Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1997 §23;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des am 9. Mai 1974 geborenen WO in Graz, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 4. Dezember 1998, Zl. 206.353/0-XI/34/98, betreffend die §§ 7 und 8 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nigeria, reiste am 6. August 1998 in das Bundesgebiet ein und stellte am gleichen Tag den Antrag auf Gewährung von Asyl. Anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt gab er an, er sei seit 1992 Pastor der Gospel Church. Er habe seine Heimat verlassen, weil die Mitglieder der "Osopika Society" am 20. April 1998 zu ihm gekommen seien und ihm mitgeteilt hätten, dass sein verstorbener Vater Mitglied dieser Geheimgesellschaft gewesen sei. Sein Vater habe versprochen, dass er seinen Platz nach seinem Tod einnehmen werde. Er habe gesagt, dass er dies nie tun würde. Die Mitglieder der "Society" hätten ihm gesagt, er müsse Mitglied werden, ob er wolle oder nicht. Dafür müsse er 4 Menschenköpfe bringen und danach müsste Blutsbrüderschaft geschlossen werden. Die Mitglieder hätten immer rote Kleidung getragen und eine rote Maske im Gesicht gehabt. Er habe Angst vor ihnen gehabt. Es seien insgesamt 7 Personen gewesen, die zu ihm gekommen seien. Als er gesagt habe, dass er dies niemals machen würde, hätten sie ihn geschlagen und ihn mit einer kleinen Axt am Bein verletzt, als er aus dem Fenster habe flüchten wollen. Sie hätten gesagt, sie würden ihn umbringen, wenn er nicht mitmache. Er habe nur einen von diesen Männern, den besten Freund seines Vaters, gekannt. Nach diesem Vorfall sei er bewusstlos zurück geblieben. Als er aufgewacht sei, sei er im Haus von Reverend Jakub gewesen, dem er den Vorfall erzählt habe. Er habe ihm auch von der Absicht der Männer erzählt, ihn zu töten, weil er Widerstand geleistet habe. Der Reverend habe daraufhin in der Kirche Geld für ihn gesammelt und ihn nach Cotonou gebracht, wo er mit dem Schiff weg gefahren sei. Vorher habe er zwei Monate in Lagos verbracht. Diese Männer würden ihn mit magischen Mitteln suchen. Er sei auch in anderen Teilen des Landes nicht sicher, weil es überall in den Städten Mitglieder gäbe. Diese würden ihn mit schwarzer Magie finden. Bei einer Rückkehr in sein Heimatland würden ihn diese Mitglieder töten. Auch Polizisten und Soldaten seien Mitglieder.
Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 7. Oktober 1998 unter Spruchpunkt I den Asylantrag gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (AsylG), ab, und sprach unter Spruchpunkt II aus, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria sei gemäß § 8 AsylG zulässig. Die Angaben des Beschwerdeführers, wonach er seit 1992 Pastor einer christlichen Kirche gewesen sei, seien ebenso wenig glaubhaft, wie die Angaben über angebliche Verfolgung durch eine Geheimgesellschaft, was mit näher dargestellten Widersprüchlichkeiten und mit den vagen und unpräzisen Angaben des Beschwerdeführers zum Sachverhalt begründet wurde. Selbst wenn die Angaben des Beschwerdeführers über die Verfolgung durch eine Geheimgesellschaft mit magischen Praktiken den Tatsachen entsprächen, so stelle dies keinen asylrechtlichen relevanten Sachverhalt dar, weil jedenfalls davon auszugehen sei, dass dem Beschwerdeführer selbst im Falle einer tatsächlichen Verfolgung die Möglichkeit offen gestanden wäre, durch Verlegung seines Wohnsitzes einer möglichen Gefahr aus dem Wege zu gehen. Schließlich könne Schutz vor bösen Geistern, Flüchen, Aberglauben oder der Verfolgung durch eine Geheimgesellschaft mit magischen Mitteln auch nicht durch die Gewährung von Asyl erreicht werden. Der Beschwerdeführer habe auch keine Gründe dafür vorgebracht, dass ihm bei Rückkehr in seine Heimat seitens der Behörden unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohe. Selbst wenn sein Vorbringen über die Verfolgung durch die Geheimgesellschaft zutreffen würde, hätte er die Möglichkeit, sich mit dem Ersuchen um Schutz an die nationalen Behörden zu wenden.