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74 Kirchen, ReligionsgemeinschaftenNorm
B-VG Art144 Abs1 / LegitimationLeitsatz
Zurückweisung der Beschwerde gegen die Genehmigung einer Verfassungder Islamischen Glaubensgemeinschaft mangels Beschwer; Ablehnung derBehandlung der Beschwerde gegen die Versagung der Parteistellung imGenehmigungsverfahrenSpruch
I. Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 22. Oktober 2009, Z BMUKK-9.070/0023-KA/2009, richtet, zurückgewiesen.
II. Soweit die Beschwerde sich gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 9. November 2009, Z BMUKK-9.070/0031-KA/2009, richtet, wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Insoweit wird die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Begründung
Begründung:
I. Auf Antrag der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (in der Folge IGGiÖ) vom 8. Juli 2009 wurde die von dieser vorgelegte Verfassung samt der einen Bestandteil bildenden Wahlordnung und Kultusumlagenordnung nach §2 Abs2 der Verordnung vom 2. August 1988 betreffend die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (in der Folge IslamVO), BGBl. 466/1988, mit Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 22. Oktober 2009 genehmigt.
Mit Schreiben vom 2. November 2009 beantragte der Beschwerdeführer, welchem die Funktion des Präsidenten des Islamischen Informations- und Dokumentationszentrums Österreich zukommt, die Zuerkennung der Parteistellung im Verfahren zur Genehmigung der Verfassung der IGGiÖ und die Zustellung des Bescheides vom 22. Oktober 2010 mit der Begründung, dass der Beschwerdeführer auf Grund des bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land anhängigen Religionsfeststellungsverfahrens im Verfahren zur Genehmigung der Verfassung der IGGiÖ ein rechtliches Interesse habe.
Mit Bescheid vom 9. November 2009 wurde der Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung mangels Rechtsanspruchs bzw. rechtlichen Interesses iSd §8 AVG abgewiesen.
Gegen diese Bescheide vom 22. Oktober 2009 und vom 9. November 2009 richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf "Gleichbehandlung" und auf Religionsfreiheit behauptet wird. Zu seiner Beschwerdelegitimation führt der Beschwerdeführer aus, am 10. März 1995 dem Islam beigetreten und somit zu diesem Zeitpunkt ex lege Mitglied der IGGiÖ geworden zu sein; seitens der IGGiÖ werde ihm jedoch die Anerkennung als Mitglied verwehrt.
II. Soweit sich die Beschwerde gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 22. Oktober 2009, Z BMUKK-9.070/0023-KA/2009, richtet, ist sie nicht zulässig.
1. Gemäß Art144 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden einschließlich der Unabhängigen Verwaltungssenate, sofern der Beschwerdeführer behauptet, durch den Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt zu sein. Voraussetzung der Zulässigkeit einer solchen Beschwerde ist zumindest die Möglichkeit der Verletzung des Beschwerdeführers in subjektiven Rechten, was immer dann der Fall ist, wenn die bescheidmäßigen Anordnungen und Feststellungen die subjektive Rechtssphäre des Beschwerdeführers berühren, der Bescheid demgemäß subjektive Rechte (oder Pflichten) begründet, verändert oder feststellt (vgl. VfSlg. 17.920/2006 mwN).
Die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen einen Bescheid setzt sohin auch ein Interesse des Beschwerdeführers an der Beseitigung des angefochtenen Bescheides voraus. Ein solches Interesse ist nur gegeben, wenn nach Aufhebung des Bescheides ein durch diesen bewirkter Rechtsnachteil des Beschwerdeführers vermieden wird. Dabei kommt es nicht auf eine subjektive Beurteilung durch den Beschwerdeführer an, sondern darauf, ob bei Anlegung eines objektiven Maßstabes angenommen werden kann, dass der angefochtene Bescheid im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung die Rechtsposition des Beschwerdeführers zu dessen Nachteil verändert (vgl. VfSlg. 11.764/1988, 16.516/2002, 18.171/2007).
2. Dem Beschwerdeführer wird durch die Bestimmungen der IslamVO über die Genehmigung der von der IGGiÖ vorzulegenden Verfassung keine Parteistellung eingeräumt. Die bescheidmäßige Genehmigung durch die belangte Behörde berührt auch nicht die subjektive Rechtssphäre des Beschwerdeführers, da sie für diesen keine subjektiven Rechte oder Pflichten begründet oder verändert. Auch war der Beschwerdeführer nicht Adressat des angefochtenen Bescheides. Mangels subjektiven Rechts auf eine rechtmäßige Entscheidung durch die für die Genehmigung zuständige Behörde kommt diesem nicht die Beschwerdelegitimation nach Art144 B-VG zu.
Der Behauptung des Beschwerdeführers, dass durch die persönliche Aushändigung des Bescheides am 12. November 2009 eine Zustellung iSd §24 ZustG erfolgt sei, ist entgegenzuhalten, dass durch die bloße Zustellung eines Bescheides die Parteistellung nicht begründet werden kann (VfSlg. 13.722/1994).
Dem Beschwerdeführer fehlt daher die Beschwer, um den ergangenen Bescheid mit Verfassungsgerichtshofsbeschwerde anfechten zu können. Die Beschwerde ist daher mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lite VfGG).
III. Soweit die Beschwerde sich gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 9. November 2009, Z BMUKK-9.070/0031-KA/2009, richtet, wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.
Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Religionsfreiheit. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind vor dem Hintergrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Dezember 2010, B1214/09, zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.
Die Angelegenheit ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.
Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen und sie gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).
Schlagworte
Religionsgesellschaften, VfGH / Legitimation, Rechte subjektiveöffentliche, Verwaltungsverfahren, Parteistellung, BeschwerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2010:B1575.2009Zuletzt aktualisiert am
21.11.2011