E3 249.938-2/2008-4E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. HERZOG-LIEBMINGER als Vorsitzende und die Richterin Mag. GABRIEL als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin Fr. MITTERMAYR über die Beschwerde des G. M., StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.09.2008, FZ. 03 36.548/1-BAG, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, idF BGBl. I Nr. 126/2002 und gemäß § 8 Absatz 1 und § 8 Absatz 2 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, idF BGBl Nr. 129/2004 als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei und der kurdischen Volksgruppe zugehörig, reiste laut eigenen Angaben am 27.11.2003 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag.
Anlässlich einer niederschriftlichen Einvernahme am 27.04.2004 brachte er zusammengefasst vor, dass er sein Heimatland deswegen verlassen habe, weil er als Alevit - so wie alle anderen Aleviten seines Heimatdorfes - seit einigen Jahren Schwierigkeiten mit dem etwa 1 km entfernten Nachbardorf gehabt hätte. Die dortige sunnitische Bevölkerung habe ihn und die Dorfbewohner schikaniert, beschimpft und das Vieh getötet.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.04.2004, FZ. 03 36.548-BAG, wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gleichzeitig wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Türkei gemäß § 8 Abs 1 AsylG 1997 für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.).
4. Mit Einrichtung des Asylgerichtshofes wurde der gegenständliche Akt der Gerichtsabteilung E3 zugeteilt.
5. In Erledigung der dagegen erhobene Berufung wurde der bekämpfte Bescheid mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 12.08.2008, GZ: E3 249.938-0/2008-5E, behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Erstbehörde zurückverwiesen; im wesentlichen wurde gerügt, dass sich die Erstbehörde mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht hinreichend auseinandergesetzt habe und die Schlussfolgerung, dass der türkische Staat schutzfähig sei - ohne entsprechende Länderfeststellungen, welche diese Aussage bestätigen - nicht schlüssig sei.
6. In der Folge wurde der Beschwerdeführer am 24.09.2008 neuerlich niederschriftlich von der Erstbehörde einvernommen und bestätigte er in dieser Einvernahme seine Angaben in der Einvernahme am 27.04.2004. Weiters führte er aus, dass er und seine Familie keiner individuellen Bedrohung ausgesetzt gewesen wäre, sondern dass sich der Hass gegen alle Aleviten gleichermaßen gerichtet habe und hätten in seinem Dorf ausschließlich Aleviten gelebt. Seine Familie (Eltern, Bruder, Schwester und zwei Töchter) sei vor einem Jahr nach
I. gezogen, da es im Heimatdorf K. immer wieder Probleme gegeben habe. Durch den Ortswechsel habe seine Familie jetzt keine Probleme mehr und würden sie sich in I. sicher fühlen. In Österreich lebe er von staatlicher Unterstützung und habe er sich nie um eine Arbeit bemüht. Auch habe er keinen großen Freundeskreis in Österreich. Der Beschwerdeführer brachte weiters eine Bestätigung ausgestellt am 00.00.2008 in Vorlage, aus welcher sich ergibt, dass er Mitglied im genannten Verein ist und an den Veranstaltungen teilnehme. Hiezu befragt gab er an, dass er an Veranstaltungen und Aufmärschen teilnehme und dass es sein könnte, dass er - da dieser Verein registriert sei - deswegen im Falle einer Rückkehr Probleme bekommen könnte.
7. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers neuerlich gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Türkei gemäß § 8 Abs 1 AsylG 1997 wiederum für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.) und jener gemäß § 8 Abs 2 leg cit aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei ausgewiesen.
Unter den Feststellungen führte die Erstbehörde aus, dass die Identität und Nationalität des Beschwerdeführers feststünden.
Festgestellt wurde weiters, dass der Beschwerdeführer aus einem alevitisch dominierten Dorf stamme und dass seine Familienangehörigen seit 2007 in I. wohnhaft seien. Darüberhinaus habe der Beschwerdeführer keine familiären Bindungen zu Österreich und lebe von staatlicher Unterstützung.
Im Rahmen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung wurde dargelegt, warum dem Vorbringen keine Asylrelevanz beizumessen sei und warum eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers keine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten würde. Schließlich könnten auch keine Umstände festgestellt werden, die auf ein schützenswertes Privatleben in Österreich hinweisen würden.
Die Erstbehörde stützte sich auf umfangreiche Feststellungen zur Lage in der Türkei (Seite 7 bis 21 des erstinstanzlichen Bescheides), insbesondere zu den Themen Situation der Kurden, Religion, Aleviten, Rückkehrsituation, wobei dem nunmehrigen Beschwerdeführer zum Inhalt dieser Feststellungen Parteiengehör gewährt wurde. Es finden sich umfangreiche und nachvollziehbare Quellenangaben, wobei die Quellen hiefür hinreichend aktuell sind.
8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die mit Schriftsatz vom 09.10.2008 durch den Beschwerdeführer fristgerecht erhobene Beschwerde.
9. Hinsichtlich des Verfahrensherganges und Parteienvorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
10. Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor der Erstbehörde, des bekämpften Bescheides sowie des Beschwerdeschriftsatzes.
II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:
1. Gemäß § 61 Abs 1 Z 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes.
Gemäß § 23 Abs 1 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.
Anzuwenden war das AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, idF BGBl. I Nr. 129/2004 (im Folgenden: "AsylG"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung. Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die erkennende Behörde, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
2. Das Bundesasylamt hat grundsätzlich ein mängelfreies ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und hat hinsichtlich aller Spruchpunkte in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst.
Das Bundesasylamt hat mit dem Beschwerdeführer insgesamt zwei Einvernahmen durchgeführt und wurde der Beschwerdeführer nach Zurückverweisung der Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung eingehend durch das Bundesasylamt, Außenstelle Graz befragt und hatte er somit die Möglichkeit, sein Vorbringen zu ergänzen. Anlässlich dieser Einvernahme hat das Bundesasylamt den Beschwerdeführer in seiner Muttersprache Türkisch konkret und ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt; auch das Parteiengehör zur erstinstanzlichen Sicht der Lage in der Türkei wurde gewahrt. Der so festgestellte Sachverhalt, dessen Beweiswürdigung und rechtliche Subsumtion finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid. Da die vom Bundesasylamt herangezogenen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Anlass an der Richtigkeit der nunmehr zu den entscheidungswesentlichen Bereichen getroffenen Länderfeststellungen des Bundesasylamtes zu zweifeln.
