Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des P L in W, vertreten durch Dr. Bernhard Kramer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Bösendorferstraße 7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 29. Dezember 1999, Zl. UVS- 05/K/19/499/1998/1, betreffend Abweisung des Antrages auf Ersatz der Kosten eines Gutachtens in Angelegenheit einer Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
Aus der Beschwerde, dem angefochtenen Bescheid und den vom Verwaltungsgerichtshof beigeschafften Verwaltungsakten ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
1. Mit (rechtskräftiger) Strafverfügung vom 25. Juni 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe § 4 Abs. 2 des Wiener Parkometergesetzes in Verbindung mit § 9 VStG verletzt; über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in der Höhe von
S 400,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Stunden verhängt.
2. Mit Schreiben vom 30. Jänner 1993 stellte der Beschwerdeführer an den Magistrat der Stadt Wien den Antrag, "die Haftunfähigkeit zu erklären". Er nahm in diesem Zusammenhang Bezug auf die Aufforderung des Magistrats der Stadt Wien vom 11. Jänner 1993 zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe; die Haftunfähigkeit folge aus dem beigelegten Befund vom 10. Jänner 1992 sowie einem gleichfalls beiliegenden Schreiben des Landesinvalidenamtes für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 16. Dezember 1992.
Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben teilte der Magistrat der Stadt Wien mit Schreiben vom 10. März 1993 dem Beschwerdeführer mit, dass die Feststellung der Haftfähigkeit nicht dem Magistrat obliege, sondern von der Vollstreckungsbehörde, in Wien der "Bundespolizei", festgestellt werde. Die "Einwände" des Beschwerdeführers seien der Vollstreckungsbehörde übermittelt worden, die auch die weiteren Veranlassungen treffen werde.
Mit Schreiben vom 11. März 1993 übermittelte der Magistrat der Stadt Wien dem Bezirkspolizeikommissariat Favoriten "beiliegende Vorführung" unter Hinweis auf das Schreiben des Magistrats vom 10. März 1993 und des Schreibens "der Partei" vom 30. Jänner 1993. Dieses Schreiben langte am 31. März 1993 beim zuständigen Bezirkspolizeikommissariat Wieden ein, an das auch die Begleitnote der mit 18. März 1993 datierten "Vorführung zum Strafantritt" gerichtet war.
In einem Amtsvermerk der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Wieden, vom 1. April 1993 ist das Ergebnis einer Rücksprache mit dem Amtsarzt festgehalten; dieser habe erklärt, dass nach der Aktenlage eine Untersuchung der Haftfähigkeit nicht durchführbar sei, da die vorliegenden Befunde bereits älter als ein Jahr seien; der zu Untersuchende sei daher, unter Beibringung aktueller Befunde, zu einer amtsärztlichen Untersuchung vorzuladen, nötigenfalls zu einer solchen vorzuführen. Mit Ladungsbescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Wieden, vom 2. April 1993 wurde der Beschwerdeführer für den 22. April 1993 zum "Amtsarzt" geladen, wobei der Ladung folgender Hinweis zu entnehmen ist: "Bitte bringen Sie diese Ladung, einen amtlichen Lichtbildausweis und folgende Unterlagen mit: aktuelle Befunde (nicht älter als 1 Jahr)".
In einem Amtsvermerk der genannten Behörde vom 26. April 1993 wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer am 22. April 1993 zur "Haftfähigkeitsuntersuchung" erschienen sei; im Anschluss daran sei mit dem Amtsarzt Rücksprache gehalten worden, wobei dieser mitgeteilt habe, dass er den Beschwerdeführer neuerlich bestellt hätte, dies "unter Beibringung eines neurologischen Gutachtens neueren Datums".
Mit Note vom 26. April 1993 an den Magistrat der Stadt Wien übermittelte das Bezirkspolizeikommissariat Wieden das Ersuchen des Magistrats vom 11. März 1993 "zur da. weiteren Abklärung". Der im Schreiben vom 10. März 1993 vom Magistrat geäußerten Meinung könne nicht beigepflichtet werden. Da auf Grund der Äußerungen des Beschwerdeführers Zweifel an der Haftfähigkeit gegeben seien, wäre die Frage der Haftfähigkeit vom Magistrat vor einem Ersuchen um Vorführung abzuklären. Eine Zuständigkeit der Bundespolizeidirektion Wien zur Feststellung der Haftfähigkeit werde im gegenständlichen Fall erst ab dem Zeitpunkt einer eventuellen Vorführung gegeben sein.
Der Amtsarzt erklärte mit Schreiben ("polizeiamtsärztlicher Befund und Gutachten") vom 4. August 1993, dass beim Beschwerdeführer "die Strafhaftfähigkeit" nicht gegeben sei; er stützte sich dabei nach dem Inhalt dieses "polizeiamtsärztlichen Befundes und Gutachtens" auf den Befund einer näher genannten Fachärztin für Psychologie und Neurologie vom 25. Juli 1993. In einem "Nachtragsgutachten" vom 5. August 1993 erklärte der Amtsarzt, eine "eventuelle Selbstgefährdung bzw. Selbstmordgefahr" sei in der Haft möglich bzw. nicht auszuschließen, weshalb Haftunfähigkeit bestehe.
4. Der Beschwerdeführer begehrte mit Schreiben an die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Wieden, vom 17. November 1993 die in der Honorarnote vom 25. Juli 1993 verzeichneten Kosten von S 3.000,-- der näher genannten Fachärztin für die Erstellung des neuen "Gutachtens". Der Amtsarzt habe ihm am 22. April 1993 aufgetragen, einen aktuellen Befund erstellen zu lassen, obwohl ein Befund vom 10. Jänner 1992 vorhanden gewesen sei. Da der aktuelle Befund auf Grund einer Anordnung einer amtlichen Dienststelle durchgeführt worden sei, seien auch die Kosten von dieser Dienststelle zu ersetzen. Aus einem Aktenvermerk des Magistrates der Stadt Wien vom 13. März 1995 ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer "die Rückerstattung der Kosten für ein ärztliches Gutachten über seine behauptete Haftunfähigkeit" auch mit einem weiteren Schreiben vom 13. November 1994 verlangt habe.
Der Magistrat der Stadt Wien antwortete hierauf mit Schreiben vom 21. März 1995 wie folgt (auszugsweise):
"Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom 13.11.1994 an die Bundespolizeidirektion Wien, teilt die Magistratsabteilung 6 - Abgabenstrafenverrechnung mit, dass Ihrem Antrag auf Kostenrückerstattung nicht stattgegeben wird.
Durch die Behauptung haftunfähig zu sein, war die Voraussetzung für den Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe eine ärztliche Bescheinigung ihrer Haftfähigkeit, welche sich, auf Grund des beantragten Gutachtens als gegeben (sic!) herausstellte.
Die Notwendigkeit einer Rückerstattung der Kosten ist somit gemäß § 64 VStG 1991 nicht gegeben, da die Kosten des Strafvollzuges vom Verpflichteten zu ersetzen sind. Eine bescheidmäßige Erledigung ist diesbezüglich im geltenden Recht nicht vorgesehen."
In der Folge führte der Beschwerdeführer in einem Schreiben vom 12. September 1996 unter anderem aus, er habe über Aufforderung der Bundespolizeidirektion Wien ein Gutachten vorlegen müssen, weshalb er auch die diesbezüglichen Kosten für die Erstellung des Gutachtens bekannt gegeben habe; diese seien aber bisher noch nicht bezahlt worden. Er fordere daher die Bundespolizeidirektion Wien auf, ihm binnen 14 Tagen den Nachweis der Bezahlung der Kosten zu erbringen.
Mit Schreiben vom 11. November 1996 an den Magistrat der Stadt Wien nahm der Beschwerdeführer Bezug auf ein Schreiben des Magistrats der Stadt Wien vom 17. September 1996; dem Inhalt dieses Schreibens vom 11. November 1996 ist - zusammengefasst - zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer ungeachtet des von ihm genannten Schreibens des Magistrates vom 17. September 1996 auf der Bezahlung der Honorarnote bestehe, dies unter Verweisung auf § 1004 ABGB.
5. Der Magistrat der Stadt Wien wies mit Bescheid vom 19. November 1996 den Antrag des Beschwerdeführers vom 11. November 1996 "auf Ersatz der Kosten des Privatgutachtens vom 25.7.1993" gemäß § 74 Abs. 1 AVG ab. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 1. Juli 1982, Zl. 82/06/0015, ausgesprochen, dass § 74 Abs. 1 AVG auch auf die Kosten eines Privatgutachtens, das von der Partei vorgelegt werde, anzuwenden sei. Soweit im Antrag des Beschwerdeführers gerügt werde, dass ein inhaltlich gleich lautendes Begehren vom 17. November 1993 bislang unbeantwortet geblieben sei, werde darauf hingewiesen, dass dieses mit Schreiben vom 21. März 1995 abschlägig beantwortet worden sei; darüber hinaus sei "dieses Ersuchen mit dem vorliegenden Bescheid als unter einem erledigt anzusehen".
In seiner Berufung vom 7. Dezember 1996 gegen diesen Bescheid wies der Beschwerdeführer vor allem darauf hin, dass die von der Behörde erwähnte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes deshalb nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar sei, weil der Amtsachverständige die Vorlage eines "Privatgutachtens" verlangt habe; dies sei ein Auftrag, der die Behörde zur Zahlung der Kosten verpflichte. Dem Amtsachverständigen wäre die Möglichkeit offen gestanden, ein Gutachten von Amts wegen einzuholen, wenn er sich selbst "nicht sicher genug gewesen" sei. "Die gleiche Stelle" habe ein Gutachten "bei der MA 15 in Auftrag gegeben", in dem die Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers bescheinigt worden sei; dies habe dem Beschwerdeführer keine Kosten verursacht.
6. Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid vom 29. Dezember 1999 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge. Dem Beschwerdeführer sei "grundsätzlich bei seinem Verweis auf § 52 Abs. 1 AVG, demzufolge die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtsachverständigen) beizuziehen sind, wenn die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig wird, beizupflichten". Die Behörde habe jedoch "offensichtlich" von der Möglichkeit des § 52 Abs. 2 AVG Gebrauch gemacht. Zur Beurteilung der Kostenfrage werde auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, der zufolge im Geltungsbereich des AVG hinsichtlich der Kosten des Verwaltungsverfahrens der Grundsatz der Selbsttragung gelte; ein Kostenersatz zwischen den Beteiligten finde nur dort statt, wo er in der Verwaltungsvorschrift geregelt sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 11. Februar 1993, Zl. 90/06/0188). Da das Gesetz jedoch im Beschwerdefall einen Kostenersatz nicht vorschreibe, sei die Abweisung durch die Erstbehörde zu Recht ergangen.
7. Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er erachtet sich in seinem Recht auf "rechtsrichtige Anwendung der Bestimmungen über die Kostentragung im Verwaltungsstrafverfahren für nicht amtliche Sachverständige" verletzt; die belangte Behörde habe den Ersatz zu Unrecht auf ihn überwälzter Kosten eines nicht amtlichen Sachverständigen, die die einschreitende Behörde bei rechtsrichtiger Anwendung zu tragen verpflichtet gewesen wäre, abgelehnt. Ferner erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht "auf rechtsrichtige Anwendung der amtswegigen Überprüfungspflicht seiner Hafttauglichkeit gemäß § 54 VStG dadurch verletzt, dass die belangte Behörde ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung der Voraussetzung dieser Hafttauglichkeit durch Beiziehung eines Sachverständigen an (den Beschwerdeführer) delegiert und (ihn) mit dem hiefür zu tragenden wirtschaftlichen Aufwand belastet" habe, in dem sie ihm den Rückersatz der von ihm bevorschussten Kosten verweigere. Schließlich erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem "subjektiven Recht auf vollständige Beurteilung des der erhobenen Berufung zu Grunde liegenden Sachverhalts dadurch verletzt, in dem die belangte Behörde es unterlassen hat, den Verwaltungsakt vollständig beizuschaffen, zumal offensichtlich nicht einmal im gegenwärtigen Verfahrensstadium der Akt vollständig vorliegt und demnach nicht klar ersichtlich ist, wann welche Bescheide und Eingaben des Beschwerdeführers einer Erledigung zugeführt wurden und welche Begehren daher noch offen und welche schon erledigt sind".
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist gemäß § 51 Abs. 1 VStG Berufungsinstanz in Verwaltungsstrafsachen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff "Verwaltungsstrafsachen", der sich auf alle "Verfahren vor den Verwaltungsbehörden wegen Verwaltungsübertretungen" bezieht, umfassend zu verstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1999, Zl. 98/02/0394, und den hg. Beschluss vom 24. November 1997, Zl. 97/17/0407, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung auch des Verfassungsgerichtshofes). Es besteht daher kein Grund, nicht auch den vorliegenden Antrag an den Magistrat der Stadt Wien auf Erstattung der dem Beschwerdeführer erwachsenen Kosten der Befundaufnahme durch die Fachärztin darunter zu verstehen. Unter diesem Gesichtspunkt sind daher Bedenken gegen die Zuständigkeit der belangten Behörde beim Verwaltungsgerichtshof nicht entstanden.
2. Zu prüfen war allerdings, ob der Magistrat der Stadt Wien und nicht eine andere Behörde zur meritorischen Erledigung dieses Begehrens, wie es im erstinstanzlichen Bescheid vom 19. November 1996 erfolgte, zuständig war. Die Nichtwahrnehmung der Unzuständigkeit der Erstbehörde durch die belangte Berufungsbehörde würde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belasten (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. September 1974, Zl. 1333/72, vom 4. Oktober 1978, Zl. 2474/77, und vom 17. Oktober 1984, Zl. 83/11/0245, und viele andere).
3. Nach dem ersten Satz des § 54b Abs. 2 VStG ist, soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen. Eine Freiheitsstrafe darf aber nicht an geisteskranken oder körperlich schwerkranken Personen und an Jugendlichen unter 16 Jahren vollzogen werden (§ 54 Abs. 1 VStG).
Alle Anordnungen und Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Vollzug der Freiheitsstrafe obliegen gemäß § 53a VStG bis zum Strafantritt der Behörde, die in erster Instanz entschieden hat oder der der Strafvollzug gemäß § 29a VStG übertragen worden ist. Mit Strafantritt stehen diese Anordnungen und Entscheidungen, soweit nicht das Vollzugsgericht zuständig ist, der Verwaltungsbehörde zu, der der Strafvollzug obliegt (Strafvollzugsbehörde).
Aus den soeben angeführten Bestimmungen ergibt sich somit, dass die Frage, ob eine (Ersatz)Freiheitsstrafe infolge des geistigen oder körperlichen Zustandes einer Person vollzogen werden darf - als Voraussetzung für die Zulässigkeit des Vollzuges -, von Amts wegen zu überprüfen ist. Dabei hat - bis zum Strafantritt - die Behörde, die in erster Instanz entschieden hat oder der der Strafvollzug gemäß § 29a VStG übertragen worden ist, einzuschreiten. Für alle Anordnungen und Entscheidungen im Zusammenhang mit der Prüfung der Haftfähigkeit vor dem Antritt der Freiheitsstrafe war somit gemäß § 53a VStG der Magistrat der Stadt Wien zuständig, sofern er den Strafvollzug im Beschwerdefall nicht gemäß § 29a VStG übertragen hat.
4. Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides des Magistrates vom 19. November 1996 ist das mit Schreiben vom 11. November 1996 - jedenfalls auch - an den Magistrat der Stadt Wien gerichtete Begehren des Beschwerdeführers auf Refundierung der ihm erwachsenen Facharztkosten laut Honorarnote der Fachärztin vom 25. Juli 1993, welches zunächst an die Bundespolizeidirektion Wien gerichtet worden war. Die Zuständigkeit zur Erledigung dieses Antrages - die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges zunächst vorausgesetzt - folgt als Annexmaterie jener für den Vollzug von Freiheitsstrafen nach dem VStG.
§ 29a VStG lautete im maßgeblichen Zeitpunkt des Jahres 1993:
"Wenn hiedurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird, kann die zuständige Behörde das Strafverfahren oder den Strafvollzug an die sachlich zuständige Behörde übertragen, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat. Das Strafverfahren darf in Angelegenheiten der Landesverwaltung nur an eine Behörde im selben Bundesland, der Strafvollzug, gleich um welche Angelegenheit es sich handelt, nur an eine Bezirksverwaltungsbehörde oder Bundespolizeibehörde übertragen werden."
Der Verwaltungsgerichtshof ist der Auffassung, dass eine solche Übertragung des Strafvollzuges im Sinne des § 29a letzter Satz VStG nicht erfolgt ist. Vielmehr hat der Magistrat der Stadt Wien als erstinstanzliche Strafbehörde selbst die Aufforderung zum Strafantritt an den Beschwerdeführer verfügt und die Bundespolizeidirektion Wien ersucht, die "beiliegende Verständigung dem Adressaten (zu) übergeben und seine Vorführung (zu) veranlassen." Weder daraus noch aus dem Begleitschreiben des Magistrates an die Bundespolizeidirektion Wien vom 11. März 1993 noch aus dem (beigeschlossenen) Schreiben des Magistrates vom 10. März 1993 an den Beschwerdeführer (in welchem der Magistrat seine Rechtsauffassung ausführte, dass die Feststellung der Haftfähigkeit nicht dem Magistrat obliege, sondern von der Vollstreckungsbehörde, das sei in Wien die Bundespolizeibehörde, festgestellt werde, durch die auch die weiteren Veranlassungen getroffen würden) ergibt sich, dass eine Zuständigkeitsübertragung für das weitere verwaltungsbehördliche Verfahren für den bis zum Strafantritt in Betracht kommenden Zeitraum erfolgt wäre. Bei diesem Sachverhalt kann es dahingestellt bleiben, ob eine Übertragung des Strafvollzuges nach § 29a VStG durch den Magistrat an die Bundespolizeibehörde (für den eben genannten Zeitraum), obwohl der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz im Sprengel der delegierenden Behörde gehabt hätte, überhaupt zulässig gewesen wäre. Dass im Übrigen auch die Bundespolizeidirektion Wien nicht von einer erfolgten Delegierung ausgegangen ist, ergibt sich aus dem oben wiedergegebenen Schreiben vom 26. April 1993 an den Magistrat. Aus diesen Erwägungen folgt, dass das Strafvollzugsverfahren nicht gemäß § 29a VStG an die Bundespolizeidirektion Wien übertragen war und daher der Magistrat der Stadt Wien für das behördliche Verfahren bis zum Strafantritt zuständig geblieben war.
5. Im Beschwerdefall ist strittig, ob dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf Ersatz der Kosten laut der ihm gelegten Honorarnote der Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, den er vor den Verwaltungsbehörden geltend machen kann, zusteht. Diese Frage nach der prozessualen Geltendmachung eines Ersatzanspruches ist von jener zu unterscheiden, durch wen und in welcher Weise die Überprüfung der Hafttauglichkeit vorzunehmen gewesen und wem die Tragung des diesbezüglichen Aufwandes (etwa bei Erstellung eines Gutachtens durch einen Amtssachverständigen) nach dem Gesetz oblegen wäre.
5.1. Was die letztere Frage anlangt, so ist auf die grundsätzliche Amtswegigkeit des Verfahrens nach AVG und VStG sowie im Besonderen auf § 52 AVG betreffend den Sachverständigenbeweis zu verweisen. Auch aus der für die Kosten des Strafvollzuges geltenden Bestimmung des § 54d VStG, wonach die Kosten des Vollzuges von Freiheitsstrafen grundsätzlich von der zur Bestreitung des Aufwandes für den Strafvollzug verpflichteten Gebietskörperschaft zu tragen sind und der Häftling hiezu einen Beitrag zu leisten hat, ergibt sich keine Abweichung von diesen Grundsätzen, bei deren Anwendung es zum Entstehen von Kosten auf Seiten des Rechtsträgers der zuständigen Behörde kommt. (Auf die Frage, ob § 54d VStG einen vom Bestraften an die Behörde zu leistenden Barauslagenersatz ausschließen würde, ob § 64 Abs. 3 VStG betreffend einen Barauslagenersatz als Regelung für die Kosten des Strafverfahrens im vorliegenden Fall, in dem es um Kosten, die im Zuge des Strafvollzuges angefallen sind, geht, anwendbar wäre oder ob sich ein allfälliger Anspruch auf Barauslagenersatz aus § 76 AVG iVm § 24 VStG ungeachtet des § 54d VStG ergäbe, da § 24 VStG die Anwendung des § 76 AVG im Verfahren nach VStG nicht ausschließt, ist hier nicht näher einzugehen.) Es folgt aus diesem Regelungszusammenhang, dass die (von Amts wegen vorzunehmende - vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1984, Zl. 84/03/0173, Slg. Nr. 11.560/A) Hafttauglichkeitsprüfung, bei der es sich um eine Angelegenheit im Zusammenhang mit dem Vollzug der Freiheitsstrafe handelt, nach dem Gesetz von der Behörde grundsätzlich auf ihre Kosten vorzunehmen gewesen wäre.
5.2 Das bedeutet freilich noch nicht, dass die im Beschwerdefall zunächst dem Beschwerdeführer erwachsenen Kosten im Verwaltungsrechtsweg rückgefordert werden können. Dies aus nachstehenden Erwägungen:
Gemäß § 24 VStG ist ein Ersatz von Kosten, die einem Beteiligten erwachsen sind - da das VStG in § 64 nur Regelungen bezüglich der Strafverfahrenskosten der Behörde enthält -, grundsätzlich nach den Regeln des AVG zu beurteilen. Gemäß § 74 Abs. 1 AVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten. Nach § 74 Abs. 2 erster Satz leg. cit. bestimmen die Verwaltungsvorschriften, inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht.
Im Beschwerdefall käme daher ein durch die Verwaltungsbehörden zu bestimmender Kostenersatz an den Beschwerdeführer nur dann in Betracht, wenn dies im AVG (oder VStG) - andere gesetzliche Regelungen sind nicht erkennbar - angeordnet wäre. Eine solche gesetzliche Regelung besteht nicht.
Im Besonderen ergibt sich der vom Beschwerdeführer geltend gemachte verwaltungsrechtliche Ersatzanspruch auch nicht aus den bereits oben erwähnten Regeln über die Sachverständigengebühren. Wird die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig, so sind die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständige) beizuziehen (§ 52 Abs. 1 AVG). Im Sinne dieser Bestimmung steht ein Polizeiarzt als amtlicher Sachverständiger der Behörde zur Prüfung der Haftfähigkeit zur Verfügung (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Oktober 1968, B 459/67 = Slg. Nr. 5797).
Wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten ist, kann die Behörde aber ausnahmsweise (§ 52 Abs. 2 AVG) andere geeignete Personen als Sachverständige (nicht amtliche Sachverständige) heranziehen. Auch in diesem Fall sind jedoch die Gebühren vom Sachverständigen bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen herangezogen hat; die Gebühr ist auch von dieser zu bestimmen (§ 53a Abs. 1 AVG in der Fassung BGBl. Nr. 52/1991 bzw. § 53a Abs. 1 und Abs. 2 erster Halbsatz AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998). Die Geltendmachung eines Kostenersatzanspruches durch die Parteien (auf Refundierung der den Parteien entstandenen Kosten an diese) ist jedoch im Gesetz nicht vorgesehen. Selbst dann also, wenn man zu Gunsten des Beschwerdeführers davon ausgehen wollte, der in der erwähnten Kostennote verzeichnete Betrag sei dem Gebührenanspruch eines nicht amtlichen Sachverständigen (eine Bestellung der vom Beschwerdeführer ausgewählten Fachärztin zur nicht amtlichen Sachverständigen ist nicht aktenkundig und wird auch nicht behauptet) gleich zu halten, könnte einen derartigen Gebührenanspruch nicht der Beschwerdeführer geltend machen; ebenso wenig könnte dieser einen Ersatz des von ihm bereits gezahlten Honorars vor der Verwaltungsbehörde geltend machen.
Nichts anderes folgt aus § 76 AVG, auf dessen Abs. 5 (insbesondere) sich die Beschwerde im gegebenen Zusammenhang beruft; danach sind die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehenden Gebühren von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen die Behörde in der Angelegenheit gehandelt hat.
Die belangte Behörde hat daher den Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz mangels einer gesetzlichen Grundlage für einen solchen verwaltungsbehördlich zu erledigenden Kostenersatzanspruch zutreffend abgewiesen.
6. Wenn der Beschwerdeführer ferner erklärt, in seinem Recht auf vollständige Beurteilung des der erhobenen Berufung zu Grunde liegenden Sachverhaltes dadurch verletzt zu sein, dass die Behörde es unterlassen habe, den Verwaltungsakt vollständig beizuschaffen, und demnach nicht klar ersichtlich sei, wann welche Bescheide und Eingaben des Beschwerdeführers einer Erledigung zugeführt wurden und welche Begehren daher noch offen und welche schon erledigt seien, ist ihm zu entgegnen, dass es im Beschwerdefall eindeutig um die Nichtstattgabe eines bestimmtes Begehrens des Beschwerdeführers geht; ob andere Begehren des Beschwerdeführers noch offen oder schon erledigt sind, spielt in diesem Zusammenhang hinsichtlich der Möglichkeit, durch den bekämpften Bescheid in seinen subjektiven Rechten verletzt zu sein, keine Rolle.
7. Der Vollständigkeit halber sei noch festgehalten, dass das Nichtbestehen einer den Kostenersatz durch die Verwaltungsbehörden ermöglichenden Norm Ansprüche auf anderer Grundlage - etwa bereicherungsrechtlicher Art - grundsätzlich nicht ausschließt. Im Hinblick auf die zu Grunde liegende, vom Beschwerdeführer angesprochene öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehung anlässlich der Hafttauglichkeitsprüfung durch den Polizeiamtsarzt und dessen Aufforderung an den Beschwerdeführer, ein ärztliches Gutachten aus jüngster Zeit beizubringen, sei auch auf die allenfalls bestehende Zuständigkeit nach Art. 137 B-VG hingewiesen.
8. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1997, Zl. 97/19/0981, mwN) als unbegründet abzuweisen.
9. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 14. März 2001
Schlagworte
Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren Inhalt der Berufungsentscheidung Kassation Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000170141.X00Im RIS seit
26.07.2001