Rechtssatz 1
§ 75 Abs. 13 AsylG 2005 idF des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2009 BGBl. I 122 (in der Folge: FrÄG 2009) lautet: "Änderungen der Rechtslage nach diesem Bundesgesetz stellen keinen Grund für Zurückverweisungen gemäß § 66 AVG dar."
Die Materialien dazu (Erläut. zur RV des FrÄG 2009, 330 BlgNR 24. GP, 27) beschränken sich auf die Aussage, § 75 Abs. 13 AsylG 2005 stelle "klar, dass eine Änderung der Rechtslage keine Zurückverweisung nach § 66 AVG rechtfertigt".
Der Asylgerichtshof geht davon aus, dass mit den "Zurückverweisungen gemäß § 66 AVG" Zurückverweisungen iSd § 66 Abs. 2 AVG gemeint ist. Nach dem insoweit eindeutigen Text des § 75 Abs. 13 AsylG 2005 - der ja ein Teil des AsylG 2005 ist - bezieht sich diese Bestimmung auf Änderungen der Rechtslage durch das AsylG 2005, das als Art. 2 des Fremdenrechtspakets 2005 erlassen worden und am 1.1.2006 in Kraft getreten ist. Der Asylgerichtshof geht jedoch davon aus, dass der Gesetzgeber mit dieser Wendung eine Änderung der Rechtslage durch jenes Gesetz im Auge hatte, durch das § 75 Abs. 13 AsylG 2005 eingeführt wurde, nämlich durch das FrÄG 2009, und zwar deshalb, weil durch das AsylG 2005 (bei seinem Inkrafttreten) damals anhängige Verfahren (also solche nach dem AsylG 1997) kaum berührt wurden (vgl. dazu § 75 Abs. 1 AsylG 2005 in der Stammfassung), anders als die am 1.1.2010 anhängigen Verfahren nach dem AsylG 2005 durch das FrÄG 2009 (vgl. im Übrigen ähnlich missverständliche Formulierungen in §§ 42 a, 44 Abs. 5 erster Satz und Abs. 7 erster Satz AsylG 1997 idF der Novelle 2003).
Es wäre daher unzulässig, den angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG iVm § 23 Abs. 1 AsylGHG zu beheben und die Angelegenheit gemäß dieser Bestimmung zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückzuverweisen, wenn Grund dafür eine Änderung der Rechtslage durch das FrÄG 2009 wäre. Dies wäre offenkundig dann der Fall, wenn der "Sachverhalt" (iSd § 66 Abs. 2 AVG), beurteilt nach der Rechtslage vor dem FrÄG 2009, nicht "qualifiziert" mangelhaft (wie in § 66 Abs. 2 AVG umschrieben) war, dies aber nunmehr geworden ist, wenn die durch das FrÄG 2009 eingetretenen Änderungen den Sachverhalt also nachträglich als mangelhaft erscheinen lassen (weil etwa durch das FrÄG 2009 neue Tatbestandselemente eingeführt worden sind, zu deren Beurteilung neue Feststellungen erforderlich sind, die nach der alten Rechtslage nicht geboten waren).