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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ASVG §70 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des P in Möllersdorf, vertreten durch Dr. Maria-Christina Engelhardt, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Schellinggasse 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 4. November 1998, Zl. MA 15-II-F 12/98, betreffend Erstattung von Überschreitungsbeträgen aus der Mehrfachversicherung in der Pensionsversicherung nach § 70 ASVG (mitbeteiligte Partei: Wiener Gebietskrankenkasse, 1103 Wien, Wienerbergstraße 19), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-
- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse wird abgewiesen.
2.
Die Anträge
"1.)
auf sofortige Erstattung meiner Versicherungsbeiträge nach § 70 ASVG für die Jahre 1993 und 1994.
2.) auf die bankübliche Verzinsung für nicht genehmigte Überziehung aller mir seit dem Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales zu spät erstatteten Beiträge zu Sozialversicherung und der § 70 ASV-Erstattungen.
3.) auf Rücknahme der nachträglichen Korrektur für das Jahr 1988."
werden zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Einspruch des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 2. Jänner 1998, womit sein Antrag vom 14. Oktober 1995 (eingelangt bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse am 17. Oktober 1995), ihm die in den Jahren 1993 und 1994 geleisteten und auf den jeweiligen Überschreitungsbetrag über der Höchstbeitragsgrundlage entfallenden Beiträge zur Pensionsversicherung zu erstatten, abgewiesen wurde, als unbegründet ab und bestätigte den bekämpften Bescheid. In der Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens aus, nach § 70 Abs. 2 ASVG könne der Beschwerdeführer bei sonstigem Ausschluss bis 31. Jänner eines jeden Kalenderjahres für im Vorjahr fällig gewordene Beiträge bei einem der beteiligten Versicherungsträger den Antrag stellen, ihm den auf den Überschreitungsbetrag entfallenden Beitrag oder den gemäß § 77 Abs. 2 zur Höherversicherung nicht angerechneten Beitrag zu erstatten. Gemäß dem auch im Verfahren vor den Versicherungsträgern in Verwaltungssachen anzuwendenden § 13 Abs. 2 AVG seien Anbringen, die an eine Frist gebunden seien oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt werde, schriftlich einzubringen. Nach der Judikatur gelte der Grundsatz der freien Formwahl von vornherein nicht für befristete oder den Lauf einer Frist auslösende Anbringen. Diese könnten zulässigerweise nur schriftlich eingebracht werden.
Bei dem in § 70 Abs. 2 ASVG genannten Antrag handle es sich eindeutig um einen fristgebundenen Antrag. Für das Jahr 1993 bzw. 1994 hätte daher der Antrag spätestens am 31. Jänner 1994 bzw. 31. Jänner 1995 bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse einlangen müssen. Eine schriftliche Antragstellung zu diesen Terminen sei vom Beschwerdeführer jedoch nicht einmal behauptet worden. Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, die Antragstellung sei mündlich erfolgt, weil die Schriftform nicht erforderlich sei. Ein schriftlicher Antrag sei erstmals am 17. Oktober 1995 bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse eingelangt. Aus der Bestimmung des § 70 Abs. 2 ASVG ergebe sich, dass bei nicht rechtzeitiger Antragstellung der Anspruch auf Beitragsrückerstattung erlösche. Anlässlich der erstmaligen schriftlichen Antragstellung am 14. Oktober 1995 habe daher kein Anspruch auf Beitragsrückerstattung für die Jahre 1993 und 1994 mehr bestanden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer wendet gegen die Auffassung der belangten Behörde, der Antrag nach § 70 Abs. 2 ASVG sei schriftlich und für das Jahr 1993 spätestens bis 31. Jänner 1994 bzw. für das Jahr 1994 spätestens bis 31. Jänner 1995 einzubringen, ein, bei dieser Antragsfrist könne es sich lediglich um eine "administrative Fristbegrenzung" handeln. Ein Verfahrensfehler könne nichts an der Rechtmäßigkeit seines Begehrens ändern.
Diesen Ausführungen ist nicht zu folgen. Was der Beschwerdeführer unter einer "administrativen Fristbegrenzung" versteht, bleibt mangels Ausführungen in der Beschwerde dunkel. Der Beschwerdeführer setzt sich mit diesen Ausführungen aber über den Wortlaut des § 70 Abs. 2 ASVG hinweg. Dieser normiert, dass der Versicherte bei "sonstigem Ausschluss bis 31. Jänner eines jeden Kalenderjahres für im Vorjahr fällig gewordene Beiträge" bei einem der beteiligten Versicherungsträger den Antrag stellen könne, ihm den auf den Überschreitungsbetrag (Abs. 1) entfallenden Beitrag oder den gemäß § 77 Abs. 2 zur Höherversicherung nicht anrechenbaren Beitrag zu erstatten, wobei der halbe Beitragssatz nach Abs. 1 anzuwenden ist. Bei dieser Frist handelt es sich nach ihrem unmissverständlichen Wortlaut um eine Präklusivfrist, mit deren Ablauf der Rechtsanspruch auf die Beitragserstattung erlischt. Die belangte Behörde hat daraus zutreffend gefolgert, dass der Antrag nicht nur fristgemäß sondern gemäß § 13 Abs. 2 AVG auch schriftlich einzubringen ist. Der Beschwerdeführer stellt aber nicht in Abrede, dass der gegenständliche schriftliche Antrag vom 14. Oktober 1995 stammt und bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse erst am 17. Oktober 1995 eingelangt ist. Damit hat der Beschwerdeführer aber die Voraussetzungen der genannten Gesetzesstelle nicht erfüllt.
Mit § 70 Abs. 1 und 2 ASVG wird die fristgebundene Ausübung eines Wahlrechtes des Versicherten in der Pensionsversicherung eingeräumt, ob er eine Rückerstattung der auf den Überschreitungsbetrag entfallenden Beiträge wünscht oder ob er es bei der Anrechnung auf die Höherversicherung bewenden lässt. Die normierte Präklusivfrist begrenzt die Dauer des Rechtes auf Rückerstattung der genannten Beiträge. Damit wird es aber ausgeschlossen, die Versäumung der Frist auszugleichen (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, § 13a AVG, ENr. 49). Es kann daher auf sich beruhen, ob nach der Lage des Falles ein mündlicher Antrag gestellt wurde und ob damals eine Verletzung der Manuduktionspflicht stattgefunden hat. Durch die behauptete Unterlassung der Anleitung und Belehrung durch die Mitbeteiligte bei der angeblichen mündlichen Antragstellung wurde dem Beschwerdeführer die Ausübung dieses Wahlrechtes genommen. Darin liegt aber kein sozialversicherungsrechtlicher Nachteil, sodass auch die Herstellung einer res integra im Wege eines allfälligen sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ausscheidet. Es ist daher auch nicht zu untersuchen, ob die Verletzung der Manuduktionspflicht des Sozialversicherungsträgers überhaupt einen solchen Anspruch - analog zur Rechtsprechung in der BRD (vgl. dazu Krasney in FS Walter Schwarz, 383ff) - auch nach österreichischem Recht begründen könnte.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die mit Spruchpunkt 2. genannten Anträge des Beschwerdeführers waren mangels Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zu einer Entscheidung solcher Art zurückzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen mitbeteiligten Partei steht ein Schriftsatzaufwand nicht zu.
Wien, am 14. März 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998080411.X00Im RIS seit
13.06.2001