B8 418.156-1/2011/4Z
BESCHLUSS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Senatsvorsitzende über die Beschwerde des XXXX, Staatsangehörigkeit:
Republik Mazedonien, vom 04.03.2011 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.02.2011, Zahl: 10 08.912-BAW, beschlossen:
Der Beschwerde wird gemäß § 38 Abs. 2 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer wurde am XXXX in Österreich als Sohn des XXXX und der XXXX geboren. Beide Eltern des Beschwerdeführers stammen aus Mazedonien, der Vater ist mittlerweile österreichischer Staatsbürger, die Mutter besitzt nach wie vor die mazedonische Staatsangehörigkeit. Der Beschwerdeführer brachte im gesamten erstinstanzlichen Verfahren vor, Staatsangehöriger der Republik Mazedonien und Angehöriger der albanischen Volksgruppe zu sein.
Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland XXXX vom 17.06.2010 wurde gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Anlass für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer war eine vorangegangene Verurteilung des Landesgerichtes XXXX vom XXXX gemäß §§ 127, 128 Abs.1/4, 129/1 und 2, 130 (1. Satz 2. Fall 2. Satz 2. Fall), und 15 iVm 277/1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Der Beschwerdeführer hatte als Mitglied einer Bande von insgesamt 14 Mitgliedern (überwiegend aus dem Kosovo stammende "Kriminalitätstouristen") zahlreiche schwere gewerbsmäßige Einbruchsdiebstähle im Rahmen einer kriminellen Vereinigung im Zeitraum seit mindestens 16.09.2008 bis 10.10.2008 begangen sowie auch die gemeinsame Ausführung eines schweren Raubes - verbrecherisches Komplott gem. § 277 StGB - verabredet.
Gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion XXXX betreffend das Aufenthaltsverbot erhob der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof Beschwerde, welcher die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt wurde. Im Rahmen dieser Beschwerde führte der Beschwerdeführer aus, er habe in Mazedonien keine Bleibe, er sei in XXXX geboren und habe keinerlei Beziehung zu Mazedonien mehr. Er habe zuvor ein Daueraufenthaltsrecht in Österreich gehabt. Er habe eine Vorstrafe vom XXXX des Landesgerichtes XXXX wegen versuchter schwerer Nötigung (acht Monaten Freiheitsstrafe bedingt auf drei Jahre nachgesehen) und die nunmehr gegenständlichen Verurteilung vom XXXX des Landesgerichtes XXXX. Er sei im Rahmen der XXXX enthaftet worden. Nun solle er wegen eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes Österreich verlassen und wolle dies verhindern.
Der Verwaltungsgerichtshof wies jedoch mit Erkenntnis vom 15.09.2010, Zl. 2010/18/0280, diese Beschwerde als unbegründet ab und bestätigte vielmehr den Bescheid der Sicherheitsdirektion betreffend die Erlassung des unbefristeten Aufenthaltsverbotes. In detaillierte Begründung führte das Höchstgericht zusammengefasst aus, dass die Sicherheitsdirektion zu Recht der durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers bewirkten Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen kein geringeres Gewicht beigemessen hat alles den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers.
Im Zeitraum zwischen der Erhebung der Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof und der Erlassung des Erkenntnisses erhielt der Beschwerdeführer mit Schreiben der Bundespolizeidirektion XXXX vom 02.09.2010 eine Information über die Verpflichtung zur Ausreise aufgrund des bestehenden Aufenthaltsverbotes und die Möglichkeit zur freiwilligen Rückkehr. Aufgrund dieser Verständigung verließ der Beschwerdeführer am 07.09.2010 das Bundesgebiet, reiste nach Rom, ließ sich bei der dortigen österreichischen Botschaft seine Ausreise bestätigen und reiste nach einem Zeitraum von rund 2 Wochen am 23.09.2010 illegal nach Österreich ein.
Am 24.09.2010 stellte der Beschwerdeführer schließlich den, dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren zu Grunde liegenden Antrag auf internationalen Schutz.
Seitens des Bundesasylamtes wurden der Beschwerdeführer sowie seine Eltern einvernommen und eine Heimatrecherchen durchgeführt.
Am 20.01.2011 wurden dem Beschwerdeführer das Rechercheergebnis und die Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat zur Kennntis gebracht. Er nahm dazu bis zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesasylamtes nicht Stellung.
Mit 17.02.2011 wurde ein Ausweisungsverfahren eingeleitet.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 24.09.2010 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Republik Mazedonien abgewiesen (Spruchpunkt II.), der Beschwerdeführer gemäß § 10 Absatz 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Mazedonien ausgewiesen (Spruchpunkt III.) und einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 38 Abs. 1 AsylG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).
