B18 227.126-2/2009/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Vorsitzende und die Richterin Maga. EIGELSBERGER als Beisitzerin über die Beschwerde des XXXX, StA: Republik Serbien, vom 05.02.2009 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.01.2009, Zl. 07 09.061-BAS, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.03.2011 zu Recht erkannt:
Die Ausweisung des XXXX aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Serbien ist gemäß § 10 Abs 2 Z 2 AsylG 2005 iVm § 10 Abs 5 AsylG 2005 auf Dauer unzulässig.
Entscheidungsgründe:
Der Beschwerdeführer stellte am 08.10.2001 einen Asylantrag. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes gemäß § 7 AsylG abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Heimatstaat für zulässig erklärt. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung. Mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 18.04.2007, Zahl: 227.126/0/7E-VII/43/02, wurde die Berufung abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien für zulässig erklärt. Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 06.09.2007, Zahl:
2007/01/0659-7, abgelehnt.
Am 01.10.2007 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.01.2009, Zl. 07 09.061-BAS, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 01.10.2007 gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (AsylG) abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien nicht zuerkannt (Spruchpunkt II) und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien ausgewiesen (Spruchpunkt III).
Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 05.02.2009 die verfahrensgegenständliche Beschwerde.
Am 17.03.2011 fand vor dem Asylgerichtshof eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der das Bundesasylamt als weitere Partei des Verfahrens nicht teilnahm.
In dieser Verhandlung erklärte der Beschwerdeführer die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I und II des bekämpften Bescheides zurückzuziehen, sodass sich die Beschwerde nur mehr gegen Spruchpunkt III des genannten Bescheides richtet.
In weiterer Folge führte der Beschwerdeführer aus, dass er seit Februar 2002 fast durchgehend arbeite und legte zum Nachweis seiner Erwerbstätigkeit in Österreich einen Versicherungsdatenauszug vor. Der Beschwerdeführer wies weiters darauf hin, dass er manchmal bei der Volkshilfe mit Dolmetschdiensten aushelfe. Aufgrund seiner Berufstätigkeit habe er zwar keine Zeit, weitere karitative Tätigkeiten auszuführen, jedoch spende er für gemeinnützige Organisationen.
Der Beschwerdeführer verwies in weiterer Folge auf ein im Verfahren vor dem Asylgerichtshof vorgelegtes A2 Sprachzertifikat sowie auf einen Beschluss .des Gemeinderates von Mauthausen, in dem sich dieser für einen dauerhaften Verbleib des Beschwerdeführers sowie dessen Ehefrau in Österreich aussprach.
Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Folgender Sachverhalt wird festgestellt:
Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen, ist Staatsangehöriger von Serbien und wurde am XXXX geboren. Der Beschwerdeführer geht seit Februar .2002 fast durchgehend in Österreich einer Beschäftigung nach. Er weist sehr gute Deutschkenntnisse auf. Die Ehefrau des Beschwerdeführers lebt ebenfalls als Asylwerberin in Österreich. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über einen großen Bekannten- und Freundeskreis.
Die Feststellungen gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen stützen sich auf den dem Asylgerichtshof vorliegenden Verfahrensakt des Beschwerdeführers sowie den seiner Ehefrau, auf die glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung sowie die von ihm im Verfahren vorgelegten Urkunden.
Rechtlich ergibt sich Folgendes:
Festzuhalten ist, dass Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens lediglich die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet ist. Die anderen - ursprünglich auch angefochtenen - Spruchpunkte I und II des genannten bekämpften Bescheides wurden durch die Beschwerdezurückziehung in der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof am 17.03.2011 rechtskräftig.
Gemäß § 28 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG), BGBl. I 4/2008, tritt dieses Bundesgesetz mit 1. 7. 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, außer Kraft.
Soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, sind gem. § 23 Abs 1 AsylGHG idF BGBl I Nr. 147/2008 auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 mit der Maßgabe zu Ende zu führen, dass in Verfahren, die nach dem 31. März 2009 beim Bundesasylamt anhängig sind oder werden, § 10 in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2009 mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass eine Abweisung des Asylantrages, wenn unter einem festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in seinen Herkunftsstaat zulässig ist, oder eine Zurückweisung des Asylantrages als Entscheidung nach dem Asylgesetz 2005 gilt. § 44 Asylgesetz 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2009 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.
Gemäß § 75 Abs. 8 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009 ist § 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2009 auf alle am oder nach dem 1. Jänner 2010 anhängigen Verfahren nach dem Asylgesetz 1997 mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Ausweisungsentscheidung nach dem Asylgesetz 1997, die vor dem 1. Jänner 2010 erlassen wurde, als eine Ausweisungsentscheidung nach § 10, die Zurückweisung eines Asylantrages nach dem Asylgesetz 1997 als Zurückweisung nach § 10 Abs. 1 Z 1 und die Abweisung eines Asylantrages nach dem Asylgesetz 1997, mit der festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, als Abweisung nach § 10 Abs. 1 Z 2 gilt.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl. I 122/2009 ist eine Entscheidung nach dem AsylG 2005 mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Asylantrag abgewiesen und dem Fremden weder Asyl noch subsidiärer Schutz gewährt wird. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 idF BGBl. I 29/2009 ist eine Ausweisung unzulässig, wenn sie Art. 8 EMRK verletzen würde oder wenn dem Fremden ein nicht auf das AsylG 2005 gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt. Würde ihre Durchführung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen und die nicht von Dauer sind, Art. 3 EMRK verletzen, so ist gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.
Gemäß § 10 Absatz 5 AsylG 2005 ist über die Zulässigkeit der Ausweisung jedenfalls begründet abzusprechen, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG auf Dauer unzulässig ist. Die Unzulässigkeit einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein gemeinschaftsrechtliches oder unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.
Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl. I 29/2009 unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts sowie die Frage zu berücksichtigen, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (vgl. VfGH 29.9.2007, B 1150/07; 12.6.2007, B 2126/06; VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479; 26.1.2006, 2002/20/0423).
Der Beschwerdeführer befindet sich seit neuneinhalb Jahren durchgehend im österreichischen Bundesgebiet und ist über die gesamte Zeit hindurch unbescholten geblieben und strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Wenn auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit allein die persönlichen Interessen eines Fremden am Verbleib in Österreich gemäß der verwaltungsgerichtlichen Judikatur nicht entscheidend zu verstärken vermag (vgl. VwGH 25.2.2010, 2010/0018/0029), so liegen nach Ansicht des erkennenden Senates im gegenständlichen Fall besondere Umstände vor.
Der Beschwerdeführer hat sich während seines Aufenthaltes in außerordentlicher Weise um seine Integration in Österreich bemüht. Wie in der Beschwerdeverhandlung für den Asylgerichtshof erkennbar war, beherrscht der Beschwerdeführer die deutsche Sprache in einem sehr guten Ausmaß. Der Beschwerdeführer konnte auch am österreichischen Arbeitsmarkt Fuß fassen.
Die Ehefrau des Beschwerdeführers lebt ebenfalls als Asylwerberin in Österreich. Der Gemeinderat des Wohnortes des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau hat sich mittels Beschlusses für deren Verbleib ausgesprochen, zumal sie in ihrem Wohnort einen hohen Beliebtheitsgrad aufweisen. Da der Beschwerdeführer somit über einen großen Rückhalt in der Bevölkerung seines Wohnortes verfügt, ist von der sozialen Verwurzelung des Beschwerdeführers in Österreich auszugehen. Eine Bindung des Beschwerdeführers zu seiner Heimat ist schon deshalb als deutlich abgeschwächt anzusehen.
Überdies ist zu bedenken, dass der Beschwerdeführer im Verlauf des vorliegenden Verfahrens keine prozessverschleppenden Handlungen gesetzt hat und bemüht war am Verfahren aktiv und aufrichtig mitzuwirken.
Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung gelangt der erkennende Senat zur Ansicht, dass im vorliegenden Fall aufgrund der Aufenthaltsdauer und der inzwischen erfolgten außerordentlichen Integration des Beschwerdeführers in Österreich die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet schwerer als die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung zugunsten eines geordneten Fremdenwesens wiegen. Die von der belangten Behörde verfügte Ausweisung erweist sich somit angesichts der gelungenen Integration des Beschwerdeführers als unverhältnismäßig iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK. Die Ausweisung war folglich auf Dauer für unzulässig zu erklären.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.