TE AsylGH Erkenntnis 2011/03/18 A2 415137-1/2010

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Veröffentlicht am 18.03.2011
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Spruch

A2 415.137-1/2010/3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Filzwieser als Vorsitzenden und den Richter Dr. Druckenthaner als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX, StA. Gambia, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.08.2010, Zl. 10 00.922-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Der Beschwerdeführer stellte unter der Identität eines am XXXX in Gambia geborenen Staatsbürgers dieses Landes am 31.01.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem am folgenden Tag eine polizeiliche Erstbefragung erfolgte (AS 7-21 BAA). Zu seinem Fluchtweg führte der Beschwerdeführer in dieser Einvernahme aus, im März 2006 sein Heimatdorf verlassen zu haben. Anschließend habe er sich für drei Jahre bei einem Mann in Dakar/Senegal aufgehalten. Am 01.01.2010 habe ihm dieser Mann geholfen auf dem Schiffsweg nach Europa einzureisen. Dafür habe der Beschwerdeführer 2.000,-- US-Dollar bezahlt. Die Reise habe etwa einen Monat gedauert. Von einem (dem Beschwerdeführer unbekannten) Land sei er mittels Zug in eine große Stadt gefahren und von dort weiter bis in das Lager Traiskirchen.

 

Auf Vorhalt (es liegt ein EURODAC-Treffer über eine Antragstellung am 03.10.2007 vor), dass der Beschwerdeführer bereits im Vereinigten Königreich ein Asylverfahren anhängig (gehabt) hätte, korrigierte sich dieser und bestätigte, im Jahr 2007 in England gewesen zu sein, dort jedoch einen negativen Asylbescheid erhalten zu haben und dass er nun in Österreich versuche Asyl zu erhalten. Er habe dies deshalb nicht erwähnt, weil er dadurch keinen Nachteil für sein jetziges Verfahren hätte haben wollen. Ende 2007 wäre er von England wieder in den Senegal zurückgereist

 

Zu seinem Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer aus, dass im März 2006 der Kommandant der gambischen Armee - Commander Ndor CHAN - einen Putschversuch unternommen habe. Mit einer Gruppe weiterer Polizisten habe der Beschwerdeführer einen Abschnitt der Grenze zwischen Gambia und Senegal kontrollieren müssen. Durch einen Irrtum sei Ndor CHAN in einem PKW versteckt durch den Kontrollpunkt des Beschwerdeführers entkommen. Als dies bekannt geworden sei, wäre der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Gruppe von Soldaten verhaftet worden. Es sei beschuldigt worden, für den Kommandanten zu arbeiten und ihm zur Flucht verholfen zu haben. Der Beschwerdeführer sei daraufhin vier Tage lang gefoltert und in der Annahme, er sei tot, am Strand seinem Schicksal überlassen worden. Jedoch habe ihn dann ein Mann gefunden und ihm geholfen. Seit diesem Zeitpunkt sei der Beschwerdeführer auf der Flucht.

 

Mit Verfahrensanordnung vom 04.02.2010 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 AsylG beziehungsweise § 15a AsylG iVm § 63 Abs. 2 AVG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen. Überdies würden Dublin Konsultationen mit Großbritannien geführt werden.

 

Mit Antwortschreiben der britischen Asylbehörde wurde die Übernahme des Beschwerdeführers abgelehnt (As. 61 BAA). Dieser wäre am 14.02.2008 aus dem Vereinigten Königreich nach Gambia abgeschoben worden (Art 16 Abs 4 Dublin II VO).

 

Aus einem Aktenvermerk vom 22.02.2010 ergibt sich, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers sodann gemäß § 24 Abs. 2 AsylG eingestellt wurde, weil dessen Aufenthaltsort infolge Verletzung seiner Mitwirkungspflicht weder bekannt noch sonst leicht feststellbar wäre (er hatte sich ohne Erklärung aus seiner Unterbringungsstätte im Rahmen der Grundversorgung entfernt)..

 

Gegen den Beschwerdeführer wurde am 25.02.2010 ein Festnahmeauftrag durch die Fremdenpolizei erlassen (As. 77 BAA).

 

Ab 09.03.2010 war der Beschwerdeführer an einer Obdachlosenadresse gemeldet, verletzte aber in der Folge seine diesbezügliche Meldeverpflichtung; dies wurde am 12.04.2010 zur Anzeige gebracht (As. 103 BAA).

 

2. Nach Zulassung des Verfahrens am 27.04.2010 erfolgte am 31.05.2010 eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Wien, in Gegenwart eines Dolmetschers der Sprache Englisch (As. 151-171 BAA). Der Beschwerdeführer führte hierbei zu seinen persönlichen Verhältnissen aus, dass sein Vater (ehemals Landwirt) im Jahr 1994 und seine Mutter im Jahr 2008 (beide) infolge natürlicher Krankheit verstorben seien. Der Beschwerdeführer habe auch eine Schwester, diese sei verheiratet und lebe in Gambia. Der Beschwerdeführer wäre Angehöriger der Volksgruppe Wolof. Ihm sei eine Frau in Gambia "zugewiesen" worden, er sei mit dieser jedoch nicht standesamtlich verheiratet. Als Religionsbekenntnis meinte der Beschwerdeführer Moslem zu sein, er würde den Glauben jedoch nicht ausüben. Geboren sei er im Dorf XXXX und gelebt habe er in XXXX. Das XXXX-College habe der Beschwerdeführer (nach der Absolvierung von Grundschule und High School) in den Jahren 1997, 1998 und 1999 besucht. Der Beschwerdeführer sei in Gambia in den Jahren 2001 bis 2006 als Polizist tätig gewesen.

 

Gambia habe er 2006 verlassen und sich dann bis zum Jahr 2007 in London aufgehalten. Danach sei er von England nach Senegal zurückgekehrt, wo er auch bis zu seiner Ausreise nach Österreich verblieben wäre. Den Senegal habe er am 01.01.2010 Richtung Österreich verlassen. Eine Rückkehr auch nach Gambia erwähnte der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt nicht.

 

Zu seiner Situation in Österreich führte der Beschwerdeführer aus, hier keine Verwandten, Angehörigen oder Familie zu haben. Er lebe auch in keiner Lebensgemeinschaft und habe keine Freunde. Fallweise treffe er jedoch Bekannte, auch gambische Staatsangehörige. Deutsch spreche der Beschwerdeführer nicht. An Krankheiten leide der Beschwerdeführer nicht, es schmerze ihn bloß seine Schulter, deswegen sei er aber nicht in ärztlicher Behandlung.

