hervor, wenn man bedenkt, dass die beklagte Partei ihren Standpunkt ('Es besteht kein Handlungsbedarf!') nicht regeln könnte. Ein Gesetz, dass die Position der Gegenseite widerspiegelt, könnte etwa folgenden Wortlaut haben:
'Die Suche (Sondierung) von Fliegerbomben (Kriegsrelikten) unterbleibt'. - Im Zuge eines Verfahrens nach Art140 B-VG würde der VfGH eine Gesetzesbestimmung dieses Inhalts wohl aufheben. Die Regelung ist evident unsachlich (vgl. die Formulierung bei Berka, Die Grundrechte, 1999, Rz 911, unter der er die Rsp des VfGH zusammenfasst: 'Allgemeines und umfassendes verfassungsrechtliches Sachlichkeitsgebot, dem jedes Staatshandeln entsprechen muss').
Die beklagte Partei kann sich der ihr zugewiesenen Aufgabe, die Verwaltungspolizei bezüglich Fliegerbombenblindgänger wahrzunehmen, nicht entziehen. Die hier vertretene Position verschließt sich nicht dem Einwand, dass niemand einem Rechtsträger vorschreiben oder vorgeben dürfe, wie dieser die Verwaltungspolizei wahrzunehmen habe. Die klagende Partei stellt die Richtigkeit dieses Grundsatzes nicht in Frage.
Anders ist die Lage hingegen, wenn, aus der Perspektive der Waffenpolizei gesehen, nicht mehrere Varianten in Betracht kommen, sondern nur eine Vorgangsweise möglich ist. Diese Situation liegt vor, wenn seriöse Indikatoren auf eine Bombe in bewohntem Gebiet hindeuten und die öffentliche Hand dies weiß. In diesem Fall ist staatliche Untätigkeit ausgeschlossen. Allein der Gedanke, dass der Staat hier eine Tätigkeit ablehnt, erscheint unvereinbar mit der staatlichen Schutzpflicht in Bezug auf das menschliche Leben. Nach einer heute gefestigten Auffassung verpflichtet ua Art2 EMRK den Staat, 'sich schützend und fördernd vor das menschliche Leben zu stellen' (Öhlinger, Verfassungsrecht, 7. Auflage 2007, Rz 747:
'Positive Schutzpflicht des Staates'; ebenso Berka, Grundrechte, Rz 371). Freilich wird auch im öffentlichen Recht der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers betont. Dieser Gestaltungsspielraum darf aber nicht mit einem Freibrief für Indolenz und Untätigkeit verwechselt werden. So hebt z.B. Berka (Grundrechte Rz 375) hervor, dass die Schutzpflicht verfassungsrechtlich eindeutig greifbar wird, wenn etwa ein Schutz vor erkennbaren Gefährdungen gänzlich unterlassen oder ein bestehendes Schutzniveau drastisch abgesenkt würde'. Diese Kriterien sind hier erfüllt. Die grundsätzliche Weigerung des zuständigen Rechtsträgers, einem hinreichend indizierten Bombenverdacht nachzugehen, ist ein gänzliches Unterlassen von Schutzmaßnahmen.
Durch das Auffinden der in Verstoß geratenen Fliegerbombenkarte hatte sich - bezogen auf das Gebiet der Stadtgemeinde Salzburg - eine besondere Konstellation ergeben. Von Anfang an konnte kein Zweifel darüber bestehen, dass verantwortungsbewusste und weitsichtige Menschen mit diesen Aufzeichnungen den Versuch unternommen hatten, das Auffinden von Fliegerbombenblindgängern späterhin zu ermöglichen oder zumindest zu erleichtern.
In dieser Lage kann von einem 'Gestaltungsspielraum' oder einer 'Bandbreite der möglichen Maßnahmen' sinnvoll nicht die Rede sein. Der Inhalt der Waffenpolizei ist nicht mehrdeutig, sondern eindeutig: Derjenige, dem die Waffenpolizei obliegt, muss diesen Verdachtspunkten nachgehen. Untätigkeit wäre ein 'gänzliches Unterlassen von Schutzmaßnahmen vor erkennbaren Gefährdungen' (Berka, aaO, Rz 375).
