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L34009 Abgabenordnung Wien;Norm
ABGB §1091;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der C-GmbH in W, vertreten durch Dr. Franz Podovsovnik, Rechtsanwalt in Wien I, Habsburgergasse 6-8, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommision der Stadt Wien vom 29. Jänner 1998, Zl. MD-VfR-C 23/97, betreffend Getränkesteuervorschreibung, Haftung für Getränkesteuer und Entlassung aus der Gesamtschuld, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Stadt Wien Aufwendungen in Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin betreibt ein Vier-Sterne-Hotel in Wien III. Mit einer als "Untermietvertrag" bezeichneten Vereinbarung vom 27. Oktober 1989 wurden, beginnend mit 1. April 1990, das Schwimmbad, die Sauna sowie die zugehörigen infrastrukturellen Einrichtungen des Hotels (Ruheräume, Fitnessräume, Toiletten, Garderoben) von der Beschwerdeführerin an N zum Betrieb eines Fitness- und Freizeitclubs, der jedenfalls auch Hotelgästen zur Verfügung stehen sollte, vermietet. N wurde vertraglich eine Betriebspflicht auferlegt, der Betrieb war von ihm entsprechend dem Charakter eines Vier-Sterne-Hotels zu führen. Gleichzeitig wurde ihm das Recht eingeräumt, in den gemieteten Räumlichkeiten auch Getränke auszuschenken, was er in der Folge auch tat. Am 28. Februar 1993 endete das Bestandverhältnis zwischen N und der Beschwerdeführerin.
Am 12. Februar 1993 erließ der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 4/7, einen Bescheid, mit dem N für den Zeitraum vom 1. April 1990 bis 31. Dezember 1991 Getränkesteuer in Höhe von S 50.610,-- und für den Zeitraum 1. Jänner 1992 bis 30. November 1992 Getränkesteuer in Höhe von S 22.935,-- vorgeschrieben sowie ein Verspätungszuschlag von S 5.061,-- und ein Säumniszuschlag von S 1.348,-- auferlegt wurde. Die Beträge ergaben sich aus einer Schätzung gemäß § 145 WAO.
Am 4. November 1993 wurde gegen N vom Magistrat der Stadt Wien erneut ein Bescheid erlassen, mit dem diesmal Getränkesteuer für die Zeiträume 1. Dezember 1992 bis 31. Dezember 1992 in Höhe von S 2.231,-- und 1. Jänner 1993 bis 28. Februar in Höhe von S 4.587,-- vorgeschrieben sowie ein Verspätungs- und ein Säumniszuschlag von S 688,-- bzw. S 138,-- auferlegt wurden.
Ein Teil dieser Beträge konnte bei N trotz mehrerer Vollstreckungsversuche auch zwangsweise nicht eingebracht werden. Mit Rückstandsausweis vom 28. März 1996 wurde der Rückstand mit S 21.040,-- festgestellt. Ein Pfändungsversuch vom 23. April 1996 blieb erfolglos, weil keine verwertbaren Gegenstände vorgefunden wurden. Nach einem Aktenvermerk vom 4. März 1997 war eine Lohnpfändung an vierter Stelle vorgemerkt; laut Angaben des Drittschuldners wurde aber eine Kündigung im Aussicht gestellt. Außerdem hatte sich N von seiner bisherigen Anschrift ohne Angabe einer neuen Adresse abgemeldet.
Mit Schreiben vom 16. April 1997 informierte der Magistrat der Stadt Wien die Beschwerdeführerin, dass sie auf Grund der Aktenlage gemäß § 4 des Wiener Getränkesteuergesetzes als Verpächterin (bis zum Betriebsende 28. Februar 1993) für ausständige Getränkesteuer des N in Höhe von S 21.040,-- betreffend den Zeitraum Jänner 1992 bis Februar 1993 hafte und forderte sie zu einer (schriftlichen oder mündlichen) Stellungnahme auf.
Die Beschwerdeführerin teilte dem Magistrat in einem Schreiben vom 6. Mai 1997 mit, sie habe in keinem Zeitpunkt einen Hinweis darauf erhalten, dass der Pächter seiner Verpflichtung zur Leistung der Getränkesteuer nicht entsprochen habe, sodass sie keinesfalls ein Verschulden an dem Rückstand treffe.