 

Einen Asylantrag habe der Beschwerdeführer deshalb gestellt, weil er in Gambia verfolgt werde. Am 21.03.2006 habe es in Gambia einen Putschversuch gegeben, der jedoch fehl geschlagen wäre. Der Kommandant der Army Ndor CHAN habe diesen Putsch organisiert. In der Früh sei der Beschwerdeführer von seinem Vorgesetzten darüber informiert worden und alle Polizisten wären an bestimmte Grenzposten geschickt worden um ihren Dienst zu versehen. In der Gruppe des Beschwerdeführers seien etwa 7-8 Polizisten gewesen, die den Grenzposten hätten sichern sollen, damit die am Putsch Beteiligten nicht aus Gambia ausreisen könnten. Es sei ein Jeep zugefahren, welcher vom Direktor der Emigrationsbehörde gelenkt worden sei. Dieser Mann sei sehr angesehen gewesen, habe die Polizisten gelobt und ihnen Getränke und Geld gegeben. So etwas sei in Gambia normal, weshalb die Polizisten das Fahrzeug des Direktors nicht kontrolliert hätten. Zwei oder drei Stunden später wäre ein LKW mit Soldaten gekommen und hätten sie diese gefragt, ob ein anderes Fahrzeug den Grenzposten passiert hätte. Die Polizisten hätten angegeben, dass das Fahrzeug des Direktors durchgekommen sei, weil dieser Familienangehörige im Senegal hätte besuchen wollen. Den Polizisten sei nunmehr vorgeworfen worden, dass im Fahrzeug des Direktors der Anführer der Putschisten versteckt gewesen wäre, weshalb die Polizisten verdächtigt worden wären, sich bestechen lassen zu haben. Daraufhin hätten sie die Waffen abgeben müssen und seien mitgenommen worden. Im NIA Office seien der Beschwerdeführer und seine Kollegen einvernommen, gefoltert und zusammen geschlagen worden. Irgendwann habe der Beschwerdeführer das Bewusstsein verloren und sei in Joshwang wieder aufgewacht. Offensichtlich hätten die Soldaten gedacht der Beschwerdeführer sei tot. Ein Fischer habe dem Beschwerdeführer geholfen.

 

Auf die Frage, ob er die Namen jener sieben oder acht Polizisten angeben könne, mit denen er an dem Tag der Flucht Chams Dienst geleistet hätte, konnte der Beschwerdeführer vier Namen niederschreiben.

 

Der Beschwerdeführer wurde anschließend ausführlich zur gambischen Polizei, deren Strukturen, der Ausbildung zur Polizei und die relevanten Gesetzesbestimmungen befragt. Der Beschwerdeführer konnte die Fragen nur teilweise beantworten. Insbesondere war er nicht in der Lage die einem "Inspector" übergeordneten Dienstgrade niederzuschreiben. Er konnte auch keine Gesetzesbestimmung oder kein konkretes Gesetz nennen, aufgrund derer/dessen er als Polizist zur Festnahme einer Person ermächtigt wäre.

 

Im Vereinigten Königreich hätte er genau dieselben Fluchtgründe angegeben wie in Österreich vor dem Bundesasylamt.

 

Dem Beschwerdeführer wurde vorgehalten, dass er vom Vereinigten Königreich nach Banjul abgeschoben worden sei, woraus sich ergebe, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat nichts zu befürchten habe. Der Beschwerdeführer replizierte, am Flughafen arbeite ein Verwandter von ihm und dieser hätte ihn sofort "zum Flughafen im Senegal" gebracht. Ein einzelner Verwandter (wie vom Beschwerdeführer dargelegt), entgegnete das einvernehmende Organ der Verwaltungsbehörde, hätte ihm so nicht helfen können. Schubhäftlinge würden ja nicht einem Polizisten, sondern der Behörde übergeben werden. Der Beschwerdeführer legte diesbezüglich dar (freilich ohne dies in irgendeiner Form näher zu konkretisieren), dass es sich bei der Person um "einer der mächtigsten Personen am Flughafen" gehandelt habe.

 

Zu Beweiszwecken legte der Beschwerdeführer Fotos (während Trainings, in Polizeiunterkünften und dergleichen; ein Entstehungsdatum ist nicht ersichtlich, ebenso wenig ein konkreter Bezug zu den vorgetragenen Fluchtgründen abgesehen von der behaupteten Polizisteneigenschaft des Beschwerdeführers) vor, die seine Tätigkeit bei der Polizei bestätigen sollten. Ferner brachte er ein aus einem Dienstausweis ausgeschnittenes Foto seiner Person in Vorlage, wozu er angab, dieses stamme aus einem nicht mehr gültigen Dienstausweis aus dem Jahre 2006.

 

3. Mit Einverständnis des Beschwerdeführers wurde der Asylakt des Beschwerdeführers im Sinne des Art 21 Dublin II VO aus dem Vereinigten Königreich angefordert.

 

Daraus ergibt sich zunächst, dass der Beschwerdeführer dort ein anderslautendes Geburtsdatum und einen anderen Vornamen angegeben hat. Seit 2004 hätte er bei der gambischen Polizei in der "XXXX" gearbeitet.

 

Seine Fluchtgründe schilderte der Beschwerdeführer vor den britischen Behörden (zusammengefasst; nach der Datenaufnahme zu Beginn des Verfahrens fanden zwei Befragungen, am 05.10.2007 und am 17.10.2007, statt) wie folgt: Seine Probleme in Gambia hätten begonnen, als sein Bruder - ein Parlamentsabgeordneter - plötzlich verstorben sei. Der Beschwerdeführer habe nicht herausfinden können, wie dieser ums Leben gekommen sei, er sei jedoch sicherlich keines natürlichen Todes gestorben oder hätte einen Unfall gehabt. Eines Tages sei sein Haus komplett verwüstet und durchsucht worden (man hätte wohl vermutet, er wisse etwas über den Tod des Bruders). Es sei jedoch nichts gestohlen worden, weshalb er gewusst habe, dass es sich nicht um einen Dieb gehandelt hätte. Selbst die Nachbarn hätten ein Sicherheitsfahrzeug erkennen können, dass vor dem Haus des Beschwerdeführers geparkt gewesen wäre. Es hätte noch einen weiteren gleichartigen Vorfall gegeben. Er hätte das angezeigt, die Behörden hätten ihm aber geraten, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Weiters habe der Beschwerdeführer Probleme mit Drogendealern gehabt, weil er als Polizist sehr viele eingesperrt hätte. Auch legte der Beschwerdeführer dar, seit einem Monat mit einer Britin nach islamischem Ritus verheiratet zu sein. Ein Cousin des Beschwerdeführers sei in der britischen Armee. Anlässlich seiner ursprünglichen Verhaftung im Vereinigten Königreich hätte er einen falschen Namen benutzt, aus Angst abgeschoben zu werden. Der Vater des Kindes seiner nunmehrigen Frau beschwerte sich bei der britischen Behörde, dass ihn der Beschwerdeführer telefonisch bedrohe. Der Beschwerdeführer verneinte dies (auf entsprechenden Vorhalt), er hätte sich nur gewundert, warum dieser, als er nach seiner Festnahme bei seiner Frau angerufen hatte, bei ihr gewesen wäre.

