TE Vwgh Erkenntnis 2011/3/22 2007/18/0121

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.03.2011
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §66 Abs4;
FrPolG 2005 §60;
FrPolG 2005 §62;
FrPolG 2005 §65 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl sowie die Hofräte Mag. Haunold und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des BD in L, geboren am 15. April 1972, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 15. Jänner 2007, Zl. St 230/05, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines mazedonischen Staatsangehörigen, auf Aufhebung des gegen ihn bestehenden unbefristeten Aufenthaltsverbotes gemäß § 65 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dem im Jahr 1998 gegen den Beschwerdeführer erlassenen Aufenthaltsverbot seien mehrere - näher angeführte - rechtskräftige Verurteilungen zugrunde gelegen. Insbesondere sei er wegen gewerbsmäßigen In-Verkehr-Setzen von Heroin im Ausmaß von zumindest des 25-fachen der "großen Menge" (im Sinne des damals geltenden Suchtgiftgesetzes) sowie wegen des An-Sich-Bringens und Verhandelns von Sachen, die dem Schmuggel unterlägen seien, wobei es dem Beschwerdeführer darauf angekommen sei, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren und einer Geldstrafe von ATS 100.000,-- (d.s. EUR 7.267,28) rechtskräftig verurteilt worden.

Es werde nicht verkannt - so die belangte Behörde in ihrer Begründung weiter -, dass das damals gesetzte Fehlverhalten nunmehr etwa zwölf Jahre zurückliege. Jedoch sei beim seither währenden Wohlverhalten zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer erst am 25. September 1998 aus der Strafhaft entlassen worden sei. Die in Haft verbrachte Zeit könne für die Berechnung des Zeitraumes des behaupteten Wohlverhaltens nicht in Betracht gezogen werden.

Suchtgiftkriminalität weise eine besondere Gefährlichkeit auf. Es sei ein rigoroses Vorgehen gegen Suchtgiftdelikte geboten, weil der Konsum von Suchtgiften zu "verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft und hier wiederum vor allem bei Jugendlichen" führe. Auch der EuGH bezeichne Suchtgifte als "Geißel der Menschheit".

Angesichts der vom Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlungen, insbesondere unter Berücksichtigung, dass er trotz Vorstrafen neuerlich in erheblichem Ausmaß straffällig geworden sei und sich der Unrechtsgehalt der strafbaren Handlungen noch gesteigert habe, müsse im vorliegenden Fall für den Beobachtungszeitraum die Frist der Tilgung, die voraussichtlich mit 25. September 2015 eintreten werde, herangezogen werden.

Im vorliegenden Fall sei zudem zu beachten, dass der Beschwerdeführer unter Zuhilfenahme eines Schleppers trotz des gegen ihn bestehenden Aufenthaltsverbotes neuerlich unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist sei.

Grundsätzlich sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bei Vorliegen von Suchtgifthandel auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden als dringend geboten anzusehen. In solchen Fällen wiege das öffentliche Interesse deutlich schwerer als ein gegenläufiges privates Interesse eines Fremden.

Es sei bei der Entscheidung zwar des Weiteren zu berücksichtigen, dass die Ehefrau und die Kinder des Beschwerdeführers im Bundesgebiet aufhältig seien, er einer Erwerbstätigkeit in Österreich nachgehe und den Lebensunterhalt für seine Familie zu sichern vermöge sowie dem Vater des Beschwerdeführers bereits die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden sei. Die Trennung von den Angehörigen - so die belangte Behörde im Ergebnis mit ihrem Hinweis, dass es dem Beschwerdeführer unbenommen bleibe, sich mit seiner Familie andernorts niederzulassen - müsse der Beschwerdeführer aber im öffentlichen Interesse (weiterhin) in Kauf nehmen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 65 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot (oder ein Rückkehrverbot) auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

Nach der hg. Judikatur kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes (oder eines Rückkehrverbotes) nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes (oder des Rückkehrverbotes) eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Weiters kann bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes (oder eines Rückkehrverbotes) die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot (oder das Rückkehrverbot) erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. Dezember 2010, Zl. 2007/18/0611, mwN).