Die beklagte Partei hat es abgelehnt, irgendeine Tätigkeit zu entfalten. Im Vordergrund stand und steht der Hinweis, dass das Waffengesetz derartige Maßnahmen nicht vorsehe. Der Rechtsirrtum, dem die beklagte Partei unterlag und unterliegt, besteht darin, dass Verwaltungsrecht und Verwaltungspolizei verwechselt werden. Der Text des Waffengesetzes ist Verwaltungsrecht. Dieser Text ist für die Ausgestaltung der Verwaltungspolizei, hier also der Waffenpolizei, vollständig irrelevant. Wenn sich eine von Waffen ausgehende Gefahr für Menschen ergibt, oder wenn (wie hier) eine bereits bestehende (von Bomben ausgehende) Gefahr für Menschen durch neue Erkenntnismöglichkeiten (hier: Bombenkarte) eingeschränkt oder beseitigt werden kann, dann hat derjenige, dem die Waffenpolizei obliegt, zu handeln, und zwar sofort! Die Behörde kann sich nicht auf das Fehlen gesetzlich positivierter Handlungspflichten berufen. Mit dem Zweck der Verwaltungspolizei - unverzügliche und effiziente Gefahrenabwehr durch die Behörde - wäre es unvereinbar, wenn die Behörde den Standpunkt einnehmen könnte, man habe die Maßnahme, die verwirklicht werden müsse, um eine Gefahr für Menschen abzuwenden, leider nicht in einem Gesetz finden können. - Die Unverzichtbarkeit einer Überprüfung jener Verdachtspunkte, die sich aus der Salzburger Bombenkarte ergaben, ist nicht zweifelhaft.
Ein Innenminister, der verwaltungspolizeiliche Maßnahmen setzen soll, hat, wenn Bombengefahren aufgezeigt werden, die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen zur Gefahrenabwehr einzusetzen, nicht hingegen seinen Beamten aufzutragen, Gesetzestexte aufzuspüren, die als mögliche Rechtfertigung für Untätigkeit ins Treffen geführt werden können. - Ein Vorgang wie dieser dürfte in der Verwaltungspraxis kaum vorkommen. In der Literatur wird die Verweigerung jeglicher Schutzmaßnahmen als eine Extremkonstellation diskutiert (Berka, Grundrechte, Rz 375).
Im Rahmen der Suchtätigkeit, die die klagende Partei entfaltet hat, sind drei Fliegerbomben geborgen und entschärft worden. Diese 'Trefferquote' kann nicht gegen das Vorgehen der klagenden Partei ins Feld geführt werden. Eine Suchmethode, die eine 100%ige Sicherheit gewährleistet, steht nicht zur Verfügung.
Die drei Bomben waren Aufschlagzünderbomben mit einer Sprengkraft von 150 kg, 250 kg und 50 kg. Die Gefährlichkeit von Aufschlagzünderbomben ist, wie oben (unter II.) bereits bemerkt, geringer als jene von Zeitzünderbomben. Dennoch darf das Gefahrenpotential der Aufschlagzünderbomben nicht unterschätzt werden. Eine unkontrollierte Bautätigkeit kann eine Explosion auslösen. Die drei Bomben befanden sich in dicht verbautem Gebiet. Bautätigkeit (Sanierung, Neubau, Straßenbau) war nicht nur nicht auszuschließen, sondern naheliegend. In dieser Situation ist die Klärung des Verdachtspunktes ohne Alternative.
Im Übrigen ist Verwaltungspolizei eine Tätigkeit, die aus der ex ante-Perspektive zu sehen und zu würdigen ist. Die Frage, ob es sich um eine Aufschlagzünderbombe oder um eine Zeitzünderbombe handelt, kann erst geklärt werden, wenn die Bombe freigelegt wurde. Allein die Möglichkeit, dass sich eine Zeitzünderbombe in dicht verbautem Gelände befinden könnte, begründet die waffenpolizeiliche Verpflichtung, den Verdachtspunkt zu untersuchen. Der Gedanke, Untätigkeit mit der Erwägung zu rechtfertigen, dass die statistische Wahrscheinlichkeit eher für das Vorhandensein einer Aufschlagzünderbombe spricht, ist so abstrus, dass er nicht weiter verfolgt werden sollte.
V. ANSPRUCHSGRUNDLAGEN
1. Allgemeines
Die Sondierungen, die die klagende Partei veranlasst hat, sind Maßnahmen, die nach der hier vertretenen Auffassung die beklagte Partei verwirklichen hätte müssen. Es liegt daher nahe, die Tätigkeit der klagenden Partei als eine Geschäftsführung ohne Auftrag zu qualifizieren (dazu unter 2.). Als weitere Anspruchsgrundlage ist §1042 ABGB in Betracht zu ziehen. Zu dieser Bestimmung wird unter 3. Stellung genommen.
2. Geschäftsführung ohne Auftrag
Die klagende Partei stützt ihre Ansprüche zunächst auf eine Geschäftsführung ohne Auftrag (§§1035 ff ABGB). Nach §1035 ABGB kann sich eine Partei grundsätzlich nicht 'in das Geschäft eines anderen einmengen'. Die klagende Partei geht davon aus, dass die Sondierung der Bombenblindgänger ein 'Geschäft' der beklagten Partei darstellt. Allerdings hat es die beklagte Partei dezidiert und endgültig abgelehnt, eine Sondierungstätigkeit zu entfalten.