 

In Folge wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers durch das britische Innenministerium am 18.10.2007 (Zahl S1387254/2) negativ entschieden. Der Tod des Bruders wäre wahrscheinlich ein zufälliger Akt gewesen, eine gezielte staatliche Verfolgung des Beschwerdeführers wäre nicht substantiiert vorgebracht worden. Der Beschwerdeführer wäre auch legal mit seinem Reisepass aus Gambia ausgereist, was gegen irgendeine staatliche Bedrohung sprechen. Warum kriminelle Drogenhändler gerade den Beschwerdeführer als einen von vielen diese verfolgenden Polizisten töten hätte wollen, sei nicht plausibel dargelegt worden. Bezüglich seiner Dienstorte bei der Polizei hätte sich der Beschwerdeführer zudem in Widersprüche verwickelt. Ein schützenswertes Familienleben im Vereinigten Königreich bestehe (nach individueller Abwägung) nicht.

 

4. Am 30.07.2010 erfolgte eine weitere niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Wien, in Gegenwart eines Dolmetschers der Sprache Englisch. Der Beschwerdeführer brachte in dieser Einvernahme vor, auch einen Halbbruder gehabt zu haben, welcher Parlamentsabgeordneter gewesen sei. Am Weg ins Krankenhaus sei dieser jedoch im Alter von 50 Jahren im Jahre 2006 verstorben. Woran er gestorben sei, wusste der Beschwerdeführer nicht. Befragt, ob der Beschwerdeführer nach März 2006 noch einmal in Gambia gewesen sei, erwiderte der Beschwerdeführer unbestimmt, im Sommer 2007 noch für einige Stunden in Gambia gewesen zu sein. Befragt zu den Fluchtgründen, die der Beschwerdeführer in Großbritannien geltend gemacht habe, meinte der Beschwerdeführer, er hätte Angst vor den gambischen Behörden gehabt, sei damals ganz verwirrt gewesen und hätte sich nicht getraut dort die Wahrheit zu sagen. Deshalb habe er auch andere Identitätsangaben gemacht. Dem Beschwerdeführer wurde angeboten zu den Länderfeststellungen hinsichtlich Gambias Stellung zu nehmen, worauf dieser verzichtete (As. BAA 283-287). Er wisse mehr über Gambia als der einvernehmende Referent.

 

5. Das Bundesasylamt hat mit Bescheid vom 10.08.2010, Zahl: 10 00.922-BAW, den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gemäß § 3 AsylG 2005 abgewiesen, gewährte auch keinen subsidiären Schutz und sprach die Ausweisung nach Gambia aus. Unter den Feststellungen führte das Bundesasylamt zentral aus, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger von Gambia und Angehöriger der Volksgruppe der Wolof sei, seine genaue Identität könne jedoch aufgrund dreier verschiedener Identitätsangaben (unter Berücksichtigung des Asylaktes des Beschwerdeführers aus dem Vereinigten Königreich) nicht abschließend festgestellt werden. Vor seiner Ausreise habe der Beschwerdeführer bei der gambischen Polizei gearbeitet. Aufgrund seiner völligen Unglaubwürdigkeit wäre davon auszugehen, dass seine Arbeitstätigkeit in Gambia in keinem Zusammenhang mit seiner Ausreise stehe.

 

Zu Gambia wurden Feststellungen, gestützt auf Informationen insbesondere des Dt. Auswärtigen Amtes, des amerikanischen Außenministeriums, von Amnesty International, sowie der österreichischen Botschaft in Dakar getroffen.

 

Demnach hat sich die Menschenrechtslage in Gambia seit einem Putschversuch gegen den autoritär regierenden Präsidenten Jammeh 2006 verschlechtert. Regierungskritiker werden schikaniert, fallweise kommt es zu Verhaftungen oder zum "Verschwinden" von Personen. Die Sicherheitsorgane, insbesondere der Geheimdienst NIA, verfügen über eine große Machtfülle, und agieren gelegentlich ohne (rechtliche) Kontrolle. Die gambische Polizei ist für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit zuständig. Die (medizinische) Grundversorgung ist in der Regel gewährleistet; Gambia zählt zu den ärmsten Ländern der Welt, die binnenwirtschaftliche Lage hat sich aber in den letzten Jahren stabilisiert (mit einem Aufschwung in näher bezeichneten Wirtschaftsgebieten). Es sind keine Fälle bekannt, in denen abgelehnte Asylwerber bei ihrer Rückkehr nach Gambia Repressalien ausgesetzt gewesen wären.

 

Zum Putschversuch durch Ndure Cham im März 2006 und dessen Folgen traf die Verwaltungsbehörde, gestützt auf Informationen der österreichischen Botschaft Senegal, respektive des österreichischen Honorarkonsuls in Gambia und von Amnesty International, zusätzlich ergänzende Feststellungen. Daraus ergibt sich insbesondere wie folgt:

 

Ndure Cham ist nach dem Scheitern des Putsches in den Senegal entkommen. Aktiv am Putsch beteiligte Personen, insbesondere aus den Reihen des Geheimdienstes, wurden in der Folge festgenommen, zum Teil zu Haftstrafen verurteilt, zum Teil gelten sie als unter ungeklärten Umständen verschwunden; andere im Zusammenhang mit dem gescheiterten Putsch verhaftete Personen wurden wieder freigelassen. Es soll auch zu Folterungen gekommen sein. Eine generelle Verfolgung von UDP-Mitgliedern aufgrund des Putsches ist zu verneinen. Die UDP ist eine anerkannte Oppositionspartei, es gibt keine systematische Verfolgung ihrer Mitglieder.

 

Zu den personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers wurde beweiswürdigend ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nicht nur hinsichtlich seiner eigenen Identität, sondern auch bezüglich seiner nächsten Angehörigen unterschiedliche Angaben gemacht habe. Im Vereinigten Königreich habe er noch vorgebracht, nach dem islamischen Recht verheiratet zu sein und einen anderen Namen seiner Angetrauten (XXXX) als später vor den österreichischen Behörden (XXXX) genannt. Auch der Zeitraum hinsichtlich seiner Schulbesuche (einmal 1984-1996 dann wiederum 1986-2000) und das Sterbejahr seines Vaters (1990 / 1994) wären uneinheitlich vorgebracht worden.

