TE UVS Burgenland 2011/02/01 195/02/10001

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.02.2011
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch seinen Präsidenten Mag. Grauszer über die Beschwerde des Herrn RR (in der Folge als Beschwerdeführer kurz ?BF? genannt), wohnhaft in ***, vom 24.10.2010, wegen Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehlsgewalt am 13.09.2010 durch ein Organ der Bezirkshauptmannschaft *** (belangte Behörde, BH) durch das auf das Rundfunkgebührengesetz gestützte ?Verlangen nach Zutritt im Beisein der Polizei zwecks Nachschau, ob in seinem Büro in BS, ***, Rundfunk- und Fernsehanlagen betrieben werden?, in der heutigen Verhandlung, zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 67c Abs. 3 AVG wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

 

Gemäß § 79a AVG i. V. m. der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 hat der BF dem Bund (BMF) Kosten für Vorlageaufwand in der Höhe von 57,40 Euro und für Schriftsatzaufwand in der Höhe von 368,80 Euro zu ersetzen.

Text

1.1. Die Beschwerde wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt richtet sich gegen eine Amtshandlung der BH im Zuge der Vollziehung des Rundfunkgebührengesetzes (§ 6 Abs. 5). Eines ihrer Organe habe am Nachmittag des 13.09.2010 sein Büro in BS, ***, im Beisein zweier Polizisten aufgesucht und wollte dort nachschauen, ob Rundfunk- bzw. Fernsehanlagen betrieben werden. Er sei aufgefordert worden, den Zutritt zu ermöglichen. Er habe ihn verweigert und in der Folge eine Zwangsmaßnahme erwartet, die jedoch nicht erfolgt sei. Die Nachschau habe keine gesetzliche Deckung und sei unverhältnismäßig gewesen.

 

1.2. Die BH legte die Akten vor und erstattete eine Gegenschrift. Es liege keine mit der gegenständlichen Beschwerde bekämpfbare ?Maßnahme? vor. Der BF sei nur ersucht worden, den Beamten die Nachschau zu ermöglichen. Mangels seiner Zustimmung sei die geplante Amtshandlung nicht durchgeführt worden. Die Nachschau habe ihre gesetzliche Deckung im § 83 Abs. 6 Telekommunikationsgesetz, BGBl. I Nr. 100/1997 idF Nr. 27/1999, auf die § 6 Abs. 5 des Rundfunkgebührengesetzes verweise. Die BH sei aufgrund eines Ersuchens der ?G GmbH? (gemeint: G** GmbH mit Sitz in W) wegen eines begründeten Verdachts, dass in dem Büro ?Telekommunikationsanlagen? betrieben werden, tätig geworden. Die Mitwirkung der Polizei stütze sich auf § 107 Telekommunikationsgesetz, BGBl. I Nr. 100/1997 idF Nr. 27/1999. Zwangsakte seien niemals in Aussicht gestellt worden. Die Beschwerde sei unzulässig oder unbegründet. Der Ersatz der Kosten für Vorlageaufwand und Schriftsatzaufwand wurde beantragt.

 

1.3. Im vorgelegten BH-Akt zur Zahl **-02-01-101 erliegt ein Ersuchen der G GmbH vom 18.06.2010, in dem die BH um Ermittlungen gemäß § 6 Abs. 5 Rundfunkgebührengesetz hinsichtlich des ?rundfunkgebührenrechtlichen Standorts BS, ***, RR?, ersucht wird. Dem Ersuchen ist ein Aktenvermerk des G-Mitarbeiters CG vom 12.12.2009 angeschlossen. Danach habe er bei einer örtlichen Überprüfung im Innenhof eine SAT-Schüssel und ein von ihr in die Wohnung des Herrn R führendes Kabel wahrgenommen. Er habe durch ein Fenster in das Büro geschaut und auf einem Bildschirm einen Pornofilm laufen gesehen. Herr R habe ihn beschimpft und ihm den Zutritt in die Wohnung verwehrt. Der Akt enthält auch die Kopie eines Schreibens des BF an die ?G GmbH? vom 14.06.2010, wonach er in BS, ***, keine Rundfunkempfangseinrichtungen betreibe.

