TE UVS Wien 2010/12/30 06/FM/40/5225/2010

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.12.2010
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch Dr. Koprivnikar als Vorsitzende, Dr. Schmid als Berichter und Dr. Martschin als Beisitzer über die Berufung des Herrn Dr. Jodok S., vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, vom 26.5.2010 gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsicht vom 10.5.2010, Zl. FMA-EL00167.100/0001-LAW/2009, wegen Übertretung des § 95 Absatz 2 Ziffer 1 iVm § 41 Absatz 1 und 2 WAG nach Durchführung einer Verhandlung am 25.11.2010 entschieden und verkündet:

SPRUCH

Gemäß § 66 Absatz 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Absatz 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 2.000,00 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.

Text

Das Straferkenntnis vom 10.5.2010 richtet sich gegen den Berufungswerber als Beschuldigten und enthält folgenden Spruch:

?Sie sind seit 24.08.1996 im Vorstand der H.-Bank AG mit der Geschäftsanschrift H.-Passage, Br.. In dieser Funktion als gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) zur Vertretung nach außen Berufener haben Sie zu verantworten, dass die H.-Bank AG

Jedenfalls im Zeitraum 28.01.2009 bis 12.03.2009 auf der Website www.h.v.at in dem Menüpunkt über Wohnbauanleihen erreichbar über: ?Privatkunden ? Planen und Anlegen ? Anlageprodukte ? H.-Wohnbauanleihe? (ein Screenshot liegt bei und bildet einen integrierenden Bestandteil dieses Straferkenntnisses) unter der Überschrift ?Die Vorteile der H.-Wohnbauanleihen im Überblick? den Hinweis: ?Hohe Sicherheit ? die Anleihen sind zur Anlage von Mündelgeldern geeignet? führte und damit als Kreditinstitut und sohin Rechtsträger im Sinne des § 15 WAG eien Information/Marketingmitteilung an Kunden richtete, die den Erfordernissen des § 41 Abs 1 und 2 WAG widersprach. Demnach dürfen Informationen, einschließlich Marketingmitteilungen nicht irreführend sein. Überdies müssen Privatkunden gerichtete Informationen/Marketingmitteilungen zutreffend sein. Die generelle Aussage in dem oben dargestellten als Information/Marketingmitteilung iSd § 41 WAG zu qualifizierenden Menüpunkt, Wohnbauanleihen wären mündelsicher, ist sofern irreführend, als dieser Umstand im Tatzeitraum nicht (wie nachfolgend dargelegt) auf ausnahmslos alle angebotenen Wohnbauanleihen zutraf. Sie richtet sich an Privatkunden und ist nicht zutreffend.

Am 14.09.2009 erging ein Auskunftsersuchen der FMA an die H.-Bank AG, in dem die Mündelsicherheit hinterfragt wurde, danach wurde die Homepage im Sinne der FMA geändert. Das Auskunftsersuchen ergab, dass die Mündelsicherheit gem. § 230b Z 1 ABGB von der Haftung des Landes für Verzinsung und Rückzahlung abhängt und bei Emissionen von H.-Wohnbauanleihen:

* Vor dem 3. April 2003 ein unbeschränkte Landeshaftung vorgelegen hat, * Zwischen dem 3. April 2003 und 1. April 2007 eine Landeshaftung vorgelegen hat, sofern die Laufzeit nicht über den 30. September 2017 hinausging, * Nach dem 1. April 2007 keine Landeshaftung mehr vorliegt. Daher sind jedenfalls alle Wohnbauanleihen, die nach dem 01.04.2007 emittiert wurden, nicht mehr mündelsicher.

Die H.-Bank AG haftet gemäß § 9 Abs 7 VStG für die über Sie verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 95 Abs 2 Z 1 iVm § 41 Abs 1 und 2 WAG

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von 10.000 Euro

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tage Freiheitsstrafe von --------

Gemäß §§ 16, 19, 44a VStG iVm 95 Abs 2 Z 1 iVm 41 Abs 1, 2 WAG Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

* 1000 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 11.000 Euro.?

In der fristgerecht eingebrachten Berufung vom 26.5.2010 bringt der Rechtsmittelwerber (gemeinsam mit den weiteren Vorständen) vor:

?Gegen die Straferkenntnisse der FMA vom 10. Mai 2010, GZ FMA-EL00167.100/0001- LAW/2009, uns zugestellt am 12. Mai 2010, erheben wir durch unsere umseits ausgewiesenen und bevollmächtigten Vertreter nachfolgende Berufung

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Wien. Wir fechten die Straferkenntnisse sowohl hinsichtlich des Inhalts als auch hinsichtlich der Strafhöhe aus den Berufungsgründen der materiellen Rechtswidrigkeit und der unrichtigen Strafbemessung an. Im Einzelnen begründen wir unsere Berufung wie folgt:

1. Zum Sachverhalt

a) Wir sind Vorstände der H.-Bank AG, welche auf ihrer Internetseite Informationen zur H.-Wohnbauanleihe veröffentlichte. Da das Land V. über längere Zeit für diese Produkte garantierte, informierten wir die Nutzer auf unserer Internetpräsenz wahrheitsgemäß, dass diese Wohnbauanleihen zur Veranlagung von Mündelgeldern geeignet gewesen seien. Die Europäische Kommission und die Republik Österreich einigten sich am 1. April 2003 auf die Abschaffung der Ausfallshaftung zugunsten der H.-banken und Sparkassen. Wohnbauanleihen unterliegen der Landeshaftung, wenn sie vor dem 3. April 2003 emittiert wurden, oder wenn die Emission vor dem 1. April 2007 stattfand und die Laufzeit nicht über den 30. September 2017 hinausgeht. Bei einer Emission nach dem 1. April 2007 unterliegen H.-Wohnbauanleihen nicht mehr der Landeshaftung. Diese Informationen fanden sich zwar auf unserer Internetpräsenz, wir übersahen aber, auf der verfahrensgegenständlichen Seite darauf hinzuweisen.

b) Aus diesem Grund verurteilte die FMA mit ihren Straferkenntnissen vom 10. Mai 2010 uns Vorstände der H.-Bank AG jeweils zu einer Strafe von EUR 10.000,-- zuzüglich EUR 1.000,-- Kosten. Sie verwies dabei auf die § 95 Abs 2 Z 1 iVm § 41 Abs 1 und 2 WAG und meinte, dass diese Aussage der Homepage in ihrer Allgemeinheit falsch und irreführend gewesen sei.

c) Unser Institut bestellte im Januar 2009 unseren Compliance-Beauftragten Herrn Mag. Reinhard K. (Beilagen ./1 und ./2; zur Stellenbeschreibung Beilage ./8) zum verantwortlichen Beauftragten gem § 9 Abs 2 VStG unter anderem für Verstöße gegen das WAG. Dies legten sowohl wir Vorstände als auch Herr Mag. K. in unseren Stellungnahmen offen. Die FMA beurteilte diese Bestellung in ihrem Straferkenntnis falsch.

2. Herr Mag. K. als verantwortlicher Sachverständiger [gemeint wohl: Beauftragter]

a) Mit den Bestellungsurkunden (Beilagen ./1 und ./2) ernannte unser Institut Herrn Mag. K. zum verantwortlichen Beauftragten für folgende Bereiche:

i) Geldwäscherei gemäß BWG

ii) Meldepflichten gemäß BWG, WAG und BörseG und

iii) Compliance gemäß WAG und BörseG.