 

Seine Gründe, weswegen er sein Heimatland verlassen habe, seien widersprüchlich vorgetragen worden und könnten sohin mangels Glaubhaftmachung der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden. Der Beschwerdeführer habe im völligen Widerspruch zu seinen Einlassungen im Vereinigten Königreich vor dem Bundesasylamt in der Substanz ein gänzlich anders gelagertes Vorbringen dargelegt. Im Vereinigten Königreich habe der Beschwerdeführer noch ausgeführt, wegen der Ermordung seines Bruders - der politisch aktiv gewesen sei - und der anschließenden Recherchetätigkeit durch den Beschwerdeführer selbst, Probleme bekommen zu haben. Das Vorbringen vor dem Bundesasylamt habe darin resultiert, dass es in Gambia einen Putschversuch gegeben habe und der Beschwerdeführer als Polizist zum Grenzkontrolldienst an die senegalesischen Grenze beordert worden wäre, wobei in Folge von Unaufmerksamkeit es prominenten Putschisten gelungen wäre, Gambia über den von ihm kontrollierten Grenzabschnitt zu verlassen und er deswegen im März 2006 gefoltert worden wäre. Aufgrund dieser gänzlich unterschiedlichen Fluchtvorträge sei es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft zu machen.

 

Zu Spruchpunkt II seiner Entscheidung führte das Bundesasylamt aus, dass hinsichtlich der vom Beschwerdeführer dargelegten Rückkehrbefürchtung - wie schon in der Begründung zur Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz dem Vorbringen kein Glauben hätte geschenkt werden können - dieser ebenso nicht zu folgen gewesen wäre, weshalb auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr im Sinne des § 50 FPG 2005 ausgegangen werden könne. Auch bestünden keine Hinweise auf das Vorliegen "außergewöhnlicher Umstände" (lebensbedrohende Erkrankung oder dergleichen), die eine Abschiebung im Sinne von Art. 3 EMRK und § 50 FPG unzulässig machen könnten.

 

Weiters verfüge der Beschwerdeführer (entsprechend seinen Ausführungen) über Berufserfahrung und habe auch in Gambia Familienangehörige. Aus diesem Grund sei es ihm zumutbar, sich mit Hilfe der eigenen Arbeitsleistung zukünftig in Gambia den Lebensunterhalt zu sichern. Hinderungsgründe - etwa infolge von Krankheit - seien im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgekommen.

 

Zu Spruchpunkt III legte das Bundesasylamt dar, dass zum Entscheidungszeitpunkt mangels Familienangehöriger in Österreich kein schützenswertes Familienleben iS von Art. 8 EMRK vorliege. Umstände, die auf ein schützenswertes Privatleben im Sinne von Art. 8 EMRK in Österreich hinweisen würden, seien im Verfahren keine hervorgekommen, sodass das Vorliegen eines solchen im Sinne von Art. 8 EMRK in Österreich nicht festzustellen sei.

 

Der Bescheid des Bundesasylamtes wurde - laut Aktenvermerk vom 10.08.2010 - gemäß § 25 ZustG bei der Behörde zur Abholung bereitgehalten und die Zustellung durch Anschlag an der Amtstafel, dass der Bescheid zur Abholung bereits liegt, vorgenommen (As. BAA 341).

 

Wie einem Kurzbrief der Polizei (SPK Brigittenau) vom 17.08.2010 entnommen werden kann, wurde der Bescheid des Bundesasylamtes dem Beschwerdeführer am selben Tag gegen Übernahmebestätigung ausgefolgt.

 

6. Gegen diesen Bescheid des Bundesasylamtes richtet sich die fristgerecht beim Bundesasylamt eingebrachte Beschwerde (am 28.08.2010).

 

Vorab wiederholte der Beschwerdeführer sein bisheriges Vorbringen und monierte allgemein Verfahrensfehler, falsche und unzureichende Beweiswürdigung und eine daraus resultierende unrichtige rechtliche Beurteilung.

 

Als Verfahrensfehler wurde geltend gemacht, dass in Bezug auf die Rückkehrbefürchtungen des Beschwerdeführers ein Protokollfehler (einmal hätte der Beschwerdeführer dem Protokoll nach erklärt, die Todesstrafe zu befürchten, ein anderes Mal hätte er dies aber wieder verneint) vorläge und dies in der Entscheidung des Bundesasylamtes nicht berücksichtigt worden sei, weshalb das Non-Refoulement-Gebot missachtet worden wäre.

 

Im Speziellen wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe die obersten Dienstgrade im Polizeidienst deshalb nicht gewusst, weil er selbst nie in den Genuss dieser Positionen kommen würde. Auch habe sich der kollegiale Umgang auf die genannten (unteren) Dienstgrade beschränkt, weshalb ihm die genaue Reihenfolge der höheren Dienstgrade nicht bekannt gewesen sei. Genaue Gesetztestellen oder Paragraphen habe der Beschwerdeführer deshalb nicht nennen können, weil die Ausbildung zum Polizisten in Gambia bloß sieben Monate dauern würde und vor allem auf körperliche Fitness, Gehorsam, großteils Schießübungen, Selbstverteidigung, Marschieren und körperliche Betätigung Wert lege. Die Beschäftigung mit juristischen Inhalten sei in Form von Unterrichtseinheiten (8 Wochenstunden) erfolgt. Dabei seien jedoch keine rechtlichen Normen geschult worden, sondern wären stattdessen bloß deren Inhalte gelehrt worden.

 

Weiters führte der Beschwerdeführer aus, dass ihm - bei seiner Abschiebung aus dem Vereinigten Königreich nach Gambia - am Flughafen Banjul sein ehemaliger Arbeitskollege geholfen habe in das Nachbarland Senegal zu kommen. Dieser sei kein Verwandter (wie die Behörde fälschlich festgehalten habe, vermutlich handle es sich hier um einen Übersetzungsfehler) gewesen, sondern eben ein guter Freund, der zu besagtem Abschiebezeitpunkt die polizeiliche Kontrolle des Flughafens über gehabt habe, weshalb dieser zu einer der wichtigsten und einflussreichsten Personen hätte gezählt werden können. Als er den Beschwerdeführer gesehen habe, habe er ihm unverzüglich geholfen, wieder aus dem Land zu kommen, weil er um die Situation des Beschwerdeführers gewusst hätte.

 

Zu dem Punkt, warum der Beschwerdeführer bei der ersten Einvernahme seinen (im Vereinigten Königreich erwähnten) Halbbruder nie erwähnt habe, führte er nun aus, mit diesem nie in gemeinsamen Haushalt gelebt zu haben, weshalb er für ihn nie dieselbe emotionale Qualität wie seine Schwester hätte haben können. Überdies habe das Bundesasylamt in diesem Bereich den Beschwerdeführer zu unkonkret befragt.

 

Im Vereinigten Königreich habe er deshalb eine gänzlich andere Identität und Fluchtgeschichte vorgetragen, weil er durch die Ereignisse - wie Folter, Angst vor dem gambischen Staatsapparat - geprägt gewesen sei. Es sei ihm zuwider gewesen, sich mit seinen wahren Fluchtgründen auseinander zu setzen, stattdessen habe er versucht, diese zu verdrängen und die Geschichte mit seinem Halbbruder dargelegt (welche aber gleichfalls der Wahrheit entspräche)..