 

1.4. Am heutigen Tag wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Folgende Aussagen wurden niederschriftlich festgehalten (Schreibfehler im Original):

 

1.4.1. Vorbringen des BF:

 

?Ich halte fest, dass ich die Gegenschrift der Bezirkshauptmannschaft erst vorige Woche erhalten habe, was mein Recht auf ein faires Verfahren verletzt. Das an mich gerichtete Ersuchen der Bezirkshauptmannschaft, Nachschau zu halten, hätte auch telefonisch oder persönlich an mich gerichtet werden können. Der Umstand dass dieses Ersuchen von einem Beamten der Bezirkshauptmannschaft in Begleitung zweier Polizisten erfolgte, war darauf gerichtet, mich einzuschüchtern Was den begründeten Verdacht, dass ich in den Räumen, die von der Nachschau betroffen gewesen wären, Empfänger im Sinne des Rundfunkgesetzes befunden hätten, verweise ich darauf, dass diese Räume in einem Wohnblock mit 64 Wohneinheiten liegen, auf dem sich drei Satellitenschüsseln befinden, sodass eine Zuordnung einer Satellitenschüssel zu meinen Geschäftsräumen nicht möglich ist. Daraus ergibt sich kein begründeter Verdacht, ich hätte Falschangaben hinsichtlich des Vorhandenseins solcher Einrichtungen gegenüber der G gemacht.

Ich lege den Aktenvermerk von Herrn Rechtsanwalt Mag. GU, ***, mit dem ich während der Amtshandlung telefonierte, vor und beantrage seine Zeugeneinvernahme.

Ich lege zum Beweis dafür, dass das G des ORF rechtswidrig Erhebungen durchführen, den Gerichtsbeschluss des Bezirksgerichtes M vom 11.05.2010 vor, sowie einer Vergleichsausfertigung vom BG für Handelsachen W vom 28.09.2010 vor.

Weiters lege ich Aktenvermerk vor, welcher im BG-Verfahren verwendet wurde.?

 

1.4.2. Vorbringen der BH:

 

?Die Polizeibeamten wurden von der Bezirkshauptmannschaft zu den Geschäftsräumen des Herrn R entsandt, um festzustellen, ob sich dort Personen aufhalten, um zu überprüfen, ob eine Nachschau erfolgversprechend sein könne. Sie warteten in der Hauseinfahrt auf das Eintreffen des von mir mit der Überprüfung beauftragten Amtsrat F. Ich kann nicht erkennen, wo im gegebenen Zusammenhang eine faktische Amtshandlung liegen könne, wurde doch der Geschäftsraum nicht betreten und schon gar nicht Gewalt angewendet.?

 

1.4.3. Einvernahme des BF durch den Verhandlungsleiter:

 

?Eine Mitarbeiterin hat mich angerufen und mir mitgeteilt, dass zwei Polizisten und ein Beamter der Bezirkshauptmannschaft in das Büro wollten um Nachschau betreffend der GIS Gebühren zu halten. Ich sagte ihr dass ich komme. Es dauerte ca. 20 Minuten, während dessen die zwei Polizisten und der Beamte im Eingangsbereich warteten. Herr F hat mir erklärt ich solle sie in die Wohnung lassen um Nachschau zu halten, ob ich ein Fernsehgerät aufgestellt hätte. Die Polizisten waren in Uniform, trugen aber keine Mütze. Ich empfand dies nicht als Ersuchen oder Bitten, ich empfang es absolut bedrohlich. Vor der Eingangstüre habe ich mit dem genannten Anwalt telefoniert, darauf hin hat auch Herr F mit Herrn Rechtsanwalt U gesprochen. Danach nahm Herr F Kontakt mit dem Herrn Bezirkshauptmann auf. Ich fragte Herrn F ob er als Vertreter der Fernmeldebehörde einschreitet oder als Behörde, worauf es sagte er schreite als Bezirkshauptmannschaft ein. Darauf verweigerte ich den Zutritt. Ich rechnete mit gewaltsamen Eindringen und meiner Festnahme. Einer der Beamten hatte einen Fotoapparat in der Hand. Einer der Polizeibeamten standwährend der ganzen Amtshandlung hinter mir, was ich als Bedrohung im Hinblick auf eine mögliche Festnahme empfand.

 

Herr F verlangte mehrmals Zutritt und auch einer Polizeibeamten sagte zu mir: ?jetzt mochens schon?. Nach den Telefongesprächen gab mir Herr F zu verstehen, dass die Amtshandlung abgebrochen werde und verließen sie den Hof.?

