B8 404.821-1/2009/3E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat gemäß § 61 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008, (AsylG) und § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51 durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Einzelrichterin über die Beschwerde des -XX-, StA. Serbien, vom 28.02.2009 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.02.2009, Zahl: 09 01.451-EAST Ost, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides richtet gemäß § 68 Abs. 1 AVG abgewiesen.
II. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wird -XX- aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Serbien ausgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Serbien, gehört der moslemisch albanischen Volksgruppe an und stellte am 04.02.2009 beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz.
Zuvor hatte der Beschwerdeführer am 09.11.2008 beim Bundesasylamt bereits einen ersten Antrag auf internationalen Schutz eingebracht. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.11.2008, Zl. 08 11.100-BAT, war der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien abgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien ausgewiesen worden.
Das Bundesasylamt traf in diesem Bescheid Feststellungen zur Situation in Serbien und führte begründend im Wesentlichen aus, dass die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Ermittlungen beziehungsweise die Einvernahme bei der Polizeistation wegen illegalem Grenzübertritt nach Ansicht des Bundesasylamtes keinesfalls eine Verfolgung im Sinne der GFK darstellen würden.
Als Fluchtgrund hatte der Beschwerdeführer in diesem ersten Asylverfahren angegeben, er sei von der serbischen Polizei zu einer Strafe von ¿ 1.800,--verurteilt worden. Sie hätten ihm einen Brief geschickt wonach er entweder die Strafe bezahlen oder ins Gefängnis gehen müsse. Grund für die Strafe seien die zwei Kühe des Beschwerdeführers gewesen, welche die Grenze zum Kosovo illegal überschritten hätten. Als der Beschwerdeführer die Kühe abgeholt habe und nach Serbien zurückgekommen sei, sei er angehalten und von der Polizei befragt worden. Wegen dieses Vorfalls sei er bestraft worden. Der Beschwerdeführer sei zur Polizei gegangen und habe gesagt, dass er momentan kein Geld habe um die Strafe zu bezahlen. In weiterer Folge habe er eine Ladung erhalten und fürchte nun, eine Ersatzfreiheitsstrafe antreten zu müssen. Deshalb habe er Serbien verlassen und sei nach Österreich gekommen. Im Zuge der damaligen Einvernahme am 17.11.2008 vor dem Bundesasylamt hatte der Beschwerdeführer ausdrücklich angegeben, kein Mitglied einer politischen Partei und kein Mitglied einer sonstigen Gruppierung zu sein.
Dieser Bescheid war dem Beschwerdeführer nachweislich am 19.11.2008 zugestellt worden, wurde innerhalb der Beschwerdefrist nicht bekämpft und ist somit in Rechtskraft erwachsen.
Am 04.02.2009 stellte der Beschwerdeführer beim Bundesasylamt neuerlich - den nunmehr Beschwerde gegenständlichen - Antrag auf internationalen Schutz.
Im Zuge der Erstbefragung bei der Polizeiinspektion Traiskirchen am 04.02.2009 gab der Beschwerdeführer an, er habe Österreich seit seiner Ausweisung nicht verlassen. Befragt zu seinem Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer aus, er halte seine Angaben vom ersten Antrag inhaltlich voll aufrecht und wolle aber hinzufügen, dass er vor circa zwei Wochen im Fernsehen einen Bericht über Serbien gesehen habe. In diesem Bericht sei gezeigt worden, dass bereits 11 Personen, welche während der Kriegszeit im Jahr 2000 bis 2001 aktiv beteiligt und der UCPMB angehört hätten, von der serbischen Polizei festgenommen worden seien. Er habe Angst, dass er bei einer Rückkehr nach Serbien ebenfalls von serbischen Polizisten festgenommen werde, da er ebenfalls dieser Gruppierung angehört habe.