 

Auch gehe das Bundesasylamt fälschlich davon aus, dass der Beschwerdeführer keine Beweismittel vorgelegt habe, denn es seien seinerseits Lichtbilder in Vorlage gebracht worden, die seine Tätigkeit bei der gambischen Polizei belegen würden. Eines der Fotos stamme sogar aus seinem ehemaligen Dienstausweis.

 

Der Beschwerdeführer monierte weiters die behauptetermaßen grob mangelhafte Beweiswürdigung des Bundesasylamtes, weil das Bundesasylamt bloß die unterschiedlichen Vorbringen (im Vereinigten Königreich und Österreich) einem Vergleich unterzogen habe, anstatt auf das individuelle aktuelle Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen. Nur weil der Beschwerdeführer aufgrund seiner (nicht näher belegten/umschriebenen) "Traumatisierung" damals andere Angaben gemacht habe als in Österreich, dürfe ihm nicht die Glaubwürdigkeit versagt werden. Das Bundesasylamt habe auch die "vermeintlich erkannten Widersprüche" nicht näher dargelegt, sondern beziehe sich bei der Glaubwürdigkeitsbeurteilung bloß darauf, dass der Beschwerdeführer bei verschiedenen Behörden mit wechselnden Nationalen in Erscheinung getreten sei und seine Angehörigen, seinen Fluchtweg, seine Schulzeiten und seine Fluchtgründe unterschiedlich dargelegt habe. In Österreich sei sein Vorbringen stets widerspruchsfrei gewesen und ließen sich keine Divergenzen aufzeigen.

 

Weiters verkenne das Bundesasylamt die Rückkehrsituation des Beschwerdeführers, weil dieser in Gambia unmenschlicher Behandlung und Strafe ausgesetzt (eventuell sogar der Todesstrafe) sein würde. Aufgrund der Größe von Gambia stünde dem Beschwerdeführer auch eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zur Verfügung.

 

Abschließend führt die Beschwerde Zitate aus den (vom Bundesasylamt) dargelegten Länderfeststellungen (welche die schlechte Menschenrechtssituation und den Putschversuch 2006 betreffen) an und vermeint, dass diese das Vorbringen des Beschwerdeführers bestätigen. Wegen der früheren Tätigkeit des Beschwerdeführers für die gambische Polizei würden seine Landsmänner hier in Österreich ebenso vermuten, dass er für die Polizei arbeite, auch da er sich dort regelmäßig wegen seiner Obdachlosenmeldung melden müsse.

 

7. Der gegenständliche Verwaltungsakt langte am 03.09.2010 beim Asylgerichtshof ein.

 

Über die Beschwerde hat der Asylgerichtshof in nicht öffentlicher Sitzung wie folgt erwogen:

 

1. Gemäß §§ 73 und 75 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 135/2009 (im Folgenden: "AsylG 2005") ist dieses anzuwenden.

 

Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichthof sind die einschlägigen Bestimmungen des AsylG 2005 und das Bundesgesetz über den Asylgerichtshof, BGBl. I Nr. 4/2008 in der Fassung BGBL I Nr. 147/2008 (in Folge: "AsylGHG") sowie subsidiär das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 20/2009 (in Folge: "AVG") anzuwenden. Schließlich ist das Bundesgesetz über die Zustellung behördlicher Dokumente, BGBl. Nr. 200/1982 in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2008 (im Folgenden: "ZustG") maßgeblich.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 61 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.

 

2. Spruchpunkt I des Bescheides des BAA:

 

2.1. Das Bundesasylamt hat hinsichtlich der Frage der Asylgewährung (Spruchpunkt I des Bescheides) ein mängelfreies ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst.

 

2.2. Das Bundesasylamt hat mit dem Beschwerdeführer zwei eingehende (mehrstündige) Einvernahmen durchgeführt, hinzu kommt die Befragung anlässlich der Antragstellung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Anlässlich dieser Einvernahmen hat das entscheidende Organ des Bundesasylamtes den Beschwerdeführer konkret und ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt. Der festgestellte Sachverhalt, dessen Beweiswürdigung und rechtliche Subsumtion finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid. Die vom Bundesasylamt herangezogenen Länderberichte zur Lage in Gambia beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen und bieten dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche dar. Somit besteht zunächst kein Anlass an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen des Bundesasylamtes zu zweifeln.

 

Der Asylgerichtshof teilt ferner die Ausführungen des Bundesasylamtes zur Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers, wie sie in der Verfahrenserzählung in den zentralen Punkten wiedergegeben wurden. Hiezu ist nun aus Sicht des Asylgerichtshofes auf Basis der bestehenden Aktenlage wie folgt auszuführen:

 

2.2.1. Die Beschwerde hält der in der Verfahrenserzählung dieses Erkenntnisses referierten schlüssigen Beweiswürdigung des Bundesasylamtes in Bezug auf die mangelnde Glaubhaftigkeit der behaupteten Verfolgungsgefahr im Ergebnis nichts Substaniiertes entgegen. Die Beschwerdebegründung wiederholt vorab das bisherige Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er als Polizist verdächtigt werde, einem Putschisten wissentlich außer Landes geholfen zu haben, weshalb er nun vom Staat verfolgt würde. Damit geht die Beschwerdeausführung nicht über das bisherige Vorbringen des Beschwerdeführers hinaus, bringt nichts Neues vor oder legt substantiiert dar, welches relevante Vorbringen der Beschwerdeführer wegen der angeblichen Verfahrensfehler nicht hätte machen können.

 

Zu den einzelnen Beschwerdeargumenten ist wie folgt Stellung zu nehmen.

 

2.2.2. Der Beschwerdeführer hat entgegen der Beschwerde auch in Österreich (unter weitestgehender Ausblendung des britischen Verfahrens) widersprüchliche Einlassungen getätigt, wie sich aus der Aktenlage zweifelfrei ergibt. Dafür finden sich in der Beschwerde keine substantiierten Entgegnungen.

 

2.2.2.1. Bereits hinsichtlich seiner eigenen Familie hat der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung vor der Polizei noch dargelegt, dass sein Vater im Jahre 1990 verstorben sei - änderte dessen Sterbejahr jedoch in der Einvernahme am 31.05.2010 auf das Jahr 1994.

 

2.2.2.2. Weiters erwähnte der Beschwerdeführer in der Erstbefragung in Österreich, dass er nur eine Schwester habe. Auf Vorhalt des anderslautenden Fluchtvorbringens vor dem Vereinigten Königreich, korrigierte der Beschwerdeführer letztlich in der Einvernahme am 31.05.2010 dann sein Vorbringen und meinte nun, auch einen Halbbruder gehabt zu haben. Rechtfertigend vermeinte er diesen deshalb nicht erwähnt zu haben, weil dieser mit ihm nie im tatsächlichen Familienverband gelebt habe, überdies hätte das Bundesasylamt ihn zu unkonkret befragt. Diese Ansichtsweise ist unplausibel, weil nicht danach gefragt wurde, mit wem der Beschwerdeführer zusammen gelebt habe, sondern ob er Geschwister habe oder nicht. Überdies ist unklar, inwiefern die Frage nach Geschwistern konkreter hätte sein können. Andererseits wäre es sehr wohl zu erwarten gewesen, dass der Beschwerdeführer gerade seinen Halbbruder erwähnt, der ja in seinem Fluchtvorbringen vor dem Vereinigten Königreich (das vom Beschwerdeführer in der Beschwerde weiterhin als wahr bezeichnet wird) eine zentrale Rolle gespielt hat.

