TE AsylGH Erkenntnis 2009/03/10 S5 404694-1/2009

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Veröffentlicht am 10.03.2009
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Spruch

S5 404.694-1/2009/2E

 

S5 404.696-1/2009/2E

 

S5 404.688-1/2009/2E

 

S5 404.689-1/2009/2E

 

S5 404.691-1/2009/2E

 

S5 404.692-1/2009/2E

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Benda als Einzelrichter über die Beschwerde 1. des D.J., 2. der D.A., 3. der D.M., 4. der D.C., 5. der D.E., sowie 6. der D.S., alle StAe. der Russischen Föderation, vertreten durch Mag. Judith RUDERSTALLER, p. A. "Asyl in Not" - Unterstützungskomitee für politisch verfolgte Ausländer, Währingerstraße 59/2, 1090 Wien, gegen die Bescheide des Bundesasylamtes jeweils vom 04.02.2009, Zahl: 08 12.777-EASt Ost (ad 1.), Zahl: 08 12.778-EAST Ost (ad 2.), Zahl: 08 12.781-EAST Ost (ad 3.), Zahl: 08 12.782-EAST Ost (ad 4.), Zahl: 08 12.780-EAST Ost (ad 5.), Zahl: 08 12.779-EAST Ost (ad 6.), gem. § 66 Abs. 4 AVG iVm § 61 Abs. 3 Z 1 lit b des Asylgesetzes 2005 idgF (AsylG) zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerden werden gemäß §§ 5 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AsylG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Der Erstbeschwerdeführer sowie dessen Ehegattin die Zweitbeschwerdeführerin sind die Eltern der minderjährigen Drittbis Sechstbeschwerdeführerinnen, allesamt Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe. Die Beschwerdeführer reisten aus ihrem Herkunftsstaat kommend über die Ukraine, Brest/Weißrussland nach Polen, wo sie letztlich am 14.12.2008 Asylanträge stellten, (vgl. Eurodac-Treffer, Aktenseite 5 des Verwaltungsaktes des Erstbeschwerdeführers sowie 9 des Verwaltungsaktes der 2.-B.). Die Beschwerdeführer reisten am 17.12.2008 ins Bundesgebiet ein, wo sie Anträge auf internationalen Schutz stellten (vgl. Aktenseite 13 ff. des Verwaltungsaktes des 1.-Beschwerdeführers).

 

Mit e-mail vom 19.12.2008 ersuchte Österreich Polen um die Übernahme der Beschwerdeführer (Aktenseite 29 ff des Verwaltungsaktes des 1.-Beschwerdeführers). Polen hat sich mit Fax vom 22.12.2008 (Aktenseite 15 des Verwaltungsaktes des 1.-Beschwerdeführers) bereit erklärt, diese auf der Grundlage des Art. 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) wieder aufzunehmen und ihre Asylanträge zu prüfen.

 

Am 09.01.2009 wurden sowohl der Erstbeschwerdeführer als auch die Zweitbeschwerdeführerin einer amtsärztlichen Untersuchung zugeführt.

 

Hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers wurde festgestellt, dass hinsichtlich seiner Person aus aktueller Sicht keine belastungsabhängige krankheitswertige psychische Störung vorliegt. Als positiv vorliegend wurden sonstige psychische Krankheitssymptome konstatiert; so wurde festgestellt, dass die Stimmungslage des Erstbeschwerdeführers als subdepressiv gefärbt zu qualifizieren ist; eine vorliegende Neigung zur Suizidialität wurde ausdrücklich verneint. Die konstatierten vorliegenden Symptome wurden dergestalt eingeordnet, dass bei aktueller Beurteilung diese kein Überstellungshindernis nach Polen darstellen (vgl. gutachterliche Stellungnahme Dris. Dr. P. D. vom 09.01.2009 - AS 55 ff. des Verwaltungsaktes des Erstbeschwerdeführers).