Am 09.02.2009 wurde der Beschwerdeführer bei der Erstaufnahmestelle-Ost einvernommen und gab auf die Frage, warum er nun einen neuerlichen Asylantrag stelle, an, er habe am 02.02.2009 einen Brief bekommen, worin gestanden sei, dass er kein Recht mehr habe, in Österreich zu bleiben. Deshalb sei er nach Traiskirchen gekommen, um hier bleiben zu können und habe einen Asylantrag gestellt. Er dürfe nicht in die Heimat zurückkehren. Vor circa 3 Wochen seien 11 Personen von der serbischen Polizei festgenommen worden. Er habe Angst, dass die Polizei ihn auch festnehmen werde. Die festgenommenen Personen wären alle Ex-Soldaten von der UCK und einige wären auch noch bei der UCPMB. Der Beschwerdeführer sei auch Mitglied der UCPMB vom Jahr 2000 bis 2001 für die Verteidigung seiner Ortschaft -XX- gewesen. Deswegen habe er Angst, dass er auch festgenommen werde. Auf Nachfrage gab er an, dass er im Jahr 2001 seine Waffen bei den KFOR Truppen abgegeben und seither nichts mehr bei beziehungsweise für diese Gruppierung gemacht habe. Er habe jedoch keinen Mitgliedsausweis erhalten. Er sei zwar bewaffnet, aber nicht uniformiert gewesen. Die Soldaten der UCPMB hätten Mitgliedsausweise gehabt, diese seien auch uniformiert gewesen. Der Beschwerdeführer habe aber nur bei der Verteidigung seiner Ortschaft geholfen.
Auf den Vorhalt, weshalb der Beschwerdeführer im Vorverfahren mit keinem Wort erwähnt habe, dass er Mitglied der UCPMB gewesen sei, erwiderte der Beschwerdeführer, dass er gedacht habe, dass die Sache abgeschlossen sei. Sie hätten ihre Waffen bei der KFOR abgegeben und bis jetzt habe er auch keine Probleme deswegen gehabt.
Auf den Vorhalt, dass er bei der niederschriftlichen Einvernahme im Vorverfahren ausdrücklich danach gefragt worden sei, ob er Mitglied einer politischen Partei oder sonstigen Gruppierung sei oder gewesen sei, der Beschwerdeführer jedoch beides ausdrücklich verneint habe, erwiderte er, dass er gedacht habe, dass diese Sache abgeschlossen sei. Er habe damals seine Mitgliedschaft bei der UCPMB wissentlich nicht vorgebracht, er habe nichts davon gesagt.
Auf die Frage, woher die serbische Polizei wissen sollte, dass der Beschwerdeführer von 2000 bis 2001 für die UCPMB tätig gewesen sei, wenn er denn nie ein aktives Mitglied dieser Gruppierung gewesen sei, das heißt, auch keinen Mitgliedsausweis und auch keine Uniform gehabt habe, sondern lediglich von dieser Gruppierung mit Waffen ausgestattet worden sei, erwiderte der Beschwerdeführer, dass es eine Liste bei der serbischen Polizei gebe, auf der alle Namen der Personen stehen würden, die gegen die Polizei gekämpft hätten. Es befänden sich auch Namen aus seiner Ortschaft darauf. Auf Nachfrage gab er an, dass er sicher sei, dass er auch auf der Liste stehe. Es betreffe seine ganze Ortschaft.
Der Beschwerdeführer wurde weiters gefragt, woher er denn wisse, dass eine Liste mit diesen Namen existiere. Der Beschwerdeführer gab an, dass die UCPMB Mitglieder im Jahr 2000 gesagt hätten, dass es eine Liste gebe. Auf Nachfrage gab er an, dass es sich bei dieser Liste lediglich um eine Liste der UCPMB handle. Er wisse nicht, ob die Polizei eine Liste habe.