 

2.2.2.3. Bei der Erstbefragung führte der Beschwerdeführer aus, im März 2006 Gambia letztmalig verlassen zu haben, während er später davon sprach, im Sommer 2007 noch einmal für einige Stunden dort gewesen zu sein. Warum er die damit in Verbindung stehenden, diesfalls dramatischen, Geschehnisse (ehemaliger Arbeitskollege brachte ihn sofort in den Senegal) ursprünglich, wenn zutreffend, unerwähnt gelassen hatte, ist nicht nachvollziehbar und spricht gegen die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers. Es bleibt anzumerken, dass die nunmehrige Ausführung des Beschwerdeführers, im Sommer 2007 aus London kommend in Banjul angekommen zu sein, wiederum falsch ist, als die britischen Behörden ja das Abschiebedatum 14.02.2008 mitgeteilt haben (siehe Verfahrenserzählung; As. 61 BAA).

 

2.2.2.4. Vollständigkeitshalber ist festzuhalten, dass allfällige körperliche Beeinträchtigungen (Der Beschwerdeführer wies auf solche im Schulterbereich wegen behaupteter Misshandlungen in Gambia hin.) im vorliegenden Fall keine Aussage über deren Kausalität erlauben.

 

2.3. Die Beschwerdeargumentation, er habe deshalb im Vereinigten Königreich eine andere/unvollständige Fluchtgeschichte vorgebracht, weil er in Gambia gefoltert worden sei und Angst gehabt hätte, erklärt zunächst nicht, warum der Beschwerdeführer auch vor den österreichischen Behörden widersprüchliche Angaben getätigt hat, wie aber eben erörtert. Überdies ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer die Frage, ob er im Vereinigten Königreich dieselben Fluchtgründe dargelegt habe, wie in Österreich zunächst bestätigte und erst (nach Anforderung des britischen Asylaktes, Durchsicht der Einvernahmen vor den britischen Behörde) auf Vorhalt des Bundesasylamtes, bekannt hat, dass dies nicht zutrifft. Hätte der Beschwerdeführer vorgehabt, vor den österreichischen Behörden ernsthaft die Wahrheit zu sagen und wären die Angaben vor den britischen Behörden tatsächlich bloß aus Angst anders dargestellt worden, hätte er schließlich bei dieser Frage bereits im Vorfeld auf seine damaligen schlechten Zustand und die anderen Fluchtgründe hinweisen müssen und nicht bloß erst im Nachhinein, auf Vorhalt dieser Widersprüchlichkeit, weshalb in diesem Bereich von einer bloßen (nachträglichen) Schutzbehauptung ausgegangen wird. Die Beschwerde enthält in diesem Kontext keine überzeugenden Erklärungen.

 

2.3.1. Hinsichtlich der unbestimmt behaupteten Traumatisierung im Vereinigten Königreich hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht, deshalb jemals in Behandlung gewesen zu sein; ein derartiger Hinweis geht weder aus seinem britischen Verfahrensakt hervor, noch in seinem gegenständlichen Verfahren. Im britischen Verfahren hatte er angegeben, in einem guten Gesundheitszustand zu sein und kann auch angenommen werden, dass bei irgendwelchen Hinweisen in diese Richtung die britischen Behörden adäquate Maßnahmen gesetzt hätten.

 

Zudem hat der Beschwerdeführer in seiner niederschriftlichen Einvernahme am 30.07.2010 auf Vorhalt des Bundesasylamtes zunächst angegeben, dass er im Vereinigten Königreich deshalb die Unwahrheit gesagt hätte (womit jedenfalls die Unglaubwürdigkeit seiner Angaben vor den britischen Behörden bestätigt wäre; im Gegensatz zur Behauptung in der Beschwerde, diese Fluchtgründe seien auch wahr), da er befürchtet habe, mit der gambischen Regierung große Probleme zu bekommen, was jedoch anlässlich einer Asylantragstellung, die ja den Schutz vor der Regierung des Verfolgerstaates bezweckt, im Allgemeinen kein nachvollziehbares Verhalten ist.

 

2.3.2. Es liegt also keine plausible Erklärung vor, warum der Beschwerdeführer im Vereinigten Königreich andere Angaben zu seinen Fluchtgründen getätigt hat als in Österreich. Betrachtet man den Verlauf des dortigen Asylverfahrens (siehe Verfahrenserzählung) hatte der Beschwerdeführer ja damals angegeben, zunächst (bei seiner fremdenpolizeilichen Festnahme vor der verspäteten Asylantragstellung) einen anderen Namen verwendet zu haben, aus Angst vor einer Abschiebung. Später wurde er einem umfangreichen Verfahren mit verschiedenen Befragungen und unterstützt von einer Rechtsvertretung unterzogen; warum er in all dieser Zeit "verwirrt" und verängstigt gewesen sein soll, ist schlicht nicht nachvollziehbar. Die Einlassung in der Beschwerde, es sei ihm damals zuwider gewesen, seine wahren Fluchtgründe anzugeben (daraus muss man folgern, dass er lieber das Risiko auf sich genommen hatte, infolge seines unvollständigen Vorbringens nach Gambia abgeschoben zu werden, wo ihm ja seinem Vorbringen nach die sofortige Verhaftung gedroht hätte), vermag ebenso wenig zu überzeugen.

 

Umso schwerer wiegen die Divergenzen in den Angaben im Vereinigten Königreich und in Österreich. Der diesbezüglichen Argumentation des Bundesasylamtes kann nicht entgegengetreten werden. Hinzuzufügen ist, dass der Beschwerdeführer im britischen Verfahren davon gesprochen hatte, 2004 der gambischen Polizei beigetreten zu sein und im Drogendezernat gearbeitet zu haben. In Österreich erklärte er, bereits 2001 zur Polizei gekommen zu sein und erwähnte keinerlei Zusammenhang seiner Tätigkeit mit der Bekämpfung des Drogenhandels. Dass er in Österreich die (traditionelle) Eheschließung mit einer Britin zunächst gar nicht erwähnte und (nur) von einer anderen Frau sprach, die ihm in Gambia "zugewiesen" worden sei, reduziert in Verbindung mit den unterschiedlichen Identitäten, die er vor Behörden von Mitgliedstaaten der EU verwendete, seine Glaubwürdigkeit nur weiter.