Am 12. Mai 1997 erließ der Magistrat der Stadt Wien daraufhin einen Haftungsbescheid, mit dem die Beschwerdeführerin für die im Zeitraum Jänner 1992 bis Februar 1993 entstandene Getränkesteuerschuld ihres ehemaligen Pächters N im Betrag von S 21.040,-- zur Haftung herangezogen wurde. In der Begründung waren die ausständigen Beträge aufgegliedert und wurde darauf hingewiesen, dass die in § 4 Wiener Getränkesteuergesetz vorgesehene Haftung keine Verschuldenshaftung sei. Eine Einbringung beim Primärschuldner sei infolge dessen Einkommens- und Vermögenslosigkeit nicht möglich, die Geltendmachung der Haftung entspreche daher der Zweckmäßigkeit und der Billigkeit.
Unter einem erhob die Beschwerdeführerin am 13. Juni 1997 Berufung gegen diesen Bescheid und gemäß § 193 WAO auch gegen die gegenüber N erlassenen Getränkesteuerbescheide vom 12. Februar 1993 und vom 4. November 1993. In eventu stellte sie einen Antrag auf Entlassung aus der Gesamtschuld gemäß § 183 WAO.
Die Beschwerdeführerin rügte zunächst, ihr sei im Getränkesteuerverfahren gegen N kein Parteiengehör eingeräumt worden und ihr seien die Getränkesteuerbescheide auch nicht zugestellt worden. Da ihr die Steuerschuld im Haftungsbescheid erstmals bekannt gegeben worden sei, liege Bemessungsverjährung vor. Gegenstand des Mietvertrages sei nicht die Vermietung eines Betriebes sondern die eines Schwimmbades und einer Sauna gewesen. Dort würden aber üblicherweise keine Getränke ausgeschenkt, sodass ein Pachtbetrieb iSd § 4 Wr GStG 1992 nicht vorliege. Die Verpächterhaftung sei auf 110 vH des Steuerbetrages, der im zweitvorangegangen Jahr im Betrieb angefallen ist, beschränkt. Die Getränkesteuerbeträge dieser Jahre würden aber im Haftungsbescheid nicht angeführt und es sei nicht auszuschließen, dass in diesen Jahren keine Getränkesteuer angefallen ist. Das Wr GStG sei erst am 1. Jänner 1992 in Kraft getreten und das Wr GStG 1971 auch hinsichtlich des § 4 Z. 1 Wr GStG 1992 für Steuerzeiträume nach dem 31. Dezember 1991 nicht mehr anzuwenden. Eine Haftung sei daher erst für Steuerzeiträume nach dem 31. Dezember 1993 möglich. Von der Haftungsbestimmung des § 4 Wr GStG 1992 sei im Übrigen ausschließlich die Getränkesteuerschuld nach nach § 1 Wr GStG 1992 umfasst, nicht jedoch Nebenansprüche gemäß § 2 Abs. 2 WAO. Aus dem Haftungsbescheid sei nicht ersichtlich, welche Maßnahmen die Behörde zur Einbringung des Rückstandes beim Primärschuldner gesetzt habe.
Der Magistrat der Stadt Wien brachte daraufhin der Beschwerdeführerin die Getränkesteuerbescheide vom 12. Februar 1993 und vom 4. November 1993 als Anlage zu einem Schreiben vom 20. Juni 1997 zur Kenntnis. In diesem Schreiben wurde die Beschwerdeführerin erneut aufgefordert, zum Sachverhalt innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens Stellung zu nehmen.
Die Beschwerdeführerin hielt in einem Schreiben vom 8. Juli 1997 lediglich ihre seinerzeitige Stellungnahme aufrecht und begründete dies damit, dass ihr die Bescheidgrundlagen erst nach Fällung der Entscheidung erster Instanz zugestellt worden seien.
Am 10. Juli 1997 erließ der Magistrat der Stadt Wien abweisende Berufungsvorentscheidungen hinsichtlich der Berufungen gegen die Getränkesteuerbescheide vom 12. Februar und vom 4. November 1993 und den Haftungsbescheid vom 14. Mai 1997 und wies außerdem den Antrag der Beschwerdeführerin auf Entlassung aus der Gesamtschuld ab.
Die Abweisung der Berufungen gegen die Getränkesteuerbescheide wurde darauf gestützt, dass die Beschwerdeführerin keinerlei Beweise gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung (Schätzung) vorgebracht habe.