Die klagende Partei ist tätig geworden und hat somit ein Geschäft der beklagten Partei wahrgenommen. Im Rahmen dieser Tätigkeit ist die klagende Partei sowohl im eigenen, als auch im fremden Interesse tätig geworden. Eine Tätigkeit in fremdem Interesse, also im Interesse der beklagten Partei, lag deshalb vor, weil die Untätigkeit der beklagten Partei eine schadenersatzrechtliche Haftung begründen würde, wenn es zu einer Detonation oder einer Selbstdetonation eines Bombenblindgängers kommen würde. Das gilt jedenfalls dann, wenn deutliche Verdachtsmomente auf die Lage eines Bombenblindgängers hinweisen und gleichwohl eine Abwehrtätigkeit seitens des zuständigen Rechtsträgers unterbleibt.
Es ist nicht zu bezweifeln, dass die klagende Partei auch eigene Interessen verfolgt hat. Die Bombenverdachtspunkte befanden sich auf Liegenschaften, die im Eigentum der klagenden Partei stehen. Allein die Vorstellung, dass es (in dicht bebautem Wohngebiet) zu einer Selbstdetonation kommen könnte und dadurch eine unüberschaubare Gefahrensituation für Menschen geschaffen würde, ist schlechthin unannehmbar.
Die Geschäftsführung ohne Auftrag erfolgte also sowohl in fremdem Interesse, als auch in eigenem Interesse. Nach hM sind Ansprüche aufgrund einer Geschäftsführung ohne Auftrag in Fällen des Zusammentreffens von Eigen- und Fremdinteresse zu bejahen (vgl etwa SZ 45/137; 59/95 und 60/65; weitere Nachweise bei Rummel in Rummel, ABGB3, §1035, Rz 3).
§1036 ABGB regelt die Geschäftsführung im Notfall. Demnach ist demjenigen, dessen Geschäft 'zur Abwendung eines bevorstehenden Schadens besorgt' wurde, der notwendige und zweckmäßig gemachte Aufwand zu ersetzen. Die Notfalllage ist nach der oben skizzierten Gefahrensituation (oben S. 4 ff) nicht zweifelhaft. Die Tatbestandsvoraussetzungen des §1036 ABGB liegen mithin vor.
Richtig ist, dass §1036 ABGB nicht angewendet werden kann, wenn Zustimmung eingeholt werden könnte (SZ 54/176; 57/167). Dabei hat man jedoch Fallgestaltungen vor Augen, in welchen Gefahrenabwendung durch den Geschäftsherrn selbst möglich wären. Nachdem der 'Geschäftsherr' in casu jegliche Abwehrmaßnahmen ausgeschlossen hat, ist der Gesichtspunkt der fehlenden Zustimmung rechtlich irrelevant.
Zusammenfassend kann man demnach festhalten, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch aufgrund einer Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§1035 ff ABGB vorliegen.
3. §1042 ABGB
Nach §1042 ABGB hat derjenige, der 'für einen anderen einen Aufwand macht, den dieser nach dem Gesetze selbst hätte machen müssen, das Recht, den Ersatz zu fordern'. Diese Bestimmung hat in dem vor den ordentlichen Gerichten geführten Rechtsstreit eine besondere Rolle gespielt. Das Erstgericht hielt §1042 ABGB für anwendbar; es hat dementsprechend der klagenden Partei den Ersatz der Aufwendungen (dem Grunde nach) zugesprochen.
Die zweite Instanz hielt hingegen §1042 ABGB für nicht anwendbar. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass die Norm auf das 'zweipersonale Verhältnis' nicht passe.
Die klagende Partei hat zu dieser Frage ein Rechtsgutachten eingeholt. Dieses Gutachten gelangt zu dem Ergebnis, dass sachliche Bedenken gegen die Anwendbarkeit des §1042 ABGB nicht bestehen.
...
In diesem Gutachten verweist M. insbesondere auch auf die Entscheidung SZ 74/187. In diesem Fall hat der OGH den Anspruch des Bundes als Eigentümer einer Liegenschaft auf Ersatz der Sanierungskosten gegenüber einer Gemeinde bejaht, die auf dieser Liegenschaft eine Hausmülldeponie betrieben hatte (eine Verpflichtung der Gemeinde zur Gefahrenbeseitigung bestand hier aufgrund von wasserrechtlichen Bestimmungen). Die Aufwendungen des Bundes bestanden in Rechnungsbeträgen, die für die Tätigkeit von Unternehmen (Sanierungsmaßnahmen) aufgewendet werden mussten. Der OGH hat die Anwendung des §1042 ABGB 'auf diesen Sachverhalt völlig zu Recht nicht in Zweifel gezogen' (Gutachten S. 6).
