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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §65;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 99/06/0055Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über den Antrag des KS in G, vertreten durch Dr. B und Dr. A, Rechtsanwälte in S, auf Wiederaufnahme des mit hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1998, Zl. 98/06/0085, abgeschlossenen Verfahrens bzw. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Zusammenhang mit einer Straßenrechtsangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1. RH in G, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei V in S, 2. Gemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister), den Beschluss gefasst:
Spruch
Den Anträgen wird nicht stattgegeben.
Der Antragsteller (KS) hat dem Erstmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 13.580,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1998 war in Anwendung des § 42 Abs. 4 in Verbindung mit § 62 Abs. 2 VwGG und § 66 Abs. 4 AVG der Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde G vom 21. September 1997 auf Grund der Berufung des RH (nunmehrigen Erstmitbeteiligten) insofern abgeändert worden, als festgestellt wurde, dass die über näher bezeichnete Grundstücke verlaufende Straße in einer Breite von durchgehend 2,5 m eine Privatstraße mit Öffentlichkeitsrecht hinsichtlich des Geh- und Radfahrrechtes darstelle.
Dieses Erkenntnis wurde der Gemeinde am 14. Jänner 1999 und dem damaligen Beschwerdeführer RH am 15. Jänner 1999 zugestellt. Dem nunmehrigen Antragsteller war weder die Beschwerde noch das genannte Erkenntnis zugestellt worden.
Mit dem vorliegenden, am 26. März 1999 eingebrachten Schriftsatz begehrt der Antragsteller die Wiederaufnahme des mit dem zuvor genannten Erkenntnis abgeschlossenen Beschwerdeverfahrens und in eventu die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der Antragsteller habe gegen den Erstmitbeteiligten ein gerichtliches Klagsverfahren anhängig gemacht. Im Zuge des Berufungsverfahrens sei dem Rechtsvertreter am 17. März 1999 die Berufungsbeantwortung des ehemaligen Beschwerdeführers zugestellt worden; dieser Berufungsbeantwortung sei auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1998 beigeschlossen gewesen. Damit habe der Antragsteller im Wege seines Rechtsvertreters erstmals am 17. März 1999 davon Kenntnis erlangt, dass der Verwaltungsgerichtshof aus Anlass der von RH eingebrachten Säumnisbeschwerde das angeführte Erkenntnis erlassen habe. Die Antragstellung werde auf § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG gestützt, da der Antragsteller im Sachentscheidungsverfahren kein Parteiengehör eingeräumt erhalten habe, wobei anzunehmen sei, dass sonst das Erkenntnis anders gelautet hätte. Der Antragsteller habe durch Zufall im Herbst 1998 davon Kenntnis erlangt gehabt, dass RH am 8. Juni 1998 eine Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht hatte. Dazu sei dem Antragsteller des Weiteren bekannt gewesen, dass die Gemeindevertretung der Gemeinde G am 26. Juni 1998 aus Anlass der von RH gegen den Bescheid des Bürgermeisters als Straßenrechtsbehörde erster Instanz erhobenen Berufung dahingehend den Beschluss gefasst habe, die Berufung als unbegründet abzuweisen. Zur Erlassung des Bescheides sei es aber nicht mehr gekommen.
Dem Antragsteller komme gemäß Satz 3 des § 40 Abs. 2 des Salzburger Landesstraßengesetzes 1972 Parteistellung im Verwaltungsverfahren zu.
Inhaltlich wird der Wiederaufnahmeantrag darauf gestützt, es möge auf eine Unvollständigkeit der Aktenunterlagen zurückzuführen sein, dass der Verwaltungsgerichtshof den Eindruck vermittelt erhalten habe, dass die Bezirkshauptmannschaft S ausschließlich im Jahre 1957 vom Bestand einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Privatstraße ausgegangen sei, und damit in einem Zeitraum vor über 20 Jahren. Tatsächlich sei jedoch dieser Umstand eben erst vor wenigen Jahren, nämlich mit dem Bauplatzbescheid vom 2. November 1994 ausgesprochen worden. Mit dem Erkenntnis vom 17. Dezember 1998 werde auch auf die Aussage des Zeugen J. F. (Seite 11) Bezug genommen, wobei richtig sei, dass der Zeuge eine bestimmte Aussage bei seiner ersten Einvernahme am 16. Juni 1995 gemacht habe. Der Zeuge sei aber zu diesem Thema nochmals befragt worden und zwar in der weiteren mündlichen Verhandlung am 21. Mai 1997, wobei er seine Aussage dahingehend klargestellt habe, dass sich seine Rücksprache nicht auf die Wegeanlage bezogen habe, sondern darauf, dass er über diese Wegeanlage hinaus auch ein Gartengrundstück, das nicht zur Wegeanlage gehörte, in Anspruch genommen und deshalb die Rücksprache gepflogen habe.