Das Bundesasylamt traf in diesem Bescheid aktuelle Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers und führte insbesondere betreffend die Ausweisungsentscheidung ausführlich begründend unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR und umfassender Interesseabwägung zusammengefasst aus, dass auch die Ausweisungsentscheidung verhältnismäßig und zulässig sei.
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am 28.02.2011 persönlich zugestellt.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 04.03.2011 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht die nunmehr verfahrensgegenständliche Beschwerde. Der Bescheid wurde zur Gänze angefochten.
Begründend wurde ausgeführt, die belangte Behörde habe von ihrer Ermittlungspflicht nicht ausreichend Gebrauch gemacht. Insbesondere die Ausweisungsentscheidung der Erstbehörde sei rechtswidrig und nicht mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung in Einklang zu bringen. Der Beschwerdeführer sei ursprünglich mazedonische Staatsangehörige gewesen und lebe seit seiner Geburt in Österreich und er habe stets über gültige Aufenthaltstitel verfügt. Er habe in Österreich auch seine gesamte Schulbildung absolviert und sei auch einer Beschäftigung nachgegangen. Während seiner Haftzeit sei der Beschwerdeführer Freigänger gewesen und habe Ausbildungen absolviert. Sämtliche seiner Angehörigen würden in Österreich leben, die Eltern seien mittlerweile österreichische Staatsbürger. Sämtliche Verwandte würden sich in Österreich befinden. Es gebe keinen Kontakt mehr in sein Herkunftsland. Der Beschwerdeführer habe keinerlei Verwandte im Herkunftsland. Es gebe keinerlei Liegenschaften oder Häuser der Familie in Mazedonien. Ferner führe der Beschwerdeführer seit Längerem eine Beziehung mit einer österreichischen Staatsbürgerin. Derzeit wohne der Beschwerdeführer bei seinen Eltern im gemeinsamen Haushalt. Er habe bereits einen Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft eingebracht. Im Zuge dieses Verfahrens habe der Beschwerdeführer bereits die Entlassung aus dem mazedonischen Staatsverband erhalten, sodass er tatsächlich staatenlos sei und eine Ausweisung nach Mazedonien nicht in Betracht komme. In der Beschwerde wurde weiters Bezug genommen auf die Rechtsprechung des EGMR und zusammengefasst ausgeführt, dass sich die Interessenabwägung der belangten Behörde als rechtswidrig erweise und die Ausweisung des Beschwerdeführers auf Dauer unzulässig sei.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet gemäß § 61 Abs. 4 AsylG der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.
Gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 AsylG kann das Bundesasylamt der Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 39) stammt.
Gemäß § 38 Abs. 2 AsylG hat der Asylgerichtshof binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde mit Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde, wobei auch eine Bedrohung von Zivilpersonen im Zuge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines Konfliktes erfasst ist.
Gemäß § 39 Abs. 5 Z 2 AsylG ist die Bundesregierung ermächtigt, mit Verordnung festzulegen, dass andere als in Abs. 4 genannte Staaten (in diesem Absatz ist die Republik Mazedonien nicht genannt) als sichere Herkunftsstaaten gelten, wobei vor allem auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Verletzungen von Menschenrechten Bedacht zu nehmen ist.
Mit der Verordnung der Bundesregierung vom 1. Juli 2009, BGBl. II Nr. 177/2009, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung), wurde bestimmt, dass Mazedonien als sicherer Herkunftsstaat gilt.
Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen die mit der abweisenden Entscheidung verbundene Ausweisung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; Sache des Beschwerdeverfahrens ist nicht nur die Entscheidung über die Zulässigkeit der Ausweisung, sondern auch über die der Ausweisung zu Grunde liegende abweisende Entscheidung des Antrages auf internationalen Schutz. Bei der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde - in Bezug auf die Ausweisung - handelt es sich daher um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von Vornherein ausgeschlossen erscheint, dass es sich bei den in den Anwendungsbereich der Art. 2, 3 und 8 EMRK reichenden Behauptungen um "vertretbare Behauptungen" handelt (zur Berücksichtigung des Art. 8 EMRK - ungeachtet des Fehlens seiner ausdrücklichen gesetzlichen Nennung - vgl. Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 2005, 5. Auflage, 2010, K3 zu § 37 sowie K7 zu § 38).
Im vorliegenden Fall wird u.a. das Vorliegen von Umständen behauptet, die in den Schutzbereich des Art. 8 EMRK fallen. Der Asylgerichtshof ist der Ansicht, dass weitere Ermittlungen erforderlich sind, um feststellen zu können, ob eine Rückführung des Beschwerdeführers nach Mazedonien mit einem Eingriff in seine durch Art. 8 EMRK geschützten Rechte verbunden sein könnte.
Die Entscheidung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.