 

2.3.3. Die Beschwerde verkennt einen weiteren für das Verfahren wesentlichen Punkt. Träfe das Vorbringen des Beschwerdeführers zu, in Gambia wegen des Putschversuchs massiv staatlich verfolgt zu werden, wäre es den gambischen Behörden ein Leichtes gewesen, den Beschwerdeführer anlässlich seiner Abschiebung auf dem Luftweg gleich nach der Ankunft zu ergreifen, beziehungweise zu verhindern, dass es einer einzelnen Person (noch dazu einem früheren Arbeitskollegen des Beschwerdeführers) möglich wäre, diesen auf dem Flughafen von der Sicherheitskontrolle wegzubringen und ihm (auf nicht näher beschriebenen Weg) sogleich die Ausreise in den Senegal zu ermöglichen.

 

2.4. Insoweit in der Beschwerde moniert wurde, das Bundesasylamt habe trotz Vorlage von Beweismitteln (Fotos) in seinem Bescheid angeführt, der Beschwerdeführer habe keine Beweise in Vorlage gebracht, ist auf den bekämpften Bescheid zu verweisen, in welchem nach dem Satz "Sie haben keine Beweise in Vorlage gebracht." weiter auch zu lesen ist "die im Akt befindlichen", weshalb im Zusammenhang mit der vom Bundesasylamt festgestellten beziehungsweise nicht grundsätzlich in Abrede gestellten Tätigkeit des Beschwerdeführers als Polizist diesem Formulierungsfehler keine Relevanz zukommt.

 

Der erkennende Gerichtshof geht in Übereinstimmung mit dem Bundesasylamt davon aus, dass der Beschwerdeführer zu einem Zeitpunkt seines Lebens in Gambia von Beruf Polizist war - auch wenn er nicht in der Lage war, alle berufsspezifischen Fragen zu beantworten und unterschiedliche Zeitangaben zur Dienstzeit getätigt hat. Es kann aber schon keine Feststellung zur genauen Zeitspanne der Tätigkeit erfolgen, hat der Beschwerdeführer doch keinen Dienstausweis oder dergleichen im österreichischen Verfahren vorgelegt. Vielmehr hat er das (vielleicht) einzig qualifiziert aussagekräftige Dokument - nämlich den angeblichen Dienstausweis, von dem er das vorgelegte Foto ausgeschnitten hätte - zerschnitten und somit unkenntlich (und dadurch nicht überprüfbar) gemacht hat, beziehungsweise bloß das Foto übrig gelassen, womit alle relevanten Daten, etwaige Stempel/Unterschriften, entfernt wurden. Es kann also sein, dass der Beschwerdeführer den Polizeidienst aus welchen Gründen auch immer schon lange vor seiner Ausreise aus Gambia beendet hat. Dem kommt aber, ebenso wie der Frage des präzisen Tätigkeitsbildes, keine entscheidende Relevanz zu, als die (frühere) Tätigkeit als Polizist per se keinerlei Verfolgungsgefahr in Gambia begründen kann.

 

2.5. Insofern in der Beschwerde gerügt wird, das Bundesasylamt hätte die Aussage des Beschwerdeführers nicht weiter geprüft, ihm drohe in Gambia die Todesstrafe, bleibt sie jede weitere Ausführung dazu schuldig und besteht daher kein zusätzlicher Erhebungsbedarf (den Feststellungen im Bescheid der Verwaltungsbehörde zufolge wurde in den 10 letzten Jahren die Todesstrafe in Gambia nicht vollstreckt).

 

2.5.1. Sofern der Beschwerdeführer im Verfahren aber sehr wohl vorgebracht hat, seine Ermordung im Zusammenhang seiner Verfolgung wegen unterstellter Beförderung des Putsches 2006 zu befürchten, zeigt die Gesamtschau der oben erörterten Argumente, dass dieses Vorbringen nicht glaubwürdig ist.

 

2.5.2. Das Bundesasylamt hat zudem konkrete Informationen zu diesem gescheiterten Putschversuch und dessen Konsequenzen eingeholt und sind diese - wie in der Verfahrenserzählung erwähnt - Teil des Verwaltungsverfahrens und Teil der vorliegenden bekämpften Entscheidung geworden. Daraus ist zwar ersichtlich, dass es im Gefolge dieses Ereignisses zu staatlichen Verfolgungsmaßnahmen und schweren Menschenrechtsverletzungen gekommen ist. Dass diese auch einfache Sicherheitsorgane getroffen hätten, die unbeabsichtigt die Flucht eines Putschisten nicht verhindert hätten, lässt sich diesen Informationen aber schon nicht entnehmen und ergibt sich also auch daraus kein weiterer Prüfungsbedarf, respektive ein entscheidungsrelevantes Argument zugunsten des Beschwerdeführers. Dem Bundesasylamt ist andererseits hier kein Verfahrensfehler vorzuwerfen.

 

Aus den - unwidersprochen gebliebenen - Feststellungen der Verwaltungsbehörde zur UDP ergibt sich ferner, dass, selbst wenn der verstorbene (Halb-)Bruder des Beschwerdeführers tatsächlich Parlamentsabgeordneter dieser Partei gewesen wäre, dies keine Verfolgungsgefahr für den (zudem politisch nicht tätig gewesenen) Beschwerdeführer auslöste. Sollten die Ausführungen des Beschwerdeführers zum Tod des Bruders und dessen Konsequenzen wahr gewesen sein, ergibt sich auch daraus - im Einklang mit der in der Verfahrenserzählung referierten Beurteilung der britischen Asylbehörde - keine hinreichend substantiierte asylrelevante Verfolgungsbehauptung in Bezug auf den Beschwerdeführer.

 

2.6. Das Bundesasylamt hat auch die Rückkehrsituation des Beschwerdeführers nicht verkannt, sondern sein Fluchtvorbringen aus plausiblen Gründen als unglaubwürdig befunden, weshalb eine Verfolgung oder Gefährdung des Beschwerdeführers im Falle seiner Rückkehr nach Gambia ebenso nicht anzunehmen ist. Die vom Beschwerdeführer im Verfahren unwidersprochen gebliebene Quellenlage zeigt dazu, dass die bloße Asylantragstellung in Österreich keine asylrelevanten Repressalien im Fall der Rückkehr auslöst. Aus diesem Grund war auch auf die Frage nach einer innerstaatlichen Fluchtalternative (wie in der Beschwerde angesprochen) nicht weiter einzugehen, zumal eine solche hier nicht von Nöten ist. Mangels Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers, die sich eindeutig aus der Aktenlage ergibt, war Asyl somit nicht zu gewähren.