Zu den gegen den Haftungsbescheid vorgebrachten Argumenten verwies der Magistrat auf die fünfjährige Verjährungsfrist nach § 184 Abs. 1 WAO und auf die Unterbrechung gemäß § 184 Abs. 2. Es habe sich sehr wohl um eine Unternehmenspacht gehandelt, was insbesondere mit der Überlassung sämtlicher Inventargegenstände, dem Vorhandensein eines Kundenstockes (Hotelgäste), der ausdrücklichen Ermächtigung, Getränke auszuschenken, der dem Pächter auferlegten Betriebspflicht, und dem offenkundig massiven Interesse der Verpächterin am Betrieb eines Unternehmens in den Bestandräumlichkeiten begründet wurde.
Zur Begründung ihres Antrages auf Entlassung aus der Gesamtschuld habe die Beschwerdeführerin keine Umstände dargetan, was aber Inhaltserfordernis eines derartigen Antrages sei.
In ihrem gegen die Berufungsvorentscheidungen gerichteten Vorlageantrag, der mit einer Berufung gegen die Abweisung der Entlassung aus der Gesamtschuld verbunden war, wiederholte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihre Argumentation aus der Berufung. Sie betonte nunmehr, ihr seien zwar die Getränkesteuerbescheide mittlerweile zugestellt worden, nicht aber die zu Grunde liegenden Daten, sodass ihr mangels Einsichtsmöglichkeit in die Aufzeichnungen des Primärschuldners eine inhaltliche Überprüfung dieser Bescheide unmöglich sei. Zur Entlassung aus der Gesamtschuld wurde noch angeführt, dem erstinstanzlichen Bescheid seien keinerlei Maßnahmen entnehmbar, die zur Eintreibung der Abgaben beim Primärschuldner gesetzt worden seien. Dieser sei (bei einem ausdrücklich genannten Dienstgeber) unselbstständig erwerbstätig, sodass eine Lohnpfändung möglich sei. Die Einhebung einer Abgabenschuld nach mehr als fünf Jahren und nach seit Jahren aufgelöstem Mietverhältnis sei unbillig.
Eine behördlich eingeholte Auskunft vom 2. September 1997 ergab, dass hinsichtlich des Primärschuldners kein aufrechtes Dienstverhältnis vorlag.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen allesamt als unbegründet ab und bestätigte die erstinstanzlichen Bescheide.
Zum Haftungsbescheid begründete die belangte Behörde zunächst, dass es sich bei der zwischen der Beschwerdeführerin und dem Primärschuldner abgeschlossenen Vereinbarung entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin um eine Unternehmenspacht handle. Diese setze nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass ein lebendes Unternehmen, also eine organisierte Erwerbsgelegenheit, Gegenstand des Bestandvertrages sei. Dabei komme es insbesondere auf die Geschäftsräumlichkeiten und die Einrichtung an. Welches Gewerbe in den Räumen ausgeübt wird, sei für das Entstehen der Getränkesteuerpflicht unerheblich. Die belangte Behörde berief sich wiederum auf das erkennbare wirtschaftliche Interesse der Beschwerdeführerin an der Führung des Unternehmens, welches durch die Betriebspflicht, die Nutzung des Clubs durch Hotelgäste und die Verpflichtung, diesen dem Charakter eines Vier-Sterne-Hotels entsprechend zu führen, zum Ausdruck komme.
Eine Einschränkung der Haftung in betragsmäßiger Hinsicht sei im Hinblick auf den vereinbarten Pachtzins von S 10.000,-- monatlich angesichts des geltend gemachten Haftungsbetrages von S 21.040,-- für den Zeitraum Jänner 1992 bis Februar 1993 nicht gegeben, da der Verpächter gemäß § 4 Wr GStG 1992 jedenfalls bis zur Höhe des Pachtschillings hafte. Die Haftungsrückstände seien im erstinstanzlichen Bescheid ausführlich dargelegt worden.
Bei der Beurteilung der Haftungsinanspruchnahme sei das im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung geltende Recht anzuwenden. Es sei nicht erkennbar, warum der Verpächter erst für Zeiträume nach dem 31. Dezember 1993 in Anspruch genommen werden könne. Auch seien entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin gemäß § 2 Abs. 1 WAO Nebenansprüche den Abgaben zuzurechnen und somit von der Haftung nach § 4 Wr GStG 1992 miterfasst.