 

Hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin wurde gleichermaßen festgestellt, dass aus aktueller Sicht keine belastungsabhängige psychische Störung vorliegt; sonstige psychische Krankheitssymptome wurden als gegeben festgestellt ohne dass hieraus auf eine vorliegende Neigung zur Suizidialität sich ergäbe bzw. wurde letztlich - gleichermaßen wie beim Erstbeschwerdeführer - festgehalten, dass die allenfalls noch abzuklärenden psychosomatischen Beschwerdeanteile jedenfalls kein Überstellungshindernis ergeben würden (vgl. gutachterliche Stellungnahme Dris. Dr. P. D. vom 09.01.2009 - AS 63 ff. des Verwaltungsaktes der Zweitbeschwerdeführerin).

 

Anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme des Erstbeschwerdeführers vor dem Bundesasylamt vom 03.02.2009 erklärte dieser auf Vorhalt, dass Polen zur Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz zuständig sei, Österreich sei das Reiseziel der Familie gewesen und gäbe es in Polen - soweit er wisse - Listen, auf denen jene Leute stehen würden, die verdächtigt seien; er wisse jedoch nicht, ob er selbst auf so einer Liste stehe.

 

Die Zweitbeschwerdeführerin gab im Rahmen deren niederschriftlicher Einvernahme vom 03.02.2009 auf Vorhalt der Zuständigkeit Polens unter anderem an, sie würde auf keinen Fall nach Polen zurückkehren, da sie glaube, dass ihre Kinder nicht fit seien um nach Polen zurückzukehren und sei ihr Mann in Polen in großer Gefahr. Es sei ihr im Heimatland jedes Monatsende bei der Miliz eine Unterschrift abverlangt worden und sei ihr auch eine Liste vorgelegt worden, aus welcher hervorgegangen sei, dass ihr Ehegatte nicht in Polen sei...Sie sei sich sicher, dass man in Polen nicht sicher sei, da ihr Mann dort von "den Leuten" aufgefunden würde und habe sie Angst, dass er "spurlos verschwinden" könnte.

 

Befragt zur Situation ihrer Kinder gab die Zweitbeschwerdeführerin wörtlich an: "Meine älteren beiden Kinder sind Zwillinge und haben einen angeborenen Herzfehler. Das vierte Mädchen hat ein Magengeschwür. Ich habe Befunde mit. Die Kinder sind in Österreich noch nicht in Behandlung, aber ich habe für den 05.02.2009 einen Termin. Bei einem Kind ist die Invalidität bestätigt. Es ist D.S.. D.E. hat dieselbe Krankheit, aber nur D.S. ist Invalide (AS 73 ff. des Aktes der Zweitbeschwerdeführerin).

 

Die Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer wurden sodann mit Bescheiden des Bundesasylamtes jeweils vom 04.02.2009,

Zahl: 08 12.777-EASt Ost (ad 1.), Zahl: 08 12.778-EAST Ost (ad 2.),

Zahl: 08 12.781-EAST Ost (ad 3.), Zahl: 08 12.782-EAST Ost (ad 4.),

Zahl: 08 12.780-EAST Ost (ad 5.), Zahl: 08 12.779-EAST Ost (ad 6.), gem. § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und die Antragsteller gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen.

 

