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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ASVG §293;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder und die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des N, vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 13, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 3. März 2009, Zl. 300.903/3-III/4/09, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des volljährigen Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen des Kosovo, vom 8. Oktober 2008 auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gemäß § 47 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.
Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Vater des Beschwerdeführers seit 1994 in Österreich lebe und österreichischer Staatsbürger sei.
Der Beschwerdeführer stütze den Antrag auf die Familienzusammenführung mit seinem Vater, weshalb zunächst zu überprüfen sei, ob der Beschwerdeführer ein "sonstiger Angehöriger" im Sinn des § 47 Abs. 3 Z 3 NAG sei.
Da der Vater langjährig in Österreich niedergelassen sei, scheine es wenig plausibel, dass der Beschwerdeführer mit seinem Vater bereits im Herkunftsstaat in einem engeren Naheverhältnis in häuslicher Gemeinschaft gelebt und Unterhalt bezogen oder nur Unterhalt bezogen habe. Dem Verwaltungsakt sei eine Bestätigung des Vaters vom 15. Dezember 2008 angeschlossen, worin dieser eidesstattlich erkläre, dass der Beschwerdeführer im Kosovo bei seiner Tante gelebt und der Vater dem Beschwerdeführer laufend Unterhalt geleistet hätte und auch weiterhin leisten würde. "Diese Behauptungen" seien jedoch nicht "mit dementsprechenden Beweisen (z.B. Kontobewegungen)" unterlegt worden.
Der Vater des Beschwerdeführers habe eine Haftungserklärung abgegeben. Das Ermittlungsverfahren der erstinstanzlichen Behörde habe ergeben, dass der Vater eine monatliche Eigenpension in Höhe von EUR 1.073,33 inklusive Sonderzahlungen beziehe und für seine Ehefrau unterhaltspflichtig sei. Es würden lediglich EUR 93,73 im Monat verbleiben, die der Vater für den Unterhalt des Beschwerdeführers leisten könnte.
Bei Antragstellung sei eine Bestätigung vorgelegt worden, dass ein Bankkonto mit einem Saldo von EUR 37.729,60 auf den Beschwerdeführer und dessen Vater laute. Ein weiteres auf beide Personen lautendes Konto weise einen Guthabensstand von EUR 56.500,-- und ein auf die Eltern des Beschwerdeführers lautendes Konto einen solchen von EUR 54.963,75 auf. "In welchem Bezug diese Konten zu Ihrer Person stehen sollen bzw. ob Sie überhaupt darüber verfügungsberechtigt sind, kann daraus nicht ersehen werden." Es handle sich weder um feste noch um regelmäßige Einkünfte. Bei dem hohen Gesamtbetrag von EUR 149.193,35 könnte man davon ausgehen, dass der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers gesichert wäre, jedoch habe dieser "die Herkunft des Geldes nicht nachgewiesen".
Letztlich führte die belangte Behörde aus, dass wegen des Fehlens eines Familienlebens des Beschwerdeführers mit seinem Vater nicht von einer Aufrechterhaltung des Privat- oder Familienlebens gesprochen werden könne.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
Aus der (wiedergegebenen) Begründung des angefochtenen Bescheides ist abzuleiten, dass die belangte Behörde einerseits den Tatbestand des § 47 Abs. 3 Z 3 NAG verneint und den Beschwerdeführer somit nicht als "sonstigen Angehörigen" im Sinn dieser Bestimmung beurteilt hat. Daneben wertete sie die finanziellen Verhältnisse des Vaters des Beschwerdeführers als nicht ausreichend, sodass seine zu Gunsten des Beschwerdeführers abgegebene Haftungserklärung nicht tragfähig sei.
Hinsichtlich beider Begründungen ist der belangten Behörde ein Verfahrensfehler vorzuwerfen.
§ 47 Abs. 3 NAG lautet in der hier maßgeblichen Stammfassung:
"(3) Angehörigen von Zusammenführenden im Sinne des Abs. 1 kann auf Antrag eine quotenfreie 'Niederlassungsbewilligung - Angehöriger' erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und
1. Verwandte des Zusammenführenden oder seines Ehegatten in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen tatsächlich Unterhalt geleistet wird;
2. Lebenspartner sind, die das Bestehen einer dauerhaften Beziehung im Herkunftsstaat nachweisen und ihnen tatsächlich Unterhalt geleistet wird; oder
3. sonstige Angehörige des Zusammenführenden sind,
a) die vom Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen haben;
b) die mit dem Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben und Unterhalt bezogen haben oder
c) bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege durch den Zusammenführenden zwingend erforderlich machen.
Unbeschadet eigener Unterhaltsmittel hat der Zusammenführende jedenfalls auch eine Haftungserklärung abzugeben."
Fallbezogen kann nur der Tatbestand des § 47 Abs. 3 Z 3 lit. a NAG in Frage kommen. Voraussetzung wäre, dass der Beschwerdeführer von seinem Vater bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen hat. Dazu hat der Beschwerdeführer eine eidesstattliche Erklärung seines Vaters vorgelegt. Die Beweiskraft dieser Urkunde hat die belangte Behörde allein damit verneint, dass nicht "dementsprechende Beweise (z.B. Kontobewegungen)" vorgelegt worden seien. Die belangte Behörde hätte sich jedoch nicht auf das Fehlen von Kontoauszügen zurückziehen dürfen, sondern hätte allenfalls das Ermittlungsverfahren zu ergänzen gehabt und eine entsprechende Beweiswürdigung vornehmen müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 2010, 2008/22/0281).
Hinsichtlich der Einkommensverhältnisse des Vaters des Beschwerdeführers, der für seine Ehefrau unterhaltspflichtig ist, ist der belangten Behörde Recht zu geben, dass die Pension des Vaters nicht ausreicht, um neben der Deckung seines Unterhaltsbedarfs und desjenigen seiner Ehefrau auch für den Unterhalt des Beschwerdeführers in Höhe des Richtsatzes des § 293 ASVG sorgen zu können.
Zum Nachweis vorhandener Unterhaltsmittel hat der Beschwerdeführer jedoch auch Bankbestätigungen vorgelegt, denen zufolge mehrere Konten auf den Beschwerdeführer bzw. seinen Vater lauten und diese eine Gesamtsumme von EUR 149.193,35 ergeben. Die belangte Behörde legte nicht dar, warum der Beschwerdeführer bzw. sein Vater über diese Konten nicht verfügungsberechtigt sein sollten. Die belangte Behörde stellte aber nicht in Abrede, dass durch diese hohen Geldbeträge der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers gesichert wäre. Die Relevanz dieser Konten verneinte sie jedoch mit der bloßen, nicht näher konkretisierten Begründung, der Beschwerdeführer habe die Herkunft des Geldes nicht nachgewiesen, ohne dass Anhaltspunkte für die Bedenklichkeit der Herkunft bestanden hätten.
Die belangte Behörde hat somit weder die Angehörigeneigenschaft nach § 47 Abs. 3 Z 3 NAG in einem mängelfreien Verfahren verneint noch in schlüssiger Weise der Haftungserklärung des Vaters des Beschwerdeführers die Tragfähigkeit abgesprochen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 3. März 2011
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2011:2009220106.X00Im RIS seit
31.03.2011Zuletzt aktualisiert am
20.05.2011