Der Asylgerichtshof teilt die Ausführungen des Bundesasylamtes, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zwar glaubhaft sei, dieses aber weder zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch zur Zuerkennung eines Abschiebeschutz führen könne, sowie dass die Ausweisung in der Türkei zulässig ist. Geteilt werden auch die Ausführungen des Bundesasylamtes zur Situation in der Türkei im angefochtenen Bescheid.
2.1. Die Beschwerde hält der Beweiswürdigung sowie der rechtlichen Würdigung der Erstbehörde nichts Substantiiertes entgegen. Die Ausführungen in der Beschwerdeschrift erschöpfen sich neben der nochmaligen Bekräftigung seines bisherigen Vorbringens im Wesentlichen in der bloßen Behauptung, dass ihm aufgrund seines Vorbringens Asyl gewährt werden hätte müssen und dass die Ausweisung in sein Privatleben eingreife. Darüberhinaus führte er an, dass es ihm psychisch nicht gut gehe und er Tabletten nehmen müsste. Eine ärztliche Bestätigung, welche eine gesundheitliche Beeinträchtigung des Beschwerdeführers belegt, wurde dem Beschwerdeschriftsatz nicht beigelegt. Die nunmehr durch die Erstbehörde vorgenommene Würdigung des Vorbringens des Beschwerdeführers erweist sich grundsätzlich, insbesondere auch unter Beachtung der vom Bundesasylamt in das Verfahren eingeführten und mit dem Beschwerdeführer erörterten Quellenlage, als überzeugend. Die im Vorerkenntnis des AsylGH gerügten Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens können daher als geheilt angesehen werden.
Ergänzend zu den Ausführungen des Bundesasylamtes ist noch wie folgt auszuführen:
3. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
3.1. Gemäß § 7 Asylgesetz 1997 idF BGBl. I 126/2002 ist Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Flüchtling i.S.d. Asylgesetzes ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung".
Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB. VwGH E vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH E vom 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH E vom 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011).
Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH E vom 26.2.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH E vom 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH E 18.4.1996, 95/20/0239; VwGH E vom 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH E vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH E vom 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH E vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH E vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183, VwGH E vom 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).
Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).
Eine Verfolgung, d.h. ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen, kann weiters nur dann asylrelevant sein, wenn sie aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) erfolgt, und zwar sowohl bei einer unmittelbar von staatlichen Organen ausgehenden Verfolgung als auch bei einer solchen, die von Privatpersonen ausgeht (VwGH 27.01.2000, Zl. 99/20/0519, VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256, VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177, VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203, VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0291, VwGH 07.09.2000, Zl. 2000/01/0153, u.a.).
3.2. Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des erkennenden Senates die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht gegeben.
Der Beschwerdeführer vermochte keine asylrelevante Verfolgung darzutun
3.2.1. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach Aleviten in der Türkei generell verfolgt bzw. diskriminiert werden würden, ist auszuführen, dass laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe allein kein Grund für die Asylanerkennung rechtfertigt, soferne nicht konkrete gegen den Asylwerber selbst gerichtete Verfolgungshandlungen glaubhaft gemacht werden. Darüber hinaus kann auch den seitens der Erstbehörde getroffenen Länderinformation nicht entnommen werden, dass Aleviten allein aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit verfolgt oder staatlichen Repressionen unterworfen werden. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer der Alevitischen Religion angehört, bewirkt sohin für sich allein nicht, dass ihm Asyl zu gewähren wäre, weil sich aus den seitens der Erstbehörde getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Angehörige seiner Religionsgruppe schon alleine wegen dieser Zugehörigkeit Verfolgung im Sinne der GFK ausgesetzt wären. Es ist den seitens der Erstbehörde getroffenen Feststellungen eindeutig zu entnehmen, dass es keine gezielte Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zur alevitischen Relgion in der Türkei gibt.
3.2.2. Darüber hinaus handelt es sich bei den vom Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachten Problemen im Zusammenhang mit seiner Religionszugehörigkeit um Beeinträchtigungen, die nicht zu einer Asylgewährung führen können. Solche Benachteiligungen auf sozialem, wirtschaftlichem oder religiösem Gebiet sind nämlich für die Bejahung der Flüchtlingseigenschaft nur dann ausreichend, wenn sie eine solche Intensität erreichen, die einen weiteren Verbleib des Asylwerbers in seinem Heimatland unerträglich machen, wobei bei der Beurteilung dieser Frage ein objektiver Maßstab anzulegen ist (vgl. Erkenntnis d. VwGH vom 22.06.1994, Z. 93/01/0443). Die vom Beschwerdeführer erwähnten Schwierigkeiten erfüllen dieses Kriterium nicht. Die Nachteile, welche der Beschwerdeführer seinen Angaben zufolge wegen seiner Zugehörigkeit zur alevitischen Religion zu tragen hatte (es sei zu allgemeinen Beeinträchtigungen bzw. Belästigungen aller Dorfbewohner sowie zu allgemeinen Diskriminierungen gekommen), stellen keinen derart gravierenden Eingriff in seine Grundrechte dar, um dem in der Flüchtlingskonvention angesprochenen Sachverhalt zugrunde gelegt werden zu können.
3.2.3. Der Beschwerdeführer war in der Vergangenheit auch keinen wie immer gearteten eingriffsintensiven Verfolgungshandlungen ausgesetzt und ist er überdies vor seiner Ausreise aus der Türkei nicht aus politischen oder ethnischen, rassischen oder religiösen Gründen ins Blickfeld der Behörden geraten ist. Dass der Antragsteller auf Grund seiner Volksgruppenzugehörigkeit bzw. Religion mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung zu befürchten hat, hat er nicht hinreichend dargetan bzw. ist dies auch nicht durch nachvollziehbares Dokumentationsmaterial indiziert.
