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62 ArbeitsmarktverwaltungNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Unsachlichkeit einer Regelung des Arbeitslosenversicherungsgesetzesüber die in bestimmten Fällen bestehende Wahlmöglichkeit zwischen derInanpruchnahme von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung (zBÜbergangsgeld nach Altersteilzeit) oder einer Korridorpension; keineDifferenzierung nach dem Verschulden des Arbeitnehmers an derBeendigung des ArbeitsverhältnissesRechtssatz
Aufhebung der Wortfolge ", wenn das letzte Dienstverhältnis 1. durch Kündigung des Dienstgebers, 2. durch berechtigten vorzeitigen Austritt, 3. durch Lösung während der Probezeit oder 4. unter der Voraussetzung, dass vor dem befristeten Dienstverhältnis kein unbefristetes Dienstverhältnis mit demselben Dienstgeber bestand, durch Fristablauf beendet wurde" in §22 Abs1 AlVG idF BGBl I 102/2005.
Es ist dem Gesetzgeber von Verfassung wegen nicht schlechthin verwehrt, bei der Festlegung der Voraussetzung für den Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung nach der Art der Beendigung eines Dienstverhältnisses zu differenzieren. Das bloße Abstellen des Gesetzgebers in §22 Abs1 letzter Halbsatz AlVG auf bestimmte Arten der Beendigung des Dienstverhältnisses begegnet keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Die Regelung differenziert jedoch nicht nach dem Verschulden des Arbeitnehmers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sie lässt insbesondere den Fall einer unverschuldeten Entlassung, aber etwa auch den Fall einer auf Initiative des Dienstgebers erfolgenden einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses unberücksichtigt und ist daher unsachlich. Sie verstößt daher gegen den Gleichheitsgrundsatz.
Erweiterung der Regelung auf andere Tatbestände durch Analogie nicht möglich.
Dass der Gesetzgeber lediglich die in §22 Abs1 letzter Halbsatz AlVG aufgezählten Beendigungsarten erfassen wollte, zeigt sich daran, dass das Gesetz differenzierend und in Übereinstimmung mit der sozial- und arbeitsrechtlichen Terminologie lediglich diese Beendigungsarten benennt.
Weder aus der Entstehungsgeschichte noch aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich ein Anhaltspunkt für eine planwidrige Lücke.
Bestimmung einer Frist für das Außer-Kraft-Treten der aufgehobenen Gesetzesstelle (30.06.11) gem Art140 Abs5 dritter und vierter Satz
B-VG.
Die in Prüfung gezogene Bestimmung gilt für alle Leistungen der Arbeitslosenversicherung. Zieht man zudem in Betracht, dass ein Abstellen auf die Art der Beendigung des Dienstverhältnisses in §22 Abs1 letzter Halbsatz AlVG nicht unter allen Umständen verfassungsrechtlich ausgeschlossen ist und dass vorliegend nicht der soziale Schutz als solcher entfällt, sondern lediglich die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Formen sozialen Schutzes zu wählen, so erachtet der Verfassungsgerichtshof eine Aufhebung unter Setzung einer Frist von sechs Monaten für angemessen.
Anlassfall B1449/09, E v 16.12.10, Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Schlagworte
Arbeitslosenversicherung, Sozialversicherung, Pensionsversicherung,Analogie, VfGH / FristsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2010:G74.2010Zuletzt aktualisiert am
21.11.2011