Zu der Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, wonach §1042 ABGB auf das 'zweipersonale Verhältnis' nicht passe, bemerkt der Gutachter, dass die hier zu beurteilende Sachlage 'den klassischen Anwendungsfall des §1042 ABGB (dreipersonales Verhältnis, bei dem der Dritte eine Leistung an einen Gläubiger anstelle des tatsächlichen Schuldners erbringt) nach Ansicht des Gutachters im Übrigen wesentlich näher steht, als in den erwähnten Fällen der 'Selbstverbesserung' bzw. 'Selbsterfüllung'. Während sich dort - bezogen auf den dreipersonalen Grundfall - die Positionen von Gläubiger und Drittem in einer Person vereinigen, die ausschließlich im eigenen Interesse handelt und zudem in einer besonderen Rechtsbeziehung zum wirklichen Schuldner steht, ist dies hier nicht der Fall: Einerseits besteht diese Rechtsbeziehung nicht und andererseits erfolgen die Leistungen der Stadtgemeinde keineswegs ausschließlich im eigenen Interesse, sondern im Interesse der Allgemeinheit. Dass in dieser Konstellation vom 'wirklichen Schuldner' Aufwandersatz begehrt werden kann, entspricht der Grundwertung des §1042 ABGB [(]Gutachten S. 6 f).
Zusammenfassend bleibt demnach festzuhalten, dass auch die Voraussetzungen für die Anwendung des §1042 ABGB erfüllt sind.
4. Weitere Anspruchsgrundlagen
Die klagende Partei vertritt die Auffassung, dass als Anspruchsgrundlagen vor allem die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§1035 ff ABGB) und §1042 ABGB in Betracht kommen. Diese Anspruchsgrundlagen möchte die klagende Partei jedoch nicht im Sinne einer taxativen, abschließenden Zählung verstanden wissen. In diesem Sinn stützt die klagende Partei ihre Ansprüche darüber hinaus auf jeden denkbaren Rechtsgrund.
VI. ZUSTÄNDIGKEIT DES VFGH NACH ART137 B-VG
1. Allgemeines
Die klagende Partei hat vor der (ersten) Klagsführung, im Jahr 2002, die Frage geprüft bzw. prüfen lassen, ob die Klage beim ordentlichen Gericht oder (nach Art137 B-VG) beim VfGH einzubringen ist. Diese Prüfung hat zu dem Ergebnis geführt, dass die ordentlichen Gerichte zuständig seien.
Das Erstgericht hat mit Beschluss vom 24. August 2007 die Zulässigkeit des Rechtsweges bejaht. Der Spruch des Beschlusses hat folgenden Wortlaut: 'Die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges durch die beklagte Partei wird verworfen.' - Dieser Beschluss ist nicht bekämpft worden und daher in Rechtskraft erwachsen. Unabhängig von der Frage, ob für die hier erhobenen Ansprüche der ordentliche Rechtsweg offensteht oder ob diese Ansprüche vor dem VfGH zu verfolgen sind, ist zu klären, ob dieser - rechtskräftig gewordene - Beschluss eine Bindungswirkung entfaltet. Dazu wird unter 2. Stellung genommen.
Der OGH vertritt die Auffassung (Beschluss vom 05. November 2008), dass dieser Beschluss eine Bindungswirkung nicht entfaltet. Die klagende Partei schließt sich (im Rahmen dieser Klage) dieser Auffassung an. Verneint man die Bindungswirkung, so konnte der OGH die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges in der Tat aufgreifen. In diesem Fall ist zu klären, ob die ordentlichen Gerichte oder der VfGH (nach Art137 B-VG) zuständig sind. Darauf wird unter 3. näher eingegangen.
2. Bindung nach §42 Abs3 JN
Nach §42 Abs1 JN kann das Gericht die Unzulässigkeit des Rechtsweges in jeder Lage des Verfahrens aufgreifen und die Nichtigkeit des vorangegangenen Verfahrens durch Beschluss aussprechen. Gemäß §42 Abs3 JN kann dieser Ausspruch jedoch nicht mehr erfolgen, 'wenn demselben in Ansehung des Grundes der Nichtigkeit eine von demselben oder von einem anderen Gericht gefällte, noch bindende Entscheidung entgegensteht'.
Die klagende Partei hat sich mit dieser Frage im Rahmen eines Schriftsatzes, der zur Vorbereitung einer Verhandlung vor dem Obersten Gerichtshof überreicht wurde, auseinandergesetzt (Schriftsatz vom 23. Oktober 2008). In diesem Schriftsatz hat die klagende Partei die Auffassung vertreten, dass der Beschluss des Erstgerichtes Bindungswirkung entfaltet.
Freilich ist nicht zu übersehen, dass das Erstgericht im Rahmen der Beschlussfassung, nicht die Zuständigkeit des VfGH nach Art137 B-VG vor Augen hatte. Aus den Gründen, die das Erstgericht darlegt, ergibt sich, dass das Erstgericht ein Verfahren nach den PolBEG für ausgeschlossen erachtete und deshalb den ordentlichen Rechtsweg für gegeben ansah. Gleichwohl ist zu bedenken, dass nur der Spruch, nicht die Begründung in Rechtskraft erwächst. Der Spruch des Beschlusses geht allgemein dahin, dass die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges verworfen wird.
