TE Vfgh Beschluss 2009/3/2 B1186/07, V55/07

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Veröffentlicht am 02.03.2009
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Index

86 Veterinärrecht
86/01 Veterinärrecht allgemein

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
2. TierhaltungsV, BGBl II 486/2004

Leitsatz

Zurückweisung der Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags aufAnerkennung des beschwerdeführenden Vereins als "anerkannterkynologischer Verein" im Sinne der 2. Tierhaltungsverordnung mangelsBeschwer; Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung einermittlerweile außer Kraft getretenen Verordnungsbestimmung mangelsBetroffenheit

Spruch

I.       Der Antrag gemäß Art139 B-VG wird zurückgewiesen.

II.      Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit Schriftsatz vom 7. September 2006 wurde bei der

Bezirkshauptmannschaft Freistadt der Antrag gestellt, den einschreitenden Verein und seine näher bezeichneten Mitgliedsvereine als "anerkannte kynologische Vereine" gemäß Punkt 1.6. der Anlage 1 zur 2. Tierhaltungsverordnung 2004 (im Folgenden: 2. TierhaltungsVO), BGBl. II 486/2004 idF BGBl. II 26/2006, anzuerkennen.

Mit Schreiben vom 20. September 2006 wurde dieser Antrag von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt an das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen mit Ersuchen um Entscheidung vorgelegt. Mit Schreiben vom 19. Dezember 2006 teilte das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen mit, dass dem Bund in Tierschutzangelegenheiten gemäß Art11 B-VG nur die Gesetzgebungskompetenz zukomme, die Vollzugszuständigkeit - worunter auch eine Anerkennung falle - hingegen Landessache sei und als Behörde erster Instanz im Sinne des Tierschutzgesetzes, BGBl. I 118/2004, die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig sei. Schwierigkeiten mit dem Vollzug der Bestimmung hinsichtlich der "Anerkennung" kynologischer Vereine seien bekannt und man sei um eine sinnvolle Lösung bemüht.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 26. Februar 2007 wurde dem einschreitenden Verein - nicht in Bescheidform - mitgeteilt, dass für die Behörde weder aus dem Tierschutzgesetz samt Verordnungen noch aus anderen bundesgesetzlichen Bestimmungen zu entnehmen sei, in welcher Form und unter welchen Voraussetzungen eine Anerkennung als kynologischer Verein stattfinden könne.

In der Folge stellte der einschreitende Verein mit Schreiben vom 14. März 2007 beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (im Folgenden: UVS) einen Devolutionsantrag gemäß §73

AVG.

Der UVS wies im Devolutionsweg mit Bescheid vom 15. Mai 2007 den Antrag auf Anerkennung des einschreitenden Vereines und seiner Mitgliedsvereine als "anerkannte kynologische Vereine" iSd

2. TierhaltungsVO Anlage 1 Punkt 1.6. Abs2, BGBl. II 486/2004 idF BGBl. II 26/2006, als unzulässig zurück und begründete dies im Wesentlichen damit, dass mangels entsprechender Regelung ein Verfahren zur Anerkennung iSd Abs2 leg.cit. gesetzlich nicht vorgesehen sei.

2. Der einschreitende Verein richtet gegen diesen Bescheid einerseits eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde (vgl. dazu unten unter IV.), andererseits stellt er auch einen auf Art139 B-VG gestützten Individualantrag, "Punkt 1.6. Absatz 2 der Anlage 1 der

2. Tierhaltungsverordnung", BGBl. II 486/2004 idF BGBl. II 26/2006, aufzuheben.

Zur Frage seiner Antragslegitimation führt der einschreitende Verein ua. aus, durch die angefochtene Verordnung bestehe die Vorschrift, dass zur Ausbildung fremder Hunde nur Personen zugelassen seien, die eine einschlägige Ausbildung und Prüfung durch einen anerkannten kynologischen Verein nachwiesen. Gleichzeitig werde diese Anerkennung verweigert. Für den Fall von Ausbildungshandlungen an fremden Hunden müsse allenfalls mit der Verhängung von Verwaltungsstrafen gerechnet werden. Es stehe auch kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, sich gegen die rechtswidrige Verordnung zur Wehr zu setzen, sodass die Antragslegitimation gegeben sei.

3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

4. Die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend legte ebenso Verwaltungsakten vor und erstattete eine Äußerung, in der sie beantragt, den "Individualantrag (die Beschwerde)" mangels Vorliegen der Prozessvoraussetzungen zurückzuweisen, in eventu "den Individualantrag bzw. die Beschwerde" abzuweisen.

5. Mit Eingabe vom 29. Jänner 2008 legte der einschreitende Verein die am 21. Dezember 2007 kundgemachte Novellierung des Punktes 1.6. Abs2 der Anlage 1 der 2. TierhaltungsVO durch BGBl. II 384/2007 vor. Darin wird nunmehr explizit geregelt, dass

über "die gemäß Abs1 erforderliche Sachkunde ... jedenfalls

Diensthundeführer, Trainer des Österreichischen Kynologenverbandes, Trainer der Österreichischen Hundesportunion, Trainer des Österreichischen Jagdhundegebrauchsverbandes" verfügen. Der einschreitende Verein ersuchte zugleich um Prüfung, inwieweit die Änderung der Verordnung nicht als Anerkennung der Beschwerdeausführungen angesehen werden könne und stellte den Antrag auf Kostenzuspruch für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof zum Ergebnis einer Klaglosstellung durch die Behörde kommen sollte.

