TE AsylGH Beschluss 2011/03/30 B8 418499-1/2011

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Veröffentlicht am 30.03.2011
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Spruch

B8 418.499-1/2011/2Z

 

BESCHLUSS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Senatsvorsitzende über die Beschwerde des XXXX, Staatsangehörigkeit:

Republik Kosovo, vom 24.03.2011 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.03.2011, Zahl: 11 02.188-EWEST, beschlossen:

 

Der Beschwerde wird gemäß § 38 Abs. 2 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Text

BEGRÜNDUNG:

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer reiste am 06.03.2011 illegal nach Österreich ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Er gab im Zuge der asylrechtlichen Erstbefragung am 07.03.2011 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, Staatsangehöriger der Republik Kosovo, Angehöriger der moslemisch albanischen Volksgruppe und aus seinem Heimatland ausgereist zu sein, da sein bester Freund im Jahr 2007 getötet worden und der Beschwerdeführer selbst in weiterer Folge mehrmals telefonisch bedroht worden sei. Er fühle sich zuhause nicht mehr sicher.

 

Am 09.03.2011 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt einvernommen und wiederholte dort im Wesentlichen sein bisheriges Fluchtvorbringen.

 

Am 10.03.2011 wurde der Beschwerdeführer ein weiteres Mal in Gegenwart eines Rechtsberaters im Zulassungsverfahren einvernommen, bestätigte seine bisherigen Angaben und brachte erneut vor, er könne nicht in den Kosovo zurück.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.03.2011, Zl. 11 02.188-EWEST, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 06.03.2011 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Republik Kosovo abgewiesen (Spruchpunkt II.), der Beschwerdeführer gemäß § 10 Absatz 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo ausgewiesen (Spruchpunkt III.) und einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 AsylG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

 

Das Bundesasylamt traf in diesem Bescheid aktuelle Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers und führte begründend zusammengefasst aus, dass die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes nicht glaubwürdig seien. Es bestünden auch keine anderen Hinweise, die eine Abschiebung unzulässig machen könnten. Im Kosovo bestehe weiters nicht eine solch extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung ausgesetzt wäre. Im Kosovo herrsche keine Bürgerkriegssituation und auch die Staatsgewalt sei grundsätzlich funktionsfähig.

 

Seitens des Bundesasylamt erfolgte eine Zustellverfügung dieses Bescheides am 21.03.2011.

 

Während des Zustellvorganges langte am 23.03.2011 beim Bundesasylamt ein anwaltlicher Schriftsatz datiert vom 23.03.2011 des Beschwerdeführers ein. Darin wurde die Bevollmächtigung des rechtsfreundlichen Vertreters angezeigt und ausgeführt, dass weitere Ermittlungen beantragt würden. Die Befragung des Antragstellers sei grob mangelhaft geblieben. Der engste Freund des Beschwerdeführers sei am 28.12.2007 an einem genannten Ort im Kosovo ermordet worden. Dieser Mord sei bis heute unaufgeklärt. Die Polizei habe scheinbar gar kein Interesse an einer Aufklärung. Die Rechtsvertretung werde binnen einer Frist von zwei Tagen ein ergänzendes Vorbringen zur konkreten Gefährdungslage des Beschwerdeführers erstatten. Aus Zeitgründen könne dieser Schriftsatz am 23.03.2011 nicht weiter fortgesetzt werden. Die Fortsetzung werde binnen zwei Tagen erfolgen.

 

Am 24.03.2011 wurde der Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.03.2011 dem Beschwerdeführer durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zugestellt.

 

Am 24.03.2011 wurde der Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.03.2011 auch dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt.

 

Ebenfalls am 24.03.2011 langte beim Bundesasylamt ein als "Ergänzendes Tatsachenvorbringen zur Begründung des Schutzantrags mit Ermittlungsanträgen" bezeichneter anwaltlichem Schriftsatz ein. Darin wurden erneut Ausführungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers erstattet, das Verfahren gerügt und beantragt, Auslandsermittlungen im Wege des Verbindungsbeamten durchzuführen.

 

Dieser Schriftsatz wurde seitens des Bundesasylamtes als Beschwerde gewertet und mit Begleitschreiben vom 25.03.2011 gemeinsam mit dem gegenständlichen Verfahrensakt am 29.03.2011 dem Asylgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet gemäß § 61 Abs. 4 AsylG der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 AsylG kann das Bundesasylamt der Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 39) stammt.

 

Gemäß § 38 Abs. 2 AsylG hat der Asylgerichtshof binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde mit Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde, wobei auch eine Bedrohung von Zivilpersonen im Zuge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines Konfliktes erfasst ist.

 

Gemäß § 39 Abs. 5 Z 2 AsylG ist die Bundesregierung ermächtigt, mit Verordnung festzulegen, dass andere als in Abs. 4 genannte Staaten (in diesem Absatz ist die Republik Mazedonien nicht genannt) als sichere Herkunftsstaaten gelten, wobei vor allem auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Verletzungen von Menschenrechten Bedacht zu nehmen ist.

 

Mit der Verordnung der Bundesregierung vom 1. Juli 2009, BGBl. II Nr. 177/2009, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung), wurde bestimmt, dass die Republik Kosovo als sicherer Herkunftsstaat gilt.

 

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen die mit der abweisenden Entscheidung verbundene Ausweisung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; Sache des Beschwerdeverfahrens ist nicht nur die Entscheidung über die Zulässigkeit der Ausweisung, sondern auch über die der Ausweisung zu Grunde liegende abweisende Entscheidung des Antrages auf internationalen Schutz. Bei der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde - in Bezug auf die Ausweisung - handelt es sich daher um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von Vornherein ausgeschlossen erscheint, dass es sich bei den in den Anwendungsbereich der Art. 2, 3 und 8 EMRK reichenden Behauptungen um "vertretbare Behauptungen" handelt (zur Berücksichtigung des Art. 8 EMRK - ungeachtet des Fehlens seiner ausdrücklichen gesetzlichen Nennung - vgl. Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 2005, 5. Auflage, 2010, K3 zu § 37 sowie K7 zu § 38).

 

§ 63 AVG lautet auszugsweise:

 

"(1) Der Instanzenzug und das Recht zur Einbringung der Berufung und sonstiger Rechtsmittel (Vorstellung) richten sich, abgesehen von den in diesem Bundesgesetz besonders geregelten Fällen, nach den Verwaltungsvorschriften.

 

(2) .....

 

(3) Die Berufung hat den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.

 

(4) Eine Berufung ist nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Berufung verzichtet hat.

 

(5) Die Berufung ist von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall

bloß mündlicher Verkündung mit dieser. ........"

 

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

 

Gemäß § 23 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I Nr. 4/2008 idF BGBl. I Nr. 153/2009) sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Im vorliegenden Fall wurde während des Zustellvorganges am 23.03.2011 ein anwaltlicher Schriftsatz des Beschwerdeführers beim Bundesasylamt eingebracht, welcher im erstinstanzlichen Bescheid nicht berücksichtigt wurde.

 

Ein weiterer Schriftsatz des Beschwerdeführers wurde nach der Zustellung des Bescheides an den Beschwerdeführer am 24.03.2011 beim Bundesasylamt eingebracht. Dieser Schriftsatz wurde seitens des Bundesasylamtes als Beschwerde gewertet. Dieser Schriftsatz ist jedoch weder als Beschwerde bezeichnet noch enthält er die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides und es ist auch nicht eindeutig ersichtlich, dass mit dem Schriftsatz tatsächlich eine Beschwerde beabsichtigt ist. Da dieser Schriftsatz somit jene wesentlichen Bestandteile, die gemäß § 63 AVG erforderlich sind, um eine Beschwerde seitens des Asylgerichtshofes inhaltlich behandeln zu können, nicht enthält, ist es im vorliegenden Fall rechtlich erforderlich, dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG die Möglichkeit zur Mängelbehebung einzuräumen. Dabei ist der Partei jedenfalls die Möglichkeit zu geben, eine zunächst unvollständige Beschwerde innerhalb der Beschwerdefrist zu ergänzen und dadurch in eine zulässige Beschwerde umzuwandeln (vgl. dazu schon VwSlg 11.943 A/1985).

 

Da im vorliegenden Fall seitens des Bundesasylamtes im Bescheid vom 21.03.2011 einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt worden war (Spruchpunkt IV.), jedoch ohne weitere Ermittlungen und auch ohne Mängelbehebungsauftrag der als "Ergänzendes Tatsachenvorbringen zur Begründung des Schutzantrags mit Ermittlungsanträgen" bezeichnete anwaltliche Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 24.03.2011 als Beschwerde gewertet und dem Asylgerichtshof vorgelegt wurde, und die gemäß § 38 Abs. 2 AsylG 2005 dem Asylgerichtshof zur Verfügung stehende Frist für die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung nicht einmal ausreicht, um dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zu geben, eine Mängelbehebung innerhalb der Beschwerdefrist durchzuführen (der Bescheid vom 21.03.2011 wurde sowohl dem rechtsfreundlichen Vertreter als auch dem Beschwerdeführer selbst am 24.03.2011 zugestellt - die gesetzliche Beschwerdefrist endet somit erst mit Ablauf des 07.04.2011) und weiters im vorliegenden Fall u.a. das Vorliegen von Umständen behauptet wird, die in den Schutzbereich der Art. 3 und 8 EMRK fallen, war die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - auf Grund der Vorgangsweise des Bundesasylamtes im vorliegenden Fall - erforderlich.

 

Die Entscheidung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
aufschiebende Wirkung
Zuletzt aktualisiert am
12.04.2011
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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