Vor allem lieferte auch der Text des §42 JN der klagenden Partei Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Beschluss Bindungswirkung entfaltete. §42 Abs3 JN verweist auf die Absätze 1 und 2. Nichtigkeit des Verfahrens im Sinne des §42 Abs1 und 2 JN kann dann nicht mehr ausgesprochen werden, wenn dem eine 'noch bindende Entscheidung entgegensteht'. Sowohl in §42 Abs1 als auch in Abs2 JN ist jedoch von einem 'Offenbarwerden' des Mangels die Rede. Das bedeutet offenbar, dass der Gesetzgeber von der Möglichkeit eines bindenden Beschlusses ausgeht und zugleich ein späteres 'Offenbarwerden' für möglich hält. Das kann wohl nur ein Beschluss sein, der inhaltlich den Mangel nicht erfasst, denn anderenfalls könnte man sinnvoll nicht von einem späteren 'Offenbarwerden' sprechen.
Diese Konstellation liegt hier vor. Das Erstgericht hat einen Beschluss gefasst; erst der Oberste Gerichtshof hat jedoch den Mangel (Zuständigkeit des VfGH nach Art137 B-VG) erkannt. Wortlaut und Systematik des §42 JN sprechen für die Annahme, dass in dieser Konstellation eine Bindungswirkung eingreift.
Demgegenüber hat jedoch der OGH (Beschluss vom 05. November 2008, S. 20) die Auffassung vertreten, dass es einer Beachtung der Entscheidungsgründe: bedürfe. Eine Bindungswirkung im Sinne des §42 Abs3 JN besteht demnach nicht.
3. Zuständigkeit des VfGH nach Art137 B-VG
Die klagende Partei hat, wie bereits einleitend hervorgehoben, die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges vor der Einbringung der Klage (beim Landesgericht Salzburg) prüfen lassen. Die befassten Experten sind zu dem Ergebnis gelangt, dass die ordentliche[n] Gericht[e] zuständig seien.
Nachdem der Oberste Gerichtshof (in dem vor den ordentlichen Gerichten geführten Verfahren erstmals) die Frage der Zuständigkeit des VfGH nach Art137 B-VG aufgegriffen hatte, hat die klagende Partei neuerlich eine Prüfung veranlasst. Mit Gutachten vom 22. Oktober 2008 hat Prof. Dr. W. B. Stellung genommen. Der Gutachter vertritt die Meinung, dass die Zuständigkeit des VfGH (nach Art137 B-VG) ausscheide. Die klagende Partei hat dieses Gutachten mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2008 dem OGH vorgelegt.
Der OGH vertritt jedoch die Meinung, dass der VfGH für die Beurteilung der Ansprüche nach Art137 B-VG zuständig sei. Die privatrechtlichen Anspruchsgrundlagen (Geschäftsführung ohne Auftrag, §1042 ABGB) änderten nichts an dem Umstand, dass die Verpflichtung des Bundes zur Sondierung von Bombenverdachtspunkten unmittelbar und ausschließlich in öffentlichem Recht wurzle (Beschluss des OGH vom 05. November 2008, S. 14).
Die klagende Partei schließt sich somit (im Rahmen dieses Verfahrens) der Rechtsauffassung des OGH an. Der VfGH ist für die Beurteilung der hier erhobenen Ansprüche im Sinne des Art137 B-VG zuständig. Der Ersatzanspruch der Klägerin, der die staatliche Fürsorgepflicht gegenüber der Allgemeinheit als öffentlich-rechtliche Aufgabe voraussetzt, muss wegen des untrennbaren Zusammenhangs dem öffentlichen Recht zugewiesen sein. Die Klagebefugnis nach Art137 B-VG erscheint demnach begründet.
VII. HÖHE DER ANSPRÜCHE
Vor der Klärung der Höhe der (erstattungsfähigen) Aufwendungen durch gerichtlich bestellte Sachverständige haben die Parteien verschiedene Aktivitäten gesetzt. Die Initiative ging von der beklagten Partei aus. Die beklagte Partei unterbreitete der klagenden Partei den Vorschlag, in dem beim Landesgericht Salzburg anhängigen Rechtsstreit das Ruhen des Verfahrens herbeizuführen. Der zuständige Referent der klagenden Partei und deren Rechtsfreund wurden zu einem Arbeit[s]gespräch in das Bundesministerium für Inneres gebeten. Die Parteien kamen überein, dass jede Seite durch einen Sachverständigen eine Stellungnahme (Höhe der erstattungsfähigen Aufwendungen) ausarbeiten lassen werde. Daran anschließend sollte geprüft werden, ob eine Annäherung der Standpunkte möglich erscheint.
