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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durchAbweisung der Berufung einer Gemeindegutsagrargemeinschaft gegen dieAufhebung verschiedener Beschlüsse durch die Agrarbehörde ersterInstanz mangels Beiziehung eines Gemeindevertreters; keineverfassungswidrige Bevorzugung der Gemeinde als Mitglied derAgrargemeinschaft durch Bestimmungen des TirolerFlurverfassungslandesgesetzes betreffend die Organe derAgrargemeinschaften und die Einräumung bestimmter Rechte der Gemeindebei Entscheidungen über den SubstanzwertRechtssatz
Zurückweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen den der Berufung Folge gebenden Teil des angefochtenen Bescheides des Landesagrarsenates richtet, mangels Beschwer.
Bescheidmäßige Feststellung des Vorliegens atypischen Gemeindegutes keine Voraussetzung für die Anwendung der Bestimmungen des Tir FlVLG 1996 idF LGBl 7/2010; nur deklarative Wirkung eines Feststellungsbescheides gem §33 Abs6 leg cit.
Bindungswirkung der Vorentscheidung VfSlg 18446/2008 hinsichtlich der Behandlung der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft als "Gemeindegutsagrargemeinschaft".
Keine Änderung der maßgeblichen Rechtslage durch die Novelle LGBl 7/2010 (siehe auch E v 10.12.10, B639/10 ua: Identität des im Erk VfSlg 18446/2008 definierten Begriffes des Gemeindegutes mit jenem des §33 Abs2 litc Z2 Tir FlVLG 1996 idF LGBl 7/2010).
Keine Änderung der Sachlage; Bindungswirkung durch die bloße Behauptung von Feststellungsmängeln nicht durchbrochen; ansonsten Unvereinbarkeit mit §87 Abs2 VfGG und mit der Funktion der Verfassungsgerichtsbarkeit im System des rechtsstaatlichen Grundprinzips der österreichischen Bundesverfassung.
Keine Bedenken gegen §33 Abs2 litc Z2 sowie gegen §33 Abs5 Tir FlVLG 1996 idF LGBl 7/2010 (betr den Substanzwert).
Keine unsachliche Bevorzugung der Gemeinde als Mitglied der Agrargemeinschaft durch §35 Abs7 leg cit, Einräumung eines Zustimmungsrechtes der Gemeinde bei Entscheidungen über den Substanzwert sachlich gerechtfertigt.
Keine Bedenken auch unter dem Blickwinkel der Eigentumsgarantie. Der Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes stellt eine durch die Eigentumsgarantie geschützte Rechtsposition dar, die auch das subjektive Recht der umfassenden Dispositionsbefugnis über alle vom Eigentumsschutz erfassten Rechte gewährleistet. Es ist daher verfassungsrechtlich geboten, den Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes - hier im Wege der Einräumung von Zustimmungs- und Einwirkungsrechten - zu wahren, weil ansonsten der Gemeinde die Ausübung ihrer Eigentümerbefugnisse verfassungswidrig vorenthalten werden würde.
Keine Kompetenzwidrigkeit des §35 Abs7 leg cit. Angelegenheiten der Regulierung von Agrargemeinschaften vom Kompetenztatbestand "Bodenreform" des Art12 Abs1 Z3 B-VG umfasst; ebenso Regelungen über die Modalitäten der Willensbildung innerhalb der Agrargemeinschaft.
Kein Widerspruch zu Art120a ff B-VG betr Selbstverwaltungskörper. Agrargemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit gesetzlich festgelegtem Mitgliederkreis, Aufsicht durch die Agrarbehörde, Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben infolge gesetzlicher Übertragung. Kein Verstoß des §35 Abs7 Satz 1 und 2 gegen Art120c Abs1 B-VG betr die Organkreation nach demokratischen Grundsätzen.
Gemeinde als Mitglied der Agrargemeinschaft gem §34 Abs1 Tir FlVLG. Unbedenklichkeit der Regelung über die Beiziehung eines Vertreters der Gemeinde zur Vollversammlung und zum Ausschuss; keine Vorschrift über die Organbildung.
Weiters keine unsachliche Bevorzugung der Gemeinde durch das Einsichts- und Entnahmerecht gem §36 Abs2 Tir FlVLG; getrennte Rechnungskreise nicht unsachlich; Kontrollrechte als notwendige Ergänzung des Anspruches der Gemeinde auf den Substanzwert.
Keine Unsachlichkeit der Regelungen der Aufsicht über die Agrargemeinschaften (Aufhebung rechtswidriger Beschlüsse), insbesondere dort, wo die rechtlichen Interessen der Gemeinde besonders betroffen sind, und die Zuerkennung einer Parteistellung an die Gemeinde gem §37 Abs6, Abs7 und Abs8 leg cit.
Keine Verletzung der Verfahrensgarantien des Art6 EMRK; keine Bedenken gegen die Unabhängigkeit der Landesagrarsenate; Anrufung auch des Verwaltungsgerichtshofes zulässig.
Schlagworte
Bodenreform, Flurverfassung, Agrarbehörden, Bindung (derVerwaltungsbehörden an VfGH), Selbstverwaltung, Kompetenz Bund -Länder Bodenreform, Aufsichtsrecht, Parteistellung, VfGH /Legitimation, Feststellungsbescheid, RechtsstaatsprinzipEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2011:B1645.2010Zuletzt aktualisiert am
21.05.2012