Gemäß § 120 Abs. 1 Z 2 FPG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und ist mit einer Geldstrafe von Euro 1.000,-- bis zu Euro 5.000,-- im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen.
Im vorliegenden Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten der unrechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet aufgrund eines fehlenden gültigen Reisedokumentes angelastet und verantwortete sich dieser in seiner Berufung mit der Antragstellung einer quotenfreien ?Niederlassungsbewilligungbeschränkt? gemäß § 44 Abs. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I 100/2005 bei der sachlich und örtlich zuständigen Niederlassungsbehörde.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (14.09.2009, 2009/21/0149) kann § 44 Abs. 4 NAG nicht in dem Sinn verstanden werden, dass ein Drittstaatangehöriger während eines Verfahrens nach § 44 Abs. 4 NAG zum Verlassen des Bundesgebietes verpflichtet wäre.
Diese Bestimmung sieht die quotenfreie Erteilung einer ?Niederlassungsbewilligung-beschränkt? unter den dort genannten weiteren Bedingung nur für solche Drittstaatsangehörige vor, die sich im Bundesgebiet aufhalten. Daraus ist zwingend abzuleiten, dass ihnen einerseits die Befugnis zur Inlandsantragstellung zukommt und das sie andererseits ? wenn ihr Antrag nicht zurückzuweisen ist ? aber auch die Entscheidung über ihren Antrag im Inland abwarten dürfen, würde doch ein Verlassen des Bundesgebietes, sei es auch in Befolgung einer Rechtspflicht, als Konsequenz stets die Abweisung eines Antrages nach § 44 Abs. 4 NAG zufolge haben.
Diese Rechtsprechung bezog sich auf die Rechtslage vor der Novelle BGBl I 122/2009, mit der insbesondere § 44 Abs. 5 NAG neu eingefügt wurde. Dieser Absatz 5 stellt fest, dass Anträge nach Abs. 4 kein Aufenthalts- und Bleiberecht begründen. Gleichzeitig wird aber nach wie vor in Abs. 4 gefordert, dass der Antragsteller während des Verfahrens im Bundesgebiet aufhältig ist, weshalb auch die oben angeführte Judikatur zu Abs. 4 nach wie vor zu beachten ist. Einerseits begründet der Antrag nach Abs. 4 kein Bleibe- oder Aufenthaltsrecht, andererseits ist der Antragsteller aufgrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht zum Verlassen des Bundesgebietes verpflichtet. Dazu kommt noch, dass nach neuer Rechtslage ein Verfahren nach § 44 Abs. 4 NAG als eingestellt gilt, wenn der Fremde das Bundesgebiet verlassen hat (vgl. § 44 Abs. 5, letzter Satz, NAG). Der Wortlaut der Bestimmung im Abs. 5 dürfte keinen anderen Schluss zulassen, als das die Einstellung des Verfahrens einzig an das Verlassen des Bundesgebietes geknüpft ist und unberücksichtigt bleibt, aus welchen Gründen der Antragsteller ausgereist ist (VfGH 08.12.2010, B 1239/10).
Gegenständlich wurde der objektive Tatbestand (kein gültiges Reisedokument ? kein Aufenthaltstitel ? gem. § 44 Abs 4 NAG kein Aufenthalts- und Bleiberecht durch Antragstellung) des § 120 Abs. 1 Z 1 FPG erfüllt. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite ist auszuführen, dass gemäß § 5 Abs. 1 erster Satz VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Dass der Beschuldigte im gegenständlichen Fall fahrlässig gehandelt und damit seine ihm objektiv und subjektiv zumutbare Sorgfaltspflicht außer Acht gelassen hat, kann ihm aber nicht vorgeworfen werden. Wäre er nämlich aus dem Bundesgebiet ausgereist, so wäre sein Verfahren nach § 44 Abs. 4 NAG jedenfalls mangels Aufenthalt im Bundesgebiet einzustellen gewesen. Er hätte die ihm nun erteilte ?Niederlassungsbewilligung-beschränkt? nicht erhalten. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist er auch wegen der damit verbundenen Folgen während des Verfahrens nach § 44 Abs. 4 NAG nicht zum Verlassen des Bundesgebietes verpflichtet. Es ist ihm daher sein nicht rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet subjektiv nicht vorwerfbar.