 

1.4.4. Zeugeneinvernahme von Herrn AF:

 

?Herr Bezirkshauptmann erteilte mir den Auftrag die beantragte Überprüfung durchzuführen. Es war ausgemacht, dass Polizeibeamte des Postens N Assistenz leisten, zum einen zu erkunden, ob jemand im Bürogebäude anwesend sei und zum anderen, dass sonst jemand dabei ist, der mich unterstützt, war doch bekannt, dass es bei der Überprüfung der GIS schon Schwierigkeiten gab. Mein Auftrag lautete auf Nachschau zu halten. Es war nie davon die Rede, gewaltsam in das Bürogebäude einzudringen. Ich hatte keinen Auftrag, mir gewaltsam Zutritt zu verschaffen. Was für den Fall geschehen solle, wenn mir der Zutritt verweigert wird, war nicht besprochen.

Ich läutete an der Tür, aber wir entfernten uns schon von der Eingangstüre, weil wir glaubten, dass niemand öffnete. Die Angestellte des Herrn R, MW, kam aber dann vor die Eingangstüre. Ich kannte sie und erklärte ihr meinen Auftrag, dass ich in der Wohnung nachschauen solle, ob sich dort ein Fernsehgerät befinde. Sie teilte mir mit, dass Herr R gerade weggefahren ist. Ich wollte aber nur im Beisein des Herrn R Nachschau halten. Die Angestellte ging in die Wohnungsanlage und kontaktierte Herrn R. Als Herr R kam, stellte ich mich vor und zeigte ihm meinen Dienstausweis und erklärte ihm, dass ich in der Wohnung Nachschau halten wolle, ob sich dort ein Fernsehgerät befinde. Herr R verlangte von den Polizisten die Dienstnummer und sie erklärten, diese nicht hergeben zu wollten, da sie nur in Assistenzleistung da seien. Daraufhin telefonierte Herr R mit seinem Anwalt, Herr R gab das Gespräch an mich weiter und ich erklärte dem Anwalt den Grund der Amtshandlung. Der Anwalt hat mir nicht gesagt, dass wir nicht in die Wohnung dürften. Herr R fragte mich in welcher Funktion ich die Amtshandlung führe, ob als Vertreter der Telekommunikationsbehörde oder als Vertreter der Behörde. Da mir das nicht klar war, telefonierte ich mit dem Herrn Bezirkshauptmann. Ich habe dann Herrn R gesagt, dass ich als Verterter der Bezirkshauptmannschaft da sei und er antwortete mir, dass er als solcher den Zutritt verweigerte. Der Bezirkshauptmannschaft hat mir den Auftrag erteilt die Amtshandlung abzubrechen, was ich auch getan habe.

 

Auf die Frage, warum die Polizei während der ganzen Amtshandlung vor Ort war, gebe ich an, dass sie dort hingeschickt wurden, um zu erkunden, ob jemand anwesend sei und sind sie dann dort geblieben. Der Grund für die Anwesenheit war um die Amtshandlung zu sichern, weil nicht ausgeschlossen werden konnte, dass es zu Unregelmäßigkeiten kommen könne.

Ich habe keinen Grund gehabt, anzunehmen, dass es konkret zu Widerständen seitens des Verpflichteten kommen werde. Zu Beginn der Amtshandlung sagte ich Herrn R, dass ich vom Bezirkshauptmann den Auftrag hätte, aufgrund der Aktenlage Nachschau zu halten, ob sich in der Wohnung ein Fernsehgerät befindet und habe dann die relevanten Bestimmungen des Rundfunkgesetzes und des Telekommunikationsgesetzes vorgelesen.

Als ich Frau W zum ersten Mal sah, sagte sie mir, dass sie Angestellte des Herrn R sei und erkärte ihr, dass ich Nachschau halten wollte. Ich habe nicht gesagt dass ich in die Wohnung hinein will, bevor Herr R kommt. Ich habe ihr gesagt ich gehe nur in die Wohnung, wenn Herr R da ist.?

 

Auf Befragen des Bezirkshauptmannes, wo sich die Amtshandlung abspielte, gibt der Zeuge an: ?Die Amtshandlung war im Bereich des Hofes in Entfernung der Tür der Wohnungsanlage.?