II. Die in den vorliegenden Verfahren maßgeblichen Bestimmungen

lauten insbesondere wie folgt (die mit Individualantrag bekämpfte Bestimmung ist hervorgehoben):

1. Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend über die Haltung von Wirbeltieren, die nicht unter die

1. Tierhaltungsverordnung fallen, über Wildtiere, die besondere Anforderungen an die Haltung stellen und über Wildtierarten, deren Haltung aus Gründen des Tierschutzes verboten ist

(2. Tierhaltungsverordnung), BGBl. II 486/2004 idF BGBl. II 26/2006:

"Anlage 1: Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren

...

1.6. Hundeausbildung

(1) Zur Ausbildung fremder Hunde sind nur solche Personen berechtigt, die nachweislich über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen und die den Anforderungen des §12 TSchG entsprechen.

(2) Über die gemäß Abs1 erforderliche Sachkunde verfügen jedenfalls Diensthundeführer und Personen, die eine einschlägige Ausbildung und Prüfung durch einen anerkannten kynologischen Verein oder einer vergleichbaren in- oder ausländischen Organisation nachweisen.

(3) ..."

2. 2. TierhaltungsVO, BGBl. II 486/2004 idF BGBl. II 384/2007:

"Anlage 1: Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren

...

1.6. Hundeausbildung

(1) Zur Ausbildung fremder Hunde sind nur solche Personen berechtigt, die nachweislich über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen und die den Anforderungen des §12 TSchG entsprechen.

(2) Über die gemäß Abs1 erforderliche Sachkunde verfügen jedenfalls Diensthundeführer, Trainer des Österreichischen Kynologenverbandes, Trainer der Österreichischen Hundesportunion, Trainer des Österreichischen Jagdhundegebrauchsverbandes sowie Personen, die eine vergleichbare einschlägige Ausbildung und Prüfung durch eine sonstige in- oder ausländische Organisation nachweisen.

(3) ..."

III. Der Individualantrag erweist sich als nicht zulässig:

1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss VfSlg. 8058/1977 unter Hinweis auf VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 (letzter Satz) B-VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art139 Abs1 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11.684/1988, 14.297/1995, 15.349/1998, 16.345/2001 und 16.836/2003).

2. Der Verordnungsprüfungsantrag ist in diesem Fall zurückzuweisen, weil die angefochtene Bestimmung in der Zwischenzeit novelliert wurde, für die Rechtssphäre des antragstellenden Vereins eine die Antragstellung rechtfertigende unmittelbare Wirkung nicht (mehr) entfalten kann und demnach dem antragstellenden Verein insoweit die - nicht bloß im Zeitpunkt der Einbringung des Individualantrages, sondern auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs hierüber - erforderliche Betroffenheit durch diese bereits außer Kraft getretene Vorschrift und damit die Legitimation zu deren Anfechtung fehlt (vgl. VfSlg. 13.057/1992, 13.794/1994, 14.313/1995 und 16.280/2001).

IV. Die Beschwerde erweist sich als nicht zulässig:

1. Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Beschwerdelegitimation nach Art144 Abs1 B-VG nur dann gegeben ist, wenn durch den bekämpften Bescheid irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt worden sein kann, das heißt, wenn die bescheidmäßigen Anordnungen oder Feststellungen die subjektive Rechtssphäre des Beschwerdeführers berühren, der Bescheid demgemäß subjektive Rechte begründet (verändert) oder feststellt (vgl. zB VfSlg. 17.840/2006).

2. Durch die Novellierung der Bestimmung Punkt 1.6. Abs2 der Anlage 1 zur 2. TierhaltungsVO durch BGBl. II 384/2007 ist nunmehr klargestellt, dass Trainer des Österreichischen Jagdgebrauchshundeverbandes - der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass der in Punkt 1.6. Abs2 leg.cit. genannte "Österreichische Jagdhundegebrauchsverband" mit der beschwerdeführenden Partei des Verfahrens ident ist - jedenfalls über die gemäß Abs1 leg.cit. erforderliche Sachkunde zur Ausbildung fremder Hunde verfügen. Der Ausdruck "anerkannter kynologischer Verein", wie er in der vorhergehenden Fassung enthalten war, ist entfallen. Damit geht aber auch der Antrag des beschwerdeführenden Vereins auf Anerkennung als "anerkannter kynologischer Verein" iSd 2. TierhaltungsVO Anlage 1 Punkt 1.6. Abs2, BGBl. II 486/2004 idF BGBl. 26/2006, ins Leere.

3. Der beschwerdeführenden Partei fehlt es daher an der notwendigen Beschwer, um den an sie ergangenen Bescheid mit Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof anfechten zu können. Die Beschwerde ist daher mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lite VfGG).

Der Verfassungsgerichtshof kam dabei nicht zum Ergebnis, dass durch die Novellierung der Verordnung eine Klaglosstellung erfolgt ist. Kosten iSd §88 VfGG waren daher nicht zuzusprechen.

V. Diese Beschlüsse konnten gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne

mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Tierhaltung, Hunde, Rechte subjektive, Beschwer, Geltungsbereich(zeitlicher) einer Verordnung, Novellierung, VfGH / Legitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2009:B1186.2007

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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