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und machte geltend, die Behörde habe sich nicht mit den Gepflogenheiten der Geheimgesellschaft bzw. des Voodoo in Nigeria auseinander gesetzt. Die Angst vor dieser Macht könne von der Behörde daher nicht nachvollzogen werden. Die Behörde habe sich auch nicht damit auseinander gesetzt, wie in derart gelagerten Fällen die Schutzpraxis der staatlichen Organe in Nigeria sei. Diese seien nicht gewillt und auch nicht in der Lage, Personen vor den Übergriffen der Geheimgesellschaften zu schützen, weil die Angst vor magischen Kräften enorm sei. Weil er als Sohn eines Mitgliedes der genannten Geheimgesellschaft nach dem Tode seines Vaters dessen Stellung einnehmen habe sollen und bei Verweigerung getötet werden müsse, weil sonst niemand anderer diese Stellung einnehmen könne, sei seine Angst vor Verfolgung asylrelevant, wobei sich die Verfolgung auf das gesamte Staatsgebiet Nigerias erstrecke. Viele Regierungsmitglieder und auch Polizisten seien Mitglieder der Geheimgesellschaft und niemand würde im Fall einer Anzeige eingreifen. Die Behörde habe daher ihrer Ermittlungspflicht nicht entsprochen. Er könne mit Sicherheit nicht nach Nigeria zurück kehren, weil er dort vor den Übergriffen der Mitglieder der Geheimgesellschaft keinen Schutz durch die staatlichen Organe erhalten würde, und zwar in keinem Teil des Landes. Seine Rückkehr wäre mit einem Todesurteil gleich zu setzen.
Die belangte Behörde hielt dem Beschwerdeführer während des Berufungsverfahrens mit Schriftsatz vom 30. November 1998 den Inhalt eines Berichtes der österreichischen Botschaft in Lagos über die Situation der Sekten in Nigeria vom 11. September 1997 vor. Aus diesem Bericht geht u.a. hervor, dass es sich - abgesehen von der Ogboni-Gesellschaft - bei den übrigen Sekten und Religionsgemeinschaften um lokal begrenzte handle, sodass Leute, die sich deren Einfluss entziehen wollten, fast überall in Nigeria ohne Furcht vor Verfolgung leben könnten. Gerade in Lagos bedürfe es nicht einmal großer Mühe, den Mitgliedern einer bestimmten Sekte aus dem Wege zu gehen. Eine Sekte namens "Osopika" sei unbekannt und es habe auch trotz entsprechender Ermittlungen keine entsprechenden Anhaltspunkte für ihr Existenz gefunden werden können.
Der Beschwerdeführer erklärte mit Schriftsatz vom 4. Dezember 1998 dazu, es sei verständlich, dass es keine verfügbaren Informationen über die Kultgemeinschaft Osopika gebe, weil es in der Natur der Sache liege, dass solche Sekten nicht publik sein wollten. Selbst über die Ogboni-Sekte gebe es so gut wie keine Informationen. Der Einfluss von Geheimgesellschaften in Nigeria sei jedoch ein sehr großer und hätten diese nicht nur an den Universitäten, sondern vor allem in Militär und Polizei stark an Macht gewonnen. Alle strategisch wichtigen Positionen würden von solchen Leuten besetzt, die wieder Mitglieder ihrer Sekte an wichtige Aufträge und Posten gelangen ließen. Diese Verflechtung diene vor allem wirtschaftlichen Zwecken, doch seien auch die religiösen Motivationen nicht zu unterschätzen, weil diese Leute bis zum (Mehrfach)Mord gingen, um ihre Kultgemeinde zu festigen. In seinem Fall sei ihm befohlen worden, 4 (menschliche) abgeschnittene Köpfe zu bringen, um integriert zu werden; die Mitglieder hätten geschworen, dass sie ihn mit ihren Kräften überall aufspüren könnten und er für immer an sie gebunden sei. Zum Vorhalt, er hätte sich auch innerhalb von Lagos verstecken können, sei zu bemerken, dass "Osopika" auch in Lagos tätig sei und er jederzeit Gefahr laufe, einem Mitglied in die Hände zu fallen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 4. Dezember 1998 wurde die Berufung des Beschwerdeführers zum einen gemäß § 7 AsylG abgewiesen, zum anderen wurde gemäß § 8 AsylG in Verbindung mit § 57 des Fremdengesetzes festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig sei. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der gesetzlichen Bestimmungen begründete die belangte Behörde Spruchpunkt I des Bescheides damit, dass die Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich der Person seines Vaters, seiner eigenen Person als auch hinsichtlich der Nachfolge in die Mitgliedschaft bei der Geheimorganisation mangels Vorliegens entsprechender Unterlagen einer Objektivierung nicht zugänglich seien bzw. bloße Behauptungen des Beschwerdeführers darstellten, die mangels Untermauerung durch entsprechende Bescheinigungsmittel in keiner Weise geeignet seien, die angeblich aktuelle Bedrohungssituation glaubhaft zu machen. Festzuhalten sei auch, dass der vom Beschwerdeführer geschilderte Sachverhalt im Wesentlichen jenem gleiche, der einem näher zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes sowie zwei näher zitierten Bescheiden der belangten Behörde zu Grunde gelegen sei, sodass Zweifel an der Authentizität der Schilderung der Ereignisse anzumerken seien. Aus dem Gesagten ergebe sich, dass an der Glaubwürdigkeit der Darstellungen des Beschwerdeführers erhebliche Zweifel bestünden.
Selbst dann, wenn man die vom Beschwerdeführer dargestellte Bedrohung seiner Person als glaubhaft gemacht ansehen würde, also im für den Beschwerdeführer bestmöglichen Fall, wäre es keine der Genfer Flüchtlingskonvention subsumierbare Bedrohung, weil sie nicht dem Staat zuzurechnen wäre. Es ergebe sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers nämlich nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, dass die von ihm beschriebene Gefahr, Bedrohung bzw. Verfolgung vom Staat ausgegangen oder zumindest gebilligt worden sei. Eine Gefahr, Bedrohung bzw. Verfolgung aber, die lediglich von Privatpersonen (und sei es auch in Gestalt einer Geheimorganisation) ausgehe, vermöge unter die Bestimmungen der Flüchtlingskonvention nicht subsumiert zu werden. Keine Verfolgung könne ferner in drohender Beeinträchtigung durch magische Praktiken bzw. paranormale Phänomene erblickt werden. Voraussetzung einer Verfolgungsgefahr im Sinne der Flüchtlingskonvention sei darüber hinaus, dass die (direkte oder indirekte) staatliche Verfolgung auf Grund bestimmter Eigenschaften des Asylwerbers erfolge; werde jedoch die Verfolgungshandlung ausschließlich etwa durch die religiöse Überzeugung des Täters geleitet, so vermöge eine asylrelevante Verfolgung nicht erkannt zu werden. Vielmehr seien derartige Übergriffe - mögen sie auch religiös motiviert sein - nicht anders zu beurteilen als solche gewöhnlicher Krimineller bzw. krimineller Organisationen. Zum staatlichen Schutz vor der besagten Geheimorganisation sei anzumerken, dass weder der Berufungsbehörde entsprechende Hinweise vorlägen noch solche vom Berufungswerber hätten bescheinigt werden können. Nicht einmal die Charakterisierung eines Geheimbundes als gesellschaftsbeherrschend könne aber dahin verstanden werden, dass der Heimatstaat generell infolge Fehlens einer funktionierenden Staatsgewalt nicht in der Lage sei, derartige Verfolgungsmaßnahmen zu verhindern. Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die nigerianische Regierung versuche, das Sektenunwesen in den Griff zu bekommen und es zuletzt vermehrt zu Verhaftungen militanter Sektenmitglieder durch die Sicherheitsorgane gekommen sei. Schließlich wäre es dem Berufungswerber auch möglich und zumutbar gewesen, sich in einen anderen Landesteil zu begeben und dort vor Verfolgung durch Dritte sicher zu sein. Der Umstand, dass er dort niemanden kenne, vermöge die Sicherheit in anderen Landesteilen nicht in Frage zu stellen.