In der Tat haben die Parteien sodann geeignete Sachverständige beauftragt. Nach Ausarbeitung der Gutachten hat die beklagte Partei die klagende Partei wissen lassen, dass sie diese Bemühungen nicht fortsetzen wolle. Die Sache müsse 'durch Urteil' entschieden werden. ...
Nach diesen gescheiterten außergerichtlichen Gesprächen ist das Verfahren vor dem Landesgericht Salzburg fortgesetzt worden. Sachverständige haben die einzelnen Ansprüche geprüft und in ausführlichen Gutachten Stellung genommen.
Das Erstgericht (Landesgericht Salzburg) hat sich auf den Seiten 131 bis 179 mit den einzelnen Aufwendungen, deren Erstattung die klagende Partei von der beklagten Partei fordert, auseinandergesetzt. Auf der Grundlage der Urkunden und unter Berücksichtigung der sonstigen Beweisergebnisse (insbesondere der Ergebnisse des Sachverständigenbeweises) hat das Erstgericht angenommen, dass die beklagte Partei schuldig sei, der klagenden Partei den Betrag von € 851.012,11 samt Zinsen (wie im Klagebegehren näher aufgeschlüsselt) zu ersetzen. Dieser Betrag steht nicht außer Streit. Das Erstgericht ist davon ausgegangen, dass eine weitere Erörterung mit dem Sachverständigen erforderlich sei.
Im Sinne einer verfahrensökonomischen Vorgehensweise ist Gegenstand dieser Klage jener Betrag, den das Erstgericht ermittelt hat. ...
...
Sollte der VfGH die Zuständigkeit jedoch verneinen, so läge ein 'verneinender' Kompetenzkonflikt vor. In diesem Fall hätten es zwei Höchstgerichte, nämlich der OGH und der VfGH, abgelehnt, über die Ansprüche der klagenden Partei zu entscheiden. Eventualiter stellt die klagende Partei nach Art138 B-VG iVm §46 VfGG den
Antrag,
der Verfassungsgerichtshof möge diesen Kompetenzkonflikt entscheiden und in seinem Erkenntnis die Aufhebung des Beschlusses des OGH 7 Ob 110/08i vom 05. November 2008 aussprechen (§51 VfGG)."
2. Verfahren
2.1. Die beklagte Partei, vertreten durch die Finanzprokuratur, erstattete am 2. Juni 2009 eine Gegenschrift. Darin wird das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach bestritten und die kostenpflichtige Klageabweisung beantragt.
2.2. Der Gegenschrift liegt nachstehende Argumentation zugrunde (Hervorhebungen wie im Original):
"...
B.
Dem Sachvorbringen unter II. der Klage, in dem die Gefahrenlage dargestellt werden soll, wird entgegen gehalten:
Die klagende Partei führt aus, dass die Blindgängerquote bei Zeitzünderbomben relativ hoch gewesen sei, sie habe etwa 20% - 25% betragen.
Nach Informationsstand des Entminungsdienstes sind Blindgängerraten über alle Fliegerbombenblindgänger, einschließlich derer mit Langzeitzündern, bis ca. 10% bekannt. Die Quote von '20% - 25%' wird daher ausdrücklich bestritten und die klagende Partei noch darzulegen haben, auf welchen Daten die von ihr in der [...] Klage angegebene Rate von 20% - 25% beruht.
Weiters behauptet die klagende Partei, aus technischer Sicht sei die Detonation einer Zeitzünderbombe, die viele Jahre oder Jahrzehnte nach dem Abwurf einer Bombe erfolgt, nicht ungewöhnlich, sondern geradezu naheliegend.
Dem ist entgegen zu halten, dass bei Langzeitzündern mehrere Möglichkeiten bestehen, warum diese als 'Blindgänger' vorliegen. Meist hat entweder die Zündpille bei Aufschlag des Schlagbolzens nicht durchgezündet, oder hat das Aceton aus der zerborstenen Ampulle das Zelluloid nicht aufgelöst, sodass der vorgespannte Schlagbolzen nicht freigeben wurde. Wissenschaftliche Untersuchungen, wonach das Zelluloid jedenfalls unter den Lagebedingungen unter der Erde unter teilweisem, wenn nicht vollständigem, Luftabschluss die in der Klage geschilderten Alterungserscheinungen aufweist, sind der beklagten Partei nicht bekannt. Dass die Detonation derartiger Blindgänger 'sondern geradezu nahe liegend' sei, ist daher lediglich eine Schlussfolgerung der klagenden Partei, die nicht weiter wissenschaftlich untermauert ist.
Zu den angeführten Detonationen in der Stadt Salzburg in den Jahren 1965 und 1996 ist festzuhalten, dass diese detonierten Blindgänger in keiner Bombenkarte eingezeichnet und auch nicht durch die Luftbildauswertungen feststellbar waren. Demnach wäre auch ein Sondieren aller bekannten Verdachtspunkte nicht geeignet gewesen, diese Detonationen zu vermeiden.