3.2.4. Zu einer allfällig existenziellen Gefährdung des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr ist auszuführen, dass unter Berücksichtigung der getroffenen Länderfeststellungen, jedenfalls keine existentiellen Gefährdungen von Angehörigen der Volksgruppe der Kurden bzw. der alevitischen Religion festgestellt werden kann. Darüber hinaus stünde es dem Beschwerdeführer offen, sich in einem anderen Landesteil der Türkei, insbesondere in den Großstädten Ankara oder Istanbul oder in I. (wo sich auch seine Familienangehörigen aufhalten) niederzulassen und ist aus den getroffenen Länderfeststellungen weder ersichtlich, dass er dort einer existentielle Gefährdung noch einer anderweitigen Gefährdung ausgesetzt wäre, noch asylrelevante Gefährdung zu befürchten hätte; dies insbesondere auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer zu keiner Zeit ins Blickfeld der türkischen Behörden geraten ist.
3.2.5. Auch den seitens der Erstbehörde getroffenen Ausführungen auf Seite 16 des erstinstanzlichen Bescheides, dass nämlich die gegen die Aleviten in der Vergangenheit gerichteten Ausschreitungen kein solches Ausmaß erreichten, um mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von einer asylerheblichen Verfolgungsmaßnahme gegenüber allen Aelviten sprechen zu können, ist zuzustimmen, und erreichen die vom Beschwerdeführer allgemein behaupteten Benachteiligungen - wobei es zu beachten gilt, dass der Beschwerdeführer keine konkret gegen ihn persönlich gerichteten Benachteiligungen genannt hat - nicht die für die Asylgewährung erforderliche Intensität.
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (vgl zB VwGH 13.01.1999, 98/01/0366). Erhebliche Intensität liegt dann vor, wenn der Eingriff in die zu schützende Sphäre geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw der Rückkehr in den Aufenthaltsstaat zu begründen (vgl zB VwGH 12.05.1999, 98/01/0365).
Nachdem nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht einmal kurzfristige Inhaftierungen und Hausdurchsuchungen, die folgenlos bleiben, als asylrechtlich relevante Verfolgung angesehen werden (Fessl/Holzschuster AsylG 2005, Kommentar, E.63 zu § 3 unter Hinweis auf VwGH 14.10.1998, 98/01/0262; 12.05.1999, 98/01/0365 und E.71 zu § 3 AsylG unter Hinweis VwGH 21.04.1993, 92/01/1059 MWN; 21.02.1995, 94/20/0720, 19.12.1995, 95/20/0104; 10.10.1996, 95/20/0487)), kann dies bei bloß allgemeinen Benachteiligungen (über deren Inhalt der Beschwerdeführer nichts bekanntgegeben hat) jedenfalls nicht der Fall sein.
Die sehr allgemein gehaltenen bzw. in ihrer Intensität nicht Asylrelevanz erreichenden Ausführungen des Beschwerdeführers zeichnen darüber hinaus das Bild einer Person, die zwar als Angehörige der kurdischen Volksgruppe alevitischer Religionszugehörigkeit in der Tat diversen "allgemeinen" leider nicht auszuschließenden Alltagsdiskriminierungen ausgesetzt gewesen sein mag, denen in ihrer Intensität und auch in ihrer Aktualität aber noch keine Asylrelevanz zukommt.
3.2.6. Selbst wenn auch die erforderliche Intensität vorliegen würde, so ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den Urhebern der Verfolgung um nichtstaatliche Organe handle.
Eine derartige Verfolgung durch Dritte kann dann eine dem Staat zuzurechnende asylrelevante Verfolgungssituation darstellen, wenn der Staat nicht gewillt oder - wie es in der bisherigen Rechtsprechung ausgedrückt wurde - nicht in der Lage ist, von "Privatpersonen" ausgehende Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, sofern diesen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - Asylrelevanz zukommen sollte ( mit Hinweis auf die ständige Rechtsprechung zB VwGH E vom 23.07.1999, Zl: 99/20/0208, VwGH E vom 04.05.2000, 2000/20/0085, VwGH vom 26.02.2002, Zl. 99/20/0509, VwGH E vom 12.3.2002, Zl. 99/01/0230 usw).
Mit der Frage der Schutzfähigkeit hat sich der VwGH im Erkenntnis vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256, beschäftigt. Er hat dort ausgesprochen, dass es im Ergebnis letztlich darauf ankommt, ob für einen von dritter Seite aus den in der GFK genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichende - Nachteils aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (VwGH 06.03.2001, 2000/01/0056; vgl. auch VwGH 04.04.2001, 2000/01/0301).
Dass der Beschwerdeführer nicht von der Polizei geschützt werden würde, hat er nicht hinreichend vorgebracht. Vielmehr hat er sich nicht an die Behörden gewandt, zumal gemäß seinen Angaben das keinen Sinn gehabt habe. Allein aus der bloßen Vermutung des Beschwerdeführers, dass ihn die Polizei nicht schützen würde, kann aber nicht der Schluss für eine generelle Schutzunwilligkeit gezogen werden; dies insbesondere unter Beachtung des Umstandes, dass sich aus den seitens der Erstbehörde getroffenen Länderfeststellungen nicht ergibt, dass Kurden bzw. Aleviten grundsätzlich staatlicher Schutz verweigert werden würde.
Es wäre daher auch von einer Schutzfähigkeit und -willigkeit des türkischen Staates betreffend die geschilderten (nichtstaatlichen) Belästigungen auszugehen.
3.2.7. Schließlich stünde dem Beschwerdeführer auch die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative beispielsweise in den Großstädten Ankara oder Istanbul oder in der Stadt I. (wohin sich auch seine Familie begeben hat) offen, wo er sich jedenfalls vor allfälligen Beeinträchtigungen entziehen könnte.
Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte innerstaatliche Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.03.1999, Zl. 98/01/0352). Nach der Rechtsprechung des VwGHs muss sich die Verfolgungsgefahr auf das gesamte Staatsgebiet beziehen. Nach einer in der ältren Rechtssprechung verwendeten Formulierung darf in keinem Teil des Herkunftsstaates Verfolgungssicherheit bestehen (VwGH 10.3.1993, Zl. 03/01/002). Nach der jüngeren Rechtsprechung ist mit dieser Formulierung jedoch nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, die Formulierung sei dahingehend zu verstehen, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen -mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeiten innerhalb des Herkunftsstaates- im gesamten Herkunftsstaat auswirken müsse (VwGH 9.11.2004, Zl 2003/01/0534; VwGH 24.11.2005, 2003/20/0109).