Zu Spruchpunkt II führte die belangte Behörde aus, dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen, eine aktuelle Bedrohungssituation glaubhaft zu machen; dies gelte auch für die aus dieser nicht glaubhaft gemachten Situation angeblich resultierenden Folgen. Darüber hinaus vermöge eine Bedrohung, die lediglich von Privatpersonen ausgehe weder den Tatbestand des § 57 Abs. 1 noch den des § 57 Abs. 2 FrG zu verwirklichen. Dass der Heimatstaat des Beschwerdeführers generell infolge Fehlens einer funktionierenden Staatsgewalt nicht in der Lage wäre, Verfolgungsmaßnahmen von Geheimgesellschaften zu verhindern, dafür lägen keine Anhaltspunkte vor.
Von einer mündlichen Verhandlung habe Abstand genommen werden können, weil der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung, in der der Berufungswerber keine neuen Tatsachenbehauptungen aufgestellt habe, zur Beurteilung ausreichend geklärt erschienen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Auf das Verfahren nach dem Asylgesetz 1997 findet das AVG Anwendung. Als besondere Bestimmung für das Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten sieht § 67d AVG grundsätzlich die Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor, zu welcher die Parteien und die anderen zu hörenden Personen zu laden sind. Nach dem Art. II Abs. 2 lit. d Z 43a EGVG ist auch auf das behördliche Verfahren des unabhängigen Bundesasylsenates das AVG anzuwenden, § 67d AVG jedoch mit der Maßgabe, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt erscheint. Dies ist dann der Fall, wenn er nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und nach schlüssiger Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz festgestellt wurde und in der Berufung kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt - erstmalig und mangels Bestehens eines Neuerungsverbotes zulässigerweise - neu und in konkreter Weise behauptet wird.
Die belangte Behörde hätte im vorliegenden Fall eine mündliche Verhandlung durchführen müssen, weil sie selbst ein Ermittlungsverfahren (hinsichtlich der Situation der Sekten in Nigeria) durchführte und gestützt auf dessen Ergebnisse zusätzliche, neue Sachverhaltsfeststellungen traf (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Juli 1999, Zl. 99/20/0156). Allerdings führt nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Aufhebung eines Bescheides, sondern nur eine solche, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Ist dies nicht offenkundig, obliegt es der beschwerdeführenden Partei, in der Beschwerde darzutun, inwiefern die belangte Behörde bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschrift zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Dies ist dem Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht gelungen.
Die belangte Behörde stützte die Abweisung des Asylantrages unter anderem auch darauf, dass für die Existenz der den Beschwerdeführer angeblich verfolgenden Sekte - trotz entsprechender Erhebungen - keine Anhaltspunkte hätten gefunden werden können. Dazu komme ein Bericht der österreichischen Botschaft in Lagos, aus dem u.a. hervorgehe, dass - bis auf die Ogboni-Sekte - alle anderen Sekten oder Geheimgesellschaften in Nigeria lokal begrenzt seien, sodass man sich im Inland dem Einfluss dieser Gesellschaften entziehen könne. Dem Beschwerdeführer sei somit eine innerstaatliche Fluchtalternative offen gestanden.