Nach unserer Intention sollte unser Compliance-Beauftragter die Verantwortung für Verstöße gegen das WAG übernehmen, schließlich war es auch seine Aufgabe, diese zu verhindern.

b) Die Behörde akzeptierte diese Bestellung nicht (Seite 5f des Straferkenntnisses), sondern behauptet, dass der Terminus ?Compliance? Spielraum für Interpretationen böte, weil er sich einerseits in § 18 WAG findet, man aber andererseits annehmen kann, dass Herr Mag. K. für alle Verstöße gegen das WAG die Verantwortung trägt. An dieser Stelle möchten wir anmerken, dass wir der Behörde die Bestellungsurkunde bereits im Jänner 2009 übermittelten (Beilage ./9); sie fragte nie wegen angeblicher Unklarheiten nach. Die FMA meint nun, dass die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten klar und eindeutig erkennbar sein muss, und dass die Verwaltungsstrafbehörde die Bestellung nicht interpretieren (!) sollen müsse, um zu klären, welcher Inhalt einer diesbezüglich nicht eindeutigen Erklärung beizumessen ist. Die Behörde kennzeichnet diesen Gedanken als aus Raschauer/Wessely, VStG § 9 Rn 9 entnommen. Tatsächlich aber findet sich die erwähnte Behauptung dort nicht, der FMA unterlief ein Recherche- bzw Zitierfehler, auf dem eine unrichtige rechtliche Beurteilung basiert.

c) Was Wessely an dieser Textstelle ausführt, betrifft nicht die Interpretation einer Bestellung, sondern die Vermeidung weitergehender Ermittlungen:

"[...]Die Verwaltungsbehörde soll nämlich nicht in die Lage versetzt werden, Ermittlungen über den jeweiligen Betrieb und seine Gliederung in räumlicher oder sachlicher Hinsicht, insb über die Größe, Lage und Verwendung der einzelnen Betriebsräume, anstellen zu müssen. Sie soll auch der Aufgabe hoben sein, die Bestellung (bzw deren Nachweis) einer nur unter Zuhilfenahme weiterer Beweise - erst im Zuge des Strafverfahrens - möglichen Interpretation unterziehen zu müssen, um zu klären, welcher Inhalt einer diesbezüglich nicht eindeutigen Erklärung beizumessen ist. Jedenfalls soll vermieden werden, dass Zweifel am Umfang des Verantwortlichkeitsbereiches entstehen und als deren Folge die Begehung von Verwaltungsübertretungen allenfalls überhaupt ungesühnt bleibt (zB VwGH 28.11.2008, 2008/02/0300).?

[Wessely in Raschauer/Wessely, VStG § 9 Rn 9; Hervorhebungen nicht im Original] Ziel des VwGH war es natürlich nicht, die Behörde von jeglicher Interpretation einer Bestellungsurkunde zu bewahren, oder gar ein Unternehmen für eine suboptimal formulierte Bestellung zu bestrafen. Die Absicht hinter dieser Entscheidung war lediglich, (umfangreiche) Beweisaufnahmen zu vermeiden. Der VwGH tritt damit Unternehmen entgegen, die ihre Bestellungen mutwillig unklar lassen wollen, um überhaupt keine Verantwortung für Verwaltungsübertretungen eingehen zu müssen. Eine Auslegung eines Textes ist dagegen immer notwendig, auch wenn sie fast immer unbewusst vorgenommen wird. Auch der VwGH formuliert zB in seinen Entscheidungen zu 2007/07/0062 oder zu 98/09/0231, dass bei der Auslegung der Bestellungsurkunde ein objektiver Maßstab anzulegen ist, und er stellt damit klar, dass das Dokument entgegen der Ansicht der FMA interpretiert werden muss.

d) Der soeben erwähnte objektive Maßstab bedeutet, dass es bei der Bestellungsurkunde auf den objektiven Erklärungswert, und nicht auf die Absicht der Erklärenden ankommt (VwGH 29.5.2008, 2007/07/0063). Die Methodenlehre unterscheidet zwei Auslegungsvarianten: Entweder ist der Empfängerhorizont relevant wie etwa im Zivilrecht, in dem besondere Auslegungsregeln gelten (insb §§ 914f und 863 ABGB) und auch eine falsche Bezeichnung nicht schadet. Die zweite Auslegungsvariante ist jene, in welcher die objektiven, im Durchschnitt jedermann zugänglichen Kriterien des Verständnisses in den Vordergrund treten (Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff², 465f) - vor allem Normen werden danach ausgelegt. Der VwGH bestimmte also in den zitierten Entscheidungen, dass eine solche Urkunde nicht nach zivilrechtlichen Grundsätzen, sondern wie ein Gesetz auszulegen ist. Dies mag zwar ungewöhnlich sein, aber es ist problemlos möglich.

e) Die juristische Auslegungslehre unterscheidet zur Interpretation des objektiven Erklärungswerts die grammatische, die systematisch-logische, die historische und die objektiv-teleologische Auslegung (aaO 437). Das zusammengefasste Ergebnis dieser Interpretationsmethoden (siehe sogleich) ist, dass die Bestellungsurkunden Herrn Mag. K. mit der Verantwortung für das ganze WAG betrauten.

f) Grammatische Auslegung: Bei der wörtlichen Interpretation besteht das Auslegungsmaterial in den Regeln der Grammatik und in der gesamten, auf Sprachliches bezogenen Erfahrung, insbesondere über den Sprachgebrauch, der festlegt, auf welche außersprachlichen Objekte sich bestimmte Worte beziehen (aaO 437). Die interpretationsbedürftige Formulierung lautet ?Compliance gemäß WAG und BörseG" (Beilage ./1 und ./2). Das Wort "compliance" stammt aus dem Englischen und kann mit "Einhaltung", "Befolgung", "Erfüllung", "Einwilligung" übersetzt werden (Dietl/Lorenz, Dictionary of Legal, Commercial and Political Terms I, 147; Seite 1 und 2 der Beilage ./10). Der Begriff fand noch nicht Eingang in der Alltagssprache (Duden, Die deutsche Rechtschreibung, 291; Seite 3 und 4 der Beilage ./10). Die FMA meint in ihrem Straferkenntnis (Seite 5f), man könne Compliance so weit verstehen, dass Mag. K. verwaltungsstrafrechtlich für die Einhaltung sämtlicher Normen des WAG als solche verantwortlich ist; andererseits fände sich der Terminus "Compliance" direkt im WAG unter § 18. Im BörseG findet sich der Begriff "Compliance" nicht, allerdings mit dem § 18 WAG verwandte Pflichten (zB § 82 Abs 5 BörseG). Tatsächlich schließe ich mich hier der (impliziten) Meinung der FMA an, dass die grammatische Auslegung zu keinem eindeutigen Ergebnis führt.

g) Systematisch-logische Auslegung: Die systematische Interpretation richtet den Blick auf den Kontext einer Aussage. Dazu möchte ich das Folgende erläutern:

i) Die Ausführungen der FMA auf Seite 6 des Straferkenntnisses, die gesonderte Nennung der "Meldepflichten gemäß WAG" machte keinen Sinn, wenn "Compliance gemäß WAG" alle Verstöße abdecke, ist eine systematisch-logische Auslegung. Dem möchten wir aber entgegenhalten, dass auch der Gesetzgeber zwecks Verdeutlichung manchmal Regeln wiederholt, die auch schon allgemein angeordnet sind. Mit dieser Möglichkeit ist bei der Auslegung durchaus zu rechnen (Bydlinsld, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff², 445). Außerdem möchten wir betonen, dass eine solche Bestellungsurkunde nicht mit der Sorgfalt eines Gesetzes entworfen wird, an dem besondere legistische Spezialisten arbeiten. Als wir Herrn Mag. K. als verantwortlichen Beauftragten bestellten, prüften wir nicht eigens, wie ein Außenstehender diese Formulierung auffassen könnte.