Gegen diese Bescheide haben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben und hiebei im Wesentlichen geltend gemacht, dass hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers die gutachterliche Stellungnahme vom 09.01.2009 unvollständig sei; es seien ausdrücklich weitere Untersuchungen wegen der angegebenen Herzprobleme angeordnet worden, welche aber in der Folge nicht durchgeführt worden seien. Die Untersuchungen seien gerade deswegen angeordnet worden, da sich daraus ein Überstellungshindernis ergeben könne. Solcherart Befunde seien bezüglich der Herzprobleme bei derzeitiger Beurteilung nicht einbezogen worden. Da so ein Überstellungshindernis nicht ausgeschlossen werden könne, sei das Ermittlungsverfahren mangelhaft und der bekämpfte Bescheid sei zur Durchführung weiterer Ermittlungen zu beheben. Des Weiteren sei auch angegeben, dass der Erstbeschwerdeführer unter psychischen Krankheitssymptomen leide, diese seien in der Folge aber nicht weiter bezeichnet noch bewertet worden, was ebenfalls einen Begründungsmangel darstelle. Schließlich seien auch die Kinder hinsichtlich eines Überstellungshindernisses nicht untersucht worden, obwohl deren Mutter und gesetzliche Vertreterin angegeben habe, dass die Zwillinge D.S. und D.E. unter einem angeborenen Herzfehler leiden würden sowie D.S. sogar Invalide sei. D.C. leide unter einem Magengeschwür, was ebenfalls darauf hindeute, dass sie unter einer großen psychischen Belastung leide. Es sei auch hier nicht abgeklärt worden, ob allenfalls bestehende Erkrankungen ein Überstellungshindernis darstellen würden. Die Zweitbeschwerdeführerin sei auch nicht weiter zur Unsicherheit Polens befragt worden, obwohl sie angegeben habe, dass sie am Ende jedes Monats bei der Miliz eine Liste habe unterschreiben müssen, aus welcher hervorgegangen sei, dass sich der Erstbeschwerdeführer nicht in Polen aufhalte. Offensichtlich seien also die russischen Behörden darüber in Kenntnis, wer sich in Polen aufhalte und wer nicht. Insgesamt werden hieraus eine diesbezügliche mangelhafte Ermittlung der Erstbeschwerde sowie ein Verstoß gegen § 18 AsylG erkannt. Die Fünft- und die Sechstbeschwerdeführerinnen würden unter schweren medizinischen Problemen leiden, die im Falle einer mangelhaften Behandlung potentiell lebensbedrohlich sein könnten und wurde dahingehend auf eine Entscheidung des unabhängigen Bundesasylsenat vom 23.02.2007 verwiesen, wonach in Polen bloß eine medizinische Basisversorgung gegeben sei, wobei bei schweren Krankheiten oder ausnahmsweise auch bei einer Gesamtschau komplex darstellender Krankheitsbilder eine Überstellung unzulässig sein könne. Eine solche Basisversorgung sei bei einem derart komplexen Krankheitsbild keinesfalls ausreichend.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.

 

Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.

 

§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:

 

(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 2 AsylG ist auch nach Abs. 1 vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesasylamt oder beim Asylgerichtshof offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

§ 34 Abs. 1 AsylG lautet: "Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Z 22) von

 

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

 

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

 

3. einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

 

Familienangehörige sind gem. § 2 Z 22 AsylG, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines

 

Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familiengemeinschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

Polen hat auf Grundlage des Art. 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) akzeptiert, die Asylwerber wieder aufzunehmen und ihre Asylanträge zu prüfen und war es den Asylwerbern bereits am 14.12 .2008 möglich, in Polen Asylanträge zu stellen. Zweifel am Zugang der Asylwerber zu einem Asylverfahren in Polen liegen daher nicht vor.

 

Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise ersichtlich, wonach die Führung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, sodass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates wegen Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundsätze aus diesem Grund ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte (Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22ff; vgl auch das Gebot der Transparenz im "Dublin-Verfahren", VwGH 23.11.2006, Zl. 2005/20/0444). Das Konsultationsverfahren erfolgte mängelfrei.

 

Im vorliegenden Fall ist dem Bundesasylamt zuzustimmen, dass eine Zuständigkeit der Republik Polen gemäß Art. 16 Abs 1 lit c Dublin II VO kraft vorangegangener erster Asylantragstellung in der Europäischen Union gemäß Art 13 Dublin II VO besteht. Die erste Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Unzuständigkeitsentscheidung ist somit gegeben und ist diese im Verfahren nicht bestritten worden.

 

Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise ersichtlich, wonach die Führung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, sodass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates wegen Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundsätze aus diesem Grund ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte (Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22ff; vgl auch das Gebot der Transparenz im "Dublin-Verfahren", VwGH 23.11.2006, Zl. 2005/20/0444). Das Konsultationsverfahren erfolgte mängelfrei.