Die fünfjährige Frist des § 184 WAO (Einhebungsverjährung) sei jedenfalls gewahrt. Maßgeblich sei nur diese Bestimmung (und nicht die Bemessungsverjährungsfrist des § 154 Abs. 2 WAO), da ein Haftungsbescheid keine Festsetzung der Abgabe sondern eine Maßnahme der Einhebung darstelle.
Es gebe nach der Aktenlage keinen Hinweis darauf, dass der Betrag beim Primärschuldner rasch eingebracht werden könne. Diesbezügliche Versuche seien mangels verwertbaren Vermögens erfolglos geblieben. Daher entspreche die Geltendmachung der Haftung den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und der Billigkeit (§ 18 WAO), es erscheine überdies nicht unbillig, dass der aus der Verpachtung wirtschaftliche Vorteile erzielende Pächter zur Haftung für Abgaben aus dem Pachtbetrieb herangezogen wird, zumal eine übermäßige Belastung durch die gesetzlichen Haftungsbeschränkungen ohnehin verhindert werde.
Zur Berufung gegen die Getränkesteuerbescheide führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin verkenne offenbar, dass eine Abgabenfestsetzung nur gegenüber dem Primärschuldner erfolge und das dem Haftpflichtigen eingeräumte Berufungsrecht nicht gleichbedeutend mit einer neuerlichen Festsetzung der Getränkesteuer ihm gegenüber sei. Nach § 193 Abs. 2 WAO seien dem Haftpflichtigen lediglich vorangegangene (also bereits erlassene) Bemessungsbescheide zur Kenntnis zu bringen. Daraus ergebe sich auch, dass der Beschwerdeführerin darüber hinausgehende Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt werden mussten. Im Übrigen hätten die Bemessungsbescheide ohnehin eine ausführliche Darstellung der Bemessungsgrundlagen enthalten und die Beschwerdeführerin hätte im Wege der Akteneinsicht die Möglichkeit gehabt, sich vom Inhalt des Bemessungsaktes Kenntnis zu verschaffen. Ein weiter gehendes inhaltliches Vorbringen sei hinsichtlich der Bemessungsbescheide nicht erstattet worden.
Zuletzt verwies die belangte Behörde hinsichtlich der Entlassung aus der Gesamtschuld darauf, dass § 183 Abs. 1 WAO ausdrücklich verlange, dass eine Unbilligkeit in der Einhebung, also im Inkasso oder in der Vollstreckung der Abgabenforderung liegen müsse. Eine Unbilligkeit, die etwa aus der gesetzlich normierten Einrichtung der Gesamtschuld, der Zusammenveranlagung oder wie im vorliegenden Fall der Haftung als solche abgeleitet werden könnte, reiche für Maßnahmen nach § 183 WAO nicht aus, denn eine allgemein gültige Rechtsvorschrift vermöge für sich allein keine Unbilligkeit im Sinne von § 183 WAO zu begründen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte gemäß Art 144 Abs. 2 B-VG die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof ab. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf rechtmäßige Anwendung des § 4 Wr GStG 1992 sowie der §§ 1 und 5 WAO und ihrem Recht auf Entlassung aus der Gesamtschuld gemäß § 183 WAO verletzt und macht darüber hinaus Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und
erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die §§ 4 und 7 Abs. 1 und 2 des Wiener Getränkesteuergesetzes 1992, LGBl. Nr. 3/1992, (Wr GStG 1992) lauten:
§ 4. Entsteht die Steuerpflicht in einem Pachtbetrieb, so haftet der Verpächter für die Steuerbeträge, die auf die Zeit seit dem Beginn des letzten vor der Beendigung der Betriebsführung durch den Pächter liegenden Kalenderjahres entfallen, mit folgenden Einschränkungen:
1. Der Verpächter haftet für jedes Kalenderjahr bis zu 110 vH des Steuerbetrages, der im zweitvorangegangenen Kalenderjahr im verpachteten Betrieb angefallen ist; hat der Betrieb nicht das ganze Vergleichsjahr bestanden, so ist der im Vergleichsjahr angefallene Steuerbetrag auf ein ganzes Jahr hochzurechnen, hat er überhaupt nicht bestanden, so ist ein vergleichbarer Betrieb heranzuziehen.