Hätte der Verwaltungsgerichtshof dem Antragsteller das Parteiengehör eingeräumt, so sei anzunehmen, dass das Erkenntnis anders gelautet hätte.
Die Anträge des Antragstellers wurden sowohl dem RH als auch der Gemeinde G zur Kenntnis gebracht, RH äußerte sich zu den Anträgen zusammengefasst dahingehend, dass die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme oder Wiedereinsetzung nicht vorlägen; insbesondere sei der Antragsteller nicht daran gehindert gewesen, den Bauplatzbescheid vom 2. November 1994 schon während des Verfahrens auf Gemeindeebene vorzulegen.
Dem Antragsteller wurde die Stellungnahme des RH zur Kenntnis gebracht, nach Übermittlung des in der Zwischenzeit bei Gericht vorgelegten Verwaltungsaktes wurde dieser am 19. Juli 2000 dem Verwaltungsgerichtshof übermittelt. Dem Antragsteller wurde hierauf die Möglichkeit eingeräumt, in den Akt Einsicht zu nehmen. Mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2000 äußerte sich der Antragsteller dahingehend, dass die Einsicht in den Verwaltungsakt die Ansicht des Einschreiters bestätigt habe, wonach die Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft S vom 2. November 1994, mit der auch die damalige Erlassung einer Bauplatzerklärung protokolliert worden sei, nicht in den Aktenunterlagen aufliege.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Da der Verwaltungsgerichtshof mit dem Erkenntnis vom 17. Dezember 1998 über eine Säumnisbeschwerde in der Sache selbst entschieden hat, ist vorliegendenfalls nicht § 45 Abs. 1 VwGG anwendbar, auf den sich der Antragsteller stützt, vielmehr gilt nach Abs. 4 leg. cit. für die Wiederaufnahme § 69 AVG sinngemäß (vgl. den hg. Beschluss vom 2. Juli 1997, Zl. 97/12/0213).
Gemäß § 69 Abs. 2 Z. 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einem im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.
Es trifft zu, dass dem Antragsteller in dem mit Erkenntnis vom 17. Dezember 1998 abgeschlossenen Verfahren Parteistellung zugekommen ist. Parteien des Verwaltungsverfahrens sind dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren über eine Säumnisbeschwerde nach Maßgabe des Verfahrensstandes zum Zeitpunkt der Erhebung der Säumnisbeschwerde zuzuziehen und es ist ihnen auch das Erkenntnis zuzustellen. Sofern die Sache entscheidungsreif ist bzw. den Parteien (soweit dies im Berufungsverfahren nach den §§ 65 und 66 AVG erforderlich ist) vor der Erhebung der Säumnisbeschwerde bereits Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt war, kann sich im Einzelfall eine weitere Beiziehung der Parteien des Verwaltungsverfahrens vor der Erlassung des Erkenntnisses durch den Verwaltungsgerichtshof erübrigen. Ungeachtet des Umstandes, dass dem Antragsteller während des Berufungsverfahrens auf Gemeindeebene wiederholt die Möglichkeit zu Stellungnahmen eingeräumt worden war und sich insofern vor der Erlassung des Erkenntnisses gemäß § 42 Abs. 4 VwGG keine Notwendigkeit zur neuerlichen Einräumung des Parteiengehörs ergeben hat, ist jedoch der Antrag auf Grund der dargestellten Rechtslage ausschließlich gemäß § 69 AVG zu beurteilen (und nicht an Hand des vom Beschwerdeführer herangezogenen § 45 Abs. 1 VwGG).
Als Hervorkommen neuer Tatsachen oder Beweismittel macht der Antragsteller das Vorhandensein eines Bescheides geltend, der im Akt der Bezirkshauptmannschaft S einliegt und anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 2. November 1994 verkündet wurde.
