Index
25 Strafprozeß, StrafvollzugNorm
B-VG Art140 Abs1 / AllgLeitsatz
Unzulässigkeit eines Gerichtsantrags auf Aufhebung einer Regelung derStrafprozessordnung betreffend die örtliche Zuständigkeit einesGerichtes im Ermittlungsverfahren mangels Legitimation;antragstellendes Landesgericht im Fall der Überprüfung einerEinstellungserklärung der Staatsanwaltschaft funktionell nicht alszweitinstanzliches Gericht zu qualifizierenSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. Sachverhalt
1. Bei der Staatsanwaltschaft Leoben war ein ihr gemäß §28 Strafprozessordnung 1975 idF des Strafprozessreformgesetzes BGBl. I 19/2004 (im Folgenden: StPO) durch die Oberstaatsanwaltschaft Graz im Wege der Delegierung übertragenes Ermittlungsverfahren gegen eine (vormalige) Richterin des Landesgerichtes für Strafsachen Wien sowie einen (vormaligen) Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Wien wegen des Verdachts des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §302 StGB und anderer Delikte iZm Vorgängen in einem (zwischenzeitig rechtskräftig abgeschlossenen) clamorosen Wirtschaftsstrafverfahren anhängig. Nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Leoben gemäß §190 Abs1 StPO brachte der (von dieser Maßnahme als Opfer iSd §65 Abs1 StPO verständigte) Anzeiger gemäß §195 Abs1 StPO (idF BGBl. I 52/2009) einen Antrag auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens ein, der - nachdem die Staatsanwaltschaft keinen Anlass für ein Vorgehen nach §195 Abs3 erster Satz leg.cit. gefunden hat - gemäß dem zweiten Satz dieser Bestimmung dem Landesgericht Leoben vorgelegt wurde.
2. Aus Anlass dieses Verfahrens begehrt das Landesgericht Leoben gemäß Art140 Abs1 B-VG die Aufhebung des gesamten §36 Abs1 StPO, in eventu die Aufhebung der in dieser Bestimmung enthaltenen Wortfolge ", an dessen Sitz sich die Staatsanwaltschaft befindet, die das Verfahren führt", wegen Verstoßes gegen das in Art83 Abs2 B-VG garantierte Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und gegen den in Art87 Abs3 B-VG verankerten Grundsatz der festen Geschäftsverteilung.
3. Das antragstellende Gericht begründet seine Anfechtungslegitimation (ebenso wie die geltend gemachten Bedenken) - weitgehend wortgleich wie in seinen zu G52/10 und zu G78/10 protokollierten Anträgen - damit, dass es im Rahmen der Entscheidung über den Fortsetzungsantrag mit Blick auf die als gerichtliche Entscheidung zu wertende Einstellungserklärung der Staatsanwaltschaft als ein in zweiter Instanz entscheidendes Gericht iSd Art140 Abs1 iVm Art89 Abs2 B-VG tätig werde. Der zu G52/10 protokollierte Antrag des Drei-Richter-Senates des Landesgerichtes Leoben (in derselben Zusammensetzung wie hier) wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 9. März 2011 mangels Antragsbefugnis zurückgewiesen; hinsichtlich des zu G78/10 protokollierten Antrags erfolgte mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 9. März 2011 ebenfalls die Zurückweisung.
II. Erwägungen
1. Da der vorliegende Antrag in allen wesentlichen Punkten den mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 9. März 2011, G52/10 zurückgewiesenen Antrag desselben Gerichtes gleicht, genügt auch hier der Hinweis auf die im angeführten Beschluss zur Frage der Antragsbefugnis (mit näherer Begründung) angestellten Überlegungen, denen zufolge ein gemäß §195 StPO mit der Behandlung eines Antrags auf Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens befasstes Landesgericht nicht als ein "zur Entscheidung in zweiter Instanz zuständiges Gericht" iSd Art140 Abs1 iVm Art89 Abs2 B-VG zu qualifizieren ist (vgl. auch VfGH 9.3.2011, G78/10).
2. Dem Drei-Richter-Senat des Landesgerichtes Leoben fehlt sohin die Legitimation zur Antragstellung gemäß Art140 Abs1 B-VG.
3. Der Antrag war daher zurückzuweisen.
4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Strafprozessrecht, Staatsanwaltschaft, Gericht Zuständigkeit -Abgrenzung von Verwaltung, VfGH / LegitimationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2011:G133.2010Zuletzt aktualisiert am
11.04.2011