2. Der Verpächter haftet aber immer bis zur Höhe des Pachtschillings, der für den Zeitraum, für den die Haftpflicht besteht, vereinbart wurde.
§ 7. (1) Dieses Gesetz tritt mit Ausnahme des § 5 mit 1. Jänner 1992 in Kraft.
(2) Das Getränkesteuergesetz für Wien 1971 (...) und das Gefrorenessteuergesetz für Wien 1983 (...) sind auf Steuerzeiträume nach Ablauf des 31. Dezember 1991 nicht mehr anzuwenden.
Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass § 4 Wr GStG 1992 am 1. Jänner 1992 in Kraft getreten ist. Wenn § 4 Z. 1 vom "Steuerbetrag, der im zweitvorangegangenen Kalenderjahr im verpachteten Betrieb angefallen ist", spricht, verweist er im vorliegenden Fall auf die Jahre 1990 bzw. 1991. Auf diese Steuerzeiträume war das Wr GStG 1971 anzuwenden (Umkehrschluss aus § 7 Abs. 2 Wr GStG 1992). Da auf Grund der Übergangsbestimmung des § 7 Abs. 2 Wr GStG 1992 außer Zweifel steht, dass dem Gesetzgeber des Wr GStG 1992 voll bewusst war, dass es bereits vor dem Inkrafttreten des Wr GStG 1992 eine Getränkesteuer gab, also "Steuerbeträge" angefallen sind, sind unter "Steuerbeträgen" iSd § 4 Wr GStG 1992 auch nach dem Wr GStG 1971 angefallene zu verstehen. Es ist für generelle abstrakte Normen des Abgabenrechts typisch, dass sie einen über den zeitlichen Bedingungsbereich hinausgehenden Rechtsfolgebereich haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1996, Zl. 96/14/0017, sowie Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9 (2000), Rz. 487 ff). Der zeitliche Bedingungsbereich des Wr GStG 1971 endete am 31. Dezember 1991, nicht jedoch der zeitliche Rechtsfolgebereich.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist eine Verpächterhaftung nach § 4 Wr GStG 1992 daher für Zeiträume ab 1. Jänner 1992 möglich.
2. Die Beschwerdeführerin behauptet in der Beschwerde, die belangte Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass Gegenstand des "Mietvertrages" vom 27. Oktober 1989 ein Pachtbetrieb im Sinne des § 4 Wr GStG 1992 ist.
Zutreffenderweise hat sich die belangte Behörde bei der Beurteilung, ob es sich um eine Unternehmenspacht oder eine bloße Lokalraummiete handelt, auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und insbesondere das hg. Erkenntnis vom 29. April 1992, Zl. 91/17/0023, berufen. Demnach liegt ein Pachtbetrieb vor, wenn Gegenstand des Bestandvertrages ein lebendes Unternehmen im weitesten Sinn, also eine organisierte Erwerbsgelegenheit, ist. Die Beistellung von Betriebsmitteln, Kundenstock, Warenlager, Gewerbeberechtigung etc durch den Bestandgeber ist ein zusätzliches Indiz für Pacht, das Fehlen einzelner Komponenten schließt die Beurteilung als Pachtvertrag jedoch nicht aus. Maßgebend ist, welchen Umständen die größere wirtschaftliche Bedeutung zukommt, nicht aber die von den Parteien gewählte Bezeichnung. Im Allgemeinen wird die Vereinbarung einer Betriebspflicht wichtigstes Kriterium eines Pachtvertrages sein, sofern dies auf einem wirtschaftlichen Interesse des Bestandgebers am Bestehen und der Art des Betriebes beruht. Maßgebend ist das "wirtschaftliche Interesse des Bestandgebers an der Tatsache und der Art des Betriebes" (s. auch Dittrich-Tades, ABGB35 (1999), insb. E 19 zu § 1091 ABGB).
Im vorliegenden Fall kann kein Zweifel bestehen, dass das wirtschaftliche Interesse der Beschwerdeführerin am Betrieb der in Bestand gegebenen Räumlichkeiten sehr groß war, was besonders in der vereinbarten Betriebspflicht und der Verpflichtung, den Club dem Charakter eines Vier-Sterne-Hotels entsprechend zu führen, aber auch im gesamten Zweck des Vertrages (§ 914 ABGB) zum Ausdruck kommt. Dem Bestandnehmer stand in Gestalt der Hotelgäste ein Kundenstock zur Verfügung und er erhielt von der Beschwerdeführerin sämtliche wichtige Betriebsmittel (Schwimmbad, Sauna, Fitnessgeräte; vgl. dazu auch die hg. Erkenntnisse vom 25. Mai 2000, Zl. 2000/16/0239 und vom 19. Juni 2000, Zl. 2000/16/0199), was den Pachtcharakter noch verstärkt.