Nur im Hinblick auf nichtstaatliche Verfolgung ist das Bestehen einer innerstaatliche Fluchtalternative in Betracht zu ziehen und ist von der Behörde stets zu prüfen, ob die verfolgende Organisation als mächtig eingestuft werden könne beziehungsweise ob eine lokale Begrenztheit des Wirkungskreises dieser Organisation angenommen werden könne (VwGH 15.05.2003, 2002/01/0560).
Um vom Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen zu können, müssen die Asylbehörden über Ermittlungsergebnisse verfügen, die die Sicherheit der Asylwerber dartun (vgl. etwa VwGH 8.9.1999, Zl. 99/01/0126; VwGH 16.2.2000, Zl 99/01/0149). Es muss konkret ausgeführt werden, wo der Beschwerdeführer tatsächlich Schutz vor der von ihm geltend gemachten Bedrohung finden könnte. Entsprechend dem "Ausschlusscharakter" der internen Schutzalternative müsse es Sache der Behörde sein, die Existenz einer internen Schutzalternative aufzuzeigen und nicht umgekehrt Sache des Asylwerbers, die Annahme einer theoretisch möglichen derartigen Alternative zu widerlegen und nimmt der Verwaltungsgerichtshof mit dieser Rechtsprechung jedenfalls eine Beweislast der Asylbehörden an (VwGH 09.09.2003, 2002/01/0497 und 08.04.2003, 2002/01/0318 sowie zur Ermittlungspflicht VfGH 02.10.2001, B 2136/00).
Aufgrund des sich Versteckthaltens kann noch nicht von einer innerstaatlichen Fluchtalternative gesprochen werden (etwa VwGH 18.4.1996, Zl.95/20/0295; VwGH 20.3.1997, Zl 95/20/0606; in diesem Sinne ebenfalls VwGH 29.10.1998, Zl. 96/20/0069).
Ebenso darf der Betroffene im sicheren Landesteil nicht in eine aussichtslos Lage gelangen und jeglicher Existenzgrundlage beraubt werden. Solcherart wird dem Kriterium der Zumutbarkeit der innerstaatlichen Fluchtalternative Beachtung geschenkt (VwGH 8.9.1999, Zl. 98/01/0614, VwGH 6.10.1999, Zl. 98/01/0535, VwGH 8.6.2000, 99/20/0597; VwGH 19.10.2006, Zl. 2006/0297-6; VwGH 30.04.1997, 95/01/0529; VwGH 29.03.2001, 2000/20/0539; VwGH 24.1.2008, Zl. 2006/19/0985-10). Auch wirtschaftliche Benach-teiligungen können asylrelevant sein (VwGH 08.09.1999, 98/01/0614; VwGH 30.04.1997, 95/01/0529; VwGH 29.03.2001, 2000/20/0539; VwGH 08.11.2007, 2006/19/0341). Dem gegenüber seien gemäß ständiger Rechtsprechung allfällige aus der Situation des Asylwerbers ableitbare wirtschaftliche beziehungsweise soziale Benachteiligungen nicht geeignet, zu einer Verneinung der inländischen Fluchtalternative zu führen, zumal alleine in allgemeinen schlechten wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen keine staatliche Verfolgung gesehen werden könne (VwGH 08.09.1999, 98/01/0620; VwGH 24.10.1996, 95/20/0321; VwGH 10.12.1996, 06/20/0753).
Maßgebliche Faktoren zur persönlichen Zumutbarkeit können das Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Behinderungen, die familiäre Situation und Verwandtschaftsverhältnisse, soziale und andere Schwächen, ethnische, kulturelle oder religiöse Überlegungen, politische und soziale Verbindungen und Vereinbarkeiten, Sprachkenntnisse, Bildungs-, Berufs- und Arbeitshintergrund und -möglichkeiten, sowie gegebenenfalls bereits erlittene Verfolgung und deren psychische Auswirkungen sein. Es wird jedoch die Ansicht vertreten, dass schlechte soziale und wirtschaftliche Bedingungen in dem betreffenden Landesteil die innerstaatliche Fluchtalternative nicht grundsätzliche ausschließen (siehe VwGH 8.9.1999, 98/01/0620; VwGH 26.6.1996, 95/20/0427) Ein bloßes Absinken des Lebensstandards durch die Inanspruchnahme der innerstaatlichen Fluchtalternative, welches jedoch noch über dem Niveau der aussichtslosen Lage ist daher bei Bestehen einer Existenzgrundlage hinzunehmen.
In der Regel wird eine innerstaatliche Fluchtalternative für unbegleitete Minderjährige zu verneinen sein, weil es vielfach nicht legal möglich ist oder zumutbar wäre, ohne Eltern und gesetzlichen Vertreter in einem Teil des Landes den Wohnsitz zu nehmen, in dem der Minderjährige einer individuellen Verfolgung nicht ausgesetzt gewesen wäre (VwGH 26.06.1996, 95/20/0427). Im Falle der Annahme einer innerstaatliche Fluchtalternative müsse aber jedenfalls auf das Zumutbarkeitskalkül besonders Bedacht genommen werden und seien konkrete Feststellungen über die im Fall eines solchen Ortswechsels zu erwartende konkrete Lage des Minderjährigen zu treffen. (VwGH 19.10.2006, 2006/19/0297).
Zu den bereits getroffenen Ausführungen kommt noch hinzu, dass das verfolgungssichere Gebiet eine gewisse Beständigkeit in dem Sinne aufweisen muss, dass der Betroffene nicht damit rechnen muss, jederzeit auch in diesem Gebiet wieder die Verfolgung, vor der er flüchtete, erwarten zu müssen (VwGH 21.3.2002, Zl. 99/20/0401, in diesem Sinne auch VwGH 19.2.2004, Zl. 2002/20/0075; VwGH 24.6.2004, Zl. 2001/20/0420).