 

1.4.5. Zeugeneinvernahme von Frau MW:

 

?Ich bin die Angestellte des Herrn R und verrichte Büroarbeiten. Ich verweigere nicht die Aussage. Am gegenständlichen Nachmittag läutete es an der Wohnungstür, nachdem ich zuvor die Stiegenhaustür von der Wohnung aus elektoronisch geöffnet hatte. Vor der Wohnungstür standen eine Zivilperson und zwei Polizisten. Die Zivilperson stellte sich als Beamter der Bezirkshauptmannschaft *** vor, erklärte seinen Auftrag auf Nachschau in der Wohnung zwecks Vorhandensein seines Fernsehgerätes und begehrte, Herrn R zu sprechen. Ich sagte ihm dass dieser nicht da sei und ich würde ihn nicht hineinlassen. Ich habe dann angeboten, Herrn R anzurufen und gab ich dann dem Beamten der Bezirkshauptmannschaft mein Handy, auf das ich das Gespräch mit Herrn R gelegt hatte. Der Beamte sagte mir sie würden warten, bis Herr R käme. Die Beamten blieben dann draußen im Flur. Herr R hat mich dann angerufen ich möge in den Hof kommen, wo er sich mit den Beamten befand. Der Bezirkshauptmannschafts-Beamte begehrte die Nachschau wegen dem Fernsehgerät und verlies gesetzliche Bestimmungen. Herr R hat gesagt, er würde den Zutritt verweigern. Nach meiner Erinnerung sind wir bei dem Gespräch locker im Kreis gestanden. Ich kann mich nicht erinnern, dass die Polizeibeamten neben Herrn R oder hinter ihm gestanden. Der Bezirkshauptmannschafts-Beamte telefonierte dann und sagte dann am Ende des Gespräches, das die Amtshandlung abgebrochen werde, worauf sie den Hof verließen.?

Herr R legt ein Gedächtnisprotokoll, angefertigt von Frau W, unmittelbar nach der Amtshandlung, vor.

 

Herr Bezirkshauptmann fragt die Zeugin, ob sie den Eindruck gehabt hätte, dass die Amtshandlung eskaliere, worauf sie angibt:

?Ich hatte nicht das Gefühl, dass die Beamten gewaltsam in die Wohnung eindringen oder Herrn R festnehmen würden.?

 

Auf Befragen des Herrn R sagt die Zeugin:

?Ich bin der Meinung, dass man Anordnungen der Polizisten folgen soll. Ich hatte das Gefühl, dass das Verlangen nach Nachschau ernst war.?

 

Der Verhandlungsleiter befragt die Zeugin:

?Ich habe nicht wahrgenommen, dass einer der Polizeibeamten mit den Worten ?na mochens schon? oder Ähnliches zum Ausdruck gebracht hätte, dass die Amtshandlung endlich zu einem erfolgreichen Ende zu bringen wäre.?

 

1.4.6. Zeugeneinvernahme von Herrn GI RH:

 

?Ich wurde von Herrn F angerufen, dass er zwei Polizeibeamte zur Assistenzleistung brauchen würde und erklärte mir den Sachverhalt, dass es um eine Angelegenheit der GIS geht. Wir hielten Nachschau, ob Herr R im Büro anwesend war. Wir sahen das Auto des Herrn R und teilten dies Herrn F mit. Als Herr F eintraf, war das Fahrzeug weg. Herr F läutete an der Wohnungstür. Wir blieben vor der Eingangstüre beim Hof. Herr F sagte der Angestellten, die geöffnet hatte, was er wollte. Die Angestellte sagte dass Herr R nicht da sei. Dann erfuhren wir, dass Herr R kommen werde und wir warteten.

Wir hatten nur den Auftrag bei der Amtshandlung anwesend zu sein. Es wurde nie über ein gewaltsames Eindringen in die Wohnung gesprochen. Auch nicht was für den Fall sein sollte, dass wir nicht in die Wohnung dürfen. Auch eine Festnahme  bei Widerstand war nicht abgesprochen. Ich kann nicht sagen, wie lange die Amtshandlung gedauert hat.?

 

Auf Befragen des Beschwerdeführers gibt der Zeuge an:

?Ich war von der Bezirksverwaltungsbehörde beauftragt, die Amtshandlung zu begleiten und blieb deswegen bis zu deren Beendigung vor Ort. Ich war bewaffnet.?

