Ein überraschendes Betreten der Fahrbahn gemäß § 76 Abs 1 StVO ist dann anzunehmen, wenn andere Straßenbenützer nicht mehr in der Lage sind, ihr eigenes Verhalten danach zu richten (vgl Pürstl, StVO12, Anm 2 zu § 76). Im vorliegenden Fall hätte die Gegnerin laut Unfallgutachten aber selbst unter Berücksichtigung ihrer überhöhten Geschwindigkeit bei gehöriger Aufmerksamkeit und Reaktion (die Erkennbarkeitsdistanz betrug 35 bis 40 m) den Zusammenstoß vermeiden können. Der Beschuldigte hatte bis zum Zusammenstoß drei Viertel der 6 m breiten Fahrbahn in leicht schräger Richtung in einer Zeitspanne von 2 bis 3,5 Sekunden gequert. In dieser Situation kann nicht mehr von einem überraschenden Betreten der Fahrbahn gesprochen werden.
Damit wäre dem Beschuldigten aber nicht eine Übertretung gemäß § 76 Abs 1 StVO, sondern eine solche gemäß § 76 Abs 5 StVO, wonach Fußgänger beim Überqueren der Fahrbahn den Fahrzeugverkehr nicht behindern dürfen, anzulasten gewesen.