 

Im Lichte des Art. 7 VO 1560/2003 ergibt sich auch keine Verpflichtung seitens der beteiligten Mitgliedstaaten oder seitens der Regelungen der Dublin II VO, dass die Überstellung in einer Weise durchgeführt wird, die potentiell belastenden Zwangscharakter aufweist.

 

Das Bundesasylamt hat ferner von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs 2 Dublin II VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher noch zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.

 

Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 17.06.2005, Zl. B 336/05-11 festgehalten, die Mitgliedstaaten hätten kraft Gemeinschaftsrecht nicht nachzuprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat generell sicher sei, da eine entsprechende normative Vergewisserung durch die Verabschiedung der Dublin II VO erfolgt sei, dabei aber gleichzeitig ebenso ausgeführt, dass eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung im Einzelfall gemeinschaftsrechtlich zulässig und bejahendenfalls das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs 2 Dublin II VO zwingend geboten sei.

 

Die Judikatur des VwGH zu den Determinanten dieser Nachprüfung lehnt sich richtigerweise an die Rechtsprechung des EGMR an und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vgl auch VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059): "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949).

 

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl VwGH 17.02.1998, Zl. 96/18/0379; EGMR Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde (Art. 16 Abs 1 lit. e Dublin II VO). Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, VwGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025, VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673), ebenso andere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Liebminger, Dublin II VO, K13. zu Art 19 Dublin II VO).

 

Bei entsprechender Häufung von Fällen, in denen in Folge Ausübung des Selbsteintrittsrechts die gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeit nicht effektuiert werden kann, kann eine Gefährdung des "effet utile" Grundsatzes des Gemeinschaftsrechts entstehen.

 

Zur effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts sind alle staatlichen Organe kraft Gemeinschaftsrechts verpflichtet.

 

Der Verordnungsgeber der Dublin II VO, offenbar im Glauben, dass sich alle Mitgliedstaaten untereinander als "sicher" ansehen können, wodurch auch eine Überstellung vom einen in den anderen Mitgliedstaat keine realen Risken von Menschenrechtsverletzungen bewirken könnte (vgl. insbesondere den 2. Erwägungsgrund der Präambel der Dublin II VO), hat keine eindeutigen verfahrens- oder materiellrechtlichen Vorgaben für solche Fälle getroffen hat, diesbezüglich lässt sich aber aus dem Gebot der menschenrechtskonformen Auslegung des Gemeinschaftsrechts und aus Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundrechte ableiten, dass bei ausnahmsweiser Verletzung der EMRK bei Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat eine Überstellung nicht stattfinden darf. Die Beachtung des Effizienzgebots (das etwa eine pauschale Anwendung des Selbsteintrittsrechts oder eine innerstaatliche Verfahrensgestaltung, die Verfahren nach der Dublin II VO umfangreicher gestaltet als materielle Verfahren verbietet) und die Einhaltung der Gebote der EMRK stehen daher bei richtiger Anwendung nicht in Widerspruch (Filzwieser, migraLex, 1/2007, 18ff, Filzwieser/Liebminger, Dublin II VO², K8-K13. zu Art. 19).

 

Die allfällige Rechtswidrigkeit von Gemeinschaftsrecht kann nur von den zuständigen gemeinschaftsrechtlichen Organen, nicht aber von Organen der Mitgliedstaaten rechtsgültig festgestellt werden. Der EGMR hat jüngst festgestellt, dass die Rechtsschutz des Gemeinschaftsrechts regelmäßig den Anforderungen der EMRK entspricht (30.06.2005, Bosphorus Airlines v Irland, Rs 45036/98).