Ebenso muss das sichere Gebiet für den Betroffenen erreichbar sein, ohne jenes Gebiet betreten zu müssen, in welchem er Verfolgung befürchtet bzw. muss im Rahmen der Refoulementprüfung feststehen, dass eine Abschiebung in dieses sichere Gebiet möglich ist (VwGH 26.6.1997, Zl.95/21/0294; in diesem Sinne auch VwGH 11.6.1997, Zl. 95/21/0908, 6.11.1998, Zl. 95/21/1121; VwGH 21.11.2002, 2000/20/0185; VwGH 10.6.1999, 95/21/0945, ähnlich VwGH 17.2.2000, 9718/0562).
Darüber hinaus muss es dem Asylsuchenden auch möglich sein müsse, seine politischen oder religiösen Überzeugungen, sowie seine geschützten Merkmale beizubehalten (VwGH 19.12.2001, 98/20/0299).
Zum Wesen und den Voraussetzungen der innerstaatlichen Fluchtalternative siehe weiters: UNHCR, Richtlinie zum internationalen Schutz: "Interne Flucht- oder Neuansiedlungsalternative" im Zusammenhang mit Artikel 1 A (2) des Abkommens von 1951 bzw. des Protokolls von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 23.07.2003, HCR/GIP/03/04; Artikel 8 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, Amtsblatt der Europäischen Union L 304 vom 30.09.2004 (Qualifikations- oder Statusrichtlinie) und § 11 AsylG 2005 (bei der Prüfung des "internen Schutzes" geht es nicht mehr um die Frage, ob im Zeitpunkt der Flucht innerhalb des Herkunftsstaates interne Schutzzonen als Alternative zur Flucht bestanden haben, sondern darum, ob im Zeitpunkt der Entscheidung (vgl. Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe a) der Richtlinie) derartige Zonen, also interne Schutzzonen, nicht mehr als Alternative zur Flucht, sondern als Alternative zum internationalen Schutz bestehen), sowie Herzog-Liebminger, Die innerstaatliche Fluchtalternative, 69 bis
114.
Speziell zur Türkei führte der VwGH aus, dass für Kurden aus dem Osten der Türkei z. B. in Istanbul eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehen kann (vgl. z. B. VwGH 5.6.1996, Z. 95/20/0394, 24.10.1996, 95/20/0560, 19.6.1997, 95/20/0782, siehe aber auch VwGH 21.11.1996, 95/20/0577).
Aus den oa. Ausführungen ergibt sich im gegenständlichen Fall Folgendes: Beim BF handelt es sich um einen jungen, gesunden, mobilen, arbeitsfähigen, in der Türkei sozialisierten männlichen Türken. Seine Familie (Eltern, Bruder, Schwester und zwei Töchter) leben bereits seit dem Jahr 2007 in I., wo sie gemäß den Angaben des Beschwerdeführers keinen Belästigungen oder Diskriminierungen ausgesetzt sind, und ist es daher auch dem Beschwerdeführer zumutbar dort u leben; insbesondere wo nun auch familiäre Anknüpfungspunkte am Ort der innerstaatlichen Fluchtalternative vorhanden sind. Weder aus dem Vorbringen noch aus den sonstigen Ermittlungen ergeben sich irgendwelche Hinweise, dass der BF beispielsweise in Istanbul, Ankara oder Izmir nicht dauerhaft sicher wäre; ganz im Gegenteil lebt seine Familie seit dem Jahr 2007 doch unbehelligt in I.. Aufgrund der Vielzahl der Einreisemöglichkeiten in die Türkei auf dem Land-, Wasser- und Luftweg ist es dem BF ebenfalls möglich etwa nach I. einzureisen ohne jenes Gebiet betreten zu müssen, in dem er befürchtete Diskriminierung behauptet.
3.2.8. Hinsichtlich der im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Bestätigung, dass der BF Mitglied eines Vereins sei, wird festgestellt, dass sich aus Sicht des erkennenden Gerichtes aus der bloßen Vereinsmitgliedschaft keine exponierte exilpolitische Tätigkeit ableiten lässt; gegenteiliges wurde vom BF auch nicht behauptet und hat er nicht angegeben, dass er im Namen des Vereins nach außen in Erscheinung tritt. Es ist somit nicht davon auszugehen, dass der BF deshalb als Auslöser von als separatistisch oder terroristisch erachteter Aktivitäten gilt oder der Beschwerdeführer als Anstifter oder Aufwiegler angesehen werden würde. Auch wurde derartiges in der Beschwerde bzw. Stellungnahme oder Urkundenvorlage in keiner Weise behauptet. Auch wurde seitens des BF in keiner Weise behauptet, dass sich der er ihm angehörige Verein statutenwidrig verhalten hätte.
Nach dem Beschwerdeführer wird weder gefahndet noch hat er im Zusammenhang mit dem öffentlichen Auftreten gravierende Straftaten begangen, so dass auch nicht aus diesem Grund mit einem gesteigerten Interesse des türkischen Staates an seiner Person gerechnet werden muss. In Anbetracht der Tatsache, dass der türkische Staat realistischer Weise nicht jegliche exilpolitische Tätigkeit seiner Staatsbürger im Ausland verfolgen kann, muss sich das Interesse wohl nur auf Personen beschränken, die aufgrund ihrer exponierten Stellung, ihres Einflusses auf andere türkische Staatsbürger und eines herausragenden Engagements eine potentielle Gefahr für die politische Macht in der Türkei darstellen könnten. Das Profil der exilpolitischen Tätigkeit des Beschwerdeführers erweist sich aber als nicht derart markant, dass es geeignet erscheint, einen erhöhten Ermittlungsaufwand bei den türkischen Behörden auszulösen. Ein für den Beschwerdeführer dadurch hervorgerufenes asylrelevantes Verfolgungsrisiko ist nach der Beurteilung des erkennenden Senates demnach nicht erkennbar. Selbst wenn daher die Tätigkeiten des Beschwerdeführers - nämlich die Teilnahme an Veranstaltungen und Aufmärschen - durch Mitglieder des türkischen Geheimdienstes registriert worden sein sollten, kann daraus nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit abgeleitet werden, dass dem Beschwerdeführer deshalb im Falle einer Rückkehr in die Türkei eine asylrelevante Verfolgung maßgeblicher Intensität drohen würde. Beim Beschwerdeführer handelt es sich nicht um eine herausragende und führende Persönlichkeit im exilpolitischen Kampf gegen den türkischen Staat in Österreich.
Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung, insbesondere aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer weder in Bezug auf die Zeit vor der Ausreise aus der Türkei noch in Bezug auf seine vorgebrachte exilpolitische Tätigkeit in Österreich politisch dermaßen engagiert und exponiert gewesen war und ist, dass mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ein tatsächliches Interesse des türkischen Staates an seiner Person bestehen würde, ergibt sich für den erkennenden Senat der Schluss, dass der Beschwerdeführer in der Türkei nicht mit einer konkret und gezielt gegen seine Person gerichteten Verfolgung maßgeblicher Intensität zu rechnen hätte.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Beurteilung der Gefährdungssituation von "Rückkehrern", die sich im Ausland exilpolitisch betätigt haben, in Bezug auf den geltend gemachten Nachfluchtgrund darauf an, ob der Asylwerber infolge seiner exilpolitischen Betätigung in das Blickfeld der für die Staatssicherheit zuständigen Behörden seines Herkunftsstaates geraten konnte.
Zur Beantwortung dieser Frage sind zwei Gesichtspunkte zu berücksichtigen, einerseits, ob der Asylwerber auffällig "regimekritisch" in Erscheinung getreten ist, andererseits, ob er aus der Sicht der Behörden des Herkunftsstaates als Gefahr für das Regime eingeschätzt werden konnte (VwGH, 22.05.2001, 2000/01/0076; VwGH, 14.01.2003, 2001/01/0398; VwGH, 08.04.2003, Zl. 2002/01/0078).
Beide Fragen sind im gegenständlichen Verfahren aufgrund der vagen Ausführungen des Beschwerdeführers, dass er auch an Aufmärschen und Veranstaltungen teilgenommen habe, jedoch keine genaue Daten nannte zu verneinen.
Die hier getroffene Würdigung zur exilpolitischen Tätigkeit entspricht auch der überwiegenden Entscheidungspraxis, respektive Rechtsprechung in Deutschland und der Schweiz (angesichts des notorischen Prozesses der Vergemeinschaftung des Asylrechts können solche Umstände jedenfalls nicht (mehr) als für die österreichische Rechtsordnung gänzlich unbeachtlich angesehen werden) und steht auch nicht mit der bekannten österreichischen höchstgerichtlichen Judikatur in Widerspruch.
Zur Rechtsprechung des schweizerischen Bundesverwaltungsgerichtes:
Bundesverwaltungsgericht Schweiz: Urteil vom 20. Februar 2008, http://relevancy.bger.ch/pdf/azabvger/2008/d_07326_2006_2008_02_20_t.pdf
Nach konstanter Praxis der Schweizer Asylbehörden stellt bei türkischen Asylsuchenden das bloße Einreichen eines Asylgesuches keinen subjektiven Nachfluchtgrund im Sinne von Art. 54 AsylG dar.
Ferner reicht auch allein die mögliche Identifizierbarkeit des Beschwerdeführers nicht aus zur Annahme, er hätte deswegen bei einer Rückkehr in die Türkei eine Verfolgung zu befürchten, zumal sich der Beschwerdeschrift weder Hinweise noch den Akten Beweismittel entnehmen lassen, der Beschwerdeführer hätte sich in der Schweiz besonders hervorgetan oder exponiert. Angesichts von regimekritischen Aktivitäten von türkischen Staatsangehörigen in ganz Westeuropa erscheint es unwahrscheinlich, dass die heimatlichen Behörden von den behaupteten Exilaktivitäten des Beschwerdeführers soweit Notiz genommen haben, dass sie ihn hier in der Schweiz identifiziert hätten und ihn bei einer Rückkehr in die Türkei deswegen verfolgen würden.
Zur deutschen Rechtsprechung:
Verwaltungsgericht Frankfurt am Main: Urteil - 14.01.2003 rechtskräftig - 10 E 31424/97.A, 01.09.2004,
Exilpolitische Aktivitäten begründeten nur bei Exponiertheit eine Verfolgungsgefahr in der Türkei. Entscheidend ist ein landesweites Verfolgungsinteresse des türkischen Staates. Exilpolitisch exponiert sei nur, wer sich durch seine Betätigung deutlich von der breiten Masse abhebe. Dem Kläger drohe auch keine Strafverfolgung in der Türkei.
Eine Tat, die von einem türkischen Staatsangehörigen im Ausland begangen worden sei, werde in der Türkei nur verfolgt, soweit es sich um Staatsschutzdelikte handele (Artikel 4 des türkischen Strafgesetzbuches). Exilpolitische Aktivitäten niedrigen Profils seien nicht strafbar (Artikel 8 des türkischen Antiterrorgesetzes), denn hierbei handele es sich um ein typisches Intellektuellendelikt, wovon vorwiegend Journalisten und Schriftsteller betroffen seien.
Verurteilungen von Personen, die bei einer Demonstration fotografiert worden waren, seien schon vor der Neufassung - durch welche der bisher weitgefasste Tatbestand eingeengt worden sei - nicht bekannt geworden. Im Übrigen scheidet die Bestrafung derartige exilpolitische Aktivitäten deshalb aus, weil es sich dabei - ihre Strafbarkeit unterstellt - aus der Sicht des türkischen Staates um Auslandsstraftaten handele. Für diese gelte das internationale Strafrecht im türkischen Strafgesetzbuch. So finde nach Artikel 5 türkisches Strafgesetzbuch eine Strafverfolgung nur bei Auslandsdelikten statt, für die eine Mindestfreiheitsstrafe von drei Jahren vorgesehen sei, also nicht bei Artikel 8 Antiterrorgesetz (Strafmaß 1-3 Jahre und Geldstrafe). Straftaten würden nach Artikel 4 türkisches Strafgesetzbuch nur verfolgt, wenn sie gegen die Persönlichkeit des Staates gerichtet seien. Nach der herrschenden Meinung in der Türkei zählt ein Delikt nach Artikel 8 Antiterrorgesetz nicht zu diesen Straftaten. Gutachten, die eine Anwendung von Artikel 4 türkisches Strafgesetzbuch auf Artikel 8 ATG gleichwohl für möglich hielten könnten mangels mitgeteilter Referenzfälle nicht überzeugen.
Auch eine Bestrafung wegen Volksverhetzung nach Artikel 132 Abs. 2 türkisches Strafgesetzbuch scheitert ebenfalls an Artikel 4, 5 türkisches Strafgesetzbuch wie eine Bestrafung wegen Mitgliedschaft in einer bewaffneten Bande nach Artikel 168 Abs. 2 türkisches Strafgesetzbuch, da davon allenfalls Personen betroffen seien, die sich über einen längeren Zeitraum häufig, öffentlich und prominent für die Ziele einer militanten Organisation wie z.B. der PKK eingesetzt hätten. Eine Bestrafung nach Artikel 168 türkisches Strafgesetzbuch wegen Unterstützung einer bewaffneten Bande komme schließlich nur in Betracht, wenn das fragliche Verhalten als Anstiftung zu konkreten separatistischen Aktionen in der Türkei gewertet werden könne, was bei einfachen exilpolitischen Aktivitäten praktisch ausgeschlossen sei.
Zitat weiterer Judikatur in "Asylmagazin: Exilpolitische Aktivitäten und ihre Bedeutung im Asylverfahren" (Kerstin Müller), 2001, http://www.asyl.net/Magazin/3_2001b.htm
Insbesondere zur Türkei hat sich zu dem Themenkreis der exilpolitischen Aktivitäten inzwischen eine differenzierte Rechtsprechung entwickelt. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat hierzu wiederholt in Urteilen Stellung genommen, die Lehrbüchern gleichen. Anhand dieser Entscheidungen kann jedoch verdeutlicht werden, welche Anforderungen an die Geltendmachung relevanter exilpolitischer Aktivitäten gestellt werden.
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen geht - wie andere Oberverwaltungsgerichte (so z.B. Thüringer Oberverwaltungsgericht, U.v. 25.11.1999 - 3 KO 165/96; VGH Baden-Württemberg, U.v. 27.10.1996 - A 12 S 2595/96 insbesondere im Fall öffentlich auftretender und agierender Wortführer staatsfeindlicher Gruppen; OVG Bremen, U.v. 5.3.1997 - 2 BA 100/94 bei größerem und öffentlichkeitswirksamen Engagement in führender Position; OVG Niedersachsen, U.v. 5.9.1997 - 11 L 7573/94 bei größeren öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten an führender Position; OVG Sachsen, U.v. 27.2.1997 - A 4 S 434/96 bei Übernahme leitender Funktionen und bei in politischen Kreisen bekannten und einflussreichen Personen) - davon aus, dass exilpolitisches Engagement im Falle türkischer Staatsangehöriger nur dann relevant sei, wenn es einen bestimmten Grad der Exponiertheit aufweise (grundsätzlich zuletzt: Urteil vom 25.1.2000, 8 A 1292/96.A, R5601). Nicht beachtlich wahrscheinlich zu politischer Verfolgung führten demgegenüber exilpolitische Aktivitäten niedrigen Profils. Dies sei z. B. anzunehmen bei schlichter Vereinsmitgliedschaft in einer kurdischen Exilorganisation, der damit verbundenen regelmäßigen Zahlung von Mitgliedsbeiträgen oder Spenden, schlichter Teilnahme an Demonstrationen, Hungerstreiks, Autobahnblockaden, Informationsveranstaltungen oder Schulungsseminaren, Verteilung von Flugblättern und Verkauf von Zeitschriften, Platzierung von namentlich gezeichneten Artikeln und Leserbriefen in türkischsprachigen Zeitschriften, etc.
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.04.2005, 8 A 273/04.A sowie Oberverwaltungsgericht Münster, Urteil vom 27.06.2002, 15. A 373/01.A:
In das Blickfeld der Sicherheitskräfte können zwar exponierte Personen geraten, nicht jedoch Personen, die Tätigkeiten von untergeordneter Bedeutung verrichten (exilpolitische Aktivitäten niedrigen Profils). Zu den exilpolitischen Aktivitäten niedrigen Profils, zählen unter anderem die mit einer schlichten Vereinsmitgliedschaft verbundene regelmäßige Zahlung von Mitgliedsbeiträgen sowie von Spenden, schlichte Teilnahme an Demonstrationen, Ordnertätigkeit bei Demonstrationen, Hungerstreiks, Autobahnblockaden, Informationsveranstaltungen oder Schulungsseminaren, Verteilung von Flugblättern und Verkauf von Zeitschriften, Helfertätigkeit bei Informations- und Bücherständen, Platzierung von namentlich gezeichneten Artikeln und Leserbriefen in türkischsprachigen Zeitschriften.
Sohin kann auch aus der Vereinsmitgliedschaft des Beschwerdeführers - unter Berücksichtigung sämtlicher getroffener Ausführungen - keine Gefährdung erkannt werden.
3.2.9. Auch das Vorliegen eines Nachfluchtgrundes ist im gegenständlichen Fall zu verneinen. Nach den getroffenen Feststellungen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass türkische Staatsangehörige der kurdischen Volksgruppe die aus dem Ausland in die Türkei zurückkehren, nunmehr asylrelevanten Verfolgungshandlungen ausgesetzt wären. Insbesondere verfügt der Beschwerdeführer auch über Personaldokumente, wodurch sich die Einreise in die Türkei problemlos gestalten dürfte.
Die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I war sohin jedenfalls abzuweisen.
4. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
4.1. Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge: FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Demnach wäre die Verweisung des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechende Bestimmung" des FPG zu beziehen, das ist § 50 FPG. Anzumerken ist, dass sich die Regelungsgehalte beider Vorschriften (§ 57 FrG und § 50 FPG) nicht in einer Weise unterscheiden, die für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - unmittelbar oder mittelbar - auf § 57 FrG bezieht, lässt sich insoweit auch auf § 50 FPG übertragen.
4.2. Die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre (§ 8 Abs 1 AsylG iVm § 50 Abs. 1 FPG) bzw. dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der GFK iVm § 50 Abs. 2 FPG und § 8 Abs 1 AsylG), es sei denn es bestehe eine inländische Fluchtalternative.