Soweit die klagende Partei ihre Such- und Sondierungstätigkeit aufgrund des zusammengeführten Bombe[n]blindgängerplan[s] (Salzburger Bombenkarte und Luftbildauswertung) als 'sinnvoll' bewertet[,] darf festgehalten werden, dass von der klagenden Partei 28 der 29 Bombenverdachtspunkte mittels Bohrlochsondierung untersucht wurden. Dabei konnten nur 3 Bombenblindgänger - diese jedoch ohne Langzeitbezünderung - geborgen werden.
Im Anschluss an die Beschreibung von 'System Georadar' führt die klagende Partei aus, üblicherweise handle es sich bei einem Störkörper, der in der abgezeichneten Form einer Fliegerbombe vorliege, auch um eine Fliegerbombe. Dieser Schlußfolgerung tritt die beklagte Partei entgegen.
Der beklagten Partei (dem Entminungsdienst) bekannte Freilegungsarbeiten nach erfolgter Sondierung:
1. 20.1.2007 Postareal Salzburg, 1 Verdachtspunkt,
kein Blindgängerfund
2. 10.6.2007 Chemie Linz, 1 Verdachtspunkt,
kein Blindgängerfund
3. 26.8.2007 VÖST Alpine Linz, 3 Verdachtspunkte,
kein Blindgängerfund
4. 6.4.2008 VÖST Alpine LINZ, 2 Verdachtspunkte,
kein[…] Blindgängerfund
5. 6.8.2008 ÖBB Lainzer Tunnel Wien, 1 Verdachtspunkt,
kein Blindgängerfund
6. 4.12.2008 ÖBB FBH Wien Süd, 2 Verdachtspunkte,
kein Blindgängerfund
7. 12.5.2009 ÖBB FBH Wien Süd, 1 Verdachtspunkt,
kein Blindgängerfund
8. 18.5.2009 ÖBB FBH Wien Süd, 1 Verdachtspunkt,
kein Blindgängerfund
Aufgrund dieser Daten entbehrt die conclusio der klagenden
Partei, 'Üblicherweise handelt es sich ... auch um eine
Fliegerbombe.', einer seriösen Grundlage und ist nicht haltbar.
Das von der klagenden Partei geforderte Sondieren aller bekannten Verdachtspunkte würde nicht zur Beseitigung der von Fliegerbombenblindgänger ausgehenden Gefahr führen, sondern nur die Aussage rechtfertigen, dass bezüglich bestimmter Punkte sich der Verdacht nicht bestätigt hat. Das Vorhandensein von in Auswertungen nicht erkannten bzw. vorhandenen Blindgängern kann durch die Sondierung bekannter Verdachtspunkte nicht ausgeschlossen werden.
Die Einschätzung der klagenden Partei zur effektiven Verringerung der Gefahrenlage durch Sondierungsmaßnahmen bzw. die Ansicht, aufgrund der zu erwartenden Erfolge seien diese Maßnahmen geboten (gewesen), wird von der beklagten Partei nicht geteilt.
C.
Das Vorhandensein von Fliegerbombenblindgängern stellt zweifellos einen Kriegsfolgeschaden dar und besteht keine allgemeine Handlungspflicht der beklagten Partei, diesen auf ihre Kosten zu beseitigen.
§42 Waffengesetz stellt lediglich Sonderregeln für das 'Finden von Waffen oder Kriegsmaterial' auf und ist damit eine Spezialnorm zu den allgemeinen diesbezüglichen Bestimmungen des ABGB. Da sprengkräftige Kriegsrelikte wie die gegenständlichen Fliegerbomben, nicht 'verloren' im Sinne des ABGB sind, findet in §42 Abs4 Waffengesetz die Formulierung 'Wer wahrnimmt' Verwendung. Ohne die Spezialbestimmungen des §42 Abs4 und 5 Waffengesetz würde im Falle der 'Wahrnehmung' derartiger Kriegsrelikte §386 ABGB anwendbar sein, 'jedes Mitglied des Staates' könnte sich dieses Relikt 'eigen machen'.
Aus dieser - aufgrund deren Gefährlichkeit durchaus gebotenen - Sonderregelung für das Finden bzw. Wahrnehmen von Waffen oder Kriegsmaterial eine allgemeine Kompetenz und damit Verpflichtung des Bundes, selbst nach Fliegerbomben zu sondieren um dann, wenn ein Relikt tatsächlich wahrgenommen wird, gemäß §42 Abs5 Waffengesetz vorzugehen, abzuleiten, ist nicht zulässig.
Die Kompetenz des Bundes in Gesetzgebung und Vollziehung in Angelegenheiten des Zivilrechtswesens - und damit Fundwesens - ist unbestritten.
D.