 

Es bedarf sohin europarechtlich eines im besonderen Maße substantiierten Vorbringens und des Vorliegens besonderer vom Antragsteller bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, um die grundsätzliche europarechtlich gebotene Annahme der "Sicherheit" der Partnerstaaten der Europäischen Union als einer Gemeinschaft des Rechts im individuellen Fall erschüttern zu können. Diesem Grundsatz entspricht auch die durch das AsylG 2005 eingeführte gesetzliche Klarstellung des § 5 Abs 3 AsylG, die Elemente einer Beweislastumkehr enthält. Es trifft zwar ohne Zweifel zu, dass Asylwerber in ihrer besonderen Situation häufig keine Möglichkeit haben, Beweismittel vorzulegen (wobei dem durch das Institut des Rechtsberaters begegnet werden kann), und dies mitzubeachten ist (VwGH, 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949), dies kann aber nicht pauschal dazu führen, die vom Gesetzgeber - im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht - vorgenommene Wertung des § 5 Abs 3 AsylG überhaupt für unbeachtlich zu erklären (dementsprechend in ihrer Undifferenziertheit verfehlt, Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, 225ff). Eine Rechtsprechung, die in Bezug auf Mitgliedstaaten der EU faktisch höhere Anforderungen entwickelte, als jene des EGMR in Bezug auf Drittstaaten wäre jedenfalls gemeinschaftsrechtswidrig.

 

Medizinische Krankheitszustände; Behandlung in Polen

 

Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung nach Polen nicht zulässig wäre, wenn durch die Überstellung eine existenzbedrohende Situation drohte und diesfalls das Selbsteintrittsrecht der Dublin II VO zwingend auszuüben wäre.

 

In diesem Zusammenhang ist vorerst auf das jüngste diesbezügliche Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welches die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).

 

Zusammenfassend führt der VfGH aus, das sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).

 

Jüngste Rechtsprechung des EGMR (N vs UK, 27.05.2008) und Literaturmeinungen (Premiszl, Migralex 2/2008, 54ff, Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren") bestätigen diese Einschätzung, wobei noch darauf hinzuweisen ist, dass EU-Staaten verpflichtet sind, die Aufnahmerichtlinie umzusetzen und sohin jedenfalls eine begründete Vermutung des Bestehens einer medizinischen Versorgung besteht.

 

Aus diesen Judikaturlinien des EGMR ergibt sich jedenfalls der für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevante Prüfungsmaßstab.

 

Nach der geltenden Rechtslage ist eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde (siehe Feststellungen des Innenausschusses zu § 30 AsylG); dabei sind die von den Asylbehörden festzustellenden Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat als Hintergrundinformation beachtlich, sodass es sich quasi um eine "erweiterte Prüfung der Transportfähigkeit" handelt.

 

Maßgebliche Kriterien für die Beurteilung der Art. 3 EMRK-Relevanz einer psychischen Erkrankung angesichts einer Abschiebung sind Aufenthalte in geschlossenen Psychiatrien infolge von Einweisungen oder auch Freiwilligkeit, die Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Intensität der Inanspruchnahme medizinisch-psychiatrischer Leistungen, die Möglichkeit einer wenn auch gemessen am Aufenthaltsstaat schlechteren medizinischen Versorgung im Zielstaat sowie die vom Abschiebestaat gewährleisteten Garantien in Hinblick auf eine möglichst schonende Verbringung. Rechtfertigen diese Kriterien eine Abschiebung, hat eine denkmögliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder ungünstige Entwicklung des Gesundheitszustands außer Betracht zu bleiben, geschweige denn vermag die Verursachung von überstellungsbedingtem mentalen Stress eine Abschiebung unzulässig machen.

 

Akut existenzbedrohende bzw. aktuell lebensgefährdende Krankheitszustände oder konkrete Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung des Krankheitszustandes im Falle einer Überstellung nach Polen sind - betreffend die sechs Beschwerdeführer - der Aktenlage nicht zu entnehmen. Auch konnte von den Beschwerdeführern keine Notwendigkeit weiterer Erhebungen seitens des Asylgerichthofes belegt werden. Aus der Aktenlage sind keine Hinweise auf einen aktuellen existenzbedrohenden Zustand der Beschwerdeführer ersichtlich.

