TE UVS Steiermark 2010/12/09 30.9-35/2010

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.12.2010
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Christian Erkinger über die Berufung des M F, vertreten durch Mag. J W, N, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 25.02.2010, GZ: 15.1 5279/2009, wie folgt entschieden:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung hinsichtlich Punkt 1.) und 2.) dem Grunde nach abgewiesen.

 

Zu Punkt 1.) wird die Strafhöhe gemäß § 19 VStG mit ? 50,00 (1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe) neu bemessen, zu Punkt 2.) wird die Berufung auch der Höhe nach abgewiesen.

Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf den Betrag von ? 5,00; dieser ist binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von ? 22,00 binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Text

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 25.02.2010, GZ: 15.1 5279/2009, wurde dem Berufungswerber angelastet, er habe am 21.04.2009 in der Zeit von 09.45 Uhr bis 11.25 Uhr sowie am 22.04.2009 um 14.00 Uhr in Wz, Bundesschulzentrum HTBLA - Wz, K Wst, Erdgeschoss in der Klasse 2YKWII durch sein Verhalten nationalsozialistisches Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes verbreitet. Er habe zur angeführten Zeit am angeführten Ort ein T-Shirt mit der Aufschrift:

Hitler European Tour 1939 - 1945 getragen und sei auf diesem auch ein Abbild von Adolf Hitler mit Armschleife (Hakenkreuz) und ausführendem Hitlergruß zu erkennen gewesen.

 

Wegen der genannten Übertretungen wurde jeweils eine Geldstrafe von ? 110,00 (jeweils drei Tage Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß Art. III Abs 1 Schlusssatz EGVG verhängt.

 

Das dagegen erhobene Berufungsvorbringen lässt sich dahin zusammenfassen, dass der Berufungswerber anführt, dieses T-Shirt am Londoner Straßenmarkt gekauft zu haben. Er habe nicht daran gedacht, was dies in Österreich auslösen würde, da genauso in österreichischen Kabarettprogrammen Parodien auf Adolf Hitler aufgeführt und auch Karikaturen gezeigt würden. Er sei sich der schrecklichen Vergangenheit bewusst und heiße dies auf keinen Fall gut. Er lehne auch die Einstellung zur rechtsradikalen Szene strikt ab. Am Morgen des 22.04.2009 habe er in seiner Verschlafenheit das am Vortag getragenen T-Shirt aus seinem Gewandhaufen genommen und nicht darauf geachtet, dass es dasselbe gewesen sei. Er beantrage das Verfahren gegen ihn ersatzlos einzustellen sowie die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung.

 

Unter Ladung der Verfahrensparteien und erforderlichen Zeugen wurde eine solche auch durchgeführt und konnte dabei folgender Sachverhalt festgestellt werden:

 

Die beiden einvernommenen Zeugen, Professoren des Berufungswerbers aus seiner Schulzeit in der höheren technischen Bundeslehranstalt in Wz, bestätigten im Wesentlichen ihre Wahrnehmungen, wie sie diese bereits im erstinstanzlichen Verfahren geschildert hatten. Demnach wurde der erste Vorfall vom 21.04.2009 von Prof. Dipl. Ing. Mr anlässlich des Unterrichtes beobachtet, wobei ihm auffiel, dass der Berufungswerber eben besagtes T-Shirt trug und er ihn darauf ansprach, dieses zu unterlassen. Der Berufungswerber zeigte sich einsichtig. Tags darauf trug der Berufungswerber besagtes T-Shirt abermals, diesmal im Unterricht von Prof. Mag. H und wurde er von diesem auch sofort darauf angesprochen und aufgefordert es auszuziehen bzw. etwas darüber zu ziehen. Der Berufungswerber wollte sodann ein Gespräch über den Nationalsozialismus beginnen, was Prof. H nicht zuließ. Er wurde auch weiters darüber aufgeklärt, dass, sofern er damit in die Öffentlichkeit gehen würde, dies sehr wohl anders, als wie von ihm möglicherweise vermeint, verstanden werden könnte. Der Berufungswerber wurde von beiden einvernommenen Lehrern als sozialer Mensch, aber auch durchaus als ein solcher, der gerne provoziert und auch gewisse Dinge näher hinterfragt, beschrieben. Rechtslastige Tendenzen sind beiden Lehrern beim Berufungswerber nicht aufgefallen. Der Berufungswerber selbst war zum Zeitpunkt der ihm angelasteten Delikte nicht ganz 22 Jahre alt.

 

Beweiswürdigung:

 

Die getroffenen Feststellungen gründen sich im Wesentlichen auf die Aussagen der einvernommenen Zeugen Mag. H und Dipl. Ing. M, die bei ihrer Aussage unter Wahrheitspflicht bei sonstiger strafgerichtlicher Sanktion standen. Im Übrigen bestand zwischen ihren Aussagen und jenen des Berufungswerbers auch kein Widerspruch, vielmehr stellt die Verantwortung des Berufungswerbers seine persönliche Sicht der Dinge dar, wonach er das Tragen des betreffenden T-Shirts quasi als Darstellung eines schwarzen Humors bzw. als Protest oder Kritik ansah. Die erkennende Behörde ist bei ihrer Entscheidung von folgenden rechtlichen Überlegungen ausgegangen:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gemäß Art. III EGVG 2008, BGBl. I Nr. 87 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion mit einer Geldstrafe bis zu ? 2.180,00 und mit dem Verfall der Gegenstände, mit denen die strafbare Handlung begangen wurde, zu bestrafen, wer nationalsozialistisches Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes, StGBl. Nr. 13/1945, in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 25/1947 verbreitet.