Auf den Vorhalt, dass er zuvor angegeben habe, dass eine Liste bei der serbischen Polizei existiere, auf welche die Namen der Personen stünden, die gegen die Polizei gekämpft hätten, und nun Widersprüchliches angebe, widersprach der Beschwerdeführer und sagte, er habe nicht gesagt, dass die serbische Polizei eine solche Liste habe. Er habe gemeint, dass er auf der Liste der UCPMB gewesen sei und deshalb von der Polizei festgenommen werde. Der Beschwerdeführer konnte nicht erklären, woher die Polizei von einer solchen Liste wissen sollte.
Der Beschwerdeführer gab an, keine Beweismittel für sein nunmehriges Vorbringen vorlegen zu können.
Auf Vorhalt, dass sein nunmehriges Vorbringen keinerlei glaubhaften Kern aufweise und er auch in seinem gesamten Vorverfahren mit keinem Wort erwähnt habe, dass er für die UCPMB tätig gewesen sei, sich auch in Widersprüche verwickelt habe, und daher der begründete Verdacht bestehe, dass er mit seinen nunmehrigen Vorbringen lediglich versuche, seinen Aufenthalt in Österreich zu verlängern, erwiderte der Beschwerdeführer, dass es eine Amnestie für die ehemaligen Kämpfer gegeben habe, deshalb habe er dies nicht vorher erwähnt. Als jetzt diese Personen festgenommen worden seien, habe er Angst bekommen, dass ihm auch etwas passieren würde, wenn er zurückkehre.
Am 12.02.2001 erhielt der Beschwerdeführer die Möglichkeit, im Zuge eines Rechtsberatungsgespräches volle Akteneinsicht in den gegenständlichen Verwaltungsakt zu nehmen. In der darauf folgenden. niederschriftlichen Einvernahme wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und gab darüberhinaus an, dass er Beweise vorlegen könne, dass er UCPMB Mitglied gewesen sei. Auf oftmalige Frage, welche Beweise er meine, erwiderte er lediglich mehrmals, es gebe Beweise. Nach mehrmaliger Fragewiederholung antwortete der Beschwerdeführer, er könne eine Bestätigung der Gemeinde -XX- besorgen; ehemalige Mitglieder der UCPMB könnten bezeugen, dass er Mitglied der UCPMB gewesen sei und so könne sich die Gemeinde davon überzeugen. Der Beschwerdeführer führte aus, dass die Serben, die sich auch in seinem Heimatdorf befinden würden, glauben könnten, dass er an Massakern teilgenommen habe und ihn festnehmen könnten. Auf die Frage, weshalb die Polizei das glauben sollte, erwiderte der Beschwerdeführer dass man den Serben nicht trauen könne. Auf die Frage, wieso die Polizei darauf kommen sollte, dass gerade der Beschwerdeführer an Massakern teilgenommen haben sollte, erwiderte dieser, er wisse es nicht. Er habe Angst, dass er wegen seiner Mitgliedschaft bei der UCPMB befragt, festgenommen und inhaftiert werden könnte. Nochmals zur Liste, welche im Jahr 2000 beziehungsweise 2001 von der UCPMB gemacht worden sei, befragt, gab der Beschwerdeführer zunächst an, er könne diese Liste besorgen, führte jedoch im Widerspruch dazu im Weiteren aus, er wisse gar nicht, wo sich diese Liste befinde. Diese Liste sei nicht veröffentlicht worden, der Beschwerdeführer habe jedoch Angst, dass diese Liste durch irgendwelche Spitzel der serbischen Polizei ausgehändigt werden könnte.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17.02.2009, Zl. 09 01.451-EAST Ost, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 04.02.2009 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I) und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien ausgewiesen (Spruchpunkt II.).
Das Bundesasylamt stellte in diesem Bescheid fest, dass sich die allgemeine maßgebliche Situation in Serbien im Vergleich zum Erstverfahren des Beschwerdeführers nicht zu seinen Ungunsten geändert habe und führte begründend zusammengefasst aus, dass der objektive und entscheidungsrelevanter Sachverhalt unverändert sei und somit entschiedene Sache im Sinne von § 68 AVG vorliege.