Zum Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative bringt die vorliegende Beschwerde vor, eine solche setze voraus, dass der Asylsuchende in den in Betracht kommenden Gebieten vor "politischer Verfolgung" hinreichend sicher sei und ihm jedenfalls dort auch keine anderen Nachteile und Gefahren drohten, die nach ihrer Intensität und Schwere einer asylerheblichen Rechtsgutbeeinträchtigung aus "politischen Gründen" gleichkomme, sofern "diese existenzielle Gefährdung an Herkunft so nicht bestünde". Dabei sei in jedem Fall davon auszugehen, dass hinsichtlich der Sicherheit vor "politischer Verfolgung" in diesen anderen Landesteilen der so genannte "herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab" anzulegen sei. Eine inländische Fluchtalternative scheide somit schon dann aus, wenn der Asylwerber an dem in Betracht kommenden Ort vor "politischer Verfolgung" nicht hinreichend sicher sei; es bedürfe insoweit keiner beachtlichen Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer "politischen Verfolgung". Gehe die Verfolgung unmittelbar vom Staat aus, sei das Bestehen einer inländischen Fluchtalternative die Ausnahme. Das Vorliegen ihrer "Voraussetzung" sei nur dann näher zu prüfen, wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür gebe, dass der Verfolgungsstaat ein "mehrgesichtiger" Staat sei. Dies bedeute allerdings nicht, dass die Behörde, die über die Verfolgung zu entscheiden habe, von einer sorgfältigen Aufklärung des Sachverhaltes gerade im Hinblick auf eine mögliche "Mehrgesichtigkeit" enthoben sei und sich mit der Feststellung begnügen dürfe, es gäbe keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes. Insofern sei der Ermittlungspflicht der Behörde besonderes Augenmerk zu schenken.
Diesen (in der Wortwahl auf die Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland und die Rechtsprechung deutscher Gerichte bezogenen) Beschwerdeausführungen ist ein Bezug zum gegenständlichen Beschwerdefall nicht zu entnehmen, nimmt der Beschwerdeführer doch ausschließlich auf Voraussetzungen für das Vorliegen einer inländischen Fluchtalternative vor einer - hier gar nicht geltend gemachten - politischen Verfolgung Bezug. Aber selbst wenn es sich dabei nur um ein Vergreifen im Ausdruck handeln und in Wahrheit von einer Verfolgung aus religiösen Gründen die Rede hätte sein sollen, sind die wiedergegebenen Ausführungen derart allgemein und unsubstantiiert gehalten, dass ihnen eine konkrete Bestreitung der Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer könne in jeder größeren Stadt bzw. in anderen Teilen Nigerias Schutz vor Verfolgung durch die von ihm genannte Sekte der "Osopika" finden, nicht entnommen werden kann.
Die Verfolgungsgefahr muss sich aber - um asylrelevant zu sein - auf das gesamte Staatsgebiet des Herkunftsstaates beziehen. Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen die Inanspruchnahme des Schutzes ihres Herkunftsstaates insoweit auch zumutbar ist, bedürfen sie nicht des Schutzes durch die beantragte Gewährung von Asyl. Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer ein Ortswechsel nicht zumutbar oder nicht möglich wäre, hat dieser nicht geltend gemacht und sind auch nicht hervorgekommen. Selbst wenn es die vom Beschwerdeführer genannte, ihn angeblich verfolgende Sekte tatsächlich geben sollte, könnte er sich daher - unter Zugrundelegung der nicht bestrittenen Aussagen des Botschaftsberichtes über die lokale Begrenztheit der Geheimgesellschaften - der Gefahr einer Verfolgung durch Verlegung seines Wohnsitzes entziehen.
Bereits aus diesem Grund erweist sich die Abweisung des Asylantrages (Spruchpunkt I) als frei von Rechtsirrtum.
Der Beschwerdeführer, der keinen Versuch einer Inanspruchnahme staatlichen Schutzes unternommen hat, ist auch weder der Feststellung der belangten Behörde, wonach der nigerianische Staat gegen das Sektenunwesen ankämpfe und somit gewillt sei, die von dort ausgehende Bedrohung hintanzuhalten, substantiiert entgegengetreten noch hat er - wie bereits dargestellt - die Feststellung, bei allen Sekten außer der Ogboni-Sekte handle es sich um lokal begrenzte Gemeinschaften, deren Einfluss man sich durch Ortswechsel entziehen könne, bekämpft. Es kann der belangten Behörde daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Ergebnis die Auffassung vertrat, im Falle des Beschwerdeführers sei wegen der Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit dem Eintritt eines Nachteiles gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 FrG 1997 zu rechnen. Gegen die Feststellung gemäß § 8 AsylG bestehen daher keine Bedenken.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. März 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1999200036.X00Im RIS seit
18.05.2001