 

Auf Befragen des Verhandlungsleiters gibt der Zeuge an:

?Ich habe mich in die Amtshandlung nicht eingemischt und habe auch mit keiner Äußerung zu verstehen gegeben, dass mir an der Fortsetzung der Amtshandlung oder besser gesagt an der schleppenden Entwicklung etwas bzw. nichts gelegen wäre. Frau W war auch bei der Amtshandlung dabei. Wir sind bei der Amtshandlung locker herumgestanden, mein Kollege hat sich sogar mit einem Nachbarhund befasst. Wir waren keinesfalls so postiert, um Herrn R nach Weisung der Bezirkshauptmannschaft unverzüglich festnehmen zu können.?

 

1.4.7. Neuerliche Einvernahme des Herrn F:

 

?Ich habe Herrn R nur den Text der Gesetze vorgelesen, ihn aber nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er verpflichtet sei, den Zutritt zu erlauben. Nachdem mir Herr R gesagt hat, dass er uns als Bezirkshauptmannschaft nicht hineinlässt sondern nur dann hineinlassen würde, wenn wir Telekommunikationsbehörde wären, war für mich die Sache zu Ende. Ich habe ihn auf keine Konsequenzen seines Verhaltens aufmerksam gemacht und ich habe nicht damit gedroht, dass bei Weigerung Gewalt angewendet werden könnte, sei es durch gewaltsames Eindringen in die Wohnung oder Festnahme des Herrn R.?

 

Auf Befragen des Beschwerdeführers wie oft er die Aufforderung auf Nachschau gesagt hätte, gibt der Zeuge an:

?Das erste Mal Frau W gegenüber, das zweite Mal am Telefon mit Frau W, das dritte Mal als Herr R eingetroffen ist, das vierte Mal dem Anwalt gegenüber am Telefon. Die Aufforderung war jedenfalls ernsthaft gemeint.?

 

1.4.8. Schlusswort der belangten Behörde:

 

?Es liegt ein Telefonatsbericht der Herrn Rechtsanwalt U vor, welchen Inhalt ich anzweifle, weil der Eindruck entsteht, als habe der mit Herrn Mag. P telefoniert, aber es war Herr F. Ich beauftragte Herrn F ausdrücklich, er solle zwei Polizisten erkunden lassen, ob Herr R anwesend sei (um abzuklären, ob die Amtshandlung durchgeführte werden könne) und sonst sollten sie dort als Zeugen anwesend sein, was ich für gut fand, nachdem es schon der Vorfall mit dem zerstörten Briefkasten gab. Ich beantrage die Abweisung der Beschwerde sowie die Auferlegung der Kosten wie bereits schriftlich beantragt.?

 

1.4.9. Schlusswort des BF:

 

?Der gesamten Amtshandlung fehlt die rechtliche Deckung, weil § 83 TKG nur die Errichtung und Betreibung einer Funksendeanlage beinhaltet. Ich halte meine Anträge auf Einvernahme der Rechtsanwaltes U sowie die Beischaffung des Tageseintrages der Polizisten über die Amtshandlung aufrecht.?

 

2.0. Hierüber wurde erwogen:

 

2.1. Im Anlassfall war die Rechtsfrage zu klären, ob die von der BH verlangte ?Nachschau? überhaupt einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt darstellt. Ein Befehl beinhaltet ein Gebot oder Verbot. Voraussetzung für die Maßnahmenqualität eines behördlichen Befehls ist ein ?unmittelbarer Befolgungsanspruch?. Das bedeutet, dass dem Betroffenen bei Nichtbefolgung des Befehls unmittelbar, d. h. unverzüglich und ohne weiteres Verfahren, eine physische Sanktion droht. Dabei kommt es nach der höchstgerichtlichen Judikatur auf die Ausdrücklichkeit und Eindeutigkeit der behördlichen Äußerung an. Bloße Aufforderungen oder Wünsche, die von Organwaltern ausgesprochen werden, stellen keine Ausübung unmittelbarer Befehlsgewalt dar. Ein zwingendes Merkmal des Befehls ist, dass eine physische Sanktion angedroht ist, die im Falle der Nichtbefolgung unmittelbar zwangsweise durchgesetzt wird (werden kann). Wird kein unmittelbarer physischer Zwang ausgeübt und droht auch keine solche Zwangsausübung, ist das Verwaltungshandeln nicht als Maßnahme unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt anzusehen. Ein solches Verhalten kann auch nicht mit einer Beschwerde nach § 67a Z. 2 AVG bekämpft werden. Bei der Frage, ob im Einzelfall eine Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vorliegt, sind im Sinne eines beweglichen Systems verschiedene Gesichtspunkte, insbesondere Rechtsschutzüberlegungen, zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen. Dabei sind die Intention des einschreitenden Organwalters und das Ausmaß der Wirkung des Rechtseingriffs zu betrachten. Je stärker das eine Moment gegeben ist, umso schwächer kann das andere ausgeprägt sein (siehe zum Ganzen, Eisenberger/Ennöckl/Helm, Die Maßnahmenbeschwerde, Handbuch, Verlag Österreich, Seiten 41 bis 49).