 

3. Spruchpunkte II. und III. des Bescheides des BAA:

 

3.1. Dem Bundesasylamt ist dahingehend zuzustimmen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG).

 

3.1.1. Aus den unbestritten gebliebenen und hinreichend aktuellen Feststellungen zur Lage in Gambia ergibt sich, dass es trotz Menschenrechtsproblemen keine allgemeine politische Verfolgung aller RückkehrerInnen gibt, wovon sich der Asylgerichtshof (im Interesse des Beschwerdeführers der Vollständigkeit halber) auch durch Einschau in aktuelle Berichterstattung zu Gambia versichert hat, die keine relevanten Änderungen der Lage seit der Erlassung des angefochtenen Bescheides erkennen lässt. In Ermangelung von Hinweisen auf eine besondere individuelle Vulnerabilität des volljährigen gesunden Antragstellers (z.B. schwere Krankheit - dies ist dem Verwaltungsakt jedenfalls nicht zu entnehmen) war das Bundesasylamt auch berechtigt, trotz des Umstandes, dass es sich bei Gambia um ein wirtschaftlich armes Land handelt, aber unter Berücksichtigung des Umstandes, dass aus den Feststellungen hervorgeht, dass eine medizinische Basisversorgung besteht, und dass sich keine Hinweise auf eine dramatische Versorgungslage (z.B. Hungersnöte) finden, von der Gewährung subsidiären Schutzes in diesem individuellen Fall abzusehen. Dass der Beschwerdeführer zudem über ein familiäres und soziales Bezugsnetz in Gambia verfügt, ergibt sich zweifelsfrei aus dem Verwaltungsakt. Dass sich dieses Netz im Falle einer Rückkehr aus irgendwelchen Gründen von ihm abwenden und/oder er dann sozial ausgestoßen würde, ist im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

3.1.2. Der Asylgerichtshof verkennt dabei auch nicht, dass die wirtschaftliche Lage des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat wahrscheinlich schlechter sein wird, als in Österreich. Aus den getroffenen Ausführungen ergibt sich aber eindeutig, dass der Schutzbereich des Art. 3 EMRK nicht tangiert ist. Der Beschwerdeführer hat überdies angegeben bereits in seiner Heimat beruflich tätig gewesen zu sein und über eine gute schulische Bildung zu verfügen.

 

Eine Rückkehr etwa in die städtischen Metropolen Gambias - insbesondere Banjul (die Hauptstadt Gambias als fünftgrößte Stadt des Landes) oder Serrekunda, welche mit Abstand die größte Stadt und mit etwa 390.000 Einwohnern das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des Landes darstellt - kann dem Beschwerdeführer sehr wohl zugemutet werden. Überdies hat der Beschwerdeführer selbst angegeben, aus "XXXX" zu kommen (im Dorf XXXX sei er geboren - dieses befindet sich etwa 30 km südwestlich von XXXX), respektive mit seinen Eltern dort gelebt zu haben, welches (nach Internetrecherche in allgemein öffentlich zugänglichen Quellen) die zweitgrößte Stadt im Westen Gambias ist und die Hauptstadt der Verwaltungseinheit Western Region darstellt. Nach einer Berechnung von 2010 leben dort etwa 95.000 Einwohner und ist XXXX bekannt für Kunsthandwerk aus Holz. Der Ort ist auch das Zentrum der musikalischen Kultur von Gambia. XXXX ist etwa 20 km von Serrekunda entfernt. Bedingt durch die positive Entwicklung des Tourismus-, Bau- und Telekommunikationssektors ist die Wahrscheinlichkeit für einen jungen gesunden Erwachsenen auch in diesen Bereichen einen Arbeitsplatz zu finden, jedenfalls gegeben (wenn man annähme, dass keine Möglichkeit zur Rückkehr in den Polizeidienst bestünde): Der Beschwerdeführer ist Angehöriger einer in Gambia verbreiteten Ethnie, der Wolof sowie der moslemischen Religion. In Gambia sind etwa 15 % der Bevölkerung (ca. 200.000 Menschen) Wolof, wobei jedoch alleine in der Hauptstadt Banjul etwa jeder zweite dieser Ethnie zugehörig ist. Der Beschwerdeführer spricht Wolof, Mandingo und die Verkehrssprache Englisch.

 

Davon, dass praktisch jedem, der nach Gambia abgeschoben wird, Gefahr für Leib und Leben in einem Maße drohen, dass die Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK unzulässig erschiene, kann aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht die Rede sein.

 

Somit war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen.

 

3.2. Auch die Entscheidung des Bundesasylamtes zur Ausweisung war nicht zu beanstanden, als sich der Antragsteller nach irregulärer Einreise erst seit Jänner 2010 in Österreich befindet und dessen ungeachtet außergewöhnliche Hinweise auf Integration (Kernfamilienangehörige in Österreich o.ä.) nicht bestehen und auch im gesamten Beschwerdeverfahren nicht geltend gemacht wurden. Ein schützenswertes Familien- oder Privatleben iSd Art. 8 EMRK (§ 10 Abs. 2 AsylG 2005 idgF) ist trotz zeitnaher Befragung der Verwaltungsbehörde (As. 155 BAA; der Beschwerdeführer gab an, keine österreichischen Freunde zu haben und nicht Deutsch zu sprechen; er hat zudem aus eigenem seine Unterkunft im Rahmen der Grundversorgung verlassen und seine Meldeverpflichtungen in Österreich verletzt) nicht hervorgekommen. Selbst, wenn man ein relevantes Privatleben in Österreich wegen des bisherigen Aufenthaltes hier annähme, geht das öffentliche Interesse an der Effektuierung der gegenständlichen Abweisung des (eindeutig) unbegründeten Asylantrages vor, wie sich aus den obigen Erwägungen eindeutig erschließt.

 

Somit war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III des Bescheides des Bundesasylamtes ebenso abzuweisen.

 

4. Der Sachverhalt ist insgesamt, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde, geklärt (entspricht der bisherigen Judikatur zu § 67d AVG) und sind somit schon aus diesem Grund die Voraussetzungen des § 41 Abs 7 AsylG verwirklicht, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen. Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur außer Kraft getretenen Regelung des Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG war der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung nicht als geklärt anzusehen, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf wesentliche zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (VwGH 02.03.2006, 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533; 12.06.2003, 2002/20/0336). Schon gemäß dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Asylgerichtshof unterbleiben, da der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war. Was das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser, wie dargestellt, kein neues respektive kein ausreichend konkretes zu berücksichtigendes Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger Fluchtgründe des Beschwerdeführers, welches allfälligerweise in einer mündlichen Verhandlung zu erörtern wäre. Jedenfalls ergibt sich auf Basis aller bisherigen Ermittlungen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zweifelsfrei nicht den Tatsachen entspricht. Auch hat der Beschwerdeführer schließlich nicht erklärt, welche Ausführungen er sonst in einer mündlichen Beschwerdeverhandlung hätte treffen können, die eine andere Entscheidung bewirken hätten können. Es war daher nach Durchführung einer nichtöffentlichen Beratung insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
05.04.2011
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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