Während des Berufungsverfahrens auf Gemeindeebene war dem nunmehrigen Antragsteller wiederholt die Möglichkeit zu Stellungnahmen eingeräumt worden, der Antragsteller hat sich auch bereits in seiner Äußerung vom 12. Juni 1998 auf den Bauplatzbescheid der Bezirkshauptmannschaft S aus dem Jahr 1994 gestützt und, wie sich aus der nunmehr vorgelegten Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft S vom 2. November 1994 ergibt, war der Antragsteller bei der damaligen Verhandlung anwesend und hat somit seit diesem Zeitpunkt Kenntnis davon gehabt, dass an diesem Tag während der mündlichen Verhandlung ein Bauplatzbescheid verkündet wurde. Der Antragsteller, der dem Verfahren auf Gemeindeebene zugezogen war, hätte während des Berufungsverfahrens auch noch die Möglichkeit gehabt, z.B. anlässlich der Äußerung vom 12. Juni 1998 diese Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft S vorzulegen. Es kann daher nicht erkannt werden, dass es sich 1.) um eine neu hervorgekommene Tatsache bzw. ein neu hervorgekommenes Beweismittel handeln würde und 2.) inwiefern diese Niederschrift ohne Verschulden der Partei im Verwaltungsverfahren nicht vorgelegt wurde. Der Beschwerdeführer hat - abgesehen davon, dass er in diesem Zusammenhang den Sachverhalt in seinem Antrag nicht vollständig wiedergibt, vgl. unten - insbesondere nicht dargelegt, inwieweit er durch den Umstand, dass er von der Säumnisbeschwerde nicht in Kenntnis gesetzt worden war, gehindert gewesen wäre, die Niederschrift der Gemeindebehörde (bei der nach seinem angeblichen Kenntnisstand das Verfahren anhängig war) vorzulegen.
Bei dieser Sachlage kann es dahingestellt bleiben, ob unter Berücksichtigung der Umstände, dass einerseits die Bezirkshauptmannschaft S lediglich im Rahmen einer Vorfragenbeurteilung vom Vorliegen einer öffentlichen Straße ausgegangen ist, und andererseits der Verwaltungsgerichtshof das Vorliegen des Öffentlichkeitsrechts auf Grund der zahlreichen Zeugenaussagen beurteilt hat, bei allfälligem Einliegen dieser Niederschrift im Verwaltungsakt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17. Dezember 1998, zu einem anderen Schluss gelangt wäre.
Der weitere Hinweis im Antrag, der Zeuge J. F. habe noch eine weitere Aussage getätigt, macht in Wahrheit eine behauptete unrichtige Beweiswürdigung durch den Verwaltungsgerichtshof geltend, war doch die ergänzende Einvernahme des J. F. vom 21. Mai 1997 im Verwaltungsakt enthalten und ist ausdrücklich auf Seite 6 des hg. Erkenntnisses vom 17. Dezember 1998 angeführt.
Da somit die Voraussetzung des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG nicht vorliegen, und Z. 1 und 3 dieser Bestimmung nicht in Betracht kommen, war der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens abzuweisen, da der Antragsteller im Berufungsverfahren auf Gemeindeebene ausreichend Gelegenheit hatte, seine Parteienrechte wahrzunehmen und seine Vorbringen zu erstatten.
Dem Antragsteller bzw. seinem Rechtsfreund war nicht nur "zufällig bekannt", dass RH eine Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof anhängig gemacht hat, vielmehr hat der Rechtsfreund des Antragstellers die Berichterin mehrmals angerufen und eine baldige Erledigung (womöglich noch vor Weihnachten) der Beschwerdeangelegenheit erbeten. Abgesehen davon, dass der Antragsteller keine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erlitten hat, konnte, da ihm bzw. seinem Rechtsfreund bekannt war, dass das Säumnisbeschwerdeverfahren anhängig war, für ihn die Erlassung des dieses Verfahren abschließenden Erkenntnisses auch nicht unvorhergesehen oder unabwendbar i.S.d. § 46 Abs. 1 VwGG sein.
Die Anträge waren daher als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 8. März 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1999060054.X00Im RIS seit
13.06.2001