Soweit die Beschwerdeführerin anführt, es seien von ihr keine "getränkesteuerpflichtigen Gegenstände" in Bestand gegeben worden, ist ihr zu entgegnen, dass die Getränkesteuerpflicht gemäß § 1 Wr GStG 1992 iVm § 1 der Wiener Getränkesteuerverordnung 1992, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 6/1992, durch die entgeltliche Veräußerung von Speiseeis und von Getränken ausgelöst wird. Der belangten Behörde ist beizupflichten, dass § 4 Wr GStG 1992 dem Wortlaut nach nicht nach dem im verpachteten Unternehmen betriebenen Gewerbe differenziert und dass es durchaus der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, in einem als Fitness- und Freizeitclub bezeichneten Betrieb Getränke auszuschenken, womit die Beschwerdeführerin auf Grund der Vertragsbestimmung, mit der dem Pächter der Ausschank von Getränken gestattet wurde - selbst wenn es sich dabei, den Beschwerdebehauptungen folgend, nur um eine Konkurrenzklausel gehandelt hat - rechnen musste.
3. Das in den §§ 90 Abs. 2, 144 Abs. 4 WAO geregelte rechtliche Gehör steht nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmungen nur den Parteien zu. Gemäß § 52 Abs. 1 der Wiener Abgabenordnung, LGBl. Nr. 21/1962, (WAO) ist Partei im Abgabenverfahren der Abgabenpflichtige (§ 51), im Berufungsverfahren auch jeder, der eine Berufung einbringt (Berufungswerber) oder einem Berufungsverfahren beigetreten ist (§ 192 und § 201). Nach § 193 Abs. 1 WAO kann, wer zur Berufung gegen einen Haftungsbescheid (§ 171) befugt ist, innerhalb der für die Einbringung der Berufung offen stehenden Frist auch gegen den Abgabenbescheid (§ 146) berufen, wenn ein solcher bereits ergangen ist oder die Abgabe erstmals durch einen Haftungsbescheid festgesetzt wurde. Ein bereits ergangener Abgabenbescheid ist nach § 193 Abs. 2 WAO einem gemäß dem Abs. 1 zur Berufung Befugten zur Kenntnis zu bringen. Diese Bestimmungen lassen klar erkennen, dass ein Haftungspflichtiger, der ja zum Gesamtschuldner erst durch Geltendmachung der Haftung durch einen Haftungsbescheid (§ 5 Abs. 1 iVm § 171 WAO) wird, nicht Partei des erstinstanzlichen Verfahrens gegen den Primärschuldner ist (s. dazu das hg. Erkenntnis vom 21. September 1990, Zl. 87/17/0223 m. w. N.). Der Haftungspflichtige erlangt Parteistellung in diesem Verfahren erst mit Einbringung einer Berufung. Ab diesem Zeitpunkt steht ihm auch das rechtliche Gehör zu. Dieses wurde der Beschwerdeführerin durch das Schreiben der erstinstanzlichen Behörde vom 19. Juni 1997, mit dem ihm auch die Getränkesteuerbemessungsbescheide gemäß § 193 Abs. 2 WAO zur Kenntnis gebracht wurden, förmlich eingeräumt. Die behauptete Verletzung des Parteiengehörs liegt somit nicht vor.
Zu einer über das Zurkenntnisbringen der Getränkesteuerbescheide hinausgehenden Information der Beschwerdeführerin war die belangte Behörde nicht verpflichtet. Die Beschwerdeführerin hätte gemäß § 64 WAO in den Getränkesteuerakt jederzeit Einsicht nehmen können, um sich über ihr allenfalls unbekannte Berechnungsgrundlagen zu informieren. Eine Verweigerung der Akteneinsicht ist nicht aktenkundig und wurde auch von der Beschwerdeführerin nicht gerügt.