Zur Auslegung des § 8 AsylG iVm § 50 FPG 2005 ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 37 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992 und § 57 Fremdengesetz, BGBl I Nr. 126/2002 BGBL, heranzuziehen. Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, den Berufungswerber betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122). Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427, VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028). Im Übrigen ist auch im Rahmen des § 8 AsylG zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
4.3. Bei der Entscheidungsfindung ist insgesamt die Rechtsprechung des EGMR zur Auslegung der EMRK, auch unter dem Aspekt eines durch die EMRK zu garantierenden einheitlichen europäischen Rechtsschutzsystems als relevanter Vergleichsmaßstab zu beachten. Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom und Henao v. The Netherlands, Unzulässigkeitsentscheidung vom 24.06.2003, Beschwerde Nr. 13669/03).
4.4. In der Türkeierfolgen weder grobe, massenhafte Menschenrechtsverletzungen unsanktioniert, noch ist nach den seitens der Erstbehörde getroffenen Feststellungen von einer völligen behördlichen Willkür auszugehen ist, weshalb auch kein "real Risk" (dazu jüngst VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582) einer unmenschlichen Behandlung festzustellen ist.
Der Beschwerdeführer ist in der Türkei registriert und handelt es sich beim ihm um einen erwachsenen und gesunden Mann von nunmehr 43 Jahren, weshalb nicht ersichtlich ist, warum ihm eine Existenzsicherung in seinem Heimatland nicht zumutbar sein sollte, wie es auch vor der Ausreise möglich war. Von seinen Verwandten befinden sich noch seine Eltern, zwei Geschwister sowie seine zwei Töchter in der Türkei und ist somit ferner auch ein soziales Bezugsnetz vorhanden und stünde ihm sohin im Falle der Rückkehr auch eine Wohnmöglichkeit zur Verfügung. Der Beschwerdeführer hat auch nicht angegeben, dass es ihm vor dem Verlassen des Heimatlandes wirtschaftlich sehr schlecht gegangen sei, sondern hat er angegeben, dass er in der eigenen Landwirtschaft gearbeitet hat und ist nicht erkennbar, aus welchen Gründen ihm ein Leben wie vor der Ausreise im Falle seiner jetzigen Rückkehr nicht wieder möglich sein sollte. Darüberhinaus stünde dem Beschwerdeführer - wie bereits unter Punkt
3.2.7. ausgeführt - die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer IFA in den Großstädten Ankara oder Istanbul bzw. in seinem speziellen Fall in der Stadt I. offen, da sich dort auch seine gesamte Familie unbehelligt aufhält und diesen dort offenbar ein Leben ohne wirtschaftliche oder anderweitige Schwierigkeiten möglich ist.
Besondere Umstände (zB schwere Krankheit, entsprechend der Judikatur des EGMR), die ausnahmsweise gegen eine Rückkehr sprechen würden, sind im vorliegenden Verfahren nicht hervorgekommen. Der Beschwerdeführer hat im Beschwerdeschriftsatz ausgeführt, dass es ihm psychisch nicht gut gehe und er täglich Tabletten nehme müsse. Eine beim BF vorliegende ernsthafte bzw. schwere Erkrankung wurde jedoch nicht vorgebracht und ist auch nicht glaubhaft. Weder hat der Beschwerdeführer angegeben, dass er sich in psychiatrischer Behandlung befindet, noch wurde vom Beschwerdeführer ein medizinisches Gutachten beigelegt, aus welchem sich eine allfällige psychische Erkrankung oder eine gleichwertige Erkrankung ergibt bzw. wurde kein medizinischer Befundbericht übermittelt, welcher eine außergewöhnliche psychische Belastungssituation des Beschwerdeführers diagnostiziert. Aber selbst für den Fall, dass es dem Beschwerdeführer tatsächlich psychisch nicht gut gehen sollte, so ergibt sich aus dem Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei vom 25. Oktober 2007 (welchen die Erstbehörde dem Verfahren zugrunde gelegt hat), dass medizinische Versorgung sowie die Behandlungsmöglichkeit psychischer Erkrankungen in der Türkei grundsätzlich gegeben ist. Das türkische Gesundheitssystem garantiert psychisch kranken Menschen umfassenden Zugang zu Gesundheitsdiensten und Beratungsstellen. Bei der Behandlung psychischer Erkrankungen ist ein ständig steigender Standard festzustellen.
Nach der Rechtsprechung des EGMR kann aus Art. 3 EMRK kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden, dass der Herkunftsstaat gewisse medizinische Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes biete. Nur in außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann eine Ausweisung eines Fremden zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen. Diese außergewöhnlichen Umstände würden hier aber in keinster Weise erfüllt werden, wobei sich der erkennende Senat doch bewusst ist, dass die Versorgung bei psychischen Problemen in der Türkei nicht völlig den gleichen Standard hat wie in Österreich.
Der Asylgerichtshof verkennt auch nicht, dass die wirtschaftliche Lage des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat unter Umständen wahrscheinlich schlechter sein wird, als in Österreich; aus den getroffenen Ausführungen ergibt sich aber eindeutig, dass der Schutzbereich des Art. 3 EMRK nicht tangiert ist. Es sind im Verfahren keine außergewöhnlichen, exzeptionellen Umstände genannt worden, die den Beschwerdeführer in eine qualifiziert schlechtere Lage im Schutzbereich der EMRK versetzen würde, als andere türkische Staatsangehörige.
Zum Entscheidungszeitpunkt sind auch keine Umstände notorisch sind, aus denen sich eine ernste Verschlechterung der allgemeinen Lage sowie der Lage der Kurden und Aleviten, oder der wirtschaftlich-sozialen Lage in der Türkei ergeben würde; auch hiezu ist seitens des Beschwerdeführers in der Beschwerde kein konkretes Vorbringen erfolgt.
Ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG liegt somit nicht vor und war daher auch die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. abzuweisen.
5. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:
5.1. Auch hinsichtlich der Ausweisung in die Türkeiist festzuhalten, dass die Erstbehörde im Ergebnis grundsätzlich eine korrekte Überprüfung im Sinne der Rechtssprechung vorgenommen hat.
5.2. Ist ein Asylantrag abzuweisen und hat die Überprüfung gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ergeben, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, hat die Behörde diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden (§ 8 Abs. 2 AsylG).
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.