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19/05 Menschenrechte;Norm
MRK Art6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, den Hofrat Dr. Robl und die Hofrätin Mag. Merl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des N, vertreten durch Dr. Gustav Eckharter, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Museumstraße 5/15, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. März 2008, Zl. 151.241/2-III/4/08, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von EUR EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines indischen Staatsangehörigen, vom 12. Oktober 2005 auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zum Zweck der Familienzusammenführung mit seiner die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Ehefrau gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei am 15. Juni 2003 illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe einen Asylantrag gestellt, der in erster Instanz "rechtskräftig negativ beschieden" worden sei, weil er mit Eingabe vom 22. September 2005 seine Berufung zurückgezogen habe.
Am 23. August 2005 habe der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet und am 12. Oktober 2005 persönlich den gegenständlichen Antrag gestellt.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde unter Hinweis auf § 21 NAG aus, der Beschwerdeführer hätte das Bundesgebiet verlassen und die Entscheidung über seinen Antrag im Ausland abwarten müssen. § 21 Abs. 1 NAG stehe somit einer Bewilligung des gegenständlichen Antrages entgegen. Ein längerer unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet rechtfertige in jedem Fall die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung. Der Antrag sowie das Berufungsschreiben des Beschwerdeführers enthielten keine Behauptung humanitärer Gründe. In der behaupteten, zum überwiegenden Teil aus einem illegalen Aufenthalt resultierenden Integration des Beschwerdeführers könnten humanitäre Gründe im Sinne des § 72 NAG nicht erkannt werden, weil dem Gewicht einer Integration auf Grund eines langjährigen Aufenthaltes, der lediglich auf einen "unberechtigten" Asylantrag zurückzuführen sei, ein geminderter Stellenwert eingeräumt werde. Die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin stelle ebenfalls "keinen besonders berücksichtigungswürdigen Grund" dar. Eine Inlandsantragstellung bzw. die daraus resultierende Entgegennahme des Aufenthaltstitels im Inland werde daher gemäß § 74 NAG von Amts wegen nicht zugelassen.
Der Beschwerdeführer könne auch kein Recht auf Freizügigkeit gemäß den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften in Anspruch nehmen. Aus dem gesamten Akteninhalt sei nicht ersichtlich, dass seine Ehefrau "ihre gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeit" in Anspruch genommen habe.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 19. Juni 2008, B 949/08-4, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat; dieser hat nach Vorlage der Verfahrensakten durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, wonach der Beschwerdeführe den gegenständlichen Antrag vom 12. Oktober 2005 während seines Aufenthalts im Inland gestellt hat und auch nach dem Inkrafttreten des NAG (am 1. Jänner 2006) im Inland verblieben ist.
Der gegenständliche Fall gleicht sowohl im entscheidungsrelevanten Sachverhalt als auch in den maßgeblichen Rechtsfragen jenen Fällen, über die der Verwaltungsgerichtshof mit den Erkenntnissen vom 10. November 2010, 2008/22/0197 (bezüglich des Beschwerdevorbringens zur Inlandsantragstellung nach dem Fremdengesetz 1997) und vom 27. September 2010, 2009/22/0036 (hinsichtlich der Aufenthaltsdauer sowie der familiären und beruflichen Bindungen im Bundesgebiet), entschieden hat. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die dort angeführten Entscheidungsgründe verwiesen.
Auch der - nicht näher ausgeführte - Hinweis auf Art. 6 und Art. 14 EMRK sowie das Rassendiskriminierungsverbot ist nicht zielführend, weil die Wahrnehmung der behaupteten Verletzung der genannten verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechte als Angelegenheit im Sinn des Art. 133 Z. 1 B-VG der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes entzogen ist; der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde jedoch abgelehnt. Im Übrigen berührt laut Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 2. Juli 1994, B 1911/93, Slg. 13836) ein Bescheid, mit dem ein Aufenthaltstitel versagt wird, aber ohnedies kein "civil right" im Sinn des Art. 6 EMRK und stellt auch nicht die Entscheidung über eine strafrechtliche Anklage dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. September 2009, 2008/22/0766, mwN).
Auch im vorliegenden Fall war die Beschwerde somit als unbegründet abzuweisen.
Die Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG unterbleiben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 3. März 2011
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2011:2008220738.X00Im RIS seit
31.03.2011Zuletzt aktualisiert am
20.05.2011