An seit der Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbots geänderten Umständen wird in der Beschwerde vorgebracht, die wesentliche Änderung sei allein schon in der seit der letzten Verurteilung verstrichenen Zeit zu sehen; es liege ein Zeitraum des Wohlverhaltens von zwölf Jahren vor. Darüber hinaus verweist der Beschwerdeführer auf seine in Österreich lebenden Angehörigen und darauf, dass er den Unterhalt seiner Familie nur in Österreich finanzieren könnte.

Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt.

Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzugestehen, dass die von ihm begangenen strafbaren Handlungen bereits geraume Zeit zurückliegen. Zutreffend hat die belangte Behörde aber ausgeführt, dass bei der Prüfung eines allfälligen Gesinnungswandels auf das in Freiheit gezeigte Wohlverhalten abzustellen ist, weshalb im vorliegenden Fall von einer weit kürzeren Dauer des Wohlverhaltens, als sie der Beschwerdeführer geltend macht, auszugehen ist. Dass der Beschwerdeführer erst Ende September 1998 aus der Strafhaft entlassen wurde, bleibt von ihm unbestritten. Angesichts der gravierenden strafbaren Handlungen im Bereich der Suchtgiftkriminalität und unter Berücksichtigung, dass der Beschwerdeführer auch zuvor strafbare Handlungen - in Form von Vermögensdelikten (Einbruchsdiebstahl und Hehlerei) - setzte, ihn frühere Verurteilungen nicht davon abgehalten haben, sein strafbares Verhalten fortzusetzen, und er demgegenüber sein strafbares Verhalten in seiner Intensität sogar noch gesteigert hat, kann der belangten Behörde letztlich nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgeht, der bisherige Beobachtungszeitraum reiche noch nicht aus, um davon ausgehen zu können, die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr sei bereits weggefallen oder entscheidungswesentlich gemindert. Dabei durfte die belangte Behörde auch das festgestellte - in der Beschwerde unbestritten gebliebene - Fehlverhalten, wonach der Beschwerdeführer trotz des gegen ihn bestehenden Aufenthaltsverbotes unrechtmäßig nach Österreich zurückgekehrt ist, miteinbeziehen (vgl. zum Fehlen von Wohlverhalten im fremdenrechtlichen Sinn und der Zulässigkeit der Berücksichtigung desselben wiederum das bereits erwähnte Erkenntnis Zl. 2009/21/0287).

Dass gegenüber der Zeit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes in den familiären Beziehungen ausschlaggebende Änderungen stattgefunden hätten, die eine anders lautende Entscheidung herbeizuführen geeignet gewesen wären, ist nicht erkennbar. Insbesondere kann im vorliegenden Fall in der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an den Vater des Beschwerdeführers eine derart entscheidungswesentliche Änderung nicht gesehen werden. Sohin hat der Beschwerdeführer auch weiterhin die Trennung von seinen Angehörigen ebenso wie allfällige Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in seinem Heimatland im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, in Mazedonien bedroht und verfolgt zu sein, ist darauf hinzuweisen, dass derartige Umstände im gegenständlichen Verfahren keine Rolle spielen. Für die Geltendmachung derselben stehen eigene Verfahren zur Verfügung.

Wenn der Beschwerdeführer letztendlich noch darauf hinweist, durch seine Angaben im gerichtlichen Strafverfahren hätte ein Mittäter ausgeforscht und verurteilt werden können, so handelt es sich dabei um keine nach Erlassung des Aufenthaltsverbots eingetretenen Ereignisse, die im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens zu berücksichtigen gewesen wären.

Da sohin die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 22. März 2011

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2011:2007180121.X00

Im RIS seit

14.04.2011

Zuletzt aktualisiert am

08.05.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten