Der Berufung wird gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) F o l g e gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) eingestellt.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 29. Februar 2008, **S2-S-07****, wurde über den Beschuldigten F. B. wegen einer Übertretung nach § 7 VStG iVm § 366 Abs. 1 Z 1 GewO gemäß ?§ 366 Abs. 1 Z 1 GewO? eine Geldstrafe von ? 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 8 Tage) verhängt und ihm die Tragung eines anteiligen Kostenbeitrages zum erstinstanzlichen Verfahren in Höhe von ? 80,-- auferlegt.
In diesem Straferkenntnis wird dem Beschuldigten die Verwaltungsübertretung wie folgt angelastet:
?Tatbeschreibung:
Sie haben als Geschäftsführer und damit als zur Vertretung nach außen Berufener der Firma S. R. Limited mit dem Sitz in B*********, ** G*******************, sowie einer Zweigstelle in **** W***, W*********** 25, vorsätzlich veranlasst, dass J. O. und M. F. O. eine Verwaltungsübertretung begehen, da diese am 20.09.2007 von 09.00 Uhr bis 12.30 Uhr in **** X, S***************** 29, Gasthaus ?H**********?, öffentliches Lokal, im Namen der Fa. F. B.? S. R. und auf Ihren Auftrag hin eine Werbeverkaufsveranstaltung vor etwa 35 bis 40 anwesenden Gästen durchgeführt und Bestellungen über 4 Matratzen zu einem Einzelpreis von ? 998,00 von Privatpersonen zur Weiterleitung entgegengenommen haben und somit das Handelsgewerbe ausgeübt haben, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.?
In der dagegen erhobenen Berufung vom 27. März 2008 weist der nunmehr rechtsfreundlich vertretene Berufungswerber darauf hin, dass ihm das gegenständliche Straferkenntnis erst am heutigen Tag zugegangen sei, die Anschrift W*********** 25, **** W***, sei nicht Anschrift der Firma S. R. Limited, vielmehr habe dieses Unternehmen ihren Geschäftssitz in der L******************** 88, **** W***. Auch der Beschuldigte habe keinen Sitz an der Adresse W*********** 25 in W***. Demnach sei ihm das Straferkenntnis in Folge der (versuchten) Zustellung an eine ihm nicht zurechenbare Adresse erst am 27. März 2008 tatsächlich zugegangen.
Im Übrigen sei ihm nicht bekannt, ob die Herren J. O. und M. F. O. am 20.09.2007 in X eine Veranstaltung durchgeführt haben und auf dieser Veranstaltung Bestellscheine über vier Matratzen von Privatpersonen unterschreiben lassen haben. Daher sei auch der Vorwurf, der Beschuldigte habe die beiden Genannten vorsätzlich veranlasst, eine Verwaltungsübertretung zu begehen unzutreffend und werde bestritten. Der Beschuldigte habe die beiden genannten Herren zu keiner Zeit veranlasst auf einer Werbeverkaufsveranstaltung Bestellungen über vier Matratzen zu einem Einzelpreis von ? 998,-- von Privatpersonen zur Weiterleitung entgegen zu nehmen. Außerdem habe der Beschuldigte zu keiner Zeit Einfluss auf die Durchführung von Veranstaltungen genommen. Die im Straferkenntnis genannte Firma ?F. B.? S. R.? könne im Übrigen nicht zugeordnet werden und sei eine Firma unter diesem Namen nicht bekannt. Der Beschuldigte habe außerdem seinen Wohnsitz in Deutschland, weshalb eine Zustellung des Straferkenntnisses an eine Anschrift, an der dieser nicht seinen Wohnsitz habe, mit den Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention in ?keinster? Weise vereinbar. Dies gelte vor allem im Hinblick auf die europarechtlich wohl kaum haltbaren kurzen Rechtsbehelfsfristen von 14 Tagen gegen ein österreichisches Straferkenntnis. Ferner sei der Rechtsbehelfsbelehrung nicht zu entnehmen, wo die Berufung eingelegt werden müsse. Schließlich stelle sich noch die Frage, ob der in der Tatbeschreibung zu Grunde gelegte Sachverhalt überhaupt nach österreichischem Recht geahndet werden könne, würde dies doch voraussetzen, dass die behauptete vorsätzliche Veranlassung in Österreich vom Beschuldigten begangen worden sei. Hiefür würden aber überhaupt keinerlei Anhaltspunkte bestehen. Für eine in Deutschland begangene Tat dürfte aber dem österreichischen Staat wohl kein Strafrechtsmandat gegenüber dem Beschuldigten zustehen. Letztlich werde auch bestritten, dass eine Schädigung oder Gefährdung eingetreten sei, bzw. die vorgeworfene Tat nachteilige Folgen nach sich gezogen habe. Es werde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.
Mit Schreiben des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ vom 09. April 2008 wurde der Beschuldigte davon in Kenntnis gesetzt, dass die Berufungserhebung nach der Aktenlage verspätet erfolgt ist und ihm eine Stellungnahmemöglichkeit innerhalb einer Frist von zwei Wochen eingeräumt.
Mit Schreiben vom 19. Mai 2008 hat der Berufungswerber dazu vorgebracht, dass die Zustellung des Straferkenntnisses an einen Mitbewohner der Abgabestelle **** W***, W*********** 25, unzulässig gewesen sei, da diese Person keinerlei Befugnis gehabt habe, Briefe des Beschuldigten in Empfang zu nehmen. Eine wirksame Zustellung liege daher mit der Übergabe an die nicht empfangsberechtigte Person nicht vor. Tatsächlich habe der Beschuldigte das Straferkenntnis erst am 27. März 2008 erhalten, weshalb die Rechtsmittelfrist somit gewahrt sei.
Zu diesem Vorbringen, zur Berufung, dem Inhalt des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafaktes und zu der vorgenommenen Tatanlastung im Spruch des Straferkenntnisses stellt der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ in rechtlicher Hinsicht Folgendes fest:
Vorweg ist zur Frage der Rechtzeitigkeit der Berufungserhebung von folgendem unbestrittenen Sachverhalt auszugehen:
Das gegenständliche Straferkenntnis ist mittels RSb-Brief an den Beschuldigten unter der Adresse ?W*********** 25, **** W***? abgefertigt worden. Nach der im Verwaltungsakt einliegenden Übernahmebestätigung vom 06.03.2008 ist die Sendung von einem ?Mitbewohner der Abgabestelle? übernommen worden und diese Übernahme durch Beifügung einer Unterschrift bestätigt worden.
Nach der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses stützt die Behörde erster Instanz ihre Auffassung, dass die Zustellung an die vorgenannte Adresse rechtswirksam sei, auf einen Brief des Beschuldigten vom 18.09.2007 an das Landeskriminalamt NÖ, in welchem angegeben ist, dass der Sitz der Firma S. R. in **** W***, W*********** 25, sei. Es liege daher ? nach der Ansicht der Behörde erster Instanz gemäß § 2 Z 5 Zustellgesetz an dieser Adresse eine Abgabestelle vor, an der rechtsgültig zugestellt werden könne.
Gemäß § 2 Z 5 Zustellgesetz in der Fassung vor BGBl. I 2008/5 bedeutet der Begriff ?Abgabestelle?: Die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort, oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort.
Da die gegenständliche RSb-Sendung, mit welcher das Straferkenntnis abgefertigt worden ist, im Adressfeld keinen Hinweis auf ein Unternehmen enthält, als deren Vertreter der Beschuldigte Adressat an deren Firmensitz ist, scheidet der Firmensitz der Firma ?S.-R.? als Abgabestelle für eine Sendung, die ausschließlich an die natürliche Person ?B. F., geb. 19**? gerichtet ist, aus.
Aber auch durch das im angefochtenen Straferkenntnis zitierte Schreiben des Beschuldigten vom 18. 09. 2007 an das Landeskriminalamt NÖ konnte nicht wirksam eine Abgabestelle an der gegenständlichen Adresse für das vorliegende Verfahren begründet werden, weil sich das besagte Schreiben nicht an die das Verwaltungsstrafverfahren führende Behörde richtet bzw. zu einem Zeitpunkt verfasst bzw. abgesendet worden ist, zu dem das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren noch nicht einmal eingeleitet gewesen ist (vgl. Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22. Jänner 2008).
Vor diesem Hintergrund erweist sich somit der vom Beschuldigten behauptete Zustellmangel als zutreffend und ist im Hinblick auf die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Zustellgesetz von einer Heilung dieses Zustellmangels in dem Zeitpunkt auszugehen, in dem die besagte Sendung dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Der Darstellung des Beschuldigte, dass ihm das Straferkenntnis erst am 27. März 2008 tatsächlich zugekommen ist, kann in diesem Zusammenhang nicht entgegen getreten werden bzw. erscheint dieses Vorbringen auch nicht unplausibel, sodass unter Berücksichtigung der dargestellten Umstände die Berufungserhebung als fristgerecht anzusehen ist.
In der Sache selbst hat die Berufungsbehörde Folgendes erwogen:
Gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu ? 3.600,-- zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
Gemäß § 7 VStG unterliegt, wer vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.
Nach der Tatanlastung im angefochtenen Straferkenntnis geht die Behörde erster Instanz davon aus, dass durch J. O. und M. F. O. eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z 1 GewO (unbefugte Gewerbeausübung) zu der im Straferkenntnis angeführten Tatzeit (20.09.2007 von 09.00 Uhr bis 12.30 Uhr) gesetzt worden ist. Dem Beschuldigten wird als Geschäftsführer und damit als dem zur Vertretung nach außen Berufenen der Firma S. R. Limited mit dem Sitz in B*********, ** G*******************, sowie einer Zweigstelle in **** W***, W*********** 25, zur Last gelegt, die beiden vorgenannten Männer vorsätzlich veranlasst zu haben, die besagte Verwaltungsübertretung (unbefugte Gewerbeausübung) zu begehen.
Eine solche Anstiftung nach § 7 VStG setzt voraus, dass die angestifteten beiden Männer überhaupt ein Verhalten gesetzt haben, welches unter den Tatbestand des § 366 Abs. 1 Z 1 GewO zu subsumieren ist. Dies bedeutet, dass diese eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt haben, was dann der Fall ist, wenn sie diese selbständig, regelmäßig und in der Absicht betreiben, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.
Im vorliegenden Fall wird das Verhalten der beiden Angestifteten damit umschrieben, dass sie am ?20.09.2007 von 09.00 Uhr bis 12.30 Uhr in **** X, S***************** 29, Gasthaus ?H**********?, öffentliches Lokal, im Namen der Firma F. B.? S. R. und auf Auftrag des Beschuldigten hin eine Werbeverkaufsveranstaltung vor etwa 35 bis 40 anwesenden Gästen durchgeführt und Bestellungen über vier Matratzen zu einem Einzelpreis von ? 998,-- von Privatpersonen zur Weiterleitung entgegen genommen hätten und somit das Handelsgewerbe ausgeübt hätten, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben?.
Eine Tätigkeit aber, die in fremdem Namen und somit wohl auch auf fremde Rechnung durchgeführt wird, erfüllt nicht das Kriterium der Selbständigkeit, weshalb schon aus diesem Grunde das Tatbild einer unbefugten Gewerbeausübung durch die beiden im Spruch Genannten nicht erfüllt sein kann.
Da aber Anstiftung und Beihilfe nur dann strafbar sind, wenn der unmittelbare Täter das Tatbild hergestellt hat, das der übertretenen Vorschrift entspricht, (VwGH 04.02.1960, Sammlung 5194A, 20.10.1976, Sammlung 9159A) war sohin, ohne auf das weitere Berufungsvorbringen im Einzelnen einzugehen, der Berufung Erfolg zu bescheiden und spruchgemäß zu entscheiden.