 

Deshalb sind vorerst die näheren Umstände der Amtshandlung festzustellen, um die Frage nach dem Vorliegen einer bekämpfbaren ?Maßnahme? beantworten zu können. Nur wenn eine solche vorliegt, war ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen.

 

2.2. Nachstehender Sachverhalt wurde als erwiesen festgestellt:

 

Die BH ordnete die bekämpfte Nachschau in Vollziehung des § 6 Abs. 5 Rundfunkgebührengesetzes an. Bei der behördlichen Vorbereitung der Nachschau wurde nicht erwogen, was geschehen solle, wenn der BF die Nachschau verweigern sollte. Auch mit der Polizei war diesbezüglich nichts ausgemacht. Das Verlangen nach Zutritt hat der BH-Beamte im Beisein von zwei uniformierten und bewaffneten Polizisten gegenüber der Bediensteten des BF (Frau W) und dem BF selbst eindeutig ausgedrückt. Zu Frau W sagte er, dass er nur in die Wohnung gehe, wenn Herr R da wäre. Er hat dem BF (nachdem er ins Büro gekommen war) gesetzliche Bestimmungen (Rundfunkgebührengesetz, Telekommunikationsgesetz) vorgelesen, auf die sich das behördliche Einschreiten stützte. Auf seine gesetzliche Verpflichtung (gemeint: iSd hier sinngemäß anzuwendenden § 83 Abs. 6 des Telekommunikationsgesetzes, BGBl. I Nr. 100/1997), nämlich dass er das Betreten der Räume, in denen Fernsehapparate vermutet werden, dulden müsse, wurde der BF vom BH-Beamten nicht gesondert aufmerksam gemacht. Dem BF wurde niemals von einem Beamten vor Ort mit der Ausübung von Zwang gedroht. Über das mögliche Erzwingen des Zutritts oder die Festnahme des BF bei weiterer Weigerung wurde mit dem BF nicht einmal gesprochen. In einem Telefonat zwischen dem Rechtsanwalt des BF und Herrn F während der Amtshandlung erklärte der BH-Beamte dem Rechtsanwalt, dass die BH nicht zwangsweise einschreiten werde. Der einschreitende Herr F von der BH wollte Nachschau halten, wenn sie ihm vom BF erlaubt worden wäre, er hatte jedoch keine Absicht, sich gewaltsam Zutritt zum Büro zu verschaffen, um die Nachschau durchführen zu können und dazu auch keinen Auftrag seines Chefs. Die Polizeibeamten wurden von der BH zum Büro geschickt, um festzustellen, ob der BF anwesend sei, und um der Amtshandlung ?als Zeugen? beizuwohnen, da bekannt war, dass es bei der Überprüfung durch die GIS schon Schwierigkeiten gab (gemeint wohl: Öffnung eines Briefkastens, siehe Urteil BG M). Der BF fragte das einschreitende Organ, ob es für die BH oder für die Telekommunikationsbehörde einschreite und sagte, dass er nur im zweiten Fall den verlangten Zutritt gewähren werde. Nachdem für Herrn F nach Rücksprache mit seinem Bezirkshauptmann feststand, dass er für die BH einschreitet und ihm deshalb der Zutritt vom BF verwehrt wird, wurde die Amtshandlung von ihm ohne weiteres abgebrochen. Eine Nachschau fand nicht statt.

