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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §34 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über den Antrag der H in Bergheim, vertreten durch Dr. Wolfgang Zankl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Thumeggerbezirk 7, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 14. September 2000, Zl. 3/05-V/13.481/4-2000, betreffend Haftung für Sozialversicherungsbeiträge nach § 67 Abs. 10 ASVG, den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit Beschluss vom 20. Dezember 2000, 2000/08/0184, hat der Verwaltungsgerichtshof eine mit 31. Oktober 2000 datierte und an diesem Tag zur Post gegebene Beschwerde gegen einen nach dem damaligen Beschwerdevorbringen am 18. September 2000 zugestellten Bescheid wegen Versäumung der am 30. Oktober 2000 abgelaufenen Beschwerdefrist zurückgewiesen.
Im gegenständlichen Antrag vom 8. Februar 2001 (Postaufgabe am 9. Februar 2001) begehrt die Antragstellerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde. Darin wird ausgeführt, der Beschluss vom 20. Dezember 2000 sei am 31. Jänner 2001 zugestellt worden. Ein sich in Ausbildung befindlicher Mitarbeiter des Vertreters der Antragstellerin habe den Auftrag erhalten, die Beschwerde zu verfassen und so rechtzeitig zur Fertigung vorzulegen, damit noch genügend Zeit für Verbesserungen verbleibe. Es handle sich um einen fleißigen und gewissenhaften Mitarbeiter, dem Schriftsätze zur selbstständigen Verfassung übergeben werden. In der Kanzlei sei es daher üblich geworden, dass von der Sekretärin die Frist zumindest einen oder zwei Tage vordatiert werden. Dies sei diesem Mitarbeiter bekannt gewesen. Auf Grund erhöhten Arbeitsanfalles habe der Mitarbeiter die Beschwerde am 30. Oktober 2000 gegen Abend zur Fertigung vorgelegt. Es seien aber noch Ausbesserungen nötig gewesen, sodass die Beschwerde nicht habe abgefertigt werden können. Die Beschwerde sei daher dem Mitarbeiter zurückgestellt worden mit dem Auftrag, er solle die Frist kontrollieren, die vorgesehenen Verbesserungen vornehmen und die Beschwerde wieder vorlegen. Am Abend des 30. Oktober 2000 habe der Mitarbeiter die Beschwerde weder verbessert noch den Akt, wie es üblich sei, zurückgestellt. Es sei daraus zu folgern gewesen, dass die Frist infolge der sicherheitshalber üblichen Vorkalendierung durch die Sekretärin gewahrt sei. Erst am nächsten Tag habe der Mitarbeiter die Beschwerde zur Fertigung vorgelegt. Er sei hiebei befragt worden, ob er die Frist nicht übersehen hätte. Der Mitarbeiter habe aber versichert, dass die Frist nicht abgelaufen sei. Die Beschwerde sei unterfertigt noch am selben Tag, bereits verspätet, zur Post gegeben worden. Bisher hätte es keiner Kontrolle bedurft, wenn der als vertrauenswürdig und verlässlich geschätzte Mitarbeiter zugesichert hatte, er werde den Anweisungen folgen. Die Versäumung der Frist beruhe auf ein Verschulden minderen Grades.
Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Gemäß § 46 Abs. 3 leg. cit. ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.
Im Beschwerdefall kann dahingestellt bleiben, ob die Antragstellerin durch ein Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG ohne Verschulden verhindert war, die Beschwerdefrist einzuhalten und insbesondere ab das im Wiedereinsetzungsantrag geschilderte System der prinzipiellen "Vordatierung" der Fristen den Anforderungen, die an ein Fristenkontrollsystem bei einem Rechtsanwalt zu stellen sind, genügt. Keinesfalls kann nämlich davon ausgegangen werden, dass die zweiwöchige Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages gewahrt wurde. Diese Frist beginnt laut Gesetz mit dem Aufhören des Hindernisses. Als Hindernis im Sinne des § 46 Abs. 3 leg. cit. ist jenes Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 leg. cit. zu verstehen, das die Fristeinhaltung verhindert hat. Besteht dieses Ereignis in einem Tatsachenirrtum über den Ablauf der Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde, so hört das Hindernis im Sinne des § 46 Abs. 3 VwGG auf, sobald der Beschwerdeführer (Beschwerdevertreter) den Tatsachenirrtum als solchen erkennen konnte und musste, nicht aber erst in dem Zeitpunkt, in dem der Beschluss über die Zurückweisung der Beschwerde als verspätet zugestellt worden ist. Im Hinblick auf die Bedeutung, die die Wahrung der Beschwerdefrist nach § 34 Abs. 1 VwGG hat, ist vom Beschwerdeführer bzw. seinem Vertreter zu erwarten, dass er anlässlich der Unterfertigung der Beschwerde sein Augenmerk auch darauf richtet, welcher Zeitraum bis zum Ablauf der Beschwerdefrist noch zur Verfügung steht. Kann er im Zeitpunkt der Unterfertigung der Beschwerde bei Einhaltung dieser gehörigen Aufmerksamkeit erkennen, dass die Beschwerdefrist bereits abgelaufen ist, so hat jedenfalls damit das Hindernis im Sinne des § 46 Abs. 3 VwGG aufgehört (vgl. hiezu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 671, referierte ständige hg. Judikatur sowie zuletzt etwa den Beschluss vom 24. Juni 1999, 99/15/0084).
Im vorliegenden Fall hat der Vertreter der Antragstellerin die Beschwerde am 31. Oktober 2000 unterfertigt. Zu diesem Zeitpunkt hätte er sein Augenmerk darauf zu richten gehabt, ob die Beschwerdeerhebung rechtzeitig erfolgt. Bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte er erkennen müssen, dass die Beschwerdefrist bereits abgelaufen war. In dieser Beschwerde wird nämlich das Zustelldatum mit "18.9.2000" angegeben, auf der der zurückgewiesenen Beschwerde beigelegten Bescheidausfertigung findet sich ein deutlich lesbarer Stempelaufdruck "eingelangt
18. Sep. 2000". Durch einfaches Nachrechnen hätte der Beschwerdevertreter erkennen müssen, dass die Frist bereits abgelaufen ist. Damit hat das Hindernis an der Fristeinhaltung im Sinne des § 46 Abs. 3 VwGG spätestens am 31. Oktober 2000 zu bestehen aufgehört und begann somit bereits an diesem Tag die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist zu laufen. Der am 9. Februar 2001 zur Post gegebene Wiedereinsetzungsantrag erweist sich demnach als verspätet.
Der Antrag war somit als verspätet zurückzuweisen.
Wien, am 14. März 2001
Schlagworte
Versäumung der Einbringungsfrist siehe VwGG §26 Abs1 Z1 (vor der WV BGBl. Nr. 10/1985: lita) sowie Mangel der Rechtsfähigkeit Handlungsfähigkeit Ermächtigung des EinschreitersEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001080031.X00Im RIS seit
17.01.2002Zuletzt aktualisiert am
05.03.2012