Die beklagte Partei hat bereits dargelegt, dass sie dann einzuschreiten hat, wenn entsprechende Relikte wahrgenommen wurden und ihr dieser Umstand auch gemeldet [wurde]. Die Klage enthält keinerlei Vorbringen dahingehend, wann die klagende Partei der beklagten Partei die Wahrnehmung welchen Reliktes gemeldet hätte, sodass eine Pflicht der beklagten Partei zum Tätigwerden entstanden wäre.
E.
Soweit die klagende Partei ihre behaupteten A[ns]prüche auf 'jeden denkbaren Rechtsgrund' stützt erhebt die beklagte Partei den Einwand der Verjährung, soweit für die Anspruchsgrundlage die dreijährige Verjährungsfrist gilt. Die ersten Rechnungen des Unternehmens K datieren aus den Jahren 1997 und 1998, die Such- und Sondierungstätigkeit, deren Kosten die klagende Partei begehrt, fand im Zeitraum 1997 bis 2002 statt. Auch unter Bedachtnahme auf eine allfällige Unterbrechung der Verjährung für den Zeitraum der aussergerichtlichen Gespräche wären die Ansprüche der klagenden Partei gegenüber der beklagten Partei demnach verjährt.
F.
Die Höhe des Klagsbetrages steht - wie die klagende Partei zutreffend anführt - nicht ausser Streit und kann derzeit auch nicht ausser Streit gestellt werden. Insbesondere wendet die beklagte Partei neben der Verjährung auch ein, dass die - wirtschaftlich nicht unbeträchtlichen - Aufträge quasi freihändig vergeben wurden, und die Leistungen überhöht honoriert [wurden].
G.
Soweit sich die klagende Partei mit der Bindung des [...] OGH an den Beschluss des LG Salzburg betreffend die Zurückweisung des Einwandes der Unzulässigkeit des Rechtsweges auseinander setzt vertritt die beklagte Partei die Ansicht, dass der OGH zutreffend von keiner Bindung ausgegangen ist, da der Spruch des Erstgerichtes nicht völlig von seiner Begründung losgelöst werden kann.
..."
2.3. Der Verfassungsgerichtshof räumte mit Schreiben vom 4. Juni 2009 den Ämtern der Landesregierungen die Möglichkeit ein, eine Stellungnahme zu der vorliegenden Klage (sowie zu der unter A6/09-1 protokollierten Klage einer Privatperson auf Ersatz ihrer Aufwendungen für Sondierungsmaßnahmen betreffend Fliegerbombenblindgänger) abzugeben.
2.3.1. Darauf erstattete das Amt der Wiener Landesregierung folgende, mit 26. Juni 2009 datierte Äußerung (Hervorhebungen wie im Original):
"...
Das Land Wien schließt sich den Ausführungen der Klägerinnen hinsichtlich der Zuständigkeit des Bundes zur Sondierung von Fliegerbomben gemäß Art10 Abs1 Z7 B-VG vollinhaltlich an. Für eine Zuständigkeit der Länder besteht diesbezüglich kein Raum.
Zu Recht gehen die Klägerinnen davon aus, dass trotz Fehlens einer ausdrücklichen bundesgesetzlich positivierten Handlungspflicht den Bund auf Grund der Verwaltungspolizei (Waffenpolizei) eine Pflicht zum Schutz des menschlichen Lebens vor erkennbaren Gefahren durch Kriegsrelikte trifft. Dies entspricht auch den Grundsätzen des Art2 EMRK. Der Bund hat daher für eine unverzügliche und effiziente Gefahrenabwehr, wozu naturgemäß auch die Erhebung und Lokalisierung von Gefahrenquellen gehört, auf seine Kosten zu sorgen.
Bei den angeführten Bestimmungen des Bereicherungsrechtes bzw. der Geschäftsführung ohne Auftrag handelt es sich um taugliche Grundlagen dafür, dass die Klägerinnen die von ihnen getätigten finanziellen Aufwendungen für die Bombensondierungen, die nach der dargestellten Rechtslage vom Bund zu leisten gewesen wären, ersetzt bekommen. Die Säumigkeit des Bundes bezüglich geeigneter Auffindungsmaßnahmen im Vorfeld der Gefahrenabwehr kann nicht zu Lasten Privater bzw. anderer Gebietskörperschaften gehen.
Wenn im Übrigen die Rechtslage tatsächlich (zu Gunsten des Bundes) eindeutig wäre und die Verantwortlichkeit des Bundes in Ansehung von Kriegsdelikten sich erst dann ergeben würde, wenn Bomben oder andere solche potenziell gefährliche Relikte wahrgenommen und ihre Situierung geklärt ist, hätte insbesondere auch der Bund in der Vergangenheit es zweifellos nicht für notwendig erachtet, einschlägige legistische Maßnahmen in Richtung einer Klarstellung in die Wege zu leiten.
Gerade dies ist aber vor kurzem in der Form geschehen, da