 

Diese Feststellungen beruhen auf den obgenannten glaubwürdigen Zeugenaussagen und den Angaben des Bezirkshauptmannes. Ihnen ist der BF nicht entgegen getreten. Er selbst gibt an, dass er nach seiner Weigerung, den Zutritt zu gewähren, zwar Zwang erwartet habe, aber keiner erfolgt sei. Aus dem vom BF in der Verhandlung vorgelegten angeblichen Aktenvermerk der GIS vom 16.9.2010 über ein Telefonat mit der BH geht hervor, dass die BH zweimal vor Ort gewesen sei, aber vom Betretungsrecht nicht Gebrauch machen wolle. Wegen zu erwartender negativer Schlagzeilen wolle sie die Wohnung nicht aufbrechen. Aus dem auch in der Verhandlung vom BF vorgelegten Aktenvermerk des Rechtsanwalts des BF, der während der Amtshandlung mit dem BF und Herrn F telefonierte, geht hervor: Der BF habe ihm erzählt, dass sich die BH gewaltsam Zutritt zum Büro verschaffen wolle, um festzustellen, ob sich dort Rundfunkgeräte befinden. Dem BH-Beamten habe er erklärt, dass eine Betretung des Büros rechtswidrig sei. Die BH habe ihm zugesagt, von einem gewaltsamen Eindringen Abstand zu nehmen, ?da man den Bogen nicht überspannen wolle? und man bereits die notwendigen Erhebungen getroffen habe. Auch daraus folgt, dass die BH keine zwangsweise Durchsetzung der Nachschau beabsichtigte.

 

Der BF behauptete, dass ein Polizist hinter ihm gestanden sei, was er als Bedrohung empfunden habe. Die Zeugin W sah dies nicht. Der Polizist gab an, dass sie im Hof ?locker herumgestanden? seien, sein Kollege habe sich mit einem Nachbarhund befasst. Damit ist keine Bedrohungssituation erwiesen.

 

Die vom BF beantragten Beweise waren nicht aufzunehmen. Er hat nicht zu erkennen gegeben, was aus Ihnen für die Entscheidung Wesentliches gewonnen hätte werden können (Beweisthema). Der Sachverhalt war für den UVS zudem nach den  Verhandlungsergebnissen ausreichend geklärt.

 

2.3. Dieser Sachverhalt wird hinsichtlich der zu beantwortenden Rechtsfrage wie folgt bewertet:

 

Die BH hatte von Vornherein keine Absicht, sich mit Gewalt Zutritt zur Wohnung zu verschaffen, um dort Nachschau halten zu können. Sie war geradezu bemüht, keine Lage zu schaffen, in der eine Gewaltanwendung nahe gelegen wäre. Sie wollte nur mit Zustimmung des BF Nachschau halten. Eine Gewaltanwendung wurde nicht angedroht. Es gab auch keine Situation, nach der bei weiterer Weigerung, den Zutritt zu gewähren, mit Grund eine Zwangsanwendung zu erwarten war. Ob sie der BF subjektiv erwartete, wie er in der Beschwerde behauptet, kann dabei keine Rolle spielen. Die Polizeibeamten verhielten sich passiv, einer spielte sogar mit einem Hund. Ein nonverbales polizeiliches Verhalten, dass die Deutung zu erwartender Zwangsmaßnahmen zuließe, fehlt. Die BH wartete bis der BF im Büro erschien. Auf seine gesetzliche Duldungsverpflichtung betreffend die Nachschau wurde er nicht besonders hingewiesen. Die BH betonte auch nicht, dass sie das Recht habe, zwecks Nachschau das Büro zu betreten. Als ihr der BF den Zutritt nicht erlaubte, gab sie sich damit zufrieden, insistierte nicht, die Wohnung zu betreten und brach die Amtshandlung ab.

 