 

So gab der Erstbeschwerdeführer im Rahmen seiner Examinierung am 09.01.2009 (AS 55 des Aktes des Erstbeschwerdeführers) an, schon im Sommer 2004 Tschetschenien verlassen zu haben und ohne Familie nach Georgien gezogen zu sein.

 

Zu keinem Zeitpunkt der niederschriftlichen Einvernahme des Erstbeschwerdeführers hat dieser allenfalls im Hinblick auf eine seinerseits vorliegende schwere Erkrankung ausgeführt, dass er sich im genannten Zeitraum in Georgien oder auch anderswo um medizinische Behandlung oder Betreuung bemüht habe; auch gab er ausdrücklich an, noch nie untersucht worden zu sein bzw. schwere Vorerkrankungen zu haben. Allein aus dem Vorbringen des Antragstellers einerseits vor dem Bundesasylamt als auch andererseits im Rahmen der obgenannten medizinischen Untersuchung ergibt sich jedenfalls kein Hinweis auf eine lebensbedrohliche physische Erkrankung des Antragstellers oder auch auf eine weitergehende Verpflichtung der Erstbehörde oder des Asylgerichtshofes zu weitergehender Untersuchung des Erstbeschwerdeführers. Die Tatsache, dass er selbst angegeben hat, seit etwa drei Jahren zeitweise Baldriantabletten genommen zu haben und unter "Herzrheuma" zu leiden (welches jedoch nicht medizinisch konstatiert worden sei), vermag an der diesbezüglichen Einschätzung nichts zu verschlagen. Aus Gründen der ärztlichen Sorgfalts- bzw. Vorsichtsverpflichtung wurde seitens des examinierenden Arztes - offenbar aufgrund der Angaben des Antragstellers - eine Abklärung der "diffusen Herzbeschwerden" empfohlen, woraus sich jedoch nicht erschließen lässt, dass der Antragsteller tatsächlich unter schweren oder allenfalls lebensbedrohlichen Krankheitsmerkmalen leidet. Wäre die Erkrankung des Antragstellers bisher schon dergestalt schwer gewesen, hätte er mit Sicherheit bereits während seines jahrelangen Aufenthaltes in Georgien um medizinische Hilfe nachgesucht bzw. kann allein aus dem Umstand des dortigen Aufenthaltes und der mit Sicherheit beschwerlichen Reise über die Ukraine, Weißrussland und Polen nach Österreich - ohne Verschlechterung seines Gesundheitszustandes - erschlossen werden, dass ihm auch eine Rückverbringung nach Polen jedenfalls aus medizinischer Hinsicht zumutbar ist bzw. ergeben sich bei derzeitigem Kenntnisstand jedenfalls keinerlei konkrete Hinweise, dass eine Überstellung nach der Republik Polen für den Antragsteller ein lebensbedrohliches Risiko darstellen würde. Gleiches gilt für die im vorliegenden Gutachten nicht näher spezifizierten psychischen Probleme des Antragstellers. Eine allenfalls vorliegende Suizidialität wurde ausdrücklich verneint.

 

Gleiches gilt sinngemäß für den Zustand der Zweitbeschwerdeführerin, hinsichtlich derer zwar seitens des examinierenden Arztes psychische Krankheitssymptome konstatiert wurden, woraus ebenfalls eine nähere Abklärung aus ärztlicher Vorsicht angezeigt schien, ohne jedoch dass der Gutachter hieraus ein dergestalt massives Risiko oder eine Verschlechterungsprognose gibt, dass hieraus ein Überstellungshindernis zu konstatieren wäre.

 

Auch hinsichtlich der aufgezeigten medizinischen Probleme der weiteren Beschwerdeführer (minderjährige Töchter) kann nicht erkannt werden, dass eine Überstellung nach Polen ein jeweils akutes lebensbedrohliches Szenario herstellen würde; so wurde den vier minderjährigen Kindern die beschwerliche Reise - wie obdargestellt - bis Österreich zugemutet, ohne dass diesbezüglich offenbar ein jeweils kritischer medizinischer Zustand erreicht worden wäre. Umgekehrt hätten die Erziehungsberechtigten (Erst- und Zweitbeschwerdeführerin) jeweils bereits in den Durchreiseländern um medizinische Behandlungsmöglichkeiten nachgefragt. Dass sich der Gesundheitszustand der Töchter des Erstbeschwerdeführers seit dem Aufenthalt in Österreich dramatisch verschlechtert hätte, wurde nicht behauptet bzw. ist eine solche Annahme durch nichts belegt.