Die Behauptung, die Angaben in der Berufungsvorentscheidung und dem Berufungsbescheid über den Haftungszeitraum des Abgabenbescheides vom 12. Februar 1993 seien widersprüchlich, erweist sich ebenfalls als unbegründet, ist doch durch einfaches Nachrechnen der Steuerbemessung in der Begründung dieses Bescheides erkennbar, dass sich bei Berechnung der Steuer nur für das Jahr 1991 ein Betrag von S 28.920,-- ergibt (dieser Betrag ist in der Begründung der Berufungsvorentscheidung angeführt), während sich für den gesamten Zeitraum April 1990 bis Dezember 1991 ein Steuerbetrag von S 50.610,-- errechnet (Spruch des Bescheides vom 12. Februar 1993, wiedergegeben im Pkt. II. des angefochtenen Bescheides).
4. Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde vor, schon die Geltendmachung der Haftung nach § 171 WAO sei unbillig erfolgt.
Nach § 18 WAO sind Ermessensentscheidungen von den Abgabenbehörden innerhalb der gesetzlichen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Bei Auslegung des § 18 WAO ist - ebenso wie bei jener des § 20 BAO - dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" die Bedeutung von "Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei" und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung von "öffentliches Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben" beizumessen Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Rahmen der Handhabung dieses Ermessens bei der Wahl zwischen der Heranziehung des Abgabenschuldners und der Geltendmachung der Verpächterhaftung in aller Regel von einer Subsidiarität der Verpächterhaftung auszugehen. Besondere gesetzliche Voraussetzungen bestehen dem Grunde nach allerdings nicht (hg. Erkenntnisse vom 28. Mai 1993, Zl. 92/17/0293 und vom 30. März 2000, Zl. 97/16/0189).
Angesichts der Tatsache, dass die Forderungen beim Primärschuldner trotz mehrerer erfolgloser Einhebungsversuche uneinbringlich war und eine Möglichkeit zur Geltendmachung in naher Zeit auch nicht zu erwarten war, hatte die belangte Behörde im Hinblick auf das öffentliche Interesse an der Einbringung von Abgaben gar keine andere Wahl als die Heranziehung des Verpächters, zumal die Beschwerdeführerin kein Vorbringen erstattete, welches die Geltendmachung der Haftung im eben angeführten Sinn hätte unbillig erscheinen lassen.
5. Nach § 183 Abs. 1 WAO kann ein Gesamtschuldner auf Antrag aus der Haftung entlassen werden, wenn die Einhebung der Abgabenschuld bei diesem nach Lage des Falles unbillig wäre. Die Unbilligkeit muss hier also, wie die belangte Behörde zutreffend argumentiert hat, im Inkasso oder in der Vollstreckung der Forderung liegen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt der Tatbestand der "Unbilligkeit der Einhebung nach der Lage des Falles" das Vorliegen eines in den subjektiven Verhältnissen des Steuerpflichtigen oder des Steuergegenstandes gelegenen Sachverhaltselementes voraus, aus dem sich ein wirtschaftliches Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und den in jenem subjektiven Bereich entstehenden Nachteilen ergibt. Eine Unbilligkeit der Abgabeneinhebung kann gegeben sein, wenn bei Anwendung des Gesetzes im Einzelfall ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt. Die Entlassung aus der Gesamtschuld soll der Abgabenbehörde die Möglichkeit eröffnen, eine infolge der besonderen Umstände des Einzelfalles eingetretene, besonders harte Auswirkung der Abgabenvorschriften, die der Gesetzgeber, wäre sie vorhersehbar gewesen, vermieden hätte, zu mildern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. September 1993, Zl. 93/17/0054 m. w. N.). Ein derartiger Umstand wäre etwa eine besonders schlechte wirtschaftliche Situation des Haftungspflichtigen. Allein die späte Geltendmachung ist noch keine Unbilligkeit; dafür sieht das Gesetz ja Verjährungsbestimmungen vor.
Die Beschwerdeführerin hat aber keinerlei Vorbringen erstattet, welches auf solche Umstände hindeutet, sodass die Abweisung des Antrages auf Entlassung aus der Gesamtschuld rechtmäßig erfolgte.
Insgesamt leidet der angefochtene Bescheid also weder an inhaltlicher Rechtswidrigkeit noch an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war. Da die Rechtslage durch die zitierte Rechtssprechung ausreichend klargestellt war, konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erfolgen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. März 2001
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998160167.X00Im RIS seit
20.07.2001