Der Verwaltungssenat verkennt nicht, dass ein behördliches Nachschaubegehren im Beisein zweier bewaffneter und uniformierter Polizisten geeignet ist, den Eindruck zu erwecken, dass dann, wenn der Zutritt nicht freiwillig gewährt wird, mit Zwangsanwendung durch diese Polizisten gerechnet werden muss. Der BF bezeichnet dies als Einschüchterungs(-versuch). Die oben beschriebene konkrete Vorgangweise der BH  bei dieser Amtshandlung rechtfertigt diese Annahme hier jedoch - im Sinne des unter 2.1. beschriebenen beweglichen Systems - nicht. Mangels der Intention der BH, Gewalt auszuüben, und mangels jeder Drohung mit Gewalt, wegen des Telefonats mit dem Rechtsanwalt über die Rechtslage und der weiteren Vorgangsweise während der Amtshandlung und wegen des Umstandes, dass die Amtshandlung schon allein deshalb abgebrochen wurde, weil ihr der BF den Zutritt verbal verweigert hatte, ist hier von keiner ?Maßnahme? auszugehen. Es liegt eine bloße Aufforderung der BH an den BF vor, die Nachschau im Büro zu gestatten. Der geforderte unmittelbare ?Befolgungsanspruch? (siehe 2.1.) fehlt im Anlassfall. Ein - wirksamer - Rechtseingriff, der eine Wertung des bloßen Nachschau-?verlangens? als Maßnahme zuließe, wird hier nicht gesehen. Der BF wurde um seine Zustimmung zur begehrten Nachschau ersucht. Da dem BF auch bei diesbezüglicher Nicht-Freiwilligkeit kein Zwang drohte, liegt kein bekämpfbares behördliches Handeln vor. Mangels Vorliegens einer ?Maßnahme?, ist die dagegen erhobene Beschwerde unzulässig.

 

2.4. Sie wäre aber auch unbegründet:

 

Geht man von einer mit gegenständlicher Beschwerde bekämpfbaren ?Maßnahme? aus, so ist zu prüfen, ob es für das Nachschaubegehren eine gesetzliche Grundlage gibt. Eine solche findet sich in den von der BH zitierten Rechtsvorschriften (siehe 1.2.). Der § 6 Abs. 5 des Rundfunkgebührengesetzes sieht vor, dass die G GmbH dann, wenn der begründete Verdacht besteht, dass eine Mitteilung bzw. Angabe gemäß § 2 Abs. 5 (d. i. eine solche des Nutzers einer Wohnung oder eines Büros betreffend den Betrieb einer Rundfunksempfangseinrichtung an die GIS) unrichtig ist, eine Überprüfung der Gebührenpflicht seitens der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zu veranlassen hat. Diese hat dabei § 83 Abs. 6 des Telekommunikationsgesetzes, BGBl. I Nr. 100/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 27/1999, sinngemäß anzuwenden. Diese (statische) Verweisung im Rundfunkgebührengesetz auf einen bestimmten Paragrafen des zitierten (alten) Telekommunikationsgesetzes bedeutet, dass diese Vorschrift insoweit weiterhin anzuwenden ist, mag auch dieses Gesetz mit dem Inkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes 2003, Stammfassung BGBl. I Nr. 70/2003, außer Kraft getreten sein. Nach dem deshalb sinngemäß anzuwendenden § 83 Abs. 6 leg. cit. ist den Organen der BH, die wegen eines Ermittlungsersuchens der GIS zum Zwecke der Überprüfung der Gebührenpflicht einschreiten, ?das Betreten der Grundstücke oder Räume, in denen sich Rundfunksempfangseinrichtungen? (wozu nach § 1 Abs. 2 des Rundfunkgebührengesetzes auch Fernsehapparate zählen) ?befinden oder dies zu vermuten ist, zu gestatten?. Damit besteht eine gesetzliche Verpflichtung des Betroffenen, eine solche Nachschau in einem Büro durch die Bezirksverwaltungsbehörde zu dulden. Die BH ist berechtigt, wegen einer solchen Nachschau die genannten Räume zu betreten. Damit ist sie auch berechtigt, den diesbezüglichen Zutritt zwecks Nachschau zu verlangen.

 

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Anwendung dieser Vorschrift liegen vor. Es gibt ein entsprechendes Ersuchen der ?GIS? und den begründeten Verdacht, dass der BF unrichtige Angaben hinsichtlich des Betriebes eines Fernsehers machte. Im Büro konnte mit Grund ein Fernseher vermutet werden (siehe 1.3.). Deshalb war das Ersuchen/Verlangen nach Zutritt zu diesem Büro - entgegen der Meinung des BF - auch gesetzmäßig.

 

2.5. Der Kostenausspruch stützt sich auf den Antrag der obsiegenden BH, der den Verhandlungsaufwand nicht erfasste, und die zitierten Vorschriften. Dem unterlegenen BF sind keine Kosten zu ersetzen.

Schlagworte
Maßnahmenbeschwerde, Zulässig, bloße Aufforderung, Zutritt zu gewähren, Befolgungsanspruch
Zuletzt aktualisiert am
10.02.2011
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten