TE Vwgh Erkenntnis 2001/3/9 2000/02/0009

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Veröffentlicht am 09.03.2001
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §25 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2000/02/0010

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerden des GR in D, vertreten durch Dr. Erich Bernögger, Rechtsanwalt in 4580 Windischgarsten 400, gegen die Bescheide der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 24. Februar 1999, Zl. LGS600/RALV/1218/1999-Dr.Puy/Fe, und vom 18. März 1999, Zl. LGS600/RALV/1218/1999-Dr.Puy/S, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 5.130,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 17. April 1996, am 16. Oktober 1996, am 3. Juni 1997, am 8. Juni 1998 und am 1. Oktober 1998 jeweils einen Antrag auf Arbeitslosengeld. In allen Anträgen verneinte der Beschwerdeführer das Bestehen einer derzeitigen Beschäftigung. Alle Anträge wurden persönlich von ihm unterfertigt.

Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Liezen gewährte dem Beschwerdeführer auf Grund dieser Anträge Arbeitslosengeld für den Zeitraum 17. April 1996 bis 15. Oktober 1996 (mit Unterbrechung 28. Juli bis 7. September 1996) in einer Gesamthöhe von S 49.546,--, für den Zeitraum 3. Juni bis 24. November 1997 (mit Unterbrechung 4. August bis 7. September 1997) mit einem Gesamtbetrag von S 49.854,--, und für den Zeitraum 8. Juni bis 31. Juli 1998 mit einem Gesamtbetrag von S 19.229,--. Der Antrag vom 1. Oktober 1998 wurde hingegen mit Bescheid des Arbeitsmarktservice, regionale Geschäftsstelle Liezen, vom 2. November 1998 abgewiesen, weil das Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass der Beschwerdeführer bei der R GmbH als handelsrechtlicher Geschäftsführer in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis stehe.

Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 17. Dezember 1998 abgewiesen. Der Beschwerdeführer sei auf Grund seiner Berufungsangaben, er sei nicht bei der R GmbH als Geschäftsführer in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis gestanden, aufgefordert worden, einen aktuellen Firmenbuchauszug der R GmbH zu übersenden bzw. mitzuteilen und gegebenenfalls nachzuweisen, ob er das Gewerbe "ruhegemeldet" habe. Er habe mit Schreiben vom 24. November 1998 bekanntgegeben, dass seit dem 1. Februar 1996 keine Änderung am Firmenbuchstand eingetreten sei. Der Firmenbuchauszug dieses Tages gebe die aktuellen Firmenbuchdaten wieder. Er sei nach wie vor minderbeteiligter Gesellschafter (25 %) und gemeinsam (mit seiner als weitere handelsrechtliche Geschäftsführerin bestellten Gattin) zeichnungsberechtigter Geschäftsführer. Er sei nicht Inhaber eines Gewerbes, welches er hätte ruhend melden können. Den Befähigungsnachweis zur Gewerbeausübung erbringe seine Gattin, die auch die Funktion der gewerberechtlichen sowie der handelsrechtlichen Geschäftsführerin ganzjährig ausübe. Gestützt auf das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1995, Zl. 93/08/0138, gelangte die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark zum Ergebnis, es liege keine Arbeitslosigkeit vor. Durch die bloße Beendigung des Dienstverhältnisses (mit dem Beschwerdeführer war jeweils für die Wintersaison als "Geschäftsführer/Skischulleiter" sowie jeweils um den Monat August als "Geschäftsführer bzw. Geschäftsführer/Skischulleiter" zusätzlich ein Dienstverhältnis zur R GmbH begründet worden) bei weiterhin wirksamem gesellschaftsrechtlichen Bestellungsakt zum handelsrechtlichen Geschäftsführer der R GmbH sei das arbeitslosenversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis nicht beendet worden.

Eine Beschwerde gegen diesen Bescheid an einen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist nicht aktenkundig und wird auch nicht behauptet.

Mit Bescheid vom 29. Dezember 1998 widerrief die Behörde erster Instanz den Bezug des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum 17. April 1996 bis 24. November 1997 und verpflichtete den Beschwerdeführer zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes.

Mit Bescheid der Behörde erster Instanz vom 5. Februar 1999 wurde der Bezug des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum 8. Juni bis 31. Juli 1998 widerrufen und der Beschwerdeführer zur Rückzahlung des für diesen Zeitraum gewährten Betrages verpflichtet.

In den dagegen erhobenen Berufungen brachte der Beschwerdeführer vor, es bestehe durch die Innehabung der (handelsrechtlichen) Geschäftsführerfunktion, welche gemeinsam mit einem zweiten Geschäftsführer ausgeübt werde, wobei der zweite Geschäftsführer - im Innen- und Außenverhältnis - die Geschäfte auch tatsächlich führe und zudem alleiniger Konzessionsinhaber sei, kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des AlVG. Er habe auch keine unwahren Angaben gemacht, maßgebliche Tatsachen verschwiegen oder gar erkennen müssen, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebühre.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden vom 24. Februar 1999 (erstangefochtener Bescheid; betreffend den erstinstanzlichen Bescheid vom 29. Dezember 1998) sowie vom 18. März 1999 (zweitangefochtener Bescheid; betreffend den erstinstanzlichen Bescheid vom 5. Februar 1999) wurde den Berufungen nicht stattgegeben. Mit dem erstangefochtenen Bescheid wurde lediglich der Rückforderungsbetrag "auf S 99.400,-- richtiggestellt".

Begründend wiederholte die belangte Behörde im Wesentlichen die bereits im Bescheid vom 17. Dezember 1998 betreffend Abweisung des Antrages auf Arbeitslosengeld vom 1. Oktober 1998 enthaltene, auf das zitierte hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1995 gestützte Begründung. Sie ergänzte, dass die Funktion des Beschwerdeführers als (handelsrechtlicher) Geschäftsführer "die gesamte Zeit hindurch aufrecht" und daher das aus dem gesellschaftsrechtlichen Bestellungsakt resultierende Dienstverhältnis jeweils bei Beantragung des Arbeitslosengeldes und Zuerkennung desselben nicht beendet gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe in allen Anträgen auf Arbeitslosengeld die Frage nach einer Beschäftigung (wobei sogar beispielsweise Geschäftsführer angeführt sei) immer mit nein geantwortet. Er habe demnach falsche Angaben gemacht.

Dass der Beschwerdeführer die Leistung im guten Glauben empfangen habe, möge richtig sein, ändere jedoch nichts. Denn das AlVG enthalte keine Bestimmung, dass eine zwar unrechtmäßig, aber im guten Glauben empfangene Leistung nicht zurückgezahlt werden müsse. Die Berichtigung des zurückzuzahlenden Betrages (im erstangefochtenen Bescheid) beruhe darauf, dass die Behörde erster Instanz nur die Leistungszeiträume der Jahre 1996 und 1997 behandelt habe, in der Rückforderungssumme jedoch auch den im Leistungszeitraum 1998 ausgezahlten Betrag eingerechnet habe.

Gegen diese Bescheide wandten sich die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerden. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 29. November 1999, B 476/99-3 und B 730/99-3, ihre Behandlung ab und trat sie sodann dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der Beschwerden auf Grund ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt Verfahrensmängel, ohne jedoch den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt in Abrede zu stellen.

Damit liegt hinsichtlich der Frage, ob der Beschwerdeführer in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen als "arbeitslos" im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG anzusehen gewesen wäre, ein Sachverhalt vor, der vergleichbar jenem ist, welcher dem bereits zitierten hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1995, Zl. 93/08/0138, zu Grunde lag. Auf dieses Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Der Widerruf des zuerkannten Arbeitslosengeldes in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen erweist sich demnach im Grunde des § 24 Abs. 2 AlVG als berechtigt.

Eine Rückforderung gemäß § 25 AlVG ist bei Verschulden des Leistungsbeziehers zulässig (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 1993, Zl. 92/08/0087). Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer - worauf die belangte Behörde sich bezieht - in allen Anträgen die Frage "Ich stehe derzeit in Beschäftigung" mit nein beantwortet, obwohl bei dieser Frage in Klammer Arten von Tätigkeiten, ua. "Geschäftsführer/in" angeführt sind. Zudem findet sich in den Vordrucken folgende Passage:

"Ich bestätige mit meiner Unterschrift die Wahrheit der auf diesem Formular gemachten Angaben und nehme zur Kenntnis,

1) dass falsche Angaben oder das Verschweigen maßgebender Tatsachen durch das Nichtbeantworten von Fragen die Einstellung und Rückforderung der bezogenen Leistungen bewirken ... kann."

Der Beschwerdeführer gab keine plausible Erklärung, aus welchem Grund er seine fortwährende Bestellung als handelsrechtlicher Geschäftsführer verschwiegen hat. Aus diesen Umständen heraus ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde der Ansicht ist, der Beschwerdeführer habe den Bezug des Arbeitslosengeldes durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt. Der Einwand des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte durch Einholung eines Firmenbuchauszuges bereits vor Zuerkennung des Arbeitslosengeldes die Tatsache erkennen müssen, dass er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der R GmbH bestellt war, kann an der Verpflichtung des Beschwerdeführers zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen schon deshalb nichts ändern. Denn gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ist die Rückforderung etwa auch dann rechtens, wenn der Leistungsempfänger erkennen muss, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Kenntnis der maßgeblichen Rechtslage (somit auch der ständigen Rechtsprechung) bzw. die Einholung von Auskünften zuständiger Stellen ist jedem Leistungsempfänger zuzumuten. Erklärt aber der Gesetzgeber eine Rückforderung auch in diesen Fällen bei irrtümlich durch die Behörde gewährten Leistungen für zulässig, dann hat es auf die Rückforderung umso weniger Einfluss, wenn der Behörde durch unwahre oder unvollständige Angaben des Antragstellers veranlasste Ermittlungsmängel unterlaufen sind.

Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. März 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000020009.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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