 

Zusammengefasst stellt daher eine Überstellung der Beschwerdeführer nach Polen keinesfalls eine Verletzung des Art. 3 EMRK und somit auch keinen Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechtes Österreichs nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO dar.

 

Zu den erfolgten weiteren Beschwerderügen:

 

Einerseits ist sohin hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin hervorzuheben, dass die jeweils durchgeführte Untersuchung durch den beigezogenen amtsärztlichen Gutachter (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie!) keinerlei krankheitswertige (belastungsabhängige) oder sonstige psychische Störung konstatiert wurde; hinsichtlich der Dritt- und Viertbeschwerdeführerinnen haben sich im durchgeführten Ermittlungsverfahren keine schweren bzw. schwersten Krankheitssymptome ergeben, die darauf schließen ließen, dass eine allfällige Überstellung nach dem Dublin-Staat Polen einen lebensbedrohlichen Zustand herbeiführen würde.

 

Zur Allgemeinsituation in Polen ist festzustellen, dass die Republik Polen einen Rechtsstaat mit funktionierender Staatsgewalt darstellt, weshalb auch die im Verfahren behauptete Bedrohung durch radikale polnische Gruppierungen kein real risk im Sinne des Art. 3 EMRK darstellt. Dass die Beschwerdeführer allfälligen Übergriffen schutzlos ausgeliefert werden, ist im Verfahren nicht fundiert nachgewiesen worden. Bereits in der erstinstanzlichen Entscheidung wurde Bezug genommen auf eine vorliegende Stellungnahme des österreichischen Verbindungsbeamten an der österreichischen Botschaft Warschau, wonach es in Polen keinerlei Hinweise auf Übergriffe auf tschetschenische Asylwerber in Polen durch sogenannte Kadyrov-Anhänger oder sonstige Autoritäten der russischen Föderation gebe; allein die Tatsache, dass allenfalls russische Behörden Kenntnis vom Aufenthaltsort von Staatsbürgern der Russischen Föderation besitzen, liefert kein hinreichend dichtes Motiv diesbezüglich eine Gefährdungssituation von Angehörigen der tschetschenischen Volksgruppe in der Republik Polen zu schließen. Keinerlei Berichten ist bis dato entnehmbar, dass tatsächlich tschetschenische Volkszugehörige in der Republik Polen dem Zugriff russischer Behörden oder russischer Privatpersonen im Auftrag der russischen Behörden ausgeliefert sind.

 

Letztlich ist im Verfahren nicht hervorgekommen, dass eine Verbringung der Beschwerdeführer nach der Republik Polen einen unverhältnismäßigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Familien- und Privatleben hergestellt wäre.

 

Spruchpunkt I der erstinstanzlichen Entscheidungen war sohin bei Übernahme der Beweisergebnisse der Erstbehörde mit obiger näherer Begründung jeweils zu bestätigen. Hinsichtlich der von den Beschwerdeführern bekämpften Ausweisung ist festzuhalten, dass das Bundesasylamt eine korrekte Interessensabwägung im Sinne der Rechtsprechung vorgenommen hat. Den Ausführungen zu Spruchpunkt II der erstinstanzlichen Bescheide ist seitens des Asylgerichtshofes für den konkreten Fall somit ebenfalls zuzustimmen.

 

Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konnte angesichts des Spruchinhaltes entfallen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Familienverfahren, gesundheitliche Beeinträchtigung, real risk, Überstellungsrisiko (ab 08.04.2008)
Zuletzt aktualisiert am
19.05.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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