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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §12 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde der DB in G, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl Rechtsanwaltsgesellschaft m.b.H. in 8010 Graz, Schmiedgasse 31, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 23. Februar 1999, Zl. LGS600/RALV/1218/1999-Dr. Puy/Fe, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin begehrte mit Antrag vom 17. Dezember 1998 die Zuerkennung von Arbeitslosengeld. Sie sei von 1978 bis 1988 als Lehrling und Angestellte beim Arbeitgeber H, von Mai 1988 bis November 1988 als Angestellte beim Arbeitgeber Fa. B, vom November 1988 bis Juni 1998 beim Arbeitgeber K und vom 1. Juni 1998 bis 6. November 1998 beim Arbeitgeber T GmbH beschäftigt gewesen. Das letzte Arbeitsverhältnis habe durch fristlose Entlassung geendet.
Sie beantwortete die Frage 5) "Ich stehe derzeit in Beschäftigung" mit nein. Im Ermittlungsverfahren wurde ein Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 1. Dezember 1998 vorgelegt, es werde in der Firmenbuchsache betreffend die G GmbH die Eintragung bewilligt, dass die Beschwerdeführerin als handelsrechtliche Geschäftsführerin ab 3. Dezember 1998 die G GmbH selbständig vertrete. Die Beschwerdeführerin gab hiezu ergänzend an, sie übe in diesem Geschäft keine Tätigkeit aus und erhalte kein Entgelt. Das Geschäft werde von einer Mitarbeiterin geführt.
Mit dem Bescheid vom 19. Jänner 1999 wies die Behörde erster Instanz den Antrag auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab, weil die Beschwerdeführerin nicht arbeitslos sei.
Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin zur Beantwortung der Frage auf, wer der gewerberechtliche Geschäftsführer der G GmbH sei. Weiters wurde Sie zur Vorlage eines Nachweises, aus dem sich der Anteil der Beschwerdeführerin und ihres Gatten an der G GmbH ergebe, eines Nachweises über den Umsatz der G GmbH im Jahr 1998 und eines Nachweises über das 1998 auf Grund des Anteils der Beschwerdeführerin an der G GmbH erzielten Einkommens, aufgefordert.
Die Beschwerdeführerin legte einen Auszug aus dem Firmenbuch mit Stichtag 9. Dezember 1998 vor. Aus diesem ergibt sich, dass sowohl die Beschwerdeführerin als auch deren Gatte als handelsrechtlicher Geschäftsführer mit selbständiger Vertretungsbefugnis bestellt sind. Die Beschwerdeführerin hält einen Anteil von 20 % (und nicht von 25 %, wie die belangte Behörde und die Beschwerdeführerin vermeinen) an der G GmbH. Die Beschwerdeführerin gab bekannt, dass ihr Gatte gewerberechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft sei und der Umsatz für das Wirtschaftsjahr 1997/98 4,3 Mio. S betrage. Es handle sich um ein vorläufiges Betriebsergebnis, die Beschwerdeführerin habe 1998 kein Einkommen erhalten. Letzteres resultiere daraus, dass "auf Grund der Liberalisierung der Ladenschlusszeiten" Gewinne nicht mehr zu erwirtschaften seien. Es gebe Bestrebungen, das Geschäft zu verkaufen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23. Februar 1999 gab die belangte Behörde der Berufung nicht statt. Die Behörde erster Instanz habe festgestellt, dass die Beschwerdeführerin bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft als selbständig erwerbstätig versichert sei. Nach Wiedergabe des Verfahrensverlaufes stellte die belangte Behörde die aus dem Firmenbuch ersichtlichen Daten der Bestellung der Beschwerdeführerin als handelsrechtliche Geschäftsführerin der G GmbH und die Angaben der Beschwerdeführerin zum Umsatz im Geschäftsjahr 1997/98 als Sachverhalt fest. Ausgehend von der Annahme, dass es sich beim genannten Umsatz um den für zwei Jahre handle, habe die G GmbH jährlich einen Umsatz von 2,15 Mio. S erzielt. Der Gesellschaftsanteil der Beschwerdeführerin betrage 1/4. Deshalb betrage der Anteil der Beschwerdeführerin am Umsatz S 537.500,--. 11,1 % davon machten S 59.662,50 jährlich oder S 4.971,87 monatlich aus. Dieser Betrag übersteige die Geringfügigkeitsgrenze von S 3.830,--. Die Beschwerdeführerin sei nicht als arbeitslos anzusehen.
Gegen diesen Bescheid wendete sich die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 15. Dezember 1999, B 527/99-3, ihre Behandlung ab und trat sie sodann dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Insoweit die Beschwerdeführerin vorbringt, sie sei auf Grund ihrer Stellung als handelsrechtliche Geschäftsführerin nicht selbständig erwerbstätig gewesen, ist ihr zu entgegnen, dass es in Bezug auf die Anspruchsvoraussetzung der "Arbeitslosigkeit" nicht entscheidend darauf ankommt, ob jemand in einem Dienstverhältnis steht (§ 12 Abs. 3 lit. a AlVG) oder selbständig erwerbstätig ist (§ 12 Abs. 3 lit. b AlVG), sondern darauf, ob das anspruchsbegründende Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG beendet ist und keiner der Ausschlusstatbestände des § 12 Abs. 3 (iVm Abs. 6) AlVG vorliegt.
Anders als in jenen Fällen, in denen nach Beendigung eines Anstellungsverhältnisses zu einer GmbH bei weiterhin fortbestehender Bestellung als handelsrechtlicher Geschäftsführer kein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht, weil das Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG nicht beendet ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1995, Zl. 93/08/0138, mwN), hat die Beschwerdeführerin ihre Tätigkeit als handelsrechtliche Geschäftsführerin der G GmbH erst nach Beendigung ihrer, die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld begründenden Beschäftigungsverhältnisse aufgenommen. Deshalb ist die zur obgenannten Situation ergangene Rechtsprechung hier nicht anwendbar.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sieht § 12 Abs. 6 lit. c AlVG keine Zurechnung von Umsätzen eines anderen Rechtssubjektes vor. § 12 Abs. 6 lit. e AlVG ist nicht auf die geschäftsführenden Gesellschafter von Kapitalgesellschaften anzuwenden (vgl. zu beiden Themen das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2000, Zl. 98/08/0085, mwN).
Im gegenständlichen Fall wurde nicht festgestellt, dass die Beschwerdeführerin - entgegen ihren Behauptungen im Verwaltungsverfahren - doch ein eigenes Einkommen aus ihrer Tätigkeit in der G GmbH erzielt hätte. Es wurde auch keine die Beschwerdeführerin als Unternehmerin selbst treffende Umsatzsteuerpflicht festgestellt. Die Gründe, aus denen die belangte Behörde vermeint, die Beschwerdeführerin sei nicht arbeitslos gewesen und habe deshalb keinen Anspruch auf die beantragte Leistung, treffen hier nicht zu.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. März 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000020021.X00Im RIS seit
18.10.2001