ii) Die Idee der Behörde, Herr Mag. K. könnte nur für Verstöße gegen die Compliance-Vorschrift des § 18 WAG verantwortlicher Beauftragter sein, leidet allerdings an einem Paradoxon: Herr Mag. K. bekleidet die Compliance-Funktion, die § 18 Abs 3 WAG einzurichten und § 18 Abs 4 Z 2 WAG zu besetzen vorschreibt. Die Personalentscheidung, Herrn Mag. K. in diese Funktion einzusetzen, traf natürlich nicht er selbst, sondern unser Bankinstitut. Herr Mag. K. hat überhaupt keinen Einfluss darauf, ob diese Funktion in unserem Bankinstitut überhaupt existiert oder besetzt ist, und deshalb kann er auch nicht dafür die Verantwortung übernehmen - erfordert die Position des verantwortlichen Beauftragten doch, dass er im Bereich seiner Verantwortung eine klar abzugrenzende Anordnungsbefugnis hat. Es ist daher logisch ausgeschlossen, einen Mitarbeiter ohne Personalverantwortung für § 18 WAG verantwortlich zu machen. Die systematische Interpretation verbietet aber, einen Text so auszulegen, dass er zweck- und funktionslos ist (aaO 445). Unseres Erachtens schlägt das zweite Argument durch. Die Bestellung kann also systematisch-logisch nur so ausgelegt werden, dass Herr Mag. K. für alle Verstöße gegen die "Erfüllung" (engl "compliance") des WAG die Verantwortung übernimmt, ausgenommen für § 18 WAG, für welchen seine Bestellung logisch ausgeschlossen ist.

h) Historische Auslegung: Die historische Auslegung schließt weiteres Material als den bloßen Text ein, mit dem die Absicht des Gesetzgebers - oder im gegenständichen Fall der Erklärenden - erforscht werden soll. Hier findet der Wille der Erklärenden abseits des zivilrechtlich relevanten Empfängerhorizontes Eingang in die Interpretation. Dazu geben wir Folgendes zu bedenken:

i) Wir Vorstände wie auch Herr Mag. K. legten in unseren Stellungnahmen offen, dass es unsere Absicht war, dass sich der verantwortlichen Beauftragten für ausnahmslos alle Verstöße nach dem WAG verantworten sollte. Dies ergibt sich auch aus dem Protokoll der 48. Vorstandssitzung vom 24. November 2008, das die Vereinbarung dokumentiert, Herrn Mag. K. mit der strafrechtlichen Verantwortung für das ganze WAG zu betrauen (Beilage ./11).

ii) In der Entstehungsgeschichte der Bestellung liegt die Erklärung für den in 2.g.i. aufgezeigten Widerspruch: Das Herausheben der Meldepflichten diente der Klarstellung, dass Herr Mag. K. auch die Meldepflichten nach dem WAG und nicht nur jene für das BWG und das BörseG übernimmt. Unser Compliance-Beauftragter nimmt als Praktiker die Regeln des WAG naturgemäß anders wahr als die Behörde. Für ihn formuliert das Gesetz und seine Arbeitsplatzbeschreibung Handlungsanweisungen, nämlich (im Bezug auf das WAG) erstens Meldungspflichten, zweitens die Pflicht, Strategien und Maßnahmen festzulegen, durchzusetzen und zu kontrollieren, damit das WAG eingehalten wird. Es ist nicht Aufgabe von Herrn Mag. K., täglich die Homepage zu kontrollieren. Aber es ist seine Aufgabe, geeignete Maßnahmen zu implementieren und zu kontrollieren, dass dies in gewissen Intervallen in unserem Institut geschieht. Wenn trotzdem einmal etwas durch das Kontrollsystem durchrutscht, steht auch sein Architekt dafür gerade. Da unser verantwortlicher Beauftragter im Bezug auf das WAG also zwei große Aufgabenblöcke hat, nämlich die Meldungen und die Sorge um die Einhaltung des WAG durch unser Institut als Ganzes, formulierten wir auch die Bestellung so. Dass die FMA diese Normen nicht aus der Sicht des Praktikers wahrnimmt, war uns damals nicht klar. Die historische Auslegung kommt jedenfalls zum Ergebnis, dass Herr Mag. K. als verantwortlicher Beauftragter für alle Verstöße aus dem WAG haftet.

i) Objektiv-teleologische Auslegung: Die teleologische Auslegung ermittelt den aktuellen Sinngehalt eines Textes, also gewissermaßen das sinnvollste Verständnis eines Textes (P. Bydlinski, Bürgerliches Recht I², 1/41). Wie bereits unter 2.h.i. ausgeführt, hat der Compliance-Beauftragte die Pflicht, Strategien und Verfahren zu gestalten, umzusetzen und zu kontrollieren, um das Einhalten der Regeln des WAG zu gewährleisten. Auch bei einem herausragenden Compliance-System lassen sich menschliche Fehler und Versehen nie völlig ausschließen. Dafür muss natürlich sinnvollerweise der Compliance-Beauftragte die Verantwortung übernehmen; denn er hat die Macht und die Aufgabe, solche Fehler zu minimieren. Es wäre völlig abwegig und verquer, wenn die Vorstände die Verantwortung für die Effektivität des Compliance-Systems übernähmen, aber der Compliance-Beauftragte nur für die Existenz und Besetzung seiner Funktion verantwortlich ist. Es muss einleuchten, dass dies nicht der Zweck einer solchen Bestellung sein kann. Die Auslegung der FMA führt also zu einem lebensfremden Ergebnis, und definitiv nicht zum sinnvollsten Verständnis des Textes.

Zusammengefasst liegt es uE auf der Hand, dass die Bestellungsurkunde ausgelegt werden muss, und dass das Ergebnis dieser Interpretation nur sein kann, dass Herr Mag. K. die Verantwortung für alle Verstöße gegen das WAG (und damit auch für den gegenständlichen) trägt. Zwar ist die grammatische Interpretation uneindeutig, die systematisch-logische, die historische und die objektiv-teleologische führen aber übereinstimmend zu diesem Ergebnis. Wir sind somit nicht für diesen Verstoß verantwortlich.

3. Fehlende Fahrlässigkeit

a) Wir sind als Vorstände verantwortlich für die Verwaltungsabläufe und deren Kontrolle. Bei der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit eines Vorstands ist das Auswahlverschulden und das Kontrollverschulden von Bedeutung: Dem Betriebsinhaber kann Fahrlässigkeit einerseits dann vorgeworfen werden, wenn er sich ungeeigneter Personen bedient als auch dann, wenn er keine ausreichende "Überwachung seiner Arbeitnehmer vornimmt (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht4, 416f).

b) Fahrlässigkeit setzt sich nach Thienel aus mehreren Komponenten zusammen; die erste davon ist die objektive Sorgfaltswidrigkeit. Das fragliche Verhalten ist dann objektiv sorgfaltswidrig, wenn ein einsichtiger und besonnener Mensch aus dem Verkehrskreis des Täters sich in einer konkreten Situation anders verhalten hätte (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht4, 415). Die Anforderungen an die objektive Sorgfaltswidrigkeit dürfen gerade im Hinblick auf die Modellfigur des einsichtigen und besonnenen Menschen nicht überspannt werden. Nicht schon die Verletzung bloßer Sorgfaltsvorschriften macht das Wesen der objektiven Sorgfaltswidrigkeit aus, sondern erst das Nichtbeachten solcher Sorgfaltspflichten, welche die Rechtsordnung nach den gesamten Umständen des Falles vernünftigerweise auferlegen darf (Kienapfel/Höpfel, Strafrecht. Allgemeiner Teil11 Z 25 Rn 15). Nach der Rsp des OGH in einem Fall gerichtlichen Strafrechts darf etwa ein Lenker, der einen Defekt in einer Fachwerkstätte beheben ließ, darauf vertrauen, dass die Reparatur sorgfältig und erfolgreich durchgeführt wurde (SSt 57/50).

c) Geht die Behörde also davon aus, dass wir fahrlässig gehandelt hätte, dann ist sie entsprechend dem oben Gesagten der Ansicht, dass ein einsichtiger und besonnener Mensch aus unserem Verkehrskreis - also ein Vorstand eines vergleichbaren Unternehmens - Maßnahmen ergriffen hätte, die diesen Fehler im gegenständlichen Fall vermieden hätten. Wie wir persönlich im gegenständlichen Fall fahrlässig hätte handeln sollen, hat die FMA nicht dargelegt. Unser Institut hat mit Herrn Mag. Reinhard

K. einen im höchsten Maße zuverlässigen und kompetenten Juristen als CompIiance-Beauftragten eingesetzt, und so die Einhaltung ua des WAG sichergestellt. Sein Team besteht aus vier Personen, die unser höchstes Vertrauen genießen. Deren Tätigkeit wird von der internen Revision überprüft und ergab nie einen ernsthaften Grund zur Beanstandung. Die ebenfalls äußerst zuverlässigen Mitarbeiter der Werbeabteilung sind angewiesen, die Werbung entsprechend dem Gesetz ehrlich, redlich und professionell zu gestalten.

d) Vor dem Wegfall der Landeshaftung arbeitete ein Team unseres Instituts daran, alle Hinweise darauf bzw auf die Mündelsicherheit in unseren Unterlagen (Broschüren, Schalter- und Schaufensteraushänge, Kontoeröffnungsmappen usw) und auf der Internetpräsenz zu beseitigen. Unsere Mitarbeiter schlossen dieses Projekt rechtzeitig ab und glaubten angesichts der intensiven Suche, alle Hinweise auf Mündelsicherheit bzw Landeshaftung aufgespürt zu haben; dies ergibt sich auch aus der Dokumentation dieser Aufgabe (Beilage ./12).

e) Der zweite Aspekt ist die Kontrolle. Neben der erwähnten internen Revision und der grundsätzlichen Kontrolle der Abläufe in unserem Institut stellt sich also die Frage, ob ein einsichtiger und besonnener Vorstand einer Bank die Inhalte der Internetpräsenz nach Informationen durchforstet, die vielleicht nicht mehr aktuell sind. Uns ist kein Vorstand bekannt, der dies als Teil seines Aufgabenspektrums betrachtet. Bankinstitute haben für diese Aufgabe eine Compliance-Abteilung, die wir als Vorstände mit guten und fähigen Mitarbeitern besetzen, aber die natürlich auch etwas übersehen oder falsch einschätzen können - dies ist nur menschlich. Wir können nicht erkennen, welche Kontrollpflichten wir verletzt haben könnten, die Behörde machte dazu keinerlei Angaben in ihrem Straferkenntnis.

f) Die objektive Maßfigur eines Vorstands hätte sich gleich verhalten. Ansonsten müsste der UVS ernsthaft annehmen, dass ein Vorstandsmitglied einer anderen Bank alle schriftlichen Unterlagen in allen Filialen und die Homepage noch einmal persönlich auf Hinweise zu Mündelsicherheit und Landeshaftung hin durchgegangen wäre, was unseres Erachtens höchst unrealistisch ist. Wir handelten daher entgegen der Ansicht der Behörde nicht einmal fahrlässig, und können deshalb nicht bestraft werden. Aus diesem Grund ist das angefochtene Straferkenntnis rechtswidrig.

4. Zur Strafhöhe

a) In ihrer Begründung zur Strafzumessung führt die FMA aus, dass - zumindest ihrer Ansicht nach - die verhängte Geldstrafe tat- und schuldangemessen "erscheine". Darüber hinaus sei das Verhängen der Strafe auch erforderlich, "um [uns] und Dritte von der Begehung gleicher oder ähnlicher strafbarer Handlungen abzuhalten". Die belangte Behörde hat aber unmittelbar davor bei der Strafzumessung mildernd berücksichtigt, dass wir eine Arbeitsanweisung in Kraft setzten, die künftige Rechtsverletzungen zu verhindern hilft. Dies ist ein gewisser Widerspruch. Neben dieser Anweisung hat die FMA unsere bisherige Unbescholtenheit und unsere Schuldeinsicht als mildernd gewertet, dennoch hat sie eine Geldstrafe in Höhe von insgesamt EUR 10.000,-

bei einem Strafrahmen von EUR 50.000,-- über uns verhängt.

b) Dem Straferkenntnis mangelt es jeglicher näheren Begründung, weshalb die verhängte Strafe "tat- und schuldangemessen" sei. Denn bei den Worten "tat- und schuldangemessen" handelt es sich lediglich um leere juristische Floskeln ohne konkreten Bedeutungsinhalt.

c) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist jeweils das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung (Gefährdung) derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafnorm dient. Ausgangspunkt ist also der durch die Tat verwirklichte, an Erfolgs- und Handlungsunwert bestehende Tatunwert (Wessely in Raschauer/Wessely, VStG, § 19 Rn 2).

d) Die Gefahr bei der gegenständlichen, suboptimal präzisen Information war, dass Personen irregeführt werden und in der Folge einen Schaden erleiden könnten. Wir halten diese Gefahr aus verschiedenen Gründen für sehr begrenzt:

i) Kaum ein Privatanleger (vermutlich keiner) wird aufgrund der Homepage ohne weitere schriftliche oder mündliche Informationen eine H.-Wohnbauanleihe erwerben. Ein allenfalls interessierter Kunde wird sich von unseren Mitarbeitern über dieses Produkt und dessen Alternativen beraten lassen. Auf dem Screenshot der Homepage findet sich auch die Aufforderung: "Sprechen Sie mit Ihrem H.-Anlageberater!"

ii) Auch wenn nicht alle H.-Wohnbauanleihen mündelsicher im Sinne des ABGB sein sollten, haben ungarantierte Verbindlichkeiten unseres Institutes dennoch ein ausgezeichnetes Moody's-Rating von Aa1 (Beilage ./13), was direkt unter dem Aaa-Rating des Landes V. liegt. Wir verstehen, dass die FMA in diesem Punkt sensibilisiert ist, aber keineswegs kann unsere Information mit den Behauptungen diverser Immobilienunternehmen verglichen werden, die ihre Aktien (!) in die Nähe der Mündelsicherheit rücken wollten. Eine H.-Wohnbauanleihe ist ein sehr sicheres Produkt. Auch dann, wenn wirklich jemand irregeleitet worden sein sollte, hat dies für ihn noch keine negativen Konsequenzen. Es gibt auch klare bankinterne Anweisungen, in Depots von Mündeln nur mündelsichere Wertpapiere zu verwahren. Im Übrigen waren 26 der 33 Wohnbauanleihen mündelsicher.

iii) Die Termini "Mündelsicherheit" oder "Mündelgeld" waren bis vor wenigen Jahren unter Nichtjuristen weder bekannt noch gebräuchlich. Erst durch die Berichterstattung um Meinl European Land und die Immofinanz AG kennt nun auch der durchschnittliche Anleger diesen Begriff, allerdings ist es aus unserer Sicht längst nicht sicher, ob er damit Positives verknüpft. Hört der durchschnittliche Anleger dieses Wort, denkt er unseres Erachtens erst an Kursverluste und Strafverfahren im Zusammenhang mit den nachrichtenpräsenten Immobilientiteln, und wird besonders hellhörig werden. Es ist heute mehr als fraglich, ob dieses Wort überhaupt noch geeignet ist, Kaufentscheidungen positiv zu beeinflussen.

iv) Auch die Tatsache, dass die FMA die Anfrage an unser Institut erst am 14. September 2009 (acht Monate nach der Verdachtsermittlung am 28. Januar 2009) richtete, lässt daran zweifeln, ob die Behörde wirklich eine derartig massive Beeinträchtigung der Anlegerinteressen und der Funktionsweise des Marktes annimmt, wie sie es im Straferkenntnis darstellt. Hätten wir damals den Hinweis erhalten, hätten wir unverzüglich die Werbung angepasst.

e) Des Weiteren halten wir den Handlungsunwert des Verstoßes für gering. Unser Institut hat einen zuverlässigen Compliance-Beauftragten, dessen Aufgabe es ist, solche Verstöße hintanzuhalten. Den mit der Werbung betrauten, kompetenten Mitarbeitern wurden klare Anweisungen gegeben, die Werbung gesetzeskonform zu gestalten. Die gegenständliche Information war bei ihrer Erstellung richtig, dann aber wurde sie unpräzise, was die Mitarbeiter der Werbeabteilung übersahen. Wir beauftragten ein Team damit, alle Hinweise auf die Mündelsicherheit und Landeshaftung vor deren Wegfall rechtzeitig zu beseitigen. Es handelt sich hier - falls überhaupt Fahrlässigkeit vorliegt, was wir bestreiten - um ein mit leichtester Fahrlässigkeit geschehenes Versehen, das wir in Zukunft nach Kräften vermeiden werden.

f) Letztlich ist nicht ersichtlich, weshalb die Strafe erforderlich sein soll, um die H.-Bank AG vor weiteren derartigen strafbaren Handlungen abzuhalten. Der veraltete Hinweis auf die Mündelsicherheit existierte noch aufgrund eines Versehens, und wir haben bereits für die Zukunft entsprechende Anweisungen erteilt, um so etwas zu verhindern.

g) Angesichts der sehr begrenzten Gefahren unseres Versehens für die Anleger, des geringen Verschuldens, unserer Unbescholtenheit, unserer Schuldeinsicht und der Arbeitsanweisung, die solche Versäumnisse für die Zukunft zu vermeiden hilft, halte ich eine Strafe in Höhe von EUR 10.000,-- für viel zu hoch. Die Behörde nutzte hier 20% (!) des Strafrahmens von bis zu EUR 50.000,-- aus. Selbst dann, wenn man also unrichtig davon ausgeht, dass wir für die vorgeworfene Information verantwortlich sind, hätte die Strafe deutlich niedriger ausfallen müssen.

5. Zur Anwendbarkeit des § 21 Abs 1 VStG

a) Die belangte Behörde hat zu Unrecht die Bestimmung des § 21 Abs 1 VStG nicht angewendet. § 21 Abs 1 VStG ist nach der Judikatur dann anzuwenden, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der Strafandrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8 Rz 817).

b) Wenn die belangte Behörde schon unrichtigerweise zum Ergebnis kommt, dass wir als Vorstände die Verantwortung für die gegenständliche Information trage, so hätte sie dennoch gemäß § 21 Abs 1 VStG von einer Bestrafung absehen müssen. Wie wir im Punkt 4. schon anführten, sind die Folgen bzw Gefahren der Tat als unbedeutend zu werten, und auch unser Verschulden ist geringfügig.

c) Da somit die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 21 Abs 1 VStG vorliegen, hätte die belangte Behörde die Bestimmung des § 21 Abs 1 VStG anwenden müssen, weil in solchen Fällen ein entsprechender Rechtsanspruch des Beschuldigten besteht (vgl zB VwGH vom 14.10.2005, GZ 2004/05/0221). Da die belangte Behörde dies zu Unrecht nicht getan hat, ist das von uns bekämpfte Straferkenntnis in dieser Hinsicht mit Rechtswidrigkeit behaftet.

Aus all diesen Gründen stellen wir die Anträge,

der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Wien möge

1. die angefochtene Straferkenntnisse der FMA vom 10.5.2010, GZ FMAKL00167.100/0001- LAW/2009, ersatzlos aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen;

2. in eventu im Hinblick auf unsere Unbescholtenheit, das geringfügige Verschulden und die unbedeutenden Folgen von einer Bestrafung unter Anwendung des § 21 Abs 1 VStG absehen und lediglich eine Ermahnung aussprechen;

3. in eventu die Strafhöhe herabsetzen.?

Am 25.11.2010 hielt der Verwaltungssenat eine Berufungsverhandlung ab, in der die Parteienvertreter sowie die Beschuldigten Mag. K. und Dr. S. gehört (die Beschuldigten Dr. G. und Dr. He. sind der Verhandlung ohne Angabe von Gründen fern geblieben) und der Zeuge Z. einvernommen wurde(n). Das Verhandlungsprotokoll vom 25.11.2010 lautet auszugsweise:

Der Beschuldigte Dr. S. bringt vor:

?Ich bin seit 1.10.1975 Vorstand der H.-Bank und bin nunmehr seit 1997 Vorstandsvorsitzender. Im gegenständlichen Fall ist sicherlich ein Fehler passiert, allerdings ein solcher, der nie ganz verhindert werden kann. Der Vorstand hat eine sorgfältige Delegation an Herrn Mag. K. vorgenommen und auch eine eigene Arbeitsgruppe im Zusammenhang mit der Abschaffung der Landeshaftung gegründet. Diesbezüglich trifft uns kein Auswahlverschulden. Von den 33 Wohnbauanleihen waren 26 mit Landeshaftung und nur 6 ohne Landeshaftung versehen. Die Werbung auf der Homepage ist daher nur teilweise unrichtig, man könnte auch sagen ungenau. Die jeweiligen Fact Sheets waren auch damals schon richtig gestellt. Die H.-Bank ist eine Beratungsbank. Über die Homepage kann eine Wohnbauanleihe nicht erworben werden. Der interessierte Kunde hat daher bei der Beratung die Möglichkeit zwischen Wohnbauanleihen mit und ohne Landeshaftung zu wählen. Ich sehe nicht worin mein Ungehorsam bestehen soll. Es gab immer eine gute Zusammenarbeit mit der FMA und unseren Wirtschaftsprüfern. Ich bin seit 35 Jahren Bankvorstand und bin ich erstmals Beschuldigter. Ich habe in diesem Fall nicht verstanden, weshalb man dem Vorstand ungehorsam vorwirft.?

Der BwV bringt vor:

?Interessierte Kunden haben nicht nur bei der Beratung sondern auch auf der Homepage die Möglichkeit gehabt auf die einzelnen Fact Sheets zuzugreifen und war auf diesen ersichtlich, welche mit Landeshaftung und welche ohne Landeshaftung versehen sind.?

Herr Dr. S. gibt über Befragen des Berichters an:

?Die Arbeitsgruppe zur Bereinigung der Landeshaftung fiel in dem Kompetenzbereich von Herrn Dr. He.. Ich wusste natürlich davon und haben wir auch im Vorstand den entsprechenden Beschluss zur Einrichtung dieser Arbeitsgruppe gefasst. Ich habe auch den Abschlussbericht erhalten, wonach alles bereinigt wurde. Die Landeshaftung ist mit 1.4.2007 ausgelaufen und hat die von mir angesprochene Arbeitsgruppe daher schon im Jahr 2007 diese Korrekturen vorgenommen. Ich habe von der Unschärfe auf unserer Homepage erst durch die Einleitung des Strafverfahrens durch die FMA erfahren. Bis dahin ist dies nie thematisiert worden. Ich selber betrachte meine Bank nicht durch die Homepage und dürfte auch sonst kein Mitarbeiter bis dahin an dem Wort ?Mündelsicherheit? gestoßen haben. Dazu ist zu sagen, dass die Richtigkeit dieser Aussage erst im Laufe der Zeit, durch Hinzunahme neuer Wohnbauanleihen abgenommen hat.?

Herr Mag. K. gibt über Befragen des Berichters an:

?Im Jahr 2007 war ich Leiter der Rechtsabteilung und Mitglied der angesprochenen Arbeitsgruppe. Projektabwickler war Herr Z.. Auftrag der Arbeitsgruppe war es sämtliche Materialien der Bank hinsichtlich des Wegfalls der Landeshaftung zu durchsuchen und inhaltlich zu berichtigen. Die Homepage war von diesem Auftrag ausdrücklich erfasst. Ich selber war mit der technischen Kontrolle der Homepage nicht befasst, dies hat meiner Erinnerung nach eine Mitarbeiterin der Werbeabteilung vorgenommen, die heute in Karenz ist. Herr Z. war Projektleiter, hat aber nicht selber die Homepage überprüft. Bezüglich des angesprochenen Screenshots möchte ich ausführen, dass darauf nicht das Wort ?Mündelsicherheit? bzw. ?mündelsicher? steht. Auf diesem Screenshot ist von einer Eignung zur Anlage von Mündelgeldern die Rede. Es kann daher durchaus sein, dass die für die damals zuständige Mitarbeiterin diese Formulierung kein Grund zur Änderung war. Auch ich bin der Ansicht, dass man hier schon sehr genau lesen muss. Zudem ist die Aussage ja nicht zur Gänze unrichtig, da ja ein Großteil der Wohnbauanleihen immer noch mit Landeshaftung versehen ist.?

Zeugenschaftlich befragt gab Herr Z. zu Protokoll:

?Im Jahr 2007 war ich bei der H.-Bank beschäftigt. Aufgabe und Ziel der Arbeitsgruppe war es in allen Bereichen, die nach außen wirken, die nicht mehr bestehende Landeshaftung zu entfernen. Wir haben uns im Rahmen der Arbeitsgruppe mit den jeweiligen Bereichsverantwortlichen, z.B. dem Leiter des Marketing, dem Materialverwalter, zusammengesetzt und sollten diese in ihrem Bereich sämtliche Produkte prüfen und mir die Durchführung bestätigen. Für die Überprüfung der Homepage war aus der Marketingabteilung glaublich Frau Berngruber zuständig. Technisch wurde die Prüfung durch die EDV-Abteilung vorgenommen. Wenn ich gefragt werde, ob es meinerseits eine Überprüfung der Durchführung gab, gebe ich an, dass ich mit den jeweiligen Verantwortlichen telefonisch Rücksprache und mich informiert habe, was alles zum Vorschein kam. Ich ließ mir bestätigen, dass in den jeweiligen Bereichen alles bereinigt wurde. Ich habe nicht im Anschluss eine nochmalige persönliche Überprüfung vorgenommen. Wie genau die Formulierung an die Bereichsverantwortlichen war, d.h. nach welchen Worten sie suchten sollten, kann ich nicht sagen. Die Vorgabe war, die Landeshaftung und Hinweise auf Mündelsicherheit zu finden und zu bereinigen.

Der Zeuge gibt über Befragen des BwV an:

?Ich kann heute nicht mehr sagen, ob ich meinerseits von Herrn Mag. K. kontrolliert wurde. Ich kann mich lediglich daran erinnern, dass er bei der ersten Projektsitzung anwesend war, bei der auch meine direkten Vorgesetzten anwesend waren. Die mir vorgelegte Beilage 12 ist mir bekannt. Für jedes Projekt haben wir solch einen Antrag bekommen und haben eine entsprechende Dokumentation durchgeführt. Sämtliche Projektmitglieder hatten darauf Zugriff und konnten auch Eingaben darin tätigen.?

Im Anschluss an diese Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Feststellungen:

Der im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses beschriebene Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt. Zusammengefasst wird als entscheidungsrelevanter Sachverhalt angenommen, dass die H.-Bank AG (künftig: Bank) auf ihrer Website ?www.h.v.at? mit der Formulierung ?Hohe Sicherheit ? die Anleihen sind zur Anlage von Mündelgelder geeignet? für Wohnbauanleihen geworben hat. Durch das Anklicken einer weiteren Seite (?H.-Anleihen?) kam man zur Auswahl mehrerer H.-Anleihen. Durch das Anklicken einer konkreten Fact-Card konnten sich Interessenten über die jeweilige Anleihe näher informieren. Die Werbeanzeige war zumindest im Zeitraum 28.1.2009 bis 12.3.2009 (= angelastete Tatzeit; tatsächlich aber seit 1.4.2007 bis zum 14.9.2010) auf der besagten Homepage abrufbar. Für einen Teil der Wohnbauanleihen bestand in diesem Zeitraum eine Landeshaftung, für jene Wohnbauanleihen, die ab dem 1.4.2007 ausgegeben wurden, bestand hingegen keine Landeshaftung. Im Jahr 2007 gab es bei der Bank eine Arbeitsgruppe, die in allen Bereichen den Hinweis auf die Landeshaftung berichtigen sollte. Projektabwickler bzw Projektleiter war Herr Z.. Herr Mag. K. war Mitglied dieser Arbeitsgruppe. Seitens der Arbeitsgruppe wurden die Bereichsverantwortlichen beauftragt, in ihrem Bereich eine entsprechende Prüfung vorzunehmen und die durchgeführten Prüfungen Herrn Z. zu melden. Eine Überprüfung durch Herrn Z., ob tatsächlich in sämtlichen Bereichen nach Hinweisen auf die Landeshaftung gesucht wurde bzw ob alle Hinweise gefunden und berichtigt wurden, erfolgte nicht. Weder Herr Z. noch Herr Mag. K. haben die Homepage einer Überprüfung unterzogen. Herr Mag. K. ist erst durch die Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens auf den fehlerhaften Hinweis auf der Homepage aufmerksam geworden. Gleiches gilt für die Vorstandsmitglieder.

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich bereits aus dem erstinstanzlichen Akt, insbesondere aus den dort einliegenden Screenshots, die die inkriminierte Werbung auf der Homepage im Tatzeitraum wiedergeben. Zudem wurden in der Verhandlung die Herrn Dr. S., Mag. K. und Z. gehört, deren Aussagen als glaubhaft eingestuft werden. Seitens des Berufungswerbers wird die Verwirklichung der objektive Tatseite eingestanden (siehe Berufung). Den Ausführungen des Berufungswerbers ist überdies zu entnehmen, dass im Tatzeitraum auch Wohnbauanleihen angeboten und via Homepage beworben wurden, für die keine Landeshaftung bestand. Die Feststellungen über die Tätigkeit der Arbeitsgruppe basieren auf den Aussagen des Herrn Mag. K. und des Herrn Z.. Ausführungen zu einem vom Vorstand eingerichteten Kontrollsystem, insbesondere im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Arbeitsgruppe, wurden nicht getätigt.

Rechtliche Beurteilung:

Die vorliegende Entscheidung gründet auf folgenden Normen des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 (WAG), BGBl I 2007/60 idF BGBl I 2007/107:

?§ 41. (1) Alle Informationen, einschließlich Marketingmitteilungen, die ein Rechtsträger an Kunden richtet, müssen redlich und eindeutig sein und dürfen nicht irreführend sein. Zu diesen Informationen zählen auch der Name und die Firma des Rechtsträgers. Marketingmitteilungen müssen eindeutig als solche erkennbar sein. Alle Informationen, einschließlich Marketingmitteilungen, die ein Rechtsträger an Privatkunden richtet oder so verbreitet, dass diese Personen wahrscheinlich von ihnen Kenntnis erlangen, haben zusätzlich die in Abs 2, 4 und 5 sowie in der aufgrund von Abs 3 erlassenen Verordnung der FMA festgelegten Bedingungen zu erfüllen.

(2) Die Informationen müssen zutreffend sein und dürfen insbesondere keine möglichen Vorteile einer Wertpapierdienstleistung oder eines Finanzinstruments hervorheben, ohne redlich und deutlich auf etwaige damit einhergehende Risiken hinzuweisen. Sie müssen ausreichend und in einer Art und Weise dargestellt sein, dass sie für einen durchschnittlichen Angehörigen des Personenkreises, an den sie gerichtet sind oder zu dem sie wahrscheinlich gelangen, verständlich sind. Wichtige Aussagen oder Warnungen dürfen nicht verschleiert, abgeschwächt oder missverständlich dargestellt werden.

§95. (...) (2) Wer als Verantwortlicher (§ 9 VStG) eines Rechtsträgers

1. gegen eine Verpflichtung gemäß §§ 14, 28 bis 59, 61 bis 63, 73 oder 74 verstößt oder gegen eine Verpflichtung gemäß einer auf Grund von §§ 29 Abs 4, 35 Abs 4, 41 Abs 3 oder 55 Abs 2 erlassenen Verordnung der FMA verstößt; (...) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist hinsichtlich der Z 1 mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro (...) zu bestrafen.?

Aus dem äußeren Erscheinungsbild und dem Inhalt des Textes lässt sich unschwer der Schluss ziehen, dass die inkriminierte Website die Vorteile der H.-Wohnbauanleihen anpreist und damit als Marketingmitteilung zu qualifizieren ist. Die Homepage und auch die betreffende Website ist allgemein aufrufbar und richtet sich an (potentielle) Kunden (einschließlich Privatkunden). In dieser Information, die als solche nach § 41 Absatz 1 WAG zu qualifizieren ist, werden allgemein H.- Wohnbauanleihen ?zur Anlage als Mündelgeld geeignet? beworben, ohne dass zwischen solchen mit und solchen ohne Landeshaftung differenziert wird. Ohne Landeshaftung ist aber ? wie offenbar auch vom Berufungswerber erkannt ? die Eignung zur Anlage als Mündelgeld im Sinne des § 230b Ziffer 1 ABGB (?Der Erwerb folgender Wertpapiere und Forderungen ist zur Anlegung von Mündelgeld geeignet: 1. Teilschuldverschreibungen von Anleihen, für deren Verzinsung und Rückzahlung der Bund oder eines der Länder haftet;?) nicht gegeben. Die Information (Marketingmitteilung) war daher inhaltlich nicht zutreffend und wirkte zudem irreführend, da der durchschnittliche Privatkunde dadurch zur ? fälschlichen ? Ansicht gelangen hätte können, dass sämtliche angebotene Wohnbauanleihen zur Anlage als Mündelgeld geeignet wären). Das Tatbild verlangt aber nicht, dass es tatsächlich bei einer Person zu einer Irreführung gekommen ist. Die objektive Tatseite ist daher verwirklicht. Dies ist auch vom Berufungswerber nicht bestritten worden.

Bestritten wird aber die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit gemäß § 9 Absatz 1 VStG sowie das Verschulden.

Zur Verantwortlichkeit des Beschuldigten im Sinne des § 9 Absatz 1 VStG ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 9 Absatz 1 leg cit ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Nach Absatz 2 leg cit sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

Nach einer im erstinstanzlichen Akt einliegenden Urkunde wurde Herr Mag. K. per 20.1.2009 zum verantwortlichen Beauftragten für die Meldepflichten und die Compliance gemäß WAG bestellt. Verfahrensgegenständlicher Sachverhalt ist eine Marketingmitteilung gemäß § 41 Absatz 1 WAG. Diese Norm ist Teil des 6. Abschnittes des WAG, der den Titel ?Information für Kunden? trägt. Marketing (Information von Kunden) fällt schon nach dem Wortlaut, aber auch nach dem Sinngehalt, nicht unter ?Meldepflichten? (dies ist unbestritten) und ? wie sogleich dargelegt wird ? auch nicht unter ?Compliance?. Nach dem Standard Compliance Code (siehe Homepage der FMA: Grundsätze ordnungsmäßiger Compliance Stand 28.12.2007) ?bedeutete Compliance das Handeln in Übereinstimmung mit geltenden Gesetzen, regulatorischen Vorschriften und über- bzw innerbetrieblichen Regelwerken in jenen Geschäftsbereichen, die vom vorliegenden SCC und seinen Mindeststandards umfasst sind. (...) Compliance ist ein Organisationskonzept, dessen Ziel es ist, ein von Fairness, Solidarität und Vertrauen getragenes Verhältnis der Informationssymmetrie zwischen den Kunden, dem Kreditinstitut und den Mitarbeitern zu erreichen, Interessenskonflikte zu bewältigen und die Einhaltung geltender Gesetze und sonstiger (zB bankinterner) Regelungen sicherzustellen.? Der Begriff Compliance steht für die Gesamtheit aller zumutbaren Maßnahmen, die ein regelkonformes Verhalten eines Unternehmens und seiner Mitarbeiter sicherstellen sollen. Nach diesem Begriffsverständnis fällt Marketing nicht unter den Begriff Compliance. Nach dem in der Berufung dargelegten Begriffsverständnis wäre der Compliance-Officer für sämtliche Übertretungen des WAG (und nach der Bestellurkunde auch nach dem Börsegesetz) verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Abgesehen davon, dass eine solche ?Allverantwortlichkeit? mit § 9 Absatz 2 letzter Satz VStG in Konflikt geraten würde, bedürfte es nicht der weiteren Bestellung zum Verantwortlichen für die Meldepflichten nach dem WAG. Die Bestellung für zwei Bereiche des WAG (Meldepflichten und Compliance) spricht zudem nach ihrem objektiven Gehalt (vgl VwGH vom 29.5.2008, 2007/07/0063: ?Bei der Auslegung einer Bestellungsurkunde ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Dabei kommt es auf den objektiven Erklärungswert, nicht aber auf die Absicht des Erklärenden an.?) gegen eine ?Allverantwortlichkeit? nach dem WAG. Auch auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des VwGH (vgl zB Erkenntnis vom 28.11.2008, 2008/02/0300: ?Aus § 9 Abs 3 und 4 VStG ist zu schließen, dass der räumliche oder sachliche Bereich des Unternehmens, für den ein verantwortlicher Beauftragter mit dessen Zustimmung bestellt wird, ?klar abzugrenzen? ist. Erfolgt eine solche klare Abgrenzung nicht, so liegt keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten vor. Die Verwaltungsstrafbehörden sollen nicht in die Lage versetzt werden, Ermittlungen über den jeweiligen Betrieb und seine Gliederung in räumlicher und sachlicher Hinsicht, insbesondere über die Größe, Lage und Verwendung der einzelnen Betriebsräume, anstellen zu müssen. Sie sollen auch der Aufgabe enthoben sein, die Bestellung (ihren Nachweis) einer nur unter Zuhilfenahme weiterer Beweise möglichen Interpretation unterziehen zu müssen, um zu klären, welcher Inhalt einer diesbezüglich nicht eindeutigen Erklärung beizumessen ist. Jedenfalls soll vermieden werden, dass Zweifel am Umfang des Verantwortlichkeitsbereiches entstehen und als deren Folge die Begehung von Verwaltungsübertretungen allenfalls überhaupt ungesühnt bleibt.?) gelangt man für den vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis. Die oben vorgenommenen Definitionsversuche des Begriffes ?Compliance? zeigen, dass dieser einer klaren Abgrenzung nicht zugänglich ist. Der konkrete Aufgaben- bzw Verantwortlichkeitsbereich eines Compliance-Officers ergibt sich daher immer ? je nach Unternehmen ? aus dessen Arbeitsplatzbeschreibung in Zusammenschau mit sämtlichen innerbetrieblichen Anweisungen des Vorstandes. Erst ein tiefgehendes Studium dieser Unterlagen ließe den Verantwortungsbereich des Compliance-Officers der H.-Bank AG erkennbar werden. Der Umfang der Verantwortlichkeit könnte daher erst durch umfassende Recherchen ermittelt werden. Damit liegt nach der dargestellten VwGH-Judikatur keine wirksame Bestellung vor. Herrn Mag. K. trifft daher für diese Information (Marketing-mitteilung) keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit. Im Umkehrschluss ergibt sich damit nach § 9 Absatz 1 VStG die Verantwortlichkeit der zur Vertretung nach außen befugten Vorstandsmitglieder.

Zum zweiten Berufungsargument, dem fehlenden Verschulden, ist auszuführen:

Die dem Berufungswerber zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nach § 41 Absatz 1 und 2 WAG gehört, da zu ihrer Strafbarkeit weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr erforderlich ist, zu den so genannten "Ungehorsamsdelikten", bei denen im Sinne des zweiten Satzes des § 5 Absatz 1 VStG der Täter zu beweisen hat, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist. Der Berufungswerber hätte daher zu seiner verwaltungsstrafrechtlichen Entlastung darzutun und nachzuweisen gehabt, warum es ihm ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist, eine dem Gesetz entsprechende Information (Marketingmitteilung) im Sinne des § 41 Absatz 1 WAG zu gewährleisten.

Danach ist bei Ungehorsamsdelikten das Verschulden des Täters nicht von der Behörde zu beweisen, sondern ?ohne weiteres anzunehmen?. Dem Täter steht es jedoch frei, diese Vermutung durch Glaubhaftmachung seiner Schuldlosigkeit zu widerlegen. Der ?Entlastungsbeweis? ist aber nicht notwendig, wenn die Behörde schon bei Ermittlung des äußeren Tatbestandes schuldausschließende Umstände feststellt (Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 16. Aufl., Anmerkung 5 zu § 5 VStG). Schuldausschließende Umstände sind im Verfahren keine hervorgekommen. Vielmehr hat das Ermittlungsverfahren gezeigt, dass zwar eine Arbeitsgruppe zur Berichtigung der Informationen nach § 41 Absatz 1 WAG eingesetzt wurde, deren Arbeit aber in keiner Weise kontrolliert wurde. Nicht einmal seitens der Arbeitsgruppe erfolgte eine Kontrolle. Herr Z., der Leiter der betreffenden Arbeitsgruppe, hat vor dem Senat glaubhaft ausgesagt, dass er die jeweiligen Bereichsverantwortlichen aufgefordert habe, in ihrem Zuständigkeitsbereich die entsprechenden Adaptierungen (Streichung des Hinweises auf die Landeshaftung bzw der Mündelgeldeignung) vorzunehmen. Herr Z. hat sich die Vornahme dieser Änderungen lediglich telefonisch bestätigen lassen, eine Überprüfung auf Richtigkeit und Vollständigkeit der Änderungen erfolgte nicht. Eine Kontrolle von Herrn Z. durch Herrn Mag. K. erfolgte nicht (siehe dazu auch die Aussage von Herrn Mag. K. in der Berufungsverhandlung). Herr Mag. K. wurde auch erst im Jahr 2009 für Teilbereiche des WAG zum verantwortlichen Beauftragten bestellt. Dass der Vorstand eine Kontrolle der Ausführungen vorgenommen oder angeordnet hätte, wurde nicht einmal behauptet. Die Vorstände haben sich auf die Arbeitsgruppe verlassen, ohne ein Kontrollsystem zu etablieren, das geeignet war, einen Verstoß, wie den angelasteten, wirksam zu verhindern. Angemerkt wird, dass sich die inkriminierte Formulierung in der Marketingmitteilung als Teil einer Website schon durch standardisierte Suchprogramme leicht hätte auffinden lassen (zB suche: mündel*). Die Verwaltungsübertretung wurde, da die gebotene und zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen wurde, fahrlässig begangen.

Zum Eventualantrag, § 21 Absatz 1 VStG zur Anwendung zu bringen, ist unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl zB jüngst VwGH vom 16.9.2010, 2010/09/0141) klarzustellen, dass Voraussetzung für die Anwendung des § 21 Absatz 1 VStG das kumulative Vorliegen beider in dieser Gesetzesstelle genannten Kriterien ist, nämlich ein geringfügiges Verschulden und lediglich unbedeutende Folgen. Von geringem Verschulden iSd § 21 VStG ist jedoch nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Der vorliegende Sachverhalt lässt nicht erkennen, worin das atypische Verschulden des Beschuldigten gelegen sein soll. Die innerbetriebliche Delegation von Aufgaben, ohne gleichzeitiger Installierung eines tauglichen Kontrollsystems, ist für Ungehorsamsdelikte geradezu wesenstypisch. Geringes Verschulden im Sinne des § 21 Absatz 1 VStG liegt daher nicht vor.

Zur Strafbemessung:

Von der Erstbehörde wurde diesbezüglich eine Strafe in Höhe von 10.000 Euro verhängt. Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen ausgesprochen.

Gemäß § 19 Absatz 1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach § 19 Absatz 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46 leg cit) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

§ 95 Absatz 2 Ziffer 1 WAG sieht für die als verwirklicht erkannte Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von bis zu 50 000 Euro vor. Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass § 41 Absatz 1 und 2 WAG eine Schutzbestimmung zugunsten von potentiellen Kunden vor Beeinflussung durch unzutreffende Informationen ist. Mit der inkriminierten Marketinginformation wurden unzutreffende Fakten publiziert und bestand die Gefahr, dass interessierte Kunden dadurch in die Irre geführt wurden. Der Unrechtsgehalt der verwirklichten Verwaltungsübertretung ist daher als nicht gering zu beurteilen. Die Übertretung ist fahrlässig begangen worden und kann das Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden, weil weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der verletzten Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe, die der Berufungswerber nicht einzuhalten in der Lage gewesen wäre, oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Vielmehr hat sich der Beschuldigte um den Inhalt der Homepage nicht gekümmert, sondern sich diesbezüglich auf eine innerbetriebliche Arbeitsgruppe verlassen und diese in keiner Weise kontrolliert. Bei der Strafbemessung wird überdies von überdurchschnittlichen Vermögensverhältnissen (nach den Berufungsausführungen liegt der Jahresverdienst des Beschuldigten bei 318.000 Euro brutto), keinen Sorgepflichten und einer ? nach der Aktenlage ? verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit ausgegangen. Der Berufungswerber ist weiterhin Vorstand der Bank und zeigt ? entgegen der erstinstanzlichen Annahme ? keinerlei Schuldeinsicht. Angesichts dieser Strafbemessungsgründe ist die Geldstrafe angemessen. Mangels weiterer Milderungsgründe (Erschwerungsgründe liegen keine vor), angesichts der längeren Tatzeit und der fehlenden Schuldeinsicht kommt eine Herabsetzung der Geldstrafe insbesondere aus spezialpräventiven Gründen nicht in Frage. Die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe ist mit drei Tagen nicht zu beanstanden. Der Kostenausspruch basiert auf § 64 Absatz 1 und 2 VStG.

Zuletzt aktualisiert am
01.02.2011
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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