Wie aus den im erstinstanzlichen Verfahrensakt befindlichen Lichtbildkopien zu ersehen ist, trug der Berufungswerber zu den angeführten Zeitpunkten ein, wie von ihm angeführt, auf dem englischen Straßenmarkt erworbenes T-Shirt mit der Aufschrift Hitler, European Tour 1939 - 1945, die Adolf Hitler den Hitlergruß ausführend und eine Hakenkreuzarmbinde tragend zeigt. Darunter befinden sich beginnend mit September 1939 bis Juli 1945 die offensichtlich von Adolf Hitler durchgeführten Feldzüge, wobei zwei davon mit der Aufschrift cancelled durchgestrichen dargestellt sind.

Zugegebenermaßen trug der Berufungswerber an zwei verschiedenen Tagen besagtes T-Shirt in der von ihm besuchten HTBLA in Wz und konnte somit von einer Großzahl von jugendlichen Schülern gesehen werden.

Der Ansicht des Berufungswerbers, dass es sich dabei um, wie von ihm angeführt, eine Protest- oder Kritikaktion bzw. um die Darstellung eines schwarzen Humors gehandelt hat, kann sich die erkennende Behörde ebenso wenig wie dies der Lehrer des Berufungswerbers Mag. H ebenso zum Ausdruck brachte, anschließen, wenngleich sich der Berufungswerber möglicherweise zumindest zum Zeitpunkt des erstmaligen Tragens am 21.04.2009 der Tragweite nicht ganz bewusst gewesen sein dürfte. Zu bemerken ist in diesem Zusammenhang aber auch jedenfalls, dass er bereits über 21 Jahre alt war und somit auch schon aus diesem Grund von einer entsprechenden altersgemäßen Reife, nicht zuletzt auch auf Grund der vorliegenden Schulbildung, ausgegangen werden darf. Die vermeintliche Rechtfertigung, wonach ähnliche Darbietungen auch von Kabarettisten erfolgen würden, sind ebenfalls als nicht zielführend in diesem Zusammenhang anzusehen, wonach solche unter Einhaltung bestimmter, durch Normen gebotener Grenzen, unter dem Titel der Freiheit der Kunst erfolgen dürfen. Aber selbst hiebei werden des Öfteren, wie auch medienwirksam zu beobachten ist, derartige Grenzen überschritten.

Ebenso wenig kann das Tragen besagten T-Shirts als Protestaktion gegen den Nationalsozialismus gesehen werden, da dies vielmehr, die Provokationsgrenzen überschreitend, ein werbewirksames Aufmerksammachen bzw. eine Zurschaustellung Hitlers Feldzüge darstellt.

 

Der Berufungswerber hat demnach die ihm angelasteten Übertretungen zu verantworten.

 

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Durch das Tragen besagten T-Shirts ist es zumindest zu den angeführten Tatzeitpunkten am 21.04. und 22.04.2009 in der Öffentlichkeit, nämlich in der HTBLA in Wz, zur Verbreitung nationalsozialistischen Gedankengutes gekommen, was im Sinne des Verbotsgesetzes StGBl. Nr. 13/1945 verboten ist.

 

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Demnach war bei der getroffenen Entscheidung als erschwerend nichts, als mildernd die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu werten. Das Verschulden hinsichtlich der erstgenannten Übertretung ist geringfügiger als jenes zur zweitgennannten anzunehmen, nachdem der Berufungswerber bereits am 21.04.2009 von einem Lehrer darauf aufmerksam gemacht wurde, das Tragen dieses T-Shirts zu unterlassen. Selbst wenn er sich, wie er selbst anführt, der Tragweite möglicherweise nicht bewusst gewesen ist, war ihm in beiden Fällen ein diesbezügliches fahrlässiges, unbedachtes, die Provokationsgrenze überschreitendes Handeln vorzuwerfen. Der Ausspruch einer Ermahnung im Sinn des § 21 VStG erschien schon deshalb nicht möglich, da die Folgen der Übertretung als nicht unbedeutend angesehen werden konnten.

 

In Anbetracht sämtlicher objektiver und subjektiver Strafbemessungsgründe war somit auf Basis der zitierten gesetzlichen Bestimmungen aus den angeführten Erwägungen, wie aus dem Spruch ersichtlich, zu entscheiden.

 

Die Festsetzung des Kostenbeitrages zum Verwaltungsstrafverfahren zweiter Instanz zu Punkt 2.) ergibt sich aus § 64 VStG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Straferkenntnisses erster Instanz durch die Berufungsbehörde dieser Betrag mit 20 % der verhängten Strafe festzusetzen ist.

Schlagworte
Nationalsozialistisches Gedankengut; Abbild; Zurschaustellung; Protestaktion; Kumulation; Ermahnung
Zuletzt aktualisiert am
11.03.2011
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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