C5 418.360-1/2011/2Z
BESCHLUSS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. SCHADEN als Vorsitzenden über die Beschwerde des Herrn XXXX, StA. Bangladesh, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.2.2011, FZ. 1101.693-BAT, beschlossen:
Der Beschwerde wird gemäß § 38 Abs. 2 Asylgesetz 2005 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
BEGRÜNDUNG:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Bangladesh', stellte am 17.2.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am nächsten Tag wurde er durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu seinem Antrag niederschriftlich vernommen, weiters am 25.2.2011 vor dem Bundesasylamt (Außenstelle Traiskirchen).
Er gab iW an, er sei XXXX, einer Zweigorganisation der Bangladesh Nationalist Party, des Polizeiverwaltungsbezirkes XXXX. Schlägerbanden der regierenden Awami League hätten ihn bedroht und misshandelt; er sei auch bei der Polizei fälschlich wegen Mordes angezeigt worden.
1.2.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005, Art. 2 BG BGBl. I 100 (in der Folge: AsylG 2005) ab (Spruchpunkt I), gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wies es den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesh ab (Spruchpunkt II), gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wies es den Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Bangladesh aus (Spruchpunkt III) ; gemäß § 38 Abs. 1 AsylG 2005 schließlich erkannte es einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV). Es geht mit näherer Begründung von der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens aus. Für Spruchpunkt IV seines Bescheides beruft es sich im Spruch nur auf § 38 Abs. 1 AsylG 2005, in der Begründung auf Z 5 dieser Bestimmung ("Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz und der damit verbundenen Ausweisung kann das Bundesasylamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn [...] das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht").
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 1.3.2011 ausgefolgt und damit zugestellt.
1.2.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerechte Beschwerde, in der ua. der Antrag gestellt wird, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Der Beschwerde sind Dokumente in der Sprache Bengali beigelegt, die nach dem Inhalt der Beschwerde das Vorbringen des Beschwerdeführers untermauern sollen. Die Schriftstücke sind nicht ins Deutsche übersetzt.
2. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
2.1.1. Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005 ist das AsylG 2005 am 1.1.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.
Das vorliegende Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig; das Beschwerdeverfahren ist daher nach dem AsylG 2005 zu führen.
2.1.2.1. Gemäß § 36 Abs. 2 AsylG 2005 kommt einer Beschwerde gegen andere Entscheidungen als solche, mit denen ein Antrag zurückgewiesen wird, und gegen die damit verbundene Ausweisung die aufschiebende Wirkung zu, wenn sie nicht aberkannt wird.
§ 38 AsylG 2005 lautet:
"(1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz und der damit verbundenen Ausweisung kann das Bundesasylamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn
1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 39) stammt;
2. sich der Asylwerber vor der Antragstellung schon mindestens drei Monate in Österreich aufgehalten hat, es sei denn, dass er den Antrag auf internationalen Schutz auf Grund besonderer, nicht von ihm zu vertretender Umstände nicht binnen drei Monaten nach der Einreise stellen konnte. Dem gleichzuhalten sind erhebliche, verfolgungsrelevante Änderungen der Umstände im Herkunftsstaat;
3. der Asylwerber das Bundesasylamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat;
4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat;
5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht oder
6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist.
(2) Der Asylgerichtshof hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesasylamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde mit Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(3) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 2 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen."
2.1.2.2. Ebenso wie bei § 37 AsylG 2005 (vgl. zB UBAS 7.3.2006, 268.445/0-X/47/06; 17.4.2007, 257.315/4/2E-X/47/07; 26.6.2008, 319.904-1/3Z-X/47/08; AsylGH 7.5.2009, C5 223.795-2/2009/2Z), der die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bei Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide regelt und in seinem Abs. 1 die gleichen Kriterien wie § 38 Abs. 2 AsylG 2005 aufzählt, sind die Voraussetzungen für die Zuerkennung verfassungskonform dahin auszulegen, dass darunter auch "etwa die faktische Schwierigkeit, vom Ausland aus ein Berufungsverfahren zu führen, oder Beeinträchtigungen, die sogar in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK [...] oder Art. 8 EMRK fallen können" (VfSlg. 17.340/2004), zu subsumieren sind. Verfassungskonform ausgelegt, sind bei der Entscheidung über die Frage der aufschiebenden Wirkung daher nicht nur jene Grundrechte zu beachten, die Leib und Leben des Asylwerbers schützen (wie die Art. 2 und 3 MRK oder die Protokolle Nr. 6 und 13 zur MRK), sondern auch andere Grundrechte und Interessen des Asylwerbers.
Das Verfahren über die Frage der Gewährung der aufschiebenden Wirkung ist nur ein Provisorialverfahren, für das grundsätzlich nur eine Woche zur Verfügung steht. Daher ist auch davon auszugehen, dass die Formulierung in § 37 Abs. 1 AsylG 2005: "wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung [...] eine reale Gefahr" einer Grundrechtsverletzung bedeuten würde, die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung schon dann ermöglicht, wenn es (bloß) Hinweise darauf gibt, dass Grundrechte oder sonstige massive Interessen des Beschwerdeführers beeinträchtigt werden könnten (vgl. Putzer/Rohrböck, Asylrecht. Leitfaden zur neuen Rechtslage nach dem AsylG 2005 [2007] Rz 593, die auf eine "vertretbare Behauptung" des zu erwartenden Risikos abstellen; weiters Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 2005. Asylgesetz 20055 [2010] 733 f., K 7 zu § 38). Gewissheit kann in diesem Stadium des Verfahrens nicht vorausgesetzt werden, weil damit das Schicksal der Beschwerde schon entschieden wäre.
Dass der Maßstab kein allzu enger sein darf, ergibt sich auch aus der Praxis des Verwaltungsgerichtshofes, der bei der Bekämpfung verfahrensbeendender Bescheide in Asylsachen regelmäßig die aufschiebende Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG zuerkennt, obwohl dem bereits die (negativen) Entscheidungen zweier Instanzen vorausgegangen sind. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof - in einem Verfahren nach § 5 Asylgesetz 1997 BGBl. I 76 - ausgesprochen, es sei, um Grundrechtswidrigkeiten zu vermeiden, "erforderlich, dass das Verfahren, in dem in Österreich geprüft wird, ob die Aufenthaltsbeendigung mit Art. 3 EMRK im Einklang steht, den Anforderungen des Art. 13 EMRK entspricht. Wird vertretbar behauptet, die Aufenthaltsbeendigung verstoße gegen Art. 3 EMRK, so muss dem Betroffenen ein Rechtsbehelf zur Verfügung stehen, der zu einer unabhängigen und gründlichen Prüfung führt. Für die Wirksamkeit der Beschwerde im Sinne der Anforderungen des Art. 13 EMRK bedarf es auch der Möglichkeit einer Aussetzung der Vollziehung [...]" (VwGH 31.3.2005, 2002/20/0582).
2.2. Eine Entscheidung über die vorliegende Beschwerde ist dem Asylgerichtshof erst möglich, wenn ihm der Inhalt der Beschwerde und der Beilagen bekannt ist. Dasselbe gilt aber für die Entscheidung über den Antrag, der Berufung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Ohne Kenntnis des Inhalts der Beschwerde und der Beilagen wäre die Entscheidungsgrundlage unvollständig, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich daraus Anhaltspunkte für die Entscheidung gewinnen ließen. Diese Kenntnis wird sich der Asylgerichtshof aber erst dadurch verschaffen können, dass er diese Aktenstücke übersetzen lässt; dies und eine Entscheidung auf der Grundlage auch der Übersetzung lässt sich füglich nicht in der Zeit bewerkstelligen, die zur Gewährung der aufschiebenden Frist zur Verfügung steht. Angesichts der hohen Bedeutung, die der aufschiebenden Wirkung im Rechtsmittelverfahren zukommt, ist der Beschwerde daher im Zweifel die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
2.3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG 2005 entfallen.