D1 260422-3/2011/2E
BESCHLUSS
In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.03.2011, Zl. 11 01.900-EAST Ost, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, StA. Weißrussland, hat der Asylgerichtshof durch den Richter Mag. STRACKER als Einzelrichter beschlossen:
Der Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.03.2011, Zl. 11 01.900-EAST Ost, wird gemäß § 41a Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, in Verbindung mit § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, ersatzlos behoben.
BEGRÜNDUNG:
I. 1. Der Antragsteller brachte am 29.10.2004 unter der Identität "XXXX" einen Asylantrag in Österreich ein, den er in der Folge im Wesentlichen damit begründete, in seinem Herkunftsstaat Weißrussland aufgrund oppositionspolitischer Aktivitäten Verfolgung von Seiten der Sicherheitsbehörden ausgesetzt gewesen zu sein und sich deshalb auch weiterhin in Gefahr zu befinden.
2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.04.2005, Zl. 04 22.162-BAT, wurde der Asylantrag vom 29.10.2004 wegen mangelnder Glaubwürdigkeit des Vorbringens gemäß § 7 Asylgesetz 1997 - AsylG, abgewiesen (Spruchpunkt I.) und unter Spruchpunkt II. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach Weißrussland gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig erklärt. In Spruchteil III. wurde der Asylwerber gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.
3. Die gegen diesen Bescheid mit 10.05.2005 fristgerecht erhobene Berufung wies der Unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom 11.10.2007, Zl. 260.422/0/2E-VIII/22/05, gemäß §§ 7 und 8 Abs. 1 und 2 AsylG mit der Maßgabe ab, dass Spruchpunkt III. zu lauten habe:
"III. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG wird XXXX alias XXXX aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Weißrussland ausgewiesen."
4. Am 28.10.2007 brachte der Antragsteller einen zweiten Asylantrag (nunmehr: Antrag auf internationalen Schutz) in Österreich ein, nachdem er von Beamten der Grenzpolizeiinspektion Gmünd nach illegalem Grenzübertritt aus der Tschechischen Republik kommend, gemeinsam mit zwei weiteren Personen aufgegriffen worden war.
5. Im Zuge niederschriftlicher Einvernahmen vor dem Bundesasylamt begründete der Antragsteller sein neuerliches Asylbegehren damit, dass er nach seiner Rückkehr nach Weißrussland abermals geschlagen und an der Wirbelsäule sowie den Nieren verletzt worden sei. Mitarbeiter der Staatssicherheit hätten in seinem Auto Flugblätter gefunden und ihn daraufhin bis zur Bewusstlosigkeit verprügelt. Noch am selben Tag habe er sich dann zur Ausreise entschlossen. Im Wesentlichen hätte er aber alle seine Asylgründe bereits bei seinen Einvernahmen anlässlich seines ersten Asylverfahrens im Jahr 2004 genannt.
6. Mit Bescheid vom 20.02.2008, Zl. 07 10.036-BAW, wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 28.10.2007 gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Antragsteller gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 nach "Balarus" ausgewiesen.
7. Die gegen diesen Bescheid am 31.03.2008 rechtzeitig erhobene Berufung wies der Unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom 21.04.2008, Zl. 260.422-2/2E-VIII/22/08, gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 mit der Maßgabe ab, dass Spruchpunkt II. zu lauten habe: "II. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 1 AsylG wird XXXX alias
XXXX aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Belarus ausgewiesen."
8. Am 24.02.2011 brachte der Antragsteller - nachdem er tags zuvor vom Fremdenpolizeilichen Büro der Bundespolizeidirektion Wien in Schubhaft genommen und ihm nachweislich mitgeteilt worden war, dass seine Abschiebung nach Weißrussland für den 04.03.2011 festgelegt worden sei - den nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz ein. Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er an, "XXXX" zu heißen und nicht in seine Heimat Weißrussland zurückkehren zu wollen, da er dort "zu 100 Prozent umgebracht" werde. Nach neuen, zeitlich nach seinem letzten rechtskräftig entschiedenen Asylverfahren entstandenen Gründen befragt, gab der Antragsteller an, dass im Jahre 2008 sein Bruder verschwunden sei. Auch würden seine Lebensgefährtin und sein Kind seit 2008 in der Ukraine wohnen. Ansonsten könne er wiederum nur anführen, dass er in seiner Heimat für die "Weißrussische Volksfront" politisch tätig gewesen sei und deshalb festgenommen, "vergiftet und umgebracht" werden würde.
9. Mit Mandatsbescheid vom 02.03.2011, Zl. 11 01.900-EAST Ost, stellte das Bundesasylamt fest, dass gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 iVm § 57 Abs. 1 AVG die Voraussetzungen des § 12a Abs. 4 Z 1 und 2 AsylG 2005 nicht vorliegen. Der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG 2005 wurde dem Asylwerber gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 nicht zuerkannt.
Noch am selben Tag wurde vom Antragsteller dieser Mandatsbescheid rechtswirksam übernommen (§ 24 ZustellG).
10. Die in weiterer Folge - nunmehr für 10.03.2011 - in Aussicht genommene Abschiebung des Antragstellers musste aufgrund einer Selbstverletzung kurzfristig abgebrochen werden.
11. Am 14.03.2011 wurde dem Antragsteller gemäß § 29 Abs. 3 AsylG 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege. Weiters sei beabsichtigt, den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005).
12. Am 16.03.2011 wurde der Antragsteller von einer Organwalterin des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle Ost, niederschriftlich einvernommen, wobei er seine früheren Aussagen im Wesentlichen aufrecht hielt und lediglich eingestand, in der Vergangenheit über seine Identität falsche Angaben gemacht zu haben. Er sei im Jahre 2005 in die Ukraine und auch nach Weißrussland gereist. 2007 sei er dann neuerlich nach Österreich geflüchtet und seit damals hier aufhältig. In seiner Heimat werde nach ihm gesucht, 2007 habe er seinen Bruder "verloren". Er sei von der Polizei geschlagen und an der Wirbelsäule verletzt worden. Auch seine Lebensgefährtin sei wegen ihm festgenommen worden und habe sich von November bis Dezember 2007 in Untersuchungshaft befunden. Seine Lebensgefährtin und zwei Freunde hätten ihn gewarnt, dass er umgebracht werden würde, sollte er in die Heimat zurückkehren.
13. Mit im Rahmen dieser Einvernahme mündlich verkündetem Bescheid vom 16.03.2011, Zl. 11 01.900-EAST Ost, erfolgte die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Absatz 2 AsylG 2005.
14. Der von Amts wegen übermittelte Verwaltungsakt langte am 22.03.2011 beim Asylgerichtshof ein und wurde in Anwendung der aktuellen Geschäftsverteilung dem nunmehr zuständigen Richter zugeteilt. Mit Mitteilung vom selben Tag wurde das Bundesasylamt vom Einlangen verständigt.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008, tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997 in der Fassung BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.
Gemäß § 23 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der Fassung BGBl. I Nr. 147/2008, sind soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. Gemäß § 23 Abs. 2 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der Fassung BGBl. I Nr. 147/2008, sind die Erkenntnisse im Namen der Republik zu verkünden und auszufertigen.
Gemäß § 22 Abs. 1 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, ergehen Entscheidungen des Bundesasylamtes über Anträge auf internationalen Schutz in Bescheidform. Entscheidungen des Asylgerichtshofes in der Sache selbst ergehen in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses. Die Entscheidungen des Bundesasylamtes und des Asylgerichtshofes haben den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten.
Der Asylgerichtshof entscheidet gemäß Art. 129c Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 2/2008, in Verbindung mit § 61 Abs. 3a AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, durch Einzelrichter über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 41a.
Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, tritt dieses Bundesgesetz mit 01.01.2006 in Kraft. Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997 - AsylG), BGBl. I Nr. 76, tritt mit Ausnahme des § 42 Abs. 1 mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft (§ 73 Abs. 2 AsylG 2005).
Am 01.01.2010 ist das Asylgesetz 2005 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 122/2009 in Kraft getreten. Gemäß § 75 Abs. 9 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, sind die §§ 12a, 22 Abs. 12, 31 Abs. 4, 34 Abs. 6 und 35 in der genannten Fassung auf Verfahren, die bereits vor dem 01.01.2010 anhängig waren, nicht anzuwenden.
Gegenständlicher Antrag auf internationalen Schutz wurde am 24.02.2011 eingebracht, weshalb auf dieses Verfahren die Regelungen der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes (§ 12a AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 122/2009) Anwendung finden.
2. Die im hier zu beurteilenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, lauten:
"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen
§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn
1. gegen ihn eine aufrechte Ausweisung besteht,
2. kein Fall des § 39 Abs. 2 vorliegt und
3. eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt.
(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesasylamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine aufrechte Ausweisung besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(3) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gemäß Abs. 2 binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn zum Antragszeitpunkt
1. gegen ihn eine aufrechte Ausweisung besteht,
2. der Fremde über den Abschiebetermin zuvor nachweislich informiert worden ist (§ 67 Abs. 4 FPG) und
3. darüber hinaus
a) sich der Fremde in Schubhaft befindet;
b) gegen den Fremden ein gelinderes Mittel (§ 77 FPG) angewandt wird, oder
c) der Fremde nach einer Festnahme gemäß § 74 Abs. 2 Z 1 oder 3 FPG iVm § 39 Abs. 2 Z 1 FPG angehalten wird.
Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 nicht vor, ist gemäß Abs. 2 vorzugehen. Für die Berechnung der achtzehntägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht.
(4) In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesasylamt dem Fremden den faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn
1. der Fremde anlässlich der Befragung oder Einvernahme (§ 19) glaubhaft macht, dass er den Folgeantrag zu keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder
2. sich seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.
Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen.
(5) Abweichend von §§ 17 Abs. 4 und 29 Abs. 1 beginnt das Zulassungsverfahren in den Fällen des Abs. 1 und 3 bereits mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz."
...
"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes
§ 41a. (1) Eine Entscheidung des Bundesasylamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2), ist vom Asylgerichtshof unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 40 gilt sinngemäß. § 66 Abs. 2 AVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 und eine aufrechte Ausweisung sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Ausweisung umsetzenden Abschiebung ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Asylgerichtshofes zuzuwarten. Der Asylgerichtshof hat das Bundesasylamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat der Asylgerichtshof binnen acht Wochen zu entscheiden."
3. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 21.04.2008, Zl. 260.422-2/2E-VIII/22/08, wurde die Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.02.2008, Zl. 07 10.036-BAW, gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 abgewiesen.
Der Antragsteller gab an, die Republik Österreich seit seiner letzten Asylantragstellung nicht verlassen zu haben und ergibt sich dies auch aus einer aktuellen Abfrage im Zentralen Meldregister
(ZMR).
4. Im gegenständlichen Fall ging das Bundesasylamt nach der durch den Antragsteller verursachten Vereitelung des Abschiebeversuchs vom 10.03.2011 in der Folge offenbar davon aus, dass diesem nunmehr ein faktischer Abschiebeschutz zukomme und hob diesen mit dem nun vom Asylgerichtshof gemäß § 41a AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 122/2009, ex lege zu überprüfenden mündlich verkündetem Bescheid vom 16.03.2011 gemäß § 12a AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 122/2009, auf.
Tatsächlich lässt sich aber weder dem Wortlaut der Bestimmung des § 12a Abs. 3 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 122/2009, die jener des § 12a Abs. 2 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 122/2009, als Spezialnorm vorgeht und nach der das Bundesasylamt wegen Vorliegens sämtlicher dort angeführter Voraussetzungen zunächst richtigerweise vorgegangen ist, noch den diesbezüglichen erläuternden Bemerkungen ein Hinweis darauf entnehmen, dass ein Fremder, dem der faktische Abschiebeschutz (§12 AsylG 2005) schon bei seiner Antragstellung auf internationalen Schutz ex lege nicht zukam, diesen trotz weiteren Vorliegens der Voraussetzungen gemäß der Z 1 bis 3 des § 12a Abs. 3 AsylG 2005 in weiterer Folge - etwa wegen Ablaufs einer Frist - erlangen könne.
Vielmehr ist in Übereinstimmung mit Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 2005, 5. Auflage, S. 464, K45. davon auszugehen, dass bei einem Fremden, dem der faktische Abschiebeschutz wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 12a Abs. 3 AsylG 2005 nicht zukommt, der aber am festgelegten Abschiebetermin - aus welchen Gründen auch immer - nicht abgeschoben werden kann, "die rechtsverhindernde Wirkung des Abs. 3 bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen" (wobei hier dem Gesetzeswortlaut nach nur die Ziffern 1 - 3 gemeint sein können) auch weiterhin aufrecht bleibt und "der Fremde (...) bei unverändertem Sachverhalt abgeschoben werden (kann)".
Die nachfolgende Entscheidung des Bundesasylamtes, dem Antragsteller einen ihm tatsächlich nie zugekommenen faktischen Abschiebeschutz mit mündlich verkündetem Bescheid (wieder) abzuerkennen, hätte aber, da ein solcher in Verfahren über Folgeanträge in Bezug auf "Dublin-Verfahren" (§ 12a Abs. 1 AsylG 2005), aber auch in den Fällen des § 12a Abs. 3 AsylG 2005 schon ex lege nicht besteht und - bei weiterhin aufrechtem Bestehen der Voraussetzungen - auch weder durch das Bundesasylamt noch den Asylgerichtshof zuerkannt werden kann (Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 2005, 5. Auflage, S. 794, K8.), nicht getroffen werden dürfen und war der Bescheid vom 16.03.2011 deshalb ersatzlos zu beheben.
Ausdrücklich festgehalten wird, dass dem Antragsteller auch durch die gegenständliche Entscheidung des Asylgerichtshofes kein faktischer Abschiebeschutz zukommt.