Mit Schreiben vom 28.02.2009 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass sich entgegen der Ansicht der belangten Behörde seit dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens die Situation des Beschwerdeführers sehr wohl geändert habe. Zu den ursprünglichen Fluchtgründen sei nunmehr hinzugekommen, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner vormaligen Mitgliedschaft zu UCPMB nunmehr in Gefahr sei. Circa zwei Wochen vor seiner neuerlichen Asylantragstellung habe der Beschwerdeführer dem Fernsehen einen Bericht entnehmen können, in welchem über die Festnahme von elf ehemaligen UCPMB Mitgliedern durch die serbische Polizei berichtet worden sei. Aufgrund dieses Berichts sei dem Beschwerdeführer bewusst geworden, dass er keinesfalls in sein Heimatland zurückkehren könne, da ihn dasselbe beziehungsweise ein ähnliches Schicksal wie diese Personen erwarten würde. Er habe auch im Zuge der letzten niederschriftlichen Einvernahmen angegeben, dass er Beweise hinsichtlich seiner vormaligen Mitgliedschaft und der daraus resultierenden gegen ihn gerichteten Verfolgungen beischaffen könne. Die letzte niederschriftliche Einvernahme sei am 12.02.2009 gewesen, es sei dem Beschwerdeführer keine Frist zur Erbringung von Beweismitteln eingeräumt worden. Er habe nunmehr am 25.02.2009 über Telefax eine Bestätigung erhalten und lege diese deshalb der gegenständlichen Beschwerde bei. Der Beschwerdeführer sei auch nicht näher zum erwähnten Fernsehbericht befragt worden. Feststellungen zur Lage des Heimatlandes seien dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht worden weshalb er das Prinzip des Parteiengehörs als verletzt ansehe.
Der Beschwerdeführer legte seiner Beschwerde einen zweiseitigen in albanischer Sprache verfassten Bericht als Beweismittel bei, der seitens des Asylgerichtshofes durch eine Dolmetscherin für die albanische Sprache in die deutsche Sprache übersetzt wurde. Als Aussteller dieses Berichtes datiert vom -XX- erscheint im Kopf des Schriftstückes der Menschenrechtsrat -XX-. Der vorgelegte Bericht lautet wie folgt:
(...) II. Der Asylgerichtshof hat über die Beschwerde vom 28.02.2009 wie folgt erwogen:
II.1. Zur aktuellen Situation in Südserbien wird bezüglich der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten jüngsten Festnahmen von ehemaligen UCK-Kämpfern Folgendes festgestellt:
Ereignisse in Südserbien am 26.12.2008
Serbische Polizeieinheiten haben 26.12.2008 im südserbischen Ort Presevo zehn ehemalige Mitglieder der albanischen "Befreiungsarmee Kosovos" (UCK) festgenommen. Den Verdächtigen werden Kriegsverbrechen und Gräueltaten an serbischen und anderen nicht-albanischen Zivilisten im Kosovo-Ort Gnjilane während des Krieges im Jahr 1999 angelastet.
Laut dem serbischen Innenminister Ivica Dacic verlief die Freitag früh gestartete und länger vorbereitete Aktion ohne Probleme. Die Polizeieinheiten hätten mit logistischer Unterstützung der Geheimdienste auf Grundlage einer Strafanzeige der serbischen Staatsanwaltschaft für Kriegsverbrechen gehandelt, erklärte Dacic. Die Anführer der UCK-Gruppe aus Gnjilane seien jedoch nicht in Serbien und weiterhin auf der Flucht.
Zur Gnjilane-Gruppe gehörten circa 100 Mitglieder aus Südserbien und Mazedonien.
Die Verbrechen in Gnjilane ereigneten sich nach dem Abzug der serbischen Sicherheitskräfte